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  • · Fachbeitrag · Strafzumessung

    Geldstrafe neben Freiheitsstrafe auch bei vermögenslosen Tätern

    von OStA Raimund Weyand, St. Ingbert

    | Die Möglichkeit, nach § 41 StGB neben einer Freiheits- auch eine Geldstrafe zu verhängen, hat zwar Ausnahmecharakter; sie kommt aber auch bei einkommens- oder vermögenslosen Tätern infrage e- so der BGH in seiner jüngsten Entscheidung. |

     

    Sachverhalt

    Der Angeklagte wurde wegen Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Er hatte versucht, seine Steuerdelikte nachträglich durch Vorlage gefälschter Rechnungen und Kontoauszüge zu verschleiern. Das LG schloss die Anwendung des § 41 StGB explizit aus und erklärte hierzu, der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liege auf den massiven Urkundenfälschungen, nicht aber in der persönlichen Bereicherung.

     

    Entscheidung

    Der BGH hat den Strafausspruch aufgehoben (BGH 26.11.15, 1 StR 389/15, Abruf-Nr. 184249).

     

    § 41 StGB kann nur angewendet werden, wenn der Täter sich bereichert hat oder versucht hat, sich zu bereichern, er also eine günstigere Vermögenslage für sich anstreben wollte. Es reicht dabei aber auch aus, dass der Täter eine Vermögensminderung verhindert. Im entschiedenen Fall wollte der Angeklagte mit den verfälschten Belegen seine Hinterziehungshandlungen verschleiern und so seine Tatbeute sichern. Die Argumentation des LG geht damit aus der Sicht des BGH fehl.

     

    Auch die weitere Erwägung des LG, eine Geldstrafe könne neben der Freiheitsstrafe schon deswegen nicht angeordnet werden, weil der Verurteilte über kein Vermögen und nur über ein geringes Einkommen verfügte, akzeptierte der Senat nicht. Zwar hat der BGH früher die Anwendung von § 41 StGB gegen einkommens- und vermögenslose Täter beanstandet, wenn diese nicht wenigstens sichere Erwerbsaussichten hatten (BGH 24.7.14, 3 StR 176/14, NStZ-RR 14, 338). Der 1. Senat hält hieran nicht mehr fest. Er sieht in dieser Überlegung einen Verstoß gegen den in § 40 StGB zum Ausdruck kommenden Grundgedanken des einkommensunabhängigen Strafens.

     

    Die nach § 41 StGB zusätzlich verhängte Geldstrafe ist eine „kombinierte Übelzufügung“ (Fischer, StGB, 63. Aufl., § 41 Rn. 3), wobei sich diese Sanktion an den Einkünften des Angeklagten orientiert. Der strafrechtliche Schuldgrundsatz gebietet, bei einer derart kombinierten Strafe die Gesamtsanktion innerhalb des durch das Maß der Einzeltatschuld eröffneten Rahmens festzulegen. Die zusätzliche Geldstrafe muss deshalb bei der Bemessung der Freiheitsstrafe strafmildernd berücksichtigt werden. Dürfte geringes oder fehlendes Einkommen bzw. Vermögen hier als Differenzierungskriterium herangezogen werden, könnte dies dem erwähnten Grundgedanken des § 40 StGB und dem Schuldgrundsatz zuwiderlaufen.

     

    Praxishinweis

    Der BGH beanstandete zudem die vom LG angenommene Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung. Zwischen Anklageerhebung und Beginn der Hauptverhandlung waren zwar 2 ½ Jahre vergangen. Um die Verfahrensdauer angemessen beurteilen zu können, sind aber die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Bei Wirtschaftsstrafsachen kann schon aufgrund der Komplexität des Falls eine längere Verfahrensdauer als angemessen anzusehen sein. Das Revisionsgericht kann die zu prüfende Entscheidung daher nur beurteilen, wenn - hier fehlende - Ausführungen dazu enthalten sind, wie das Tatgericht die konkrete Verfahrensverzögerung ermittelt hat.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2016 | Seite 88 | ID 43919546

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