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  • · Mahnverfahren

    Neuregelung zum Kostenschuldner für den Streitantrag nach einem Mahnverfahren

    Bild: © CassiOpeiaZz - stock.adobe.com

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    | Im Mahnverfahren stellt sich regelmäßig die Frage, wer nach einem Widerspruch für die Gerichtsgebühr des sich anschließenden streitigen Verfahrens aufkommen muss. Die Antwort zur bisherigen Regelung hat jetzt noch einmal das LG Karlsruhe gegeben. Seit dem 1.6.25 gibt es eine neue Regelung dazu. |

    1. Antragsteller ist nicht automatisch der Kostenschuldner

    Beantragt die Antragsgegnerseite nach Widerspruch gemäß § 696 Abs. 1 S. 1 ZPO die Durchführung des streitigen Verfahrens, so wird sie nach § 22 Abs. 1 S. 1 GKG zur Kostenschuldnerin für die dadurch anfallende weitere Gerichtsgebühr. Dies führt mitunter zu Missverständnissen. Es kann der Anschein entstehen, dass allein die ursprüngliche Antragstellerseite als Initiatorin des Mahnverfahrens auch die gesamten Kosten tragen müsse. Der Gesetzgeber unterscheidet jedoch systematisch zwischen dem Mahnverfahren und dem darauf folgenden Rechtsstreit. Er ordnet die Kostenschuld jeweils demjenigen zu, der den entsprechenden Verfahrensabschnitt veranlasst hat. Dies wurde jetzt durch das LG Karlsruhe noch einmal bestätigt (8.4.25, 6 O 19/25, Abruf-Nr. 248950).

     

    • Leitsatz des LG Karlsruhe

    Beantragt der Antragsgegner des Mahnverfahrens nach Widerspruch die Durchführung des streitigen Verfahrens, so wird er damit zum Kostenschuldner für die weitere Gerichtsgebühr.

     

    2. Der Fall des LG Karlsruhe

    Im entschiedenen Fall hatte die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin einen Mahnbescheid über 217.531,85 EUR erwirkt. Dagegen hatte die Antragsgegnerin Widerspruch erhoben und sodann gemäß § 696 Abs. 1 S. 1 ZPO die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt. Die Gerichtskasse stellte ihr daraufhin (nunmehrige Beklagte) eine 3,0-Gerichtsgebühr (Nr. 1210 KV GKG) in Rechnung. Angerechnet wurde die von der Antragstellerin (nunmehrige Klägerin) bereits im Mahnverfahren eingezahlte 0,5-Gerichtsgebühr (Nr. 1100 KV GKG) in Höhe von 1.059,50 EUR. Dies ergab einen Restbetrag i. H. v 5.297,50 EUR. Die Beklagte hat den Kostenansatz beanstandet und gebeten, ihn aufzuheben. Diesem als Erinnerung ausgelegten Rechtsbehelf hat die Landeskasse nicht abgeholfen.

     

    Das LG Karlsruhe hat die Erinnerung mit folgender Begründung zurückgewiesen:

     

    Kostenschuldnerin für die weiteren Kosten, die mit dem Übergang in das streitige Verfahren angefallen sind, ist nach § 22 Abs. 1 S. 1 GKG die Beklagte, da sie „das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat“. Dass mit Rechtszug i. S. d § 22 Abs. 1 S. 1 GKG das streitige Verfahren nach Übergang vom Mahnverfahren gemeint ist, ergibt sich aus systematischen und teleologischen Erwägungen. Zuzugeben ist der Beklagten insoweit, als dass der Wortlaut des § 22 Abs. 1 S. 1 GKG an sich zunächst nahelegt, dass die erste Instanz, also Mahnverfahren einschließlich streitigem Verfahren, zusammengehören und daher Kostenschuldner sein müsste, wer das Mahnverfahren angestrengt hat. Indes ließe eine solche Auslegung die unmittelbar folgende Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 2 GKG außer Acht. Nach § 22 Abs. 1 S. 2 GKG schuldet im Verfahren, das gemäß § 700 Abs. 3 ZPO dem Mahnverfahren folgt, die Kosten, wer den Vollstreckungsbescheid beantragt hat. Hieraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber in systematischer Hinsicht voraussetzt, dass nach einem Mahnverfahren beide Seiten Kostenschuldner nach § 22 Abs. 1 S. 1 GKG sein können, sodass das Streitverfahren als eigenständiger „Rechtszug“ i. S. d. § 22 Abs. 1 GKG zu verstehen ist. Denn nur für diesen Fall erscheint eine gesetzliche Regelung notwendig, wonach derjenige, der den Vollstreckungsbescheid beantragt hat, Kostenschuldner sein soll. Anderenfalls wäre diese Regelung überflüssig. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass nach einem Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid der Antragsteller Kostenschuldner für das streitige Verfahren werde, verkennt sie, dass hier eine völlig andere Verfahrenssituation zugrunde liegt.

    3. Berechnung der Gebühr

    Die Auffassung des LG Karlsruhe, wonach der Antragsgegner mit seinem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens zum Kostenschuldner der weiteren Gerichtsgebühr wird, entspricht der ganz überwiegenden Rechtsprechung.

     

    • Beispiel

    Der Antragsteller beantragt einen Mahnbescheid über 20.000 EUR. Der Antragsgegner legt Widerspruch ein und beantragt die Durchführung des streitigen Verfahrens. Im Mahnverfahren ist folgende Gerichtsgebühr (altes Recht bis 31.5.25) angefallen:

    0,5-Gebühr, Nr. 1110 KV GKG (Wert: 20.000 EUR)

    191,00 EUR

    Für diese Gebühr ist unstreitig der Antragsteller zahlungspflichtig.

    Für das streitige Verfahren wird jetzt nicht etwa eine 2,5-Gebühr aus 20.000 EUR in Höhe von 955 EUR erhoben. In Rechnung gestellt wird vielmehr (altes Recht bis 31.5.25):

    3,0-Gebühr, Nr. 1210 KV GKG (Wert: 20.000 EUR)

    1.146,00 EUR

    gemäß Anm. zu Nr. 1210 KV GKG anzurechnender 0,5-Gebühr aus 20.000 EUR

    -191,00 EUR

    Restbetrag

    955,00 EUR

     

    Beachten Sie | Würde man nur eine weitere 2,5-Gebühr abrechnen, kommt man zwar zum selben Ergebnis. In Fällen, in denen der Mindestbetrag nach Nr. 1100 KV GKG greift (bis 31.5.25: 36 EUR; ab dem 1.6.25: 38 EUR) oder in Fällen, in denen sich der Wert zwischen Mahn- und Streitverfahren ändert, würde dies jedoch zu unzutreffenden Werten führen. Nach der ganz h. M., der das LG Karlsruhe folgt, ist jetzt der Antragsgegner Schuldner dieser weiteren Gebühr. Er trägt damit auch das Risiko, dass er bei Insolvenz des Klägers auf diesen Kosten sitzen bleibt.

    4. Neuregelung seit 1.6.25

    Dieses Ergebnis wurde zunehmend als unbefriedigend empfunden, nämlich, dass ein mit einer unbegründeten Forderung überzogener Antragsgegner Kosten aufwenden muss, um die Forderung abzuwehren, mit dem Risiko, die Kosten bei Zahlungsunfähigkeit des Antragstellers nicht erstattet zu erhalten. Daher hat der Gesetzgeber reagiert. Er hat zum 1.6.25 die Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 2 GKG wie folgt neu gefasst: „Im Verfahren, das gemäß § 696 Abs. 1 der Zivilprozessordnung dem Mahnverfahren folgt, schuldet die Kosten, wer den Mahnbescheid beantragt hat.“ Damit ist jetzt klargestellt, dass zukünftig der Antragsteller des Mahnverfahrens immer Kostenschuldner des streitigen Verfahrens ist, und zwar unabhängig davon, ob es aufgrund eines Widerspruchs gegen den Mahnbescheid oder aufgrund eines Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid eingeleitet wird.

     

    Soweit der Antragsteller nach Widerspruch selbst die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt, ist er auch nach § 12 Abs. 3 S. 3 GKG verpflichtet, diese Gebühr vorauszuzahlen.

     

    a) Keine Vorauszahlungspflicht bei Antrag des Antragsgegners

    Soweit der Antragsgegner den Streitantrag stellt, besteht keine Vorauszahlungspflicht, auch nicht für den Antragsteller. Das ist auch sachgerecht, weil anderenfalls der Antragsteller doch wieder durch Nichtzahlung der Gebühr die Abgabe und damit die Durchführung des streitigen Verfahrens verhindern könnte.

     

    b) Unklare Übergangsregelung bei Streitantrag nach 31.5.25

    Unklar ist allerdings, ob die neue Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 GKG auch gilt, wenn der Streitantrag nach dem 31.5.25 gestellt, das Mahnverfahren aber vor dem 1.6.25 eingeleitet worden ist. Das wiederum richtet sich nach der Übergangsregelung des § 71 Abs. 1 S. 1 GKG. Es hängt davon ab, ob man das streitige Verfahren als eigenständiges Verfahren i. S. d § 71 Abs. 1 S. 1 GKG ansieht:

     

    • Geht man davon aus, dass es sich bei Mahn- und anschließendem Streitverfahren um verschiedene Instanzen i. S. d § 71 Abs. 1 S. 1 GKG handelt (so LG Bayreuth JurBüro 95, 148), würde der Antragsteller immer dann Kostenschuldner, wenn der Streitantrag nach dem 31.5.25 gestellt wird.

     

    • Geht man dagegen davon aus, dass Mahnverfahren und streitiges Verfahren ein einheitliches Verfahren i. S. d § 71 Abs. 1 S. 1 GKG bilden (so OLG München JurBüro 95, 651), dann wäre der Antragsteller des Mahnverfahrens bei Streitantrag des Antragsgegners nur dann Kostenschuldner der weiteren Gerichtsgebühr, wenn auch das Mahnverfahren selbst erst nach dem 31.5.25 eingeleitet worden ist.
    Quelle: Ausgabe 08 / 2025 | Seite 139 | ID 50463429