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  • · Fachbeitrag · Honorarrecht

    OLG Frankfurt: So stellen Sie eine korrigierbare Mindestsatzunterschreitung fest

    | Im Tagesgeschäft kommt es immer wieder vor, dass zum Projektbeginn pauschale Honorarvereinbarungen getroffen werden, die sich im Zuge der Projektabwicklung als unauskömmlich herausstellen. Unterschreitet das Honorar - ob beabsichtigt oder nicht - die Mindestsätze nach HOAI, können Sie in diesen Fällen zumindest ein Honorar nach Mindestsatz einfordern. Wie Sie eine solche - korrigierbare - Mindestsatzunterschreitung feststellen, hat das OLG Frankfurt jetzt geklärt. |

    Vergleichsberechnung ist zur Beurteilung erforderlich

    Die Richter gaben folgende Regel vor: „Ob eine Honorarvereinbarung unwirksam ist, kann festgestellt werden, indem man einen konkreten Vergleich des vereinbarten Honorars mit dem sich aus der Honorarordnung ergebenden Mindesthonorar vornimmt. Maßgeblich ist das Ergebnis des Vergleichs (OLG Frankfurt, Urteil vom 2.5.2013, Az. 3 U 212/11; Abruf-Nr. 131973).

     

    Ergibt der Vergleich, dass das vereinbarte Honorar zwischen Mindest- und Höchstsatz liegt, ist die Honorarvereinbarung wirksam, wenn sie schriftlich und bei Auftragserteilung getroffen wurde. Nicht wirksam - und damit hier sogar nach unten korrigierbar - wäre ein solches Honorar zum Beispiel, wenn bei einem Pauschalhonorar das Schriftformerfordernis bei Auftragserteilung nicht erfüllt ist. Ergibt der Vergleich eine Mindestsatzunterschreitung, stellt die Differenz die Nachforderungshöhe dar.

     

    Wichtig | Dem Vergleich müssen alle Honorarermittlungsregeln zugrunde gelegt werden (Honorarzone, zutreffende anrechenbare Kosten, etc.). Um den Vergleich überhaupt anstellen zu können, müssen außerdem einige fachtechnische Voraussetzungen erfüllt sein. Generell gilt, dass nur Grundleistungen der jeweiligen Leistungsbilder einem Vergleich zugänglich sind. Denn nur Grundleistungen der Leistungsbilder sind preisrechtlich geregelt.

    So gehen Sie in der Praxis vor

    Um feststellen zu können, ob eine Mindestsatzunterschreitung vorliegt, müssen die vereinbarten Grundleistungen und zugehörigen Honorare genau mit den sich aus der HOAI ergebenden Honoraren gegenübergestellt werden. Dazu muss die ursprüngliche Honorarvereinbarung gegliedert sein in

    • Grundleistungen und Honorare je Leistungsbild und
    • Besondere Leistungen und deren Honorare.

     

    Sind Grund- und Besondere Leistungen aber kalkulatorisch vermischt worden und in eine zusammenfassende Honorarvereinbarung geflossen, ist nicht zu erkennen, welches Honorar speziell für die Grundleistungen vereinbart wurde. Dann kann auch nicht beurteilt werden, ob bezüglich der Grundleistungen eine Mindestsatzunterschreitung vorliegt.

    Empfehlungen für künftige Vertragsabschlüsse

    Um bei künftigen Vertragsabschlüssen eine übersichtliche Preisvereinbarung zu erzielen und andererseits auch eine eindeutige Nachvollziehbarkeit in Bezug auf die Mindestsätze zu erreichen, empfehlen wir, alle Leistungen und Honorare zu gliedern. Aus der Gliederung (siehe nachfolgendes Muster) sollte erkennbar sein,

    • für welche Grundleistungen (gegliedert nach Leistungsbildern) welches Honorar vereinbart ist und
    • für welche preisrechtlich nicht geregelten Leistungen welches (frei zu vereinbarende) Honorar vereinbart ist.

     

    Leistungsvereinbarung

    Honorarvereinbarung

    Grundleistungen aus Leistungsbild

    Honorarvereinbarung Nr. 1

    Grundleistungen aus Leistungsbild

    Honorarvereinbarung Nr. 2

    Besondere Leistung Nr. 1

    Honorarvereinbarung Nr. 3

    Besondere Leistung Nr. 2

    Honorarvereinbarung Nr. 4

    Frei vereinbarte Leistung Nr. 1

    Honorarvereinbarung Nr. 5

    Frei vereinbarte Leistung Nr. 2

    Honorarvereinbarung Nr. 6

     

    Frei vereinbarte Leistungen sind solche Leistungen, die weder Grundleistungen noch Besondere Leistungen sind (zum Beispiel Druck von Broschüren, Werbetafeln für ein Bauschild).

    • Beispiel

    Für die Errichtung eines Anbaus an ein Krankenhaus soll ein Generalplanungsvertrag geschlossen werden. Der Vertrag sieht eine Leistungsvereinbarung (ähnlich einer Komplettheitsklausel) vor, dass alle zur fachgerechten Errichtung des Anbaus notwendigen Leistungen vereinbart sind. Dafür wird mit dem Generalplaner ein Pauschalhonorar in Höhe von 740.000 Euro netto vereinbart.

     

    Eine solche Vereinbarung halten wir für nicht sinnvoll. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, welcher Anteil des Honorars welchem Leistungsanteil zuzuordnen ist. Der Generalplaner wird eine eventuelle Mindestsatzunterschreitung nicht rügen und korrigieren können.

     

    Wichtig | Das obige Gliederungsprinzip ist übrigens auch bei der HOAI 2013 eine wertvolle Hilfe, wenn es darum geht, Honorare für Planungsänderungen nachvollziehbar zu ermitteln. Für jede Leistungsvereinbarung ist bei Abweichungen von der bisherigen Planungszielvorgabe das Änderungshonorar gesondert kalkulatorisch zu ermitteln. Änderungshonorare, Kürzungen und / oder Erhöhungen sind besser kalkulierbar. Denn für die preisrechtlich geregelten Leistungen kann dann unmittelbar auf § 10 HOAI zugegriffen werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „So ermitteln Sie eine Unterschreitung der Mindestsätze in der Praxis“, PBP 5/2012, Seite 3
    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 4 | ID 42277244