10.12.2021 · IWW-Abrufnummer 226307
Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 27.04.2021 – 23 U 106/20
Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20.04.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr durch notwendige Planungs- und Überwachungskosten im Zusammenhang mit dem Ausbau der vorhandenen Treppen und der Neuherstellung der Treppen im Haus A-Straße in Düsseldorf im Haupthaus vom Keller bis ins Dachgeschoss und in der Einliegerwohnung vom Keller bis ins Obergeschoss entsteht.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.348,16 € als abzurechnende schadensersatzrechtliche Vorfinanzierung der zur Beseitigung der Rissbildung jeweils an der Stirnseite der Galerie im 1. Obergeschoss des Haupthauses, der Kellergeschossdecke zum Treppenloch (Hauptwohnung), der Erdgeschossdecke zum Treppenloch (Hauptwohnung), der Dachgeschossdecke / Kehlbalkenanlage zum Treppenloch (Hauptwohnung) und der Kellergeschossdecke zum Treppenloch (Einliegerwohnung) erforderlichen Maßnahmen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2017 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren Schäden zu ersetzen, die durch die zur Beseitigung der Rissbildung jeweils an der Stirnseite der Galerie im 1. Obergeschoss des Haupthauses, der Kellergeschossdecke zum Treppenloch (Hauptwohnung), der Erdgeschossdecke zum Treppenloch (Hauptwohnung), der Dachgeschossdecke / Kehlbalkenanlage zum Treppenloch (Hauptwohnung) und der Kellergeschossdecke zum Treppenloch (Einliegerwohnung) erforderlichen Maßnahmen entstehen.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 14.205,00 € als abzurechnende schadensersatzrechtliche Vorfinanzierung der Beseitigung der Mängel an der Treppe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 36 %, der Beklagte zu 64 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte. Die Kosten des vor dem Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 7 OH 5/12 geführten selbständigen Beweisverfahrens tragen die Klägerin zu 43 %, der Beklagte zu 57 %.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e:
2
A.
3
Die Klägerin macht gegen den beklagten Architekten, der von ihr mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 ‒ 9 beauftragt gewesen ist, Schadensersatzansprüche auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags wegen von ihr behaupteter Planungs- und Überwachungsfehler im Zusammenhang mit dem Neubauvorhaben A-Straße in Düsseldorf geltend, die zu Mängeln an der Treppenanlage sowie Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken geführt haben sollen. Sie hat gegen den Beklagten zunächst ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet, das vor dem Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 7 OH 5/12 geführt wurde und neben den hier streitgegenständlichen Mängeln auch Rissbildungen am Wand-/Deckenanschluss im Dachgeschoss und an den Anschlüssen/Übergängen der Dachschrägenbekleidung in der Hauptwohnung und in der Einliegerwohnung betraf, die die Klägerin dem Beklagten ebenfalls zur Last legte. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte verwiesen.
4
Mit ihrer Klage hat die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung von 22.645,00 € für den Ausbau der vorhandenen Treppen und deren Neuherstellung sowie weitere 3.288,23 € für die Beseitigung der Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken gefordert. Die vorgenannten Beträge hat sie unter Bezugnahme auf die Angebote der B-GmbH & Co. KG vom 14.09.2017 (Anlage W 16 (ab S. 3), Anlagenband) sowie der G.-GmbH & Co. KG vom 04.10.2016 (Anlage W 7, Anlagenband) berechnet. Weiter hat sie einen Anspruch auf Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für ihr im Zusammenhang mit der Beseitigung der Mängel an der Treppe entstehende Planungs- und Überwachungskosten geltend gemacht. Schließlich hat sie die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz aller weiteren notwendigen Kosten, die durch den Ausbau und die Neuherstellung der Treppen und die zur Beseitigung der Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken erforderlichen Maßnahmen entstehen, beantragt
5
Das Landgericht Düsseldorf hat mit am 20.04.2020 verkündetem Urteil (GA Bl. 278 ff.), auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, den Feststellungsanträgen überwiegend ‒ mit Ausnahme des auf die Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für in Zusammenhang mit dem Ausbau und der Neuherstellung der Treppe entstehende weitere Kosten gerichteten Antrages, da ein Feststellungsinteresse weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich und die Klage deshalb insoweit unzulässig sei ‒ stattgegeben. Darüber hinaus hat es den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für den Ausbau und die Neuherstellung der Treppe einen Vorschuss in Höhe von 14.205,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2018 und für die Beseitigung der Rissbildungen an den Geschossdecken einen Vorschuss in Höhe von 3.288,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2017 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe gegen den Beklagten zunächst im Zusammenhang mit der Neuherstellung der Treppe einerseits sowie der Beseitigung der Rissbildungen andererseits ein Schadensersatzanspruch auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB in Höhe von insgesamt 17.493,23 € zu. Der Beklagte habe im Zusammenhang mit der Errichtung der Treppe seine Pflicht zur Überwachung der Arbeiten der Tischlerei E.-GmbH verletzt. Dies ergebe sich aus den Feststellungen des Sachverständigen Dr.-Ing. C., der in seinem schriftlichen Gutachten vom 28.11.2013 nachvollziehbar ausgeführt habe, die Holztreppen der Haupt- und Einliegerwohnung seien wegen des fehlenden Nachweises der Gebrauchstüchtigkeit und Standsicherheit als mangelhaft zu bewerten. Der Beklagte als bauüberwachender Architekt habe versäumt, wegen der fehlenden Einhaltung der in dem Regelwerk „Handwerkliche Holztreppen“ des D. e.V. enthaltenen anerkannten Regeln der Technik durch das ausführende Unternehmen den erforderlichen Nachweis der Gebrauchstauglichkeit von diesem anzufordern. Zur Sicherstellung der vollständigen Funktionalität wäre der Beklagte im Hinblick auf die fehlende Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik gehalten gewesen, die Treppe, bei der es sich um ein besonders gefahrenträchtiges Gewerk handele, jedenfalls im Rahmen der ihn treffenden Abnahmepflicht auf ihre Standsicherheit zu prüfen. Es liege zudem ein Planungsfehler in Form des Planungsausfalls vor, weil der Beklagte es unterlassen habe, planerisch festzulegen, wie der frei sichtbare Deckenrand konstruiert und ausgebildet werde. Der Sachverständige Dr.-Ing. C. habe in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 28.01.2018 ausgeführt, im Ausbau eines Wohngebäudes gebe es verschiedene, gleichwertige Konstruktionsmöglichkeiten für die Ausbildung einer oberflächenfertigen Stirnseite an einer Geschossdecke mit Oberboden. Die Entscheidung, wie der frei sichtbare Deckenrand konstruiert und ausgebildet werde, sei planerisch vom Architekten vorzunehmen. Diese Planungsleistung habe der Beklagte jedoch nicht vorgenommen.
6
Für die Treppenerneuerung könne die Klägerin 14.205,00 € verlangen. Dieser Betrag setze sich zusammen aus zu erwartenden Nachbesserungskosten von 30.000,00 € abzüglich der bereits geleisteten bzw. von der Klägerin nicht mehr geltend gemachten 15.795,00 €. Das Gericht habe seiner Entscheidung die von dem Sachverständigen Dr.-Ing. C. in dessen Gutachten vom 08.04.2019 ermittelten zu erwartenden Kosten von 25.000,00 € bis 30.000,00 € zugrunde gelegt, wobei es sich an der Obergrenze dieser Preisspanne orientiert habe. Die Klägerin habe nicht gegen ihre Pflicht zur Schadensminderung verstoßen, indem sie es unterlassen habe, die Mängelbeseitigung bereits auf Grundlage des Angebots der E.-Treppen vom 10.06.2017 (Anlage W 17, Anlagenband) über 21.042,77 € brutto durchzuführen. Die Klägerin habe davon absehen dürfen, gerade das Handwerksunternehmen mit der Neuerrichtung der Treppe zu beauftragen, das sich bereits im Rahmen der Erstausführung nicht an die anerkannten Regeln der Technik gehalten habe. Die Klägerin habe sich zudem auf die Auffassung der ausschreibenden Architektin verlassen dürfen, das Angebot des Unternehmens E.-Treppen gebe den ausgeschriebenen Leistungsumfang nicht wieder, weshalb es nicht in Betracht zu ziehen sei. Im Übrigen habe die Klägerin auch ein berechtigtes Interesse gehabt, mit einer Neuerrichtung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu warten, um sicherzustellen, dass behauptete Mängel einer späteren Begutachtung durch einen gerichtlichen Sachverständigen noch zugänglich seien.
7
Hinsichtlich der Rissbildungen bestehe ein Zahlungsanspruch in Höhe der beantragten 3.228,23 €. Der Antrag sei dahingehend auszulegen, dass er sich auf die von dem Feststellungsantrag nicht erfassten Rissbildungen Risse am Wand-/Deckenanschluss im Dachgeschoss und an den Anschlüssen/Übergängen der Dachschrägenbekleidung in der Hauptwohnung und in der Einliegerwohnung beziehe. Für deren Beseitigung habe der Sachverständige Dr.-Ing. C. einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € brutto für auskömmlich erachtet. Vor dem Hintergrund des § 308 ZPO hätten allerdings nur die beantragten Kosten zugesprochen werden können.
8
Der auf die Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für die im Rahmen der Neuerrichtung der Treppe anfallenden Planungs- und Überwachungskosten gerichtete Antrag sei ebenfalls begründet. Die Einstandspflicht sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte selbst die Durchführung dieser Planungs- und Überwachungsleistungen angeboten habe. Zwar habe der Besteller einen vertraglichen Anspruch gegen den Architekten auf Überwachung der Mängelbeseitigungsarbeiten, wenn dieser (auch) mit der Leistungsphase 9 gemäß HOAI beauftragt gewesen sei. Hieraus folge, dass der Auftraggeber ohne fruchtlosen Ablauf einer dem Architekten gesetzten Frist gegenüber diesem grundsätzlich keine Regiekosten geltend machen könne. Vorliegend sei eine solche Fristsetzung allerdings nach § 281 Abs. 2 Var. 2 BGB entbehrlich gewesen, da die Pflichtverletzung des Beklagten gravierend sei und der Klägerin die Inanspruchnahme seiner Leistungen deshalb aufgrund eines nachvollziehbar nachhaltigen Vertrauensverlustes nicht zumutbar sei. Bei der Überwachung des Treppenbaus müsse sie sich ganz besonders auf ein sorgfältiges, gewissenhaftes und umsichtiges Vorgehen ihres Architekten verlassen können. Die fehlende Standsicherheit der in einem Einfamilienhaus ständig genutzten Treppe stelle einen erheblich gefahrträchtigen Baumangel dar.
9
Ebenso sei der Feststellungsantrag die Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken betreffend begründet, weil der Beklagte aufgrund des Planungsausfalls insoweit einstandspflichtig sei.
10
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner zulässigen Berufung. Er vertritt die Ansicht, das Landgericht habe zwar noch zutreffend angenommen, dass die Klägerin einen vertraglichen Anspruch gegen den Beklagten habe, dass dieser die Mangelbeseitigung plane und überwache. Entgegen dessen Auffassung sei, nachdem er der Klägerin die vorbezeichneten Leistungen ordnungsgemäß angeboten habe, eine Fristsetzung jedoch nicht gemäß § 281 Abs. 2 Var. 2 BGB entbehrlich gewesen, da der Klägerin die Planung und Überwachung der Nachbesserung durch den Beklagten aufgrund eines nachvollziehbar nachhaltigen Vertrauensverlusts nicht zumutbar sei. Auf einen solchen habe sich die Klägerin selbst nie berufen. Zudem rechtfertige es der ihm zur Last zu legende Fehler bei der Überwachung der Leistung des Treppenbauers auch nicht, ihm das Vertrauen vollständig zu entziehen. Zwar habe er versäumt, einen Standsicherheitsnachweis einzuholen. Weder der Sachverständige Dr.-Ing. C. noch der Privatsachverständige F. hätten jedoch festgestellt, dass die Treppen nicht standsicher seien. Der Beklagte rügt weiter, dass das Landgericht das Verhältnis der sich auf die Risse beziehenden Klageanträge falsch ausgelegt habe. Keiner dieser Anträge beziehe sich auf die „übrigen Risse im Dachgeschoss“. Zu solchen treffe das Landgericht im Tatbestand auch keine Feststellungen. Zwar seien Risse am Wand-/Deckenanschluss im Dachgeschoss und an den Anschlüssen/Übergängen der Dachschrägenbekleidung in der Hauptwohnung und in der Einliegerwohnung Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens gewesen. Im Klageverfahren seien sie jedoch nicht streitgegenständlich. Seine Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz zur Vorfinanzierung der Kosten der Beseitigung von Rissen im Dachgeschoss verstoße gegen § 308 Abs. 1 ZPO, da der Klägerin etwas zugesprochen worden sei, was diese gar nicht beantragt habe. Den Kostenaufwand zur Beseitigung der Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken habe der Sachverständige Dr.-Ing. C. im Gutachten vom 08.04.2019 auf 2.348,16 € brutto geschätzt. Lediglich in dieser Höhe stehe der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz in Form der Vorfinanzierung der Mängelbeseitigungskosten zu. Hinsichtlich des Feststellungsantrags fehle es an einem Feststellungsinteresse, da die Rissbildungen an den Geschossdecken bereits von dem Leistungsantrag erfasst seien. Für die Beseitigung der Mängel an der Treppe stehe der Klägerin lediglich ein Anspruch auf Zahlung eines zweckgebundenen, abzurechnenden Schadensersatzes in Höhe von 5.247,77 € zu. Der Sachverständige Dr.-Ing. C. habe in seinem Hauptgutachten vom 29.11.2013 die Kosten für den Abriss und die Neuerrichtung der Holztreppen auf 19.050,00 € brutto beziffert. Das Angebot der E.-Treppen vom 10.06.2017 über 21.042,77 € brutto entspreche, so der Sachverständige weiter, ziemlich genau der Schätzung im Hauptgutachten. Es sei zwar scharf kalkuliert, aber preislich durchaus realistisch. Unter der gegebenen Marktsituation sei es indes nicht mehr zu bekommen, so dass die wirtschaftlich vertretbaren Kosten nunmehr eher auf 25.000,00 € bis 30.000,00 € brutto zu beziffern seien. Diese Preissteigerungen gingen jedoch nicht zu seinen Lasten. Der Beklagte und sein Versicherer hätten der Klägerin nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens im März 2017 insgesamt 13.795,00 € gezahlt. Zudem habe die Klägerin Werklohn der Tischlerei E.-GmbH in Höhe von 2.000,00 einbehalten. Darüber hinaus habe der Beklagten mit Schreiben vom 13.01.2017 (Anlage W 8, Anlagenband) verbindlich zugesagt, dass die auf den gezahlten Betrag entfallende Mehrwertsteuer auf Nachweis erstattet werde, und außerdem alle weiteren notwendigen Kosten, die der Klägerin durch den Ausbau der vorhandenen Treppen sowie deren Neuherstellung entstünden, ersetzt würden, ausgenommen die Kosten für Planung und Überwachung. Seit Ende März 2017 habe der Klägerin damit der Nettobetrag der Kostenschätzung des Sachverständigen zur Erneuerung der Treppenanlage zur Verfügung gestanden. Zudem habe sie die Gewissheit gehabt, dass ihr die anfallende Mehrwertsteuer und etwaige notwendige Mehrkosten mit Ausnahme von Architektenleistungen für Planung und Überwachung erstattet würden. Damit sei die Klägerin klaglos gestellt gewesen. Dementsprechend habe sei mit ihrer Klage auch ursprünglich nur die Feststellung begehrt, dass er, der Beklagte, verpflichtet sei, ihr auch die im Zuge des Austauschs der Treppe anfallenden Kosten für die Planung und Überwachung der Mängelbeseitigung durch einen Architekten zu erstatten. Dass die Tischlerei E.-GmbH bei der ursprünglichen Arbeit fehlerhaft gearbeitet habe, spreche nicht gegen die Beauftragung der E.-Treppen mit der Neuerrichtung der Treppen. Dagegen stehe schon die gesetzliche Wertung in § 636 BGB mit dem Vorrang der Nacherfüllung. Zudem habe die Klägerin die Tischlerei E.-GmbH niemals zur Nachbesserung aufgefordert, obwohl sie diese zuletzt mit Anwaltsschreiben vom 29.12.2016 angeboten habe. Die von der Klägerin beauftragte Architektin habe eine Beauftragung der E.-Treppen weiter deshalb abgelehnt, weil deren Angebot nicht als auskömmlich eingeschätzt worden sei. Auf einen Vertrauensverlust habe sie sich nicht berufen. Ein Zuwarten mit der Durchführung der Arbeiten bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens sei nicht geboten gewesen, da nicht ersichtlich sei, welche weiteren Mängel der Treppe noch hätten sachverständig festgestellt werden sollen. Da die Klägerin aufgrund der Rechtsprechungsänderung von Februar 2018 Anspruch auf einen zweckgebundenen, abzurechnenden Schadensersatz habe, könne sie jetzt nicht nur den Netto- sondern den Bruttobetrag der Kostenschätzung des Sachverständigen verlangen. Die Klägerin habe bereits 15.795,00 € als Netto-Mindestschadensersatz erhalten. Sie könne nach dem Vorgenannten allenfalls die Differenz zur ursprünglichen Kostenschätzung des Sachverständigen in Höhe von 3.255,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer fordern. Bei der Kostenentscheidung habe das Landgericht versäumt, gemäß § 92 ZPO und in analoger Anwendung von § 96 ZPO zu berücksichtigen, dass das selbständige Beweisverfahren teilweise negativ für die Klägerin ausgegangen sei, so dass die im selbständigen Beweisverfahren nicht bestätigten Mängel nicht Gegenstand des Hauptsacheverfahrens geworden seien.
11
Der Beklagte beantragt,
12
das am 20.04.2020 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (Az. 7 O 14/17) teilweise abzuändern und wie folgt zu entscheiden:
13
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 7.595,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.348,16 € seit dem 14.01.2017 und aus weiteren 5.247,77 € seit dem 09.01.2018 als zweckgebundenen, abzurechnenden Schadensersatz zu zahlen.
14
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
15
Die Klägerin beantragt,
16
die Berufung zurückzuweisen.
17
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
18
B.
19
Die zulässige Berufung des Beklagten hat überwiegend keinen Erfolg.
20
1.
21
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Schadenersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, § 280 BGB auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags in Höhe von insgesamt 16.553,16 € - der Kosten für die Neuherstellung der Treppen und für die Beseitigung der Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken ‒ zu. Die Werkleistung des Beklagten war mangelhaft. So hat der Beklagte zunächst im Zusammenhang mit der Errichtung der Treppen seine Pflicht zur Planung und Überwachung der Arbeiten der Tischlerei E.-GmbH verletzt. Ein Planungsfehler ist ihm insoweit zur Last zu legen, als die ursprünglich errichtete Betontreppe mangelhaft geplant worden ist, da sie nach Errichtung in den Raum hineinkragte. Den entsprechenden Vortrag der Klägerin hat der Beklagte nicht bestritten. Zudem ist für die im Zuge der Nachbesserung von dem Beklagten für die Klägerin in Auftrag gegebene Holztreppe keine Planung erstellt worden. Ein Überwachungsfehler resultiert daraus, dass die nunmehr vorhandene Holztreppe nicht unter Einhaltung des Regelwerks „Handwerkliche Holztreppen“ errichtet worden ist und der Beklagte unterlassen hat, den aufgrund dieser von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichenden Ausführung erforderlich gewordenen Standsicherheitsnachweis anzufordern bzw. die Treppe jedenfalls auf ihre Standsicherheit zu prüfen. Soweit die Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken betroffen sind, ist dem Beklagten ein Planungsfehler in Form des Planungsausfalls zur Last zu legen, da er unterlassen hat, planerisch festzulegen, wie der frei sichtbare Deckenrand konstruiert und ausgebildet wird. Den aus diesen Pflichtverletzungen resultierenden Schaden hat der Beklagte der Klägerin zu ersetzen.
22
a.
23
Für die Neuherstellung der Treppen kann die Klägerin von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von insgesamt 14.205,00 € fordern. Zu Unrecht macht der Beklagte mit seiner Berufung geltend, die Klägerin habe nur Anspruch auf einen Betrag in Höhe von 5.247,77 €, da sie der E.-Treppen auf der Grundlage des dortigen Angebots vom 10.06.2017 (Anlage W 17) keinen Auftrag erteilt habe und sich die Kostensteigerungen seit Juni 2017 deshalb nach § 254 Abs. 2 BGB schadensmindernd anrechnen lassen müsse.
24
Dass die Klägerin nicht die E.-Treppen beauftragt hat, ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, die Klägerin habe als Geschädigte nicht deshalb unvernünftig gehandelt, weil sie davon abgesehen habe, gerade das Handwerksunternehmen mit der Neuerrichtung der Treppe zu beauftragen, welches sich bereits im Rahmen der Erstausführung nicht an die allgemein anerkannten Regeln der Technik gehalten habe. Dass die Tischlerei E.-GmbH und die E.-Treppen in einem personellen und organisatorischen Zusammenhang stehen, stellt die Berufung, die lediglich geltend macht, die ursprünglich fehlerhafte Arbeit stehe aufgrund des in § 636 BGB normierten Vorrangs der Nacherfüllung einer erneuten Beauftragung nicht entgegen, zweitinstanzlich nicht mehr in Abrede. Dem Verweis des Beklagten auf den Vorrang der Nacherfüllung ist jedoch entgegenzuhalten, dass einem gesamtschuldnerisch mit einem Unternehmer wegen Bauaufsichtsfehlern haftenden Architekten in der Regel der Einwand versagt ist, der Besteller hätte sich durch rechtzeitigen Zugriff bei dem Unternehmer befriedigen können und müssen. Denn dem Besteller steht es grundsätzlich frei, ob er wegen eines Mangels am Bauwerk den Unternehmer oder den Architekten, der seine Aufsichtspflicht verletzt hat, in Anspruch nehmen will (BGH, Urteil vom 26.07.2007 - VII ZR 5/06 ‒ NZBau 2007, 721, beck-online; OLG Dresden, Urt. v. 19.10.2016 ‒ 13 U 74/16 ‒ NZBau 2017, 168, beck-online). Allerdings kann sich die Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners als rechtsmissbräuchlich darstellen. Der Gläubiger darf bei seinem Entschluss, gegen welchen Gesamtschuldner er vorgeht, nicht jede Rücksichtnahme auf den anderen vermissen lassen. Er hat vielmehr seine Rechte nach Treu und Glauben auszuüben, § 242 BGB. So kann der Auftraggeber ausnahmsweise gehindert sein, einen Architekten wegen eines Bauaufsichtsfehlers in Anspruch zu nehmen, wenn und soweit er auf einfachere, insbesondere billigere Weise von dem Unternehmer die Beseitigung des Mangels verlangen kann (BGH, a.a.O.; OLG Dresden, a.a.O.). Geht es allein um den finanziellen Ausgleich des Schadens, ist einem Gesamtschuldner in der Regel jedoch der Einwand versagt, der Gläubiger hätte sich durch rechtzeitigen Zugriff bei dem anderen Gesamtschuldner befriedigen können und müssen. Etwas anderes kann gelten, wenn der Gläubiger arglistig handelt, wenn also sein Vorgehen im Hinblick auf die besonderen Umstände des Falls sich als Missbrauch seines Rechts darstellen würde, die Leistung nach Belieben von jedem Schuldner zu fordern. Als rechtsmissbräuchliches Verhalten wäre das Verhalten des Gläubigers anzusehen, wenn er sich nur deswegen an einen von mehreren Gesamtschuldnern halten und ihm das Regressrisiko aufbürden würde, weil er aus missbilligenswerten Motiven die Absicht hat, gerade diesen Schuldner zu belasten (BGH, Urteil vom 22.01.1991 - XI ZR 342/89 ‒ NJW 1991, 1289, beck-online). Anhaltspunkte für ein arglistiges Handeln der Klägerin legt der Beklagte mit seiner Berufung jedoch weder dar noch sind diese anderweitig ersichtlich.
25
Die Klägerin durfte sich zudem auf die fachliche Einschätzung der Architektin H. verlassen, dass das Angebot der E.-Treppen für den ausgeschriebenen Leistungsumfang nicht auskömmlich sein würde. So war in dem Angebot vom 01.06.2017 (Anlage W 17) eine Angebotssumme in Höhe von 21.042,77 € brutto ‒ bei Zugrundelegung eines Mehrwertsteuersatzes von 19 % - kalkuliert. Bereits das ursprüngliche Angebot der Tischlerei E.-GmbH aus dem Jahr 2006 (Anlage W 11) lautete aber ‒ unter Zugrundelegung eines Mehrwertsteuersatzes von 16 % - über insgesamt 20.641,31 € brutto. Vor dem Hintergrund einer jährlichen Baukostensteigerung von rund 2 % durfte die Klägerin der Empfehlung ihrer Architektin, das Angebot der E.-Treppen könne den ausgeschriebenen Leistungsumfang nicht erfüllen, deshalb vertrauen. Der Berufung ist zwar zuzugestehen, dass der Sachverständige Dr. C. in seinem Gutachten vom 08.04.2019 festgestellt hat, das Angebot der E.-Treppen sei zwar „scharf“ kalkuliert, aber preislich durchaus realistisch. Zugleich hat er jedoch auch angeführt, die Frage bestehe, ob es der Klägerin gelinge, so ein „wirklich günstiges“ Angebot erneut einzuholen. Mittlerweile seien die wirtschaftlich vertretbaren Kosten für die Erneuerung der Treppen eher auf brutto 25.000,00 € bis 30.000,00 € zu beziffern. An diesen Kostenrahmen ist der Beklagte auch deshalb, weil die Klägerin zu einer Ausschreibung nicht verpflichtet war und eine solche nach eigenem Vortrag nur aufgrund des preislich überhöhten Angebotes der J.-GmbH in Auftrag gegeben hat, gebunden, zumal die Klägerin den erhaltenen Schadensersatz nach Durchführung der Mängelbeseitigungarbeiten ohnehin abrechnen muss.
26
Der Beklagte kann der Klägerin auch nicht zur Last legen, nach dem März 2017 mit der Mängelbeseitigung noch zugewartet zu haben. Zwar kann einen Besteller ein Mitverschulden treffen, wenn er Mängel erst nach längerer Zeit zu dann gestiegenen Kosten beseitigen lässt (OLG Hamburg, Urteil vom 01.10.2015 ‒ 5 U 146/10, BeckRS 2016, 13839, beck-online). Allein der Umstand, dass die Baukosten gestiegen sind, begründet ein Mitverschulden jedoch nicht (BGH, Urteil vom 22.01. 2004 ‒ VII ZR 426/02 ‒ NJW-RR 2004, 739, beck-online). Vielmehr lässt sich die Frage, ob ein Geschädigter gegen seine Pflicht zur Schadensminderung verstößt, sofern er den Schaden an einem Bauwerk im Hinblick auf steigende Baupreise nicht unverzüglich beseitigt, nur unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls beantworten. Dazu gehört zunächst die Prüfung, ob eine Schadenserhöhung zu Lasten des Schädigers eingetreten ist. Es ist der Zeitraum zu bestimmen, in dem dem Geschädigten die Beseitigung möglich und zumutbar war. Weiter gehört dazu die Feststellung der Entwicklung der Baupreise, aber auch der allgemeinen Lebenshaltungskosten, denn eine Schadenserhöhung zu Lasten des Schädigers kann nur in der Differenz zwischen der Steigerung der Baupreise und derjenigen der allgemeinen Lebenshaltungskosten bestehen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, ob der Schädiger den für die Schadensbeseitigung erforderlichen Geldbetrag beispielsweise angelegt oder bei Aufnahme eines Kredites die dafür anfallenden Kreditzinsen erspart hat. Im Übrigen können auch weitere Umstände, etwa im Bereich der steuerlichen Gestaltung, zu berücksichtigen sein (BGH, a.a.O.). Vorliegend steht schon nicht hinreichend fest, dass es aufgrund des Zuwartens der Klägerin mit der Mängelbeseitigung überhaupt zu einer Schadenserhöhung gekommen ist. Zudem war ihr die Beseitigung der Schäden nach März 2017 noch nicht möglich und zumutbar. Denn die Mängelbeseitigung erfordert die Überwachung durch einen Architekten. Der Beklagte hat die Klägerin zwar, wie aus dem vorgerichtlichen Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13.01.2017 (Anlage W 8) ersichtlich, insoweit klaglos gestellt, als ein Gesamtbetrag in Höhe von 13.975,00 € - 2.556,00 € durch den Beklagten und 11.239,00 € durch dessen Haftpflichtversicherung ‒ gezahlt worden ist. Angefallene Mehrwertsteuer werde die Haftpflichtversicherung auf Nachweis erstatten. Zugleich verpflichtete sich die Haftpflichtversicherung des Beklagten zum Ersatz aller weiteren notwendigen Kosten, die durch den Ausbau der vorhandenen Treppen im Haus der Klägerin entstehen, allerdings ausgenommen die Kosten für die Planung und Überwachung. Der Beklagte, der auch mit der Leistungsphase 9 beauftragt worden sei, habe einen Anspruch auf Überwachung von Mängelbeseitigungsarbeiten und biete diese ausdrücklich an. Allerdings sei hinsichtlich des Ab- und Wiedereinbaus der Treppe zweifelhaft, ob diese Arbeiten, wenn von einem Fachunternehmen ausgeführt, überhaupt von einem Architekten planerisch begleitet und überwacht werden müssten. Die Erforderlichkeit entsprechender Planungs- und Überwachungskosten hat der Beklagte erstinstanzlich weiter bestritten. Ohne dass die Begleitung der Mängelbeseitigungsarbeiten durch einen Architekten hinreichend sicher gestellt war, war die Klägerin nicht gehalten, diese schon ab März 2017 in Auftrag zu geben.
27
b.
28
Für die Beseitigung der Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken stehen der Klägerin nur 1.973,24 € netto bzw. 2.348,16 € brutto zu. Mit Erfolg wendet sich die Berufung dagegen, dass das Landgericht das Verhältnis der Klageanträge zu 2. a) und b) falsch ausgelegt habe, da keiner dieser beiden Klageanträge sich auf die nicht streitgegenständlichen „übrigen Risse im Dachgeschoss“ beziehe. Zwischen den Parteien ist dies unstreitig. Der Sachverständige Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 08.04.2019 für die Beseitigung der Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken einen Kostenaufwand in Höhe von lediglich 2.348,16 € brutto für erforderlich gehalten.
29
2.
30
Der Antrag auf Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für alle weiteren Schäden, die im Zusammenhang mit der Beseitigung der Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken entstehen, ist entgegen der Ansicht der Berufung zulässig und begründet Zwar wird mit einer Vorschussklage ein einheitlicher Anspruch auf Ersatz der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht. Der Vorschuss ist seiner Natur nach nichts Endgültiges, sondern muss abgerechnet werden, gegebenenfalls kann Nachzahlung verlangt werden. Die Wirkung der Vorschussklage ist daher nicht auf den eingeklagten Betrag beschränkt. Hieraus ergibt sich, dass die Klage auf Zahlung eines bestimmten Betrags als Vorschuss zur Behebung eines Mangels auch die Verjährung einer später geltend gemachten Erhöhung des Anspruchs hemmt, die z.B. auf das Erfordernis aufwändigerer Mängelbeseitigungsmaßnahmen zurückzuführen ist, sofern nur derselbe Mangel betroffen ist. Das Vorschussurteil enthält deshalb ‒ so der Bundesgerichtshof ausdrücklich ‒ regelmäßig Elemente eines Feststellungsurteils. Dem Grunde nach wird rechtskräftig festgestellt, dass der Unternehmer verpflichtet ist, die gesamten, den Vorschuss gegebenenfalls übersteigenden Beseitigungskosten für den betreffenden Mangel zu tragen. Folge dieses Verständnisses ist, dass die Verjährungsfrist auch für die den titulierten Vorschussbetrag übersteigenden Mängelbeseitigungskosten gem. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB 30 Jahre beträgt. Eine Feststellungsklage ist hiernach weder zur Hemmung der Verjährung noch zur Klärung der Haftung dem Grunde nach erforderlich. Gleichwohl ist sie aus Klarstellungsgründen zulässig (BGH, Urteil vom 25.09.2008 ‒ VII ZR 204/07 ‒ NJW 2009, 60, beck-online; Kniffka/Koeble, Teil 16 Die Feststellungsklage Rn. 5, beck-online).
31
3.
32
Die Berufung hat ebenfalls keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Feststellung des Landgerichts wendet, dass der Beklagte dazu verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihr durch notwendige Planungs- und Überwachungskosten im Zusammenhang mit dem Ausbau der vorhandenen Holztreppen und deren Neuherstellung entsteht.
33
Zwar kann es an einem Schaden des Bestellers fehlend, wenn der beklagte, auch mit der Leistungsphase 9 beauftragte Architekt vertraglich zur Überwachung der Beseitigung von Baumängeln verpflichtet ist. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass dieser weiterhin zur Leistungserbringung verpflichtet und auch berechtigt ist, weil das Vertragsverhältnis nicht beendet ist, und dieses Recht nicht im Anschluss an eine erfolglos gesetzte Leistungsfrist erloschen ist. Auch darf sich die unterbliebene Überwachung der Beseitigung von Baumängeln nicht im Bauwerk mit der Folge realisiert haben, dass dem beklagten Architekten ein vertragliches Leistungsrecht nicht mehr zusteht (OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2013 ‒ I-12 U 122/12 ‒ NZBau 2013, 313, beck-online).
34
So liegt der Fall jedoch hier. Ausweislich der Replik des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26.04.2017 hatte der Beklagte zunächst eine schalltechnisch getrennte betonierte Treppenanlage geplant. Nachdem die Schalung erstellt gewesen sei, habe der Polier der Rohbaufirma die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Anlage so geplant sei, dass die erste untere Antrittsstufe in den Flurbereich hineingeragt hätte. Sie, die Klägerin, habe dies dem Beklagten mitgeteilt. Die Entscheidung, die begonnenen Betonarbeiten abzubrechen und stattdessen eine Holztreppe einzubauen, sei nicht nur in Abstimmung mit dem Beklagten erfolgt. Vielmehr habe dieser mit Schreiben vom 30.05.2006 (Anlage W 11, Anlagenband) sogar für sie die Tischlerei E.-GmbH beauftragt. Der Beklagte ist diesem Vortrag lediglich mit dem Vorbringen entgegen getreten, die Klägerin habe ihn dadurch aus seiner Planungsverantwortung entlassen, dass sie eigenständig ein Angebot der Tischlerei E.-GmbH eingeholt habe, das auf einem eigenen Leistungsverzeichnis des Unternehmens beruht habe, ohne dass er zuvor eine Leistungsbeschreibung habe erstellen können. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist dies jedoch ohne Relevanz. Denn die Mangelhaftigkeit der Treppe beruhte nicht auf der Leistungsbeschreibung der Tischlerei E.-GmbH ungeachtet dessen, dass der umfassend beauftragte Beklagte verpflichtet gewesen ist, diese zu überprüfen. Die Überwachung des Einbaus der Holztreppe nach Abbruch der Betonarbeiten stellte mithin bereits eine Überwachung der Beseitigung eines Planungsmangels und Bauüberwachungsfehlers des Beklagten durch diesen innerhalb der Leistungsphase 9 dar. Nachdem auch die Holztreppe fehlerhaft ‒ bzw. gar nicht ‒ geplant und errichtet worden ist, hat sich die unterbliebene Überwachung der Beseitigung von Baumängeln bereits im Bauwerk mit der Folge realisiert, dass dem Beklagten ein vertragliches Leistungsrecht nicht mehr zusteht
35
4.
36
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 96 ZPO analog. Die Kosten des vor dem Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 7 OH 5/12 geführten selbständigen Beweisverfahren waren abweichend von der Kostenentscheidung in der Hauptsache zu verteilen. Zwar sind die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens grundsätzlich Teil der Kosten des Rechtsstreits und deshalb entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen in der Hauptsache aufzuerlegen, wenn und soweit der Streitgegenstand identisch ist. Für die Identität des Streitgegenstandes kommt es dabei nicht auf das Verhältnis der Streitwerte, sondern darauf an, ob der Gegenstand des Beweisverfahrens auch Gegenstand des Hauptsacheverfahrens ist (OLG Düsseldorf ‒ Beschluss vom 10.11.2005 - I-5 W 28/05, juris). Bleibt der Streitgegenstand der Klage ‒ wie hier ‒ hinter dem des Beweisverfahrens zurück, können allerdings durch den überschießenden Teil des Beweisverfahrens entstandenen Kosten entsprechend § 96 ZPO dem Antragsteller auferlegt werden (BGH, Beschluss vom 09.02.2006 ‒ VII ZB 59/05 ‒ juris). Ein dahingehender Kostenausspruch ist regelmäßig geboten, wenn sich Teile des im Beweisverfahren behaupteten Anspruchs im Ergebnis nicht bestätigen und der Antragsteller sie im Hauptsacheprozess nicht mehr aufgreift, um einem Teilunterliegen vorzubeugen (MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020, ZPO § 91 Rn. 29). So lag der Fall hier. Die Risse am Wand-/Deckenanschluss im Dachgeschoss und an den Anschlüssen/Übergängen der Dachschrägenbekleidung in der Hauptwohnung und in der Einliegerwohnung (der Mängelkomplex „Risse im Trockenbau“), die noch Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens waren und für deren Beseitigung der Sachverständige C. in seinem Gutachten vom 20.03.2014 Kosten in Höhe von abgerundet 5.000,00 € als erforderlich angesehen hat, sind im Hauptsacheverfahren von der Klägerin nicht mehr aufgegriffen worden und nicht streitgegenständlich. Vielmehr verfolgt die Klägerin nur noch Ansprüche aus den weiteren beiden Mängelkomplexen, den Rissen an den Stirnseiten der Geschossdecken und den Mängeln der Treppenanlage. Für alle drei Mängelkomplexe hat das Landgericht den Streitwert mit Beschluss vom 17.08.2016 nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens auf 15.000,00 € festgesetzt. Die Streitwertfestsetzung war indes abzuändern, da eine unterschiedliche Bewertung im Beweisverfahren und im Hauptsacheverfahren widersprüchlich und grundsätzlich auch von Amts wegen zu korrigieren ist (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Im selbständigen Beweisverfahren als vorgezogener Hauptsachebeweis (§ 493 Abs. 1 ZPO) ist der Hauptsachewert maßgebend. Das Gericht hat nach Einholung des Gutachtens den „richtigen“ Hauptsachewert bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers festzusetzen (BGH, Beschluss vom 16.09. 2004 ‒ III ZB 33/04 ‒ NJW 2004, 3488, beck-online). Hinsichtlich des Mängelkomplexes „Treppenanlage“ waren deshalb die von der Klägerin erstinstanzlich für die Mängelbeseitigung geltend gemachten Kosten in Höhe von 22.645,00 € zu berücksichtigen, für den Mängelkomplex „Risse im Trockenbau“ weitere 5.000,00 € und für den Mängelkomplex „Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken“ die von der Klägerin erstinstanzlich geltend gemachten 3.288,23 € sowie weitere 1.000,00 € für den Feststellungsantrag. Regiekosten für den „Mängelkomplex Treppenanlage“ waren im selbständigen Beweisverfahren nicht verfahrensgegenständlich, weshalb sie außer Betracht zu bleiben hatten. Insgesamt ergibt sich ein Betrag in Höhe von 30.933,23 € (= 22.645,00 € + 5.000,00 € + 3.288,23 €+ 1.000,00 €). Die Klägerin hat im Hauptsacheverfahren erstinstanzlich in Höhe von insgesamt 17.848,16 € obsiegt (= 14.500,00 € + 2.348,16 € + 1.000,00 €), d.h. bezogen auf den Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens in Höhe von eines Anteils von 57 %, so dass die Kosten abweichend von der Entscheidung in der Hauptsache wie tenoriert zu quotieren waren.
37
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
38
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.897,23 € festgesetzt. Für den Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für Planungs- und Überwachungskosten in Zusammenhangmit der Neuherstellung der Treppenanlage waren dabei 3.000,00 € festzusetzen, für den Antrag auf Zahlung der Kosten für die Beseitigung der Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken weitere 940,07 € (=3.288,23 € - 2.348,16 €), für den Feststellungsantrag die Ersatzpflicht weitere in Zusammenhang mit der Beseitigung der Rissbildungen an den Stirnseiten der Geschossdecken entstehende Schäden betreffend 1.000,00 € und für den Antrag auf Zahlung der für die Neuherstellung der Treppen 8.957,23 € (= 14.205,00 € - 5.247,77 €) festgesetzt.
39
Der Streitwert für das vor dem Landgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 7 OH 5/12 geführte selbständige Beweisverfahren wird in Abänderung des Beschlusses des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 17.08.2016 auf 30.933,23 € festgesetzt.
40
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.