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  • 31.10.2008 · IWW-Abrufnummer 083054

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 01.07.2008 – 10 U 736/07

    1. Ist bei der Sanierung eines Altbaus als Teil von Trockenlegungsmaßnahmen eines Kellers die Aufbringung eines Sanierputzes als Unterputz vorgesehen, muss der Architekt schon vor der Aufbringung des Unterputzes prüfen, ob die richtige Putzsorte verwendet wird.



    2. Spätestens vor Anbringung des Oberputzes hat er dann die ordnungsgemäße Ausführung zur überprüfen.


    Oberlandesgericht Dresden

    IM NAMEN DES VOLKES

    VORBEHALTSURTEIL

    10 U 736/07
    01.07.2008

    In dem Rechtsstreit XXX

    wegen Forderung

    hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden im schriftlichen Verfahren nach Schriftsatznachlass bis 28.05.2008 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #### Richter am Oberlandesgericht Dr. #### Richter am Oberlandesgericht ####

    für Recht erkannt:

    Auf die Berufung des Klägers wird das Teilendurteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 04.04.2007 - Az.: 11 O 2288/06 - wie folgt abgeändert:

    1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.185,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2006 zu zahlen. Die Entscheidung ergeht unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung des Beklagten mit Honorarforderungen für Architektenleistungen.

    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

    III. Von den Kosten des Rechtsstreits der I. Instanz tragen der Kläger 7/10 und der Beklagte 3/10.

    Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.

    IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    V. Die Revision wird nicht zugelassen.

    und beschlossen:

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.185,45 EUR festgesetzt.

    Gründe:

    I.

    Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

    II.

    Die Berufung des Klägers ist zulässig und hinsichtlich der nach teilweiser Berufungsrücknahme noch rechtshängigen Klageforderung bis auf einen Teil der Zinsforderung begründet.

    Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

    1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten wegen mangelhafter Bauüberwachung gemäß § 635 BGB (a.F.) eine Schadensersatzforderung in Höhe von 4.185,45 EUR zu.

    a. Der Beklagte war gegenüber dem Kläger auf Grund des schriftlichen Architektenvertrages vom 10.05.1995 unter anderem zur Überwachung der bei dem Bauvorhaben "Rekonstruktion Villa, #### Straße ####, ####" auszuführenden Bauarbeiten verpflichtet. Er schuldete danach die Überwachung der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen sowie mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik (Niestrate, die Architektenhaftung, 3. Aufl., Rdnr 115). Der Beklagte hat seine Überwachungspflicht verletzt, indem er nicht ausreichend dafür Sorge getragen hat, dass das ausführende Bauunternehmen, die Fa. B#### Bau GmbH, in den Räumen des Kellergeschoßes den im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Sanierputz verwendet. Stattdessen wurde durch die Fa. B#### Bau GmbH fälschlicherweise ein Wärmedämmputz als Unterputz aufgebracht.

    Eine Pflichtverletzung des Beklagten lässt sich im vorliegenden Fall nicht mit der Begründung verneinen, das Aufbringen des Putzes stelle eine handwerkliche Selbstverständlichkeit dar, die der Architekt nicht überwachen müsse. Gerade bei der Sanierung eines Altbaus kommt es entscheidend darauf an, dass tatsächlich die im Rahmen der Planung und Ausschreibung vorgegebenen Materialien zum Einsatz kommen. Die Verwendung von Sanierputz an den Wänden sollte einer Durchfeuchtung entgegenwirken. Ihr kam daher bei der Realisierung des Bauvorhabens besondere Bedeutung zu. Unter diesen Umständen war der Beklagte verpflichtet, bereits vor Aufbringen des Unterputzes dafür zu sorgen, dass tatsächlich die richtige Putzsorte verwendet wird, und spätestens vor Anbringung des Oberputzes die ordnungsgemäße Ausführung zu kontrollieren. Angesichts der Bedeutung des Gewerkes für die Herbeiführung eines mangelfreien Bauwerks durfte der Beklagte sich nicht auf eine nachträgliche Kontrolle beschränken.

    Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 31.03.2008, d.h. im Rahmen des Berufungsverfahrens, erstmals behauptet hat, die Fa. B#### Hausbau GmbH habe in einigen Räumen des Kellers tatsächlich Sanierputz verwendet, danach aber preiswerteren Putz eingesetzt, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Er behauptet nämlich selbst jetzt noch nicht einmal, dass er die Putzarbeiten durch die B#### Bau GmbH während der Ausführung wenigstens stichprobenartig auf Übereinstimmung mit dem Leistungsverzeichnis überprüft habe.

    b. Da die Fa. B#### Bau GmbH zwischenzeitlich in Insolvenz geraten war, hat die "#### GbR", deren Gesellschafter der Kläger und seine Ehefrau sind, den fehlerhaft aufgebrachten Wärmedämmputz zur Behebung des Baumangels durch die Fa. #### abschlagen lassen. Hierfür sind der "#### GbR" Kosten in Höhe von 4.185,45 EUR entstanden.

    Diese Kosten kann der Kläger im Wege der Drittschadensliquidation als Schaden vom Beklagten ersetzt verlangen. Er hat nachvollziehbar dargelegt, dass er das Grundstück #### Straße zusammen mit seiner Ehefrau A#### S#### gekauft habe, um es gemeinsam mir ihr zu sanieren und wirtschaftlich zu nutzen. Zwar habe er den Architektenvertrag mit dem Beklagten allein im eigenen Namen geschlossen. Die Beauftragung sei jedoch mit seiner Ehefrau abgestimmt gewesen und habe im Interesse der mit der Sanierung befassten "#### GbR" gelegen. Er habe bei der Beauftragung des Beklagten als mittelbarer Stellvertreter gehandelt und sei daher nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation berechtigt, die Aufwendungen der "#### GbR" als eigenen Schaden gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Diesem Vortrag des Klägers ist der Beklagte nicht, jedenfalls nicht mit erheblichen Einwendungen, entgegengetreten. Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass derjenige, der als mittelbarer Stellvertreter für fremde Rechnung einen Vertrag abgeschlossen hat, den Schaden des Geschäftsherrn gegen den zum Schadensersatz verpflichteten Vertragsgegner geltend machen kann (BGH NJW 1967, 140ff; Palandt, BGB, 67. Aufl., vor § 249 Rdnr 115).

    c. Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt.

    Für den Beginn der Verjährungsfrist der Ansprüche des Bauherrn gegen den Architekten ist der Zeitpunkt der Abnahme der Architektenleistungen maßgebend. Da eine körperliche Abnahme des Architektenwerks grundsätzlich nicht in Betracht kommt, setzt die Abnahme jedenfalls die Vollendung der Architektenleistungen voraus (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdnr 2397). Wann eine Vollendung der Architektenleistung anzunehmen ist, hängt vom beauftragten Leistungsumfang ab. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen, dass der Beklagte "bis Leistungsphase 8" beauftragt war. Bei einer Beauftragung des Architekten mit Leistungen bis einschließlich Phase 8 im Sinne von § 15 HOAI ist die Architektenleistung frühestens nach Abnahme sämtlicher Bauleistungen und Überwachen der Beseitigung der bei der Abnahme der Bauleistungen festgestellten Mängel vollendet. Der bloße Umstand, dass das Bauwerk errichtet und eine "Gebäudefeinreinigung" durchgeführt wurde, besagt nichts in Bezug auf eine Abnahme der Bauleistungen und lässt keine Rückschlüsse hinsichtlich der Vollendung der Architektenleistungen zu. Das gleiche gilt hinsichtlich des Gegenstands des Ortstermins vom 12.11.1997. Der Umstand, dass es dabei um Mängel ging, die "nach Fertigstellung" der Bauleistungen aufgetreten sind, ist unerheblich. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob die Bauleistungen zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon abgenommen waren. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, waren die durch den Beklagten zu erbringenden Architektenleistungen zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht notwendigerweise beendet.

    Neben der Vollendung der Architektenleistungen ist für eine Abnahme des Architektenwerks ein vom Auftraggeber zum Ausdruck gebrachter Wille notwendig, die vom Architekten erbrachten Leistungen als vertragsgemäß anzuerkennen. Fehlt es insoweit an einer ausdrücklichen Erklärung des Auftraggebers, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Das Architektenwerk kann als abgenommen gelten, wenn das Bauwerk errichtet, der Bauherr die Rechnungsprüfung und die endgültige Kostenfeststellung des Architekten sowie dessen Schlussrechnung entgegengenommen und bezahlt hat. Dagegen kann die für den Beginn der Verjährungsfrist bedeutsame Abnahme des Architektenwerks noch nicht ohne weiteres in dem Bezug des errichteten Hauses gesehen werden (Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr 2397).

    Im vorliegenden Fall fehlt es an einen hinreichenden Vortrag des Beklagten für die Annahme einer Abnahme der Architektenleistungen durch den Kläger. Der Umstand, dass die durch den Beklagten benannten Baufirmen Schlussrechnungen gestellt hatten, diese durch den Beklagten gegenüber dem Kläger zur Zahlung freigegeben worden waren und der Kläger die entsprechenden Zahlungen geleistet hat, lässt keinen Rückschluss auf eine Abnahme der Architektenleistungen zu. Im Übrigen fehlt bei der "Firmenaufzählung" des Beklagten die ursprünglich beauftragte Generalunternehmerin, die Fa. B#### Bau GmbH. Bereits am 12.11.1997 trafen sich aber der Kläger und der Beklagte, um die Beseitigung der Feuchtigkeitserscheinungen in den Kellerräumen zu erörtern. Dies kann bei objektiver Betrachtung nur dahingehend verstanden werden, dass der Beklagte damit seiner im Rahmen der Bauüberwachung bestehenden Pflicht nachkommen wollte, für die Beseitigung der bei der Bauausführung aufgetretenen Mängel Sorge zu tragen. Dafür, dass der Beklagte diese selbst auch so verstanden hat, spricht die Nennung der ursprünglichen Auftragsnummer #### in der vom Beklagten erstellten Aktennotiz vom 14.11.1997 zum Ortstermin vom 12.11.1997. Auch in der Folgezeit hat der Beklagte nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers stets den Eindruck vermittelt, er bemühe sich, die Ursachen für die aufgetretene Feuchtigkeit in den Kellerräumen zu ermitteln und auf eine Beseitigung von Mängeln hinzuwirken. Jedenfalls hat der Beklagte zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger erklärt, dass er seine Leistungspflichten nunmehr als erfüllt ansehe. Insbesondere hat er dies vorprozessual auch nicht durch Stellung einer Schlussrechnung zum Ausdruck gebracht.

    2. Dem Kläger steht gegen den Beklagten nach §§ 286, 288 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 03.03.2006 zu. Einen weitergehenden Anspruch auf Verzugszinsen hat der Kläger nicht schlüssig dargetan. Dadurch, dass er den Beklagten mit Anwaltsschriftsatz vom 23.08.2005 unter Fristsetzung bis zum 01.09.2005 aufgefordert hat, zu erklären, dass er die Mängel an dem Bauobjekt beseitigen werde, wurde kein Verzug des Beklagten hinsichtlich der nunmehr geltend gemachten Kosten für das Abschlagen des Putzes durch die Fa.#### begründet.

    II.

    Der Senat hat von der nach § 302 Abs. 1 ZPO bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, über die Klageforderung durch Vorbehaltsurteil zu entscheiden, da der Rechtsstreit insoweit - wie unter Ziff. I. im Einzelnen ausgeführt - zur Entscheidung reif war. Wegen der vorbehaltenen Aufrechnungen seitens des Beklagten bleibt der Rechtsstreit mit den gleichen Parteirollen anhängig (Zöller, ZPO, § 302 Rdnr 11).

    III.

    1. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs.2, 516 Abs. 3, 709 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Zuvielforderung des Klägers hinsichtlich der Zinsen war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht.

    2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

    RechtsgebietBGBVorschriftenBGB a.F. § 635