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  • 31.08.2011 · IWW-Abrufnummer 112795

    Oberlandesgericht Saarbrücken: Urteil vom 29.03.2011 – 4 U 242/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    In dem Rechtsstreit
    ...
    hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts
    durch
    den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Göler sowie
    die Richter am Oberlandesgericht Schmidt und Dr. Dörr
    auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2011
    für R e c h t erkann t

    Tenor:
    1.
    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom pp. -Az. - wird zurückgewiesen, soweit die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt worden ist.
    2.
    Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
    3.
    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    4.
    Die Revision wird nicht zugelassen.
    5.
    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für alle bis zum 14.3.2011 entstandenen Gebühren auf 15.746,53 EUR, danach auf 8.607,18 EUR festgesetzt.
    Gründe
    I.

    Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Werklohn für die Lieferung und Montage einer Lüftungsanlage im Bauvorhaben pp. in Anspruch.

    Die Bauherrin, die Fa. pp., beauftragte die Beklagte mit der Durchführung verschiedener Bauleistungen. Die Beklagte beauftragte die Klägerin als Subunternehmerin mit Schreiben vom 26.8.2008 mit der Lieferung und dem Einbau der Lüftungsanlage gemäß dem Angebot der Klägerin vom 14.8.2008. Dem Auftrag lag u.a. die VOB/B zugrunde.

    Die Klägerin führte die Leistungen bis zum 16.1.2009 aus.

    Mängelrügen wurden nicht erhoben. Sie erteilte unter dem 30.3.2009 eine Schlussrechnung (K 2), und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 2.6.2009 auf, den unter Berücksichtigung der Abschlagszahlungen und eines 3%-igen Nachlasses offenstehenden Betrag von 21.393,44 EUR zu zahlen.

    Mit Schreiben vom 10.6.2009 überreichte die Klägerin der Beklagten eine Gewährleistungsbürgschaft über 5.542,88 EUR. Mit Schreiben vom 7.7.2009 akzeptierte die Klägerin einen Abzug von (0,5% der Schlussrechnung mit Blick auf Nebenleistungen), womit der erstinstanzliche Klagebetrag verblieben ist.

    Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

    1.
    an die Klägerin 20.825,15 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.6.2009 zu zahlen;
    2.
    die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 859,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.6.2009 zu zahlen.
    Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat im Schreiben vom 25.6.2009 (K 10) hinsichtlich der unter Titel 4 der Schlussrechnung aufgeführten Positionen Einwendungen erhoben, die sich insgesamt auf 6.250,21 EUR belaufen. Weiterhin hat sie den Nachtrag 01.01 (7.201,50 EUR) nicht anerkannt und die Berechtigung der Stundenlohnarbeiten (2.508 EUR) bestritten. Sodann hat sie in Höhe eines Betrages von 5.081,62 EUR die Aufrechnung mit einer unstreitigen Gegenforderung erklärt, die aus einem Bauvorhaben in Kaiserslautern resultiert (Rechnung Nr. 851375). Schließlich hat sich die Beklagte gegen die Positionen 8.5.01.101 - 030 (2.317,14 EUR) gewandt.

    Im angefochtenen Urteil hat das Gericht der Klage unter Berücksichtigung der wirksamen Aufrechnung in Höhe eines Betrages von 15.746,53 EUR stattgegeben. Auf den Inhalt angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

    Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

    Die Beklagte vertieft ihre erstinstanzlichen Einwendungen. Sie vertritt die Auffassung, der Klageanspruch sei nicht auf § 2 Nr. 5 VOB/B zu stützen, da sich die Parteien über die Höhe der neu zu berechnenden Vergütung nicht geeinigt hätten und das Landgericht bei der sodann erforderlichen gerichtlichen Entscheidung nicht alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt habe. So habe das Gericht nicht berücksichtigt, welche Ansprüche die Beklagte gegen die Bauherrin durchsetzen könne.

    Hinsichtlich der Positionen 8.5.01.010-030 scheide ein Vergütungsanspruch aus, weil für die zunächst nicht vorgesehene Leistung vor der Bauausführung keine besondere Vergütung verlangt worden sei.

    Hinsichtlich der Stundenlohnarbeiten scheide eine Vergütung aus, da die auszuführenden Stundenlohnarbeiten vor Ausführung der Arbeiten nicht angezeigt worden seien.

    Nachdem die Beklagte am 30.3.2010 auf die Klageforderung einen Betrag von 11.225,47 EUR leistete, haben beide Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

    Die Beklagte beantragt,

    unter Abänderung des Urteils des Gerichts vom pp. -Az. - die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

    Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung der Beklagten vom 8.7.2011 (Bl. 164 ff. d.A.) und der Berufungserwiderung der Klägerin vom 26.8.2010 (Bl. 179 ff. d.A.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 15.3.2011 (Bl. 190 f. d.A.) verwiesen.

    II.

    A.

    Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung keine Rechtsfehler erkennen lässt und die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen keine für die Beklagte günstigere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO):

    Die Rechnungssumme der Schlussrechnung vom 30.3.2009 beläuft sich auf 113.054,79 EUR. Abzüglich bereits geleisteter Abschlagszahlungen in Höhe von 91.664,35 EUR und des unstreitigen Abschlags von 565,29 EUR stand der Klagebetrag offen. Dieser ist mit Blick auf die Aufrechnung der Beklagten und die nach Schluss der letzten erstinstanzlichen Verhandlung erfolgte Teilzahlung über 11.225,47 EUR (insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt) zu reduzieren. Die weitergehenden Einwendungen bleiben ohne Erfolg:

    1.

    Die Beklagte hat mit Schreiben vom 25.6.2009 die unter Titel 4 aufgeführten Positionen im Gesamtumfang von 6.250,21 EUR bestritten. Frei von Rechtsfehlern hat das Gericht diese Rechnungskürzung nicht anerkannt.

    a)

    Im Berufungsrechtszug steht zunächst außer Streit, dass die Beklagte ihre Einwendungen unter den Positionen 4.1.03.101 bis 4.1.03.491 (gerichtliches Urteil S. 4) nicht mehr aufrechterhält.

    b)

    Hinsichtlich der Position 4.1.01.161 hat das Gericht den anteiligen Werklohn (214,10 EUR) aus § 2 Nr. 2 VOB/B hergeleitet, da die tatsächliche Leistungserbringung nach den Aussagen der Zeugen pp. feststehe. Auch hiergegen wendet sich die Berufung nicht.

    c)

    Hinsichtlich aller weiteren im Schreiben vom 25.6.2009 aufgeführten Positionen hat das Gericht den Vergütungsanspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B hergeleitet. Es hat nach Vernehmung des Zeugen pp. festgestellt, dass der Bauherr diese Leistungen nachträglich beauftragt habe.

    aa)

    Hierzu hat das Gericht in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt, dass der Zeuge pp., der als Vertreter der von dem Bauherrn hinzugezogenen pp. GmbH zur Vertragsänderung bzw. -ergänzung berechtigt gewesen sei, 6 entsprechende Wünsche in den Baubesprechungen geäußert habe. Dieser habe die Änderungen gegenüber der Vertragspartnerin des Bauherrn - nämlich der Beklagten - eingefordert. Die Änderungswünsche seien in Baubesprechungen geäußert worden, an denen die Klägerin nicht aus eigenem Antrieb teilgenommen habe, sondern von der Beklagten hinzugezogen worden sei. Die sich aus den Änderungswünschen ergebenden Kostenfolgen seien nach der Aussage des Zeugen pp. mit der Beklagten, nicht mit dem Bauherrn besprochen worden. Die Beklagte sei den Änderungswünschen des Bauherrn nicht entgegengetreten und habe auch der Ausführung der Arbeiten durch die Klägerin in keiner Weise widersprochen.

    bb)

    Die Berufung rügt, das Gericht habe nicht festgestellt, dass sich die Parteien über die Höhe der neu zu berechnenden Vergütung geeinigt hätten. Dem vermag der Senat nicht zu folgen:

    aaa)

    Zwar ist der Berufung zuzugestehen, dass § 2 Nr. 5 VOB/B den Parteien vorschreibt, gemeinsam unter Berücksichtigung der Änderungen einen neuen Preis zu bilden. Diese Vereinbarung soll gemäß § 2 Nr. 5 S. 2 VOB/B vor der Ausführung getroffen werden. Dennoch ist der vertragliche Anspruch auf Zahlung der Mehrvergütung nicht ausgeschlossen, wenn eine einvernehmliche Einigung über den geänderten Preis nicht zustande kommt. Vielmehr besteht - sofern sich die Parteien über die Höhe der Vergütung nicht einigen - ein klagbares Recht des Auftragnehmers auf die nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bildende Vergütung, deren Höhe gegebenenfalls durch eine gerichtliche Entscheidung festzusetzen ist. Eine einseitige Bestimmung durch einen der Vertragsschließenden kommt allerdings nicht in Betracht. Aus Gründen der Prozessökonomie ist für zulässig zu erachten, die Klage unmittelbar auf Zahlung zu richten. Hierbei kann das Gericht die geschuldete Vergütung unter Berücksichtigung des § 287 ZPO schätzen (Keldungs, in: Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Aufl., § 2 Nr. 5 Rdnr. 31; Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 9. Aufl., B § 2 Rdnr. 139 f.; OLG Celle, BauR 1982, 381). Zwar trägt der Auftragnehmer die Darlegungs- und Beweislast für den Mehrvergütungsanspruch. Hat der Auftragnehmer eine substantiierte Neuberechnung vorgelegt, ist es jedoch Sache des Auftraggebers, sich mit dieser Abrechnung im Einzelnen auseinanderzusetzen. Dieser Einlassungsobliegenheit genügt der Auftraggeber nicht, wenn er die Mehrkosten des Auftragnehmers lediglich bestreitet oder auf ein anderes Angebot verweist (Jansen, in Beck'scher VOB/B Kommentar, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 42; Keldungs, a.a.O., § 2 Nr. 5 Rdnr. 24).

    bbb)

    Das Gericht hat auf Urteil S. 8 unangegriffen festgestellt, dass die Beklagte im ersten Rechtszug keine Einwände gegen den Preisansatz der in der Schlussrechnung aufgeführten Positionen vorgetragen hat. Dem begegnen keine Bedenken:

    Von ausschlaggebender Bedeutung ist im vorliegenden Fall, dass die bestrittenen Mehrpositionen aus Titel 4 ausschließlich Materiallieferungen, im Schwerpunkt für Aluminium- und Blechteile, betreffen (siehe Klageerwiderung S. 2; Bl. 19 d.A.), die die Klägerin in der Schlussrechnung nach Einheits- und Gesamtpreis nachvollziehbar abgerechnet hat. Es ist nicht ersichtlich, dass die Preisbildung in diesen Zusatzpositionen von der Gesamtkalkulation beeinflusst wurde, wie es etwa regelmäßig dann der Fall ist, wenn sich der Umfang einer Werkleistung ändert, deren Vergütung in eine Pauschalierung Eingang gefunden hat. In Fällen der vorliegenden Art würde es die zumutbaren Anforderungen an die Substantiierung der Werklohnforderung überspannen, wollte man es dem Auftragnehmer auferlegen, zur Darlegung der Mehrvergütung für marktübliche Werkteile die gesamten Kalkulationsgrundlagen offenzulegen. Vielmehr genügt der Auftragnehmer seiner Darlegungslast schon dann, wenn er die Einheitspreise für die nach Maß und Materialbeschaffenheit beschriebenen Teile benennt. Nunmehr ist ein - zumal fachkundiger - Auftraggeber ohne Weiteres in der Lage, die Angemessenheit der Mehrvergütung zu beurteilen und seine eigenen Vorstellungen zur richtigen Berechnung der Mehrvergütung entgegenzustellen. Einen solchen Vortrag hat die Beklagte im ersten Rechtszug nicht gehalten. Auch die Berufung trägt gegen die Berechtigung der geltend gemachten Einheitspreise keine substantiierten Einwände vor.

    Ein auf die einzelnen Rechnungspositionen bezogener Sachvortrag war schließlich nicht deshalb entbehrlich, weil es der Beklagten nicht gelang, den von der Klägerin geltend gemachten Mehrpreis in vollem Umfang von der Bauherrin einzufordern. Mit Recht weist das Gericht darauf hin, dass die Klägerin nicht mit dem Risiko der Beklagten belastet werden darf, die Forderung gegenüber dem Hauptauftraggeber durchzusetzen.

    cc)

    Soweit das Gericht in der einvernehmlichen Annahme und Ausführung der von der Bauleitung geäußerten Änderungswünsche eine konkludente Anordnung der Beklagten erblickt, begegnet die angefochtene Entscheidung keinen Bedenken: Die Klägerin wurde von der Beklagten zu den Baubesprechungen mit dem Ziel hinzuzogen, die Änderungswünsche der Bauherrin umzusetzen. Im Rahmen dieser Baubesprechungen wurden der Beklagten durch die Bauherrin Änderungswünsche unterbreitet, deren Ausführung die Klägerin im Einvernehmen mit der Beklagten übernahm. Bei dieser Sachlage entspricht es dem objektiven Erklärungsgehalt des konkludenten Geschehens, dass die Klägerin die Werkleistung in Erfüllung ihres Subunternehmervertrags erbrachte.

    2.

    Das Gericht hat der Klägerin weiterhin aus § 2 Nr. 5 VOB/B den Werklohn für die Ausführung einer Geräteunterkonstruktion (Nachtrag 01) zugebilligt. Es hat hierzu ausgeführt, die Beklagte habe die von der Klägerin angebotene Leistung zur Ausführung gegeben, nachdem die Preiskalkulation der Klägerin vorgelegen habe. Auch die hiergegen gerichtete Berufung bleibt ohne Erfolg:

    a)

    Das Beweisergebnis korreliert mit den Aussagen der Zeugen pp. (Bl. 79 f. d.A.) und pp. (Bl. 102 d.A.). Der Zeuge pp. hat bestätigt, dass die ursprünglich ausgeschriebene Konstruktion nicht habe montiert werden können, da diese auf dem Betondach mit einer erhöhten Position habe angebracht werden müssen. Dann sei die geänderte Position, die im Nachtrag abgerechnet wurde, in Auftrag gegeben worden, wobei der Auftrag - so die Aussage des Zeugen pp. - der Beklagten, nicht der Klägerin erteilt worden sei. Nach der Aussage des Zeugen pp. steht fest, dass die Arbeiten nicht von der Beklagten, sondern von der Klägerin ausgeführt wurden. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Gerichts lag der Beklagten vor der Ausführung der Arbeiten das als Anlage K 13 vorgelegte Nachtragsangebot der Klägerin vor.

    b)

    Bei dieser Sachlage überzeugt die Feststellung, dass die geänderte Leistungsausführung im Sinne des § 2 Nr. 5 VOB/B auf einer konkludenten Anordnung der Beklagten beruhte. Die vorstehenden Ausführungen über die Darlegungslast hinsichtlich des aus § 2 Nr. 5 VOB/B bei fehlender Vereinbarung resultierenden Werklohnanspruchs besitzen in der vorliegenden Rechnungsposition keine prozessuale Relevanz. Vielmehr ist in der widerspruchslosen Entgegennahme der nach Zugang des Nachtragsangebots erbrachten Leistung eine konkludente Annahme des Nachtragsangebots zu sehen.

    3.

    Die Rechtsgrundlage für die Vergütung der Positionen 8.5.01.010 - 030 hat das Gericht in § 2 Nr. 6 (2) VOB/B erblickt. Es handelt sich hierbei um Leistungspositionen, die im Angebot der Klägerin aufgeführt, sodann von der Beklagten herausgestrichen, letzten Endes jedoch - so die unangefochtenen Feststellungen des Gerichts "zur Durchführung der Arbeiten zwingend" notwendig waren. Es steht außer Streit, dass die entsprechenden Leistungen nicht von der Beklagten, sondern von der Klägerin erbracht wurden. Bei dieser Sachlage kann sich die Beklagte nicht mit dem formalen Argument entlasten, dass die Klägerin vor Durchführung dieser Arbeiten die besondere Vergütung nicht verlangt habe. Letztlich folgt die Vergütungspflicht bei zwingender Notwendigkeit der Leistungserbringung aus § 2 Nr. 6 (3) VOB/B in Verbindung mit den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.

    4.

    Weiterhin hat das Gericht der Klägerin die volle geltend gemachte Stundenlohnvergütung zugesprochen. Auch insoweit bleibt die Berufung ohne Erfolg.

    a)

    Hinsichtlich der Stundenlohnarbeiten ist das Gericht frei von Rechtsfehlern zu dem Ergebnis gelangt, dass die Parteien eine Vereinbarung über die grundsätzliche Pflicht zur Vergütung von Stundenlohnarbeiten trafen: Der Zeuge pp. hat ausgesagt, er habe mit dem Zeugen pp. besprochen, dass bestimmte Arbeiten auf der Basis von Stundenlohnarbeiten vergütet werden sollten. Dies habe der Zeuge pp. akzeptiert (Bl. 82 unten d.A.). Dies deckt sich mit der Aussage des Zeugen pp., der ausgesagt hat, er gehe davon aus, dass es "ad hoc zur Beauftragung der Stundenlohnarbeiten je nach Baufortschritt" gekommen sei (Bl. 104 d.A.).

    b)

    Allerdings ist anzumerken, dass es entgegen der Aussage des Zeugen pp. nicht sieben, sondern nur sechs Rapportzettel gibt (Anlagen K 14 bis K 19), die in ihrer Addition jedoch 66 Stunden belegen.

    c)

    Drei Rapportzettel wurden anerkannt. Insoweit ist die Klageforderung unproblematisch.

    d)

    Hinsichtlich der drei nicht unterzeichneten Rapportzettel stützt das Gericht seine Entscheidung auf § 15 Nr. 3 S. 5 VOB/B. Demnach gelten nicht fristgemäß zurückgegebene Stundenlohnzettel als anerkannt. Das Gericht hat nach Vernehmung der Zeugen pp. und pp. festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten die drei nicht unterzeichneten Stundenlohnzettel im Dezember 2008 übergeben habe. Dieses Beweisergebnis deckt sich mit der Aussage des Zeugen pp.. Dem steht die Aussage des Zeugen pp. nicht entgegen.

    aa)

    Entgegen der Auffassung der Berufung entfällt die Anerkenntnisfiktion nicht deshalb, weil es die Klägerin verabsäumt hat, der Beklagten in Gemäßheit des § 15 Nr. 3 S. 1 VOB die Ausführung der Stundenlohnarbeiten vor deren Beginn anzuzeigen: Bereits dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht die Anerkenntniswirkung des § 15 Nr. 3 S. 5 VOB/B entfallen ließe. Vielmehr löst ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht einen Schadensersatzanspruch des Auftraggebers aus, wenn der Auftragnehmer schuldhaft von einer vorzeitigen Anzeige absieht (Keldungs, a.a.O., § 15 Nr. 3 Rdnr. 3; vgl. auch Voit, in Beck'scher VOB/B Kommentar, a.a.O., § 15 Nr. 3 Rdnr. 7). Dieser Rechtsgrundsatz verhilft der Berufung nicht zum Erfolg, da die Beklagte weder einen schuldhaften Verstoß gegen die Vorschrift substantiiert aufgezeigt hat, noch dargelegt hat, welcher konkrete Schaden ihr aus der verspäteten Anzeige entstanden sein möge.

    bb)

    Auch soweit diese Stundenlohnzettel nach dem Vortrag der Berufung (S. 5 der Berufungsbegründung, Bl. 168) erst im Nachhinein, deutlich nach Ausführung der Arbeiten, mithin möglicherweise nach Ablauf der in § 15 Nr. 3 S. 2 VOB/B geregelten Frist vorgelegt wurden, stünde auch ein solcher Vertragsverstoß der Anerkenntnisfiktion nicht entgegen: Zwar wird in der Lit. (Voit, a.a.O., § 15 Nr. 3 Rdnr. 24; Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., B § 15 Rdnr. 36) die Auffassung vertreten, dass sich der Auftragnehmer, der sich selbst nicht rechtstreu verhalte, nicht auf den Eintritt der Anerkenntnisfiktion berufen dürfe, wenn er die Stundenlohnzettel selbst verspätet eingereicht habe. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen:

    Dem Regelungsgehalt des § 15 Nr. 3 VOB/B ist nicht zu entnehmen, dass die Anerkenntnisfiktion hinsichtlich nicht fristgerecht eingereichter Stundenlohnzettel entfällt. Stattdessen enthält § 15 Nr. 5 VOB/B eine interessengerechte Regelung, wie sich der Auftraggeber vor Rechtsnachteilen aus verspätet eingereichten Stundenlohnzetteln schützen kann: Der Auftraggeber kann verlangen, dass für die nachweisbar ausgeführten Leistungen eine Vergütung vereinbart wird, die sich u.a. an dem vertretbaren Aufwand orientiert. Allerdings kommt die Regelung des § 15 Nr. 5 VOB/B nur dann zum Tragen, wenn der Auftraggeber ein entsprechendes Verlangen stellt (Keldungs, a.a.O., § 15 Nr. 5 Rdnr. 8). Macht der Auftraggeber von der Option des § 15 Nr. 5 VOB/B keinen Gebrauch, so verbleibt es dem Umfang nach bei den vom Auftragnehmer zur Abrechnung gestellten Stundenlohnabrechnungen (Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Aufl., § 15 Rdnr. 103). Diese Regelung lässt es als sachgerecht erscheinen, die Anerkenntnisfiktion des § 15 Nr. 3 S. 5 VOB/B im Fall der verspäteten Einreichung der Stundenlohnzettel nur dann entfallen zu lassen, wenn die Vorlage so spät erfolgt, dass dem Bauherrn eine Überprüfung der Richtigkeit des dokumentierten Stundenansatzes nicht mehr möglich ist (vgl. Nicklisch/Weick, VOB, Teil B, 3. Aufl., § 15 Rdnr. 29, 32; Keldungs, a.a.O., § 15 Nr. 3 Rdnr. 21). Ein solcher Sachverhalt ist jedoch nicht von Amts wegen zu ermitteln, sondern setzt einen entsprechenden Sachvortrag voraus, den die Beklagte nicht gehalten hat: Im ersten Rechtszug hat sich die Beklagte darauf beschränkt, die Beauftragung der Stundenlohnarbeiten zu bestreiten und darauf hinzuweisen, dass nicht alle Rapportzettel unterschrieben wurden (Klageerwiderung S. 3, Bl. 20 d.A., Schriftsatz vom 28.1.2010 S. 1 f.; Bl. 76 f. d.A.). Auch die Berufung verhält sich zu den Auswirkungen der verspäteten Vorlage der Stundenlohnzettel nicht.

    cc)

    Soweit in der Literatur darüber diskutiert wird, ob der Auftraggeber auch im Falle eines schuldlosen Verstoßes gegen die Anzeigeobliegenheit auf die Regelung des § 15 Nr. 5 VOB/B zurückgreifen kann, sofern es ihm durch die unterbliebene Anzeige verwehrt ist, die erforderliche Kontrolle der Stundenlohnarbeiten an Ort und Stelle auszuüben (Keldungs, a.a.O., § 15 Nr. 3 Rdnr. 3), verhilft auch diese Erwägung der Berufung nicht zum Erfolg: Es fehlt an einem qualifizierten Sachvortrag, dass die verspätete Anzeige vor Durchführung der Arbeiten eine Kontrolle erschwerte.

    5.

    Der Zinsanspruch und der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die das Gericht aus einem Streitwert von 15.746,53 EUR berechnet hat, folgen aus Verzugsgesichtspunkten.

    B.

    Die Kostenfolge beruht hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils auf § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO: Insoweit waren der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da diese nach den vorstehenden Ausführungen ohne Erledigung in der Hauptsache unterlegen wäre. Im Übrigen beruht die Kostenfolge auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

    RechtsgebieteVOB/B, ZPOVorschriften§ 2 Nr. 2, 5, S. 2, Nr. 6 VOB/B § 15 Nr. 3 S. 1, Nr. 5 VOB/B § 287 ZPO