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  • 27.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131973

    Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 02.05.2013 – 3 U 212/11

    Ob eine Honorarvereinbarung nach § 4 Abs. 1 HOAI unwirksam ist, ist durch einen Vergleich des vereinbarten Honorars mit dem sich aus der Honorarordnung ergebenden Honorar zu ermitteln. Maßgebend ist allein das Ergebnis dieses Vergleichs. Liegt das für einen Auftrag bei Auftragserteilung schriftlich vereinbarte Honorar in dem Rahmen, der sich unter Zugrundelegung der Mindest- und Höchstsätze aus der Honorarordnung ergibt, so ist die Vereinbarung auch dann wirksam, wenn von den Honorarbemessungsgrundlagen der HOAI abgewichen wird oder diese ganz außer Kraft gesetzt werden. Die Ermittlung des Mindestsatzes hat durch eine fiktive, nach den Grundsätzen der HOAI aufgestellte Vergleichsberechnung zu erfolgen. Der Architekt hat den Mindestsatz substantiiert darzulegen und zu beweisen, wenn er sich auf die Unwirksamkeit einer Pauschalvereinbarung gemäß § 4 Abs. 1 HOAI beruft.


    OLG Frankfurt am Main

    02.05.2013

    3 U 212/11

    Tenor:

    Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.08.2011 - 2/17 O 12/09 - abgeändert.

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden dem Kläger auferlegt.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.
    Gründe

    I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Architektenhonorar für den Neubau eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage in der ....Straße ... in Stadt1 in Anspruch.

    Hinsichtlich des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

    Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme teilweise, nämlich in Höhe von 34.317,03 € nebst Zinsen, stattgegeben und sie im Übrigen (hinsichtlich der Differenz zum weitergehenden Zahlungsantrag in Höhe von 62.346,33 € nebst Zinsen) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne von dem Beklagten ein weiteres Honorar in Höhe von 34.317,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2010 gemäß § 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Architektenvertrages vom 14.03.2005 verlangen; ein darüber hinausgehender Honoraranspruch bestehe nicht. Der geltend gemachte Honoraranspruch sei nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil die Parteien in § 12 des Architektenvertrages vom 14.03.2005 ein Pauschalhonorar in Höhe von 60.000,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart hätten. Diese Vereinbarung sei nämlich gemäß § 4 Abs. 1 HOAI 1991 unwirksam, da sie den in der HOAI festgelegten, vom Sachverständigen SV1 für das vorliegende Bauvorhaben mit 89.583,65 € netto ermittelten Mindestsatz unterschreite. Das Vorliegen eines Ausnahmefalles gemäß § 4 Abs. 2 HOAI 1991 sei nicht ersichtlich. Dass das Mindesthonorar gemäß der HOAI in ihrer maßgeblichen Fassung für das streitgegenständliche Bauvorhaben 89.583,65 € netto betrage, stehe zur Überzeugung der Einzelrichterin aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen SV1 vom 10.12.2010 fest. Dass der Beklagte dieses Gutachten deswegen nicht für verwertbar halte, weil die anrechenbaren Kosten auf einer nachträglichen und nicht nachvollziehbaren Erhöhung des Kubatur-Preises durch den Kläger um 50% gegenüber dem ursprünglichen Preis beruhten, überzeuge nicht, weil der Kläger dem Beklagten bereits zu Beginn des Bauvorhabens mit Schreiben vom 20.11.2005 (Anlage B 4, Bl. 120 d.A.) wegen des "deutlich gehobenen Standards" des Wohnhauses eine geänderte Kostenschätzung über insgesamt 1.335.260,34 € netto übermittelt und der Beklagte dagegen keine Einwendungen erhoben habe. Dass der Beklagte für gewisse Leistungen Handwerker selbst und direkt beauftragt habe, ändere nichts daran, dass auch für diesen Bereich grundsätzlich Architektenleistungen vom Kläger zu erbringen gewesen seien und auch erbracht worden seien. Die vom Beklagten erhobene Einrede der vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung greife nicht durch. Zwar sei auf der Quittung vom 12.03.2007 für die letzte Zahlung des Beklagten an den Kläger (Bl. 55 d.A.) "Restbetrag von der Abschlussrechnung für Architekt-Honorar" vermerkt. Diese Zahlung sei jedoch auf die Rechnung vom 30.12.2006 (Bl. 98 d.A.) erfolgt, die ausdrücklich als "5. Abschlags Honorarrechnung" und nicht etwa als Schlussrechnung o.ä. überschrieben. Angaben auf einer Quittung könnten die entsprechende Bezeichnung einer Rechnung nicht außer Kraft setzen. Schließlich sei der Zahlungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten auch nicht gemäß § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens des Klägers ausgeschlossen. Zwar verhalte sich ein Architekt widersprüchlich, der später nach Mindestsätzen abrechnen wolle, wenn im Architektenvertrag ein Honorar vereinbart sei, das die Mindestsätze in unzulässiger Weise unterschreite. Ein solches widersprüchliches Verhalten stehe nach Treu und Glauben einer Geltendmachung der Mindestsätze entgegen, sofern der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut habe und habe vertrauen dürfen und er sich darauf in einer Weise eingerichtet habe, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden könne. Dahinstehen könne in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Beklagte im vorliegenden Fall wegen der Bezeichnung der Rechnung vom 30.12.2006 als "5. Abschlags Honorarrechnung" allein aufgrund der Angaben in der Quittung darauf habe vertrauen dürfen, dass tatsächlich nur die Pauschale geltend gemacht würde. Es sei nämlich nicht ersichtlich, welche tatsächlichen Dispositionen der Beklagte deswegen getroffen habe, weil er darauf vertraut habe, an den Kläger keine weiteren Zahlungen mehr leisten zu müssen, und warum ihm die Zahlung deswegen nun unzumutbar wäre.

    Mit dieser Begründung hat das Landgericht dem Kläger das vom Sachverständigen mit 89.583,65 € bezifferte Mindesthonorar abzüglich der in Höhe von 60.000,00 € geleisteten Zahlungen des Beklagten, demnach in Höhe von 39.583,65 netto zuzüglich Mehrwertsteuer (34.317,03 € brutto), zugesprochen. Ein darüber hinaus gehender Anspruch, gerichtet auf Vergütung nach dem Höchstsatz der Honorarzone III, scheiterte nach Auffassung des Landgerichts daran, dass sich dem Architektenvertrag die Vereinbarung dieses Höchstsatzes nicht durch die gebotene Auslegung entnehmen lasse.

    Dagegen richten sich beide Parteien mit ihren wechselseitigen Berufungen, mit denen sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgen.

    Der Kläger rügt, das Landgericht habe ihm zu Unrecht den Höchstsatz der Honorarzone III verweigert. Die im schriftlichen Architektenvertrag vom 12.03.2005 in § 4.1 getroffene Vereinbarung der Honorarzone "III bis" könne nur dahin ausgelegt werden, dass der Höchstsatz der Honorarzone III gemeint gewesen sei. Dies folge jedenfalls aus Aufbau, Gestaltung und Überschriften der Honorartafel, die dem schriftlichen Architektenvertrag beigefügt gewesen sei, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass es sich hierbei um die Honorartafel der Honorarzone IV gehandelt habe.

    Der Kläger beantragt,

    unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.08.2011, zum Aktenzeichen: 2/17 O 12/09 den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger über die vom Landgericht Frankfurt am Main bereits zugesprochenen 34.317,03 € nebst Zinsen, weitere 25.780,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2010 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

    Hinsichtlich seiner eigenen Berufung beantragt der Beklagte,

    unter Abänderung des am 26.08.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main zum Az.: 2/17 O 12/09 die Klage insgesamt abzuweisen,

    und hilfsweise,

    das am 26.08.2011 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zum Az.: 2/17 O 12/09 aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Entscheidung an das Landgericht Frankfurt am Main zurückzuverweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

    Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit die Honorarklage abgewiesen worden ist.

    Soweit der Klage stattgegeben worden ist, verfolgt der Beklagte sein erstinstanzliches Verteidigungsvorbringen unter Berufung auf die getroffene Pauschalvergütungsabrede weiter. Er rügt, das Landgericht habe in rechtsfehlerhafter Weise auch das Vorliegen eines Ausnahmefalles nach § 4 Abs. 2 HOAI a.F. und ein treuwidriges Vorgehen des Klägers bei der Geltendmachung eines die Pauschalhonorarabrede übersteigenden Vergütungsanspruchs verneint.

    Zudem habe es verfahrensfehlerhaft ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, ohne die Anschluss- bzw. Anknüpfungstatsachen festzustellen, die Grundlage für die Erhebungen des Sachverständigen hätten sein müssen. Das Landgericht habe zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger seinen Berechnungen zu den anrechenbaren Kosten einen - im Vergleich zur Kostenschätzung - um 50% erhöhten Kubaturpreis von 450,00 €/cbm zugrunde gelegt habe, ohne dafür eine plausible Begründung abzuliefern. Auch habe das Landgericht nicht gewürdigt, dass der Kläger Leistungen zweifach abrechne, weil diese bereits im Freianlagenplan erwähnt und gesondert in Rechnung gestellt worden seien. Die klägerseits mit 1.188.651,60 € bezifferten anrechenbaren Kosten seien um 350.000,00 € zu mindern. In seiner auf Veranlassung des Gerichts vorgelegten neuen Kostenrechnung vom 09.02.2010 habe der Kläger sodann - erstmals - anrechenbare Kosten von 1.066.396,51 € ermittelt, von denen der Sachverständige ausgegangen sei, ohne jedoch eigene Feststellungen getroffen zu haben.

    Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit zu seinen Gunsten entschieden worden ist, unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

    Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 02.05.2013 verwiesen.

    II. Die Berufungen beider Parteien sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

    Die Berufung des Beklagten hat Erfolg, während die Berufung des Klägers unbegründet ist. Dies führt zur Abänderung des angegriffenen Urteils und zur Abweisung der klägerischen Honorarklage.

    Ein Architekt hat gemäß § 631 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf das vertraglich vereinbarte oder sich aus der Honorarordnung (hier: aus § 4 Abs. 4 HOAI 1991) ergebende - höhere - Mindesthonorar (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2008, VII ZR 105/07, NJW 2009, 435, zit. nach juris, Rn. 8). Denn nach § 4 Abs. 1 HOAI 1991 richtet sich das Honorar des Architekten nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der durch die Verordnung festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen.

    Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht sich zu Recht mit der Frage befasst, ob in § 4.1 des Architektenvertrags vom 12./14.03.2005 getroffene Vereinbarung der "Honorarzone III bis" als Vereinbarung über den Höchstsatz der Honorarzone III ausgelegt werden kann.

    Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung aber zu Unrecht außer Acht gelassen, welche Bedeutung einer - insoweit zu unterstellenden - Vereinbarung des Höchstsatzes der Honorarzone III vor dem Hintergrund der in § 12 (Zusätzliche Vereinbarungen) des am 12./14.03.2005 geschlossenen Architektenvertrags (Anlage K 5, Bl. 83 - 89 d.A.) getroffenen Pauschalhonorarvereinbarung überhaupt zukommen kann. Hatten die Parteien sich nämlich rechtswirksam auf ein Pauschalhonorar verständigt, so beschränkte sich die - mit Schlussrechnung abzurechnende - Gesamthonorarforderung des Klägers gemäß § 4 Abs. 1 HOAI 1991 auf die Pauschalsumme in Höhe von 60.000,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Verständigung auf den Höchstsatz der Honorarzone III könnte dann allenfalls für eine Auftragserweiterung, die sich auf das Bauvolumen bezöge, Bedeutung zukommen.

    Traf dagegen die klägerische Behauptung zu, dass das vereinbarte Pauschalhonorar die Mindestsätze der maßgeblichen Honorarordnung (HOAI) 1991 nicht erreichte, griff die gesetzliche Regelung des § 4 Abs. 4 HOAI ein mit der Folge, dass das gesetzlich geschuldete Mindesthonorar festzustellen war.

    Ob eine Honorarvereinbarung nach § 4 Abs. 1 HOAI unwirksam ist, ist durch einen Vergleich des vereinbarten Honorars mit dem sich aus der Honorarordnung ergebenden Honorar zu ermitteln. Maßgebend ist allein das Ergebnis dieses Vergleichs. Liegt das für einen Auftrag bei Auftragserteilung schriftlich vereinbarte Honorar in dem Rahmen, der sich unter Zugrundelegung der Mindest- und Höchstsätze aus der Honorarordnung ergibt, so ist die Vereinbarung auch dann wirksam, wenn von den Honorarbemessungsgrundlagen der HOAI abgewichen wird oder diese ganz außer Kraft gesetzt werden (vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2012, VII ZR 31/11, BGHZ 192, 305, zit. nach juris, Rn. 23). Die Ermittlung des Mindestsatzes hat durch eine fiktive, nach den Grundsätzen der HOAI aufgestellte Vergleichsberechnung zu erfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2004, VII ZR 16/03, BauR 2005, 735, zit. nach juris, Rn. 55; Koeble in: Locher/Koeble/Frik: Kommentar zur HOAI, 11. Aufl. 2012, Rn. 26 + 31 + 96 zu § 7 HOAI 2009). Der Architekt hat den Mindestsatz substantiiert darzulegen und zu beweisen, wenn er sich auf die Unwirksamkeit einer Pauschalvereinbarung gemäß § 4 Abs. 1 HOAI beruft (vgl. BGH, Urt. v. 13.09.2001, VII ZR 380/00, WM 2001, 2076, zit. nach juris, Rn. 19; OLG Naumburg, Urt. v. 30.11.2007, 1 U 86/06, BauR 2009, 267, zit. nach juris, Rn. 30; Koeble, aaO., Rn. 101 zu § 7).

    Dies gilt auch hinsichtlich der Honorarzone. Für die Einordnung in die zutreffende Honorarzone kommt es auf die objektive Beurteilung der für die Bewertung maßgeblichen Kriterien in § 11 HOAI an (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.2003, VII ZR 362/02, BauR 2004, 352, zit. nach juris, Rn. 10). Unterschreitet das Honorar etwa aufgrund der vereinbarten Honorarzone die Mindestsätze der HOAI, weil sich die vertraglich festgelegte Honorarzone als unrichtig darstellt, so ist der Honorarberechnung grundsätzlich die rechtlich zutreffende Honorarzone zugrunde zu legen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 14.06.2006, 6 U 994/05, BauR 2008, 851, zit. nach juris, Rn. 47). Weil das Landgericht keine Feststellungen zu den Planungsanforderungen des zu errichtenden Bauvorhabens getroffen hat, durfte es seiner Vergleichsberechnung nicht den Mindestsatz der Honorarzone III zugrunde legen.

    Gleiches gilt hinsichtlich der in der Schlussrechnung des Klägers vom 09.02.2010 aufgeschlüsselten anrechenbaren Kosten des Bauvorhabens. Ausreichend, aber auch erforderlich für die Kostenermittlung im Zusammenhang mit der Rechnungstellung ist eine Aufstellung, aus der ersichtlich ist, ob und gegebenenfalls welche Kosten gemäß § 10 HOAI voll, gemindert oder gar nicht Grundlage der Honorarberechnung sein sollen (vgl. BGH, Urt. v. 18.06.1998, BGHZ 139, 111, zit. nach juris, Rn. 10). Zur Ermittlung des richtigen Mindestsatzes im Einzelfall ist das Abrechnungssystem der HOAI einzuhalten mit der Folge, dass für die Berechnung des Honorars Angaben zu den in § 10 Abs. 2 HOAI genannten einzelnen Kostenermittlungsarten - Kostenschätzung, Kostenberechnung, Kostenanschlag und Kostenfeststellung - zu machen sind, wobei die DIN 276 das Kostenermittlungsverfahren festlegt (vgl. Koeble, aaO., Rn. 6 + 11 ff. zu § 6 HOAI n.F.; Vygen in: Korbion/Mantscheff/Vygen: Honorarordnung für Architekten, 7. Aufl. 2009, Rn. 13 ff. zu § 10 HOAI 1991). Vorliegend hätte es daher der Überprüfung der Richtigkeit der klägerseits vorgelegten Kostenschätzung anhand der Anforderungen der DIN 276 bedurft; diese Überprüfung hat der gerichtlich beauftragte Sachverständige SV1 unter Hinweis auf das Beweisthema unterlassen (vgl. S. 6 des Sachverständigengutachtens des Sachverständigen SV1 vom 10.12.2010). Weiterhin hätte es dem Kläger oblegen, die fehlende Kostenberechnung und/oder den fehlenden Kostenanschlag als Grundlage für die Ermittlung des Honorars für die Leistungsphasen 5 bis 7 nachzuholen (vgl. dazu: OLG Düsseldorf, Urt. vom 05.06.2007, BauR 2007, 2092, zit. nach juris, Rn. 40; Koeble, aaO., Rn. 17 zu § 6 HOAI n.F.).

    Dennoch bedarf es weder weitergehender Darlegungen des Klägers zu den Kostengrundlagen noch einer weitergehenden Beweiserhebung. Dem Kläger war auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 02.05.2013 beantragte Schriftsatznachlass auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 23.04.2013 nicht zu gewähren. Auf den darin enthaltenen Tatsachenvortrag, der sich vornehmlich auf die Höhe der anrechenbaren Baukosten und die sonstigen Grundlagen der Honorarermittlung bezog, kam es nicht streitentscheidend an.

    Denn der Kläger ist an die am 30.12.2006 gestellte Rechnung, die als "5. Abschlags Honorarrechnung" überschrieben ist (Anlage K 10, Bl. 98 d.A.), gebunden. Da der Beklagte diese Rechnung vollumfänglich beglichen und der Kläger ihm am 12.03.2007 eine Quittung über die Restzahlung von 3.000,00 € (Bl. 55 d.A.) erteilt hat, steht ihm keine weitergehende Forderung mehr zu.

    Ein Architekt ist grundsätzlich nicht gehindert, das Pauschalhonorar zu fordern, wenn die Honorarvereinbarung wegen unzulässiger Unterschreitung der Mindestsätze unwirksam ist (vgl. BGH, VU vom 13.01.2005, VII ZR 353/03, BauR 2005, 909, zit. nach juris, Rn.12; OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.06.2007, 21 U 240/06, BauR 2007, 2092, zit. nach juris, Rn. 45). Vor diesem Hintergrund steht die mögliche Unwirksamkeit einer Honorarvereinbarung der Bindungswirkung einer Schlussrechnung, mit der das Pauschalhonorar gefordert wird, ebenfalls nicht entgegen.

    Bei der Rechnung vom 30.12.2006 (Anlage K 10) handelte es sich ungeachtet des Umstandes, dass sie als Abschlagsrechnung bezeichnet war, um eine Schlussrechnung. Eine Schlussrechnung muss nicht ausdrücklich als solche bezeichnet sein; es genügt, wenn kein Zweifel besteht, dass der Architekt mit ihr seine Leistungen abschließend berechnen wollte (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.1992, VII ZR 52/91, BGHZ 120, 133, zit. nach juris, Rn. 26 m.w.Nw.). Diese Voraussetzungen erfüllt die "5. Abschlags Honorarrechnung" des Klägers vom 30.12.2006. Denn mit dieser Rechnung hat der Kläger das vereinbarte Pauschalhonorar von 60.000,00 € unter Berücksichtigung der vorausgegangenen Abschlagszahlungen endgültig und damit abschließend abgerechnet und die noch offenstehende Restsumme von 17.400,00 € zur Zahlung fällig gestellt.

    Der Architekt ist zwar grundsätzlich berechtigt, auch nach einer erstellten Schlussrechnung eine weitergehende Forderung geltend zu machen, weil in einer Schlussrechnung in aller Regel kein Verzicht auf eine weitergehende Forderung liegt (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2008, VII ZR 105/07, NJW 2009, 435, zit. nach juris, Rn. 8 m.w.Nw.; OLG Köln, Beschluss vom 23.11.2011, BauR 2012, 842, zit. nach juris, Rn. 5).

    Ein Architekt kann aber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert sein, seine in einer Schlussrechnung nicht berechnete Forderung durchzusetzen. Die Bindung des Architekten ergibt sich noch nicht aus der Erteilung einer Schlussrechnung allein, sie setzt vielmehr eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen voraus (vgl. grundlegend: BGH, Urt. v. 05.11.1992, VII ZR 52/91, BGHZ 120, 133, zit. nach juris, Rn. 23).

    An eine Schlussrechnung ist der Architekt gebunden, wenn der Auftraggeber auf eine abschließende Berechnung des Honorars vertrauen durfte und er sich im berechtigten Vertrauen auf die Endgültigkeit der Schlussrechnung in schutzwürdiger Weise so eingerichtet hat, dass ihm eine Nachforderung nicht mehr zugemutet werden kann. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - der Architekt die Differenz zwischen dem ihm nach der HOAI zustehenden Mindesthonorar und dem in einer Honorarvereinbarung festgelegten Honorar nachfordert (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2008, VII ZR 105/07, NJW 2009, 435, zit. nach juris, Rn. 9 m.w.Nw.; OLG Hamm, Urt. v. 29.04.2008, 24 U 99/06, BauR 2009, 549, zit. nach juris, Rn. 33).

    Davon ist auch das Landgericht zutreffend ausgegangen. Es hat die Bindung des Klägers an die "5. Abschlags Honorarrechnung" vom 30.12.2006 aber mit der Begründung verneint, es sei nicht ersichtlich, welche tatsächlichen Dispositionen der Beklagte im Vertrauen darauf getroffen habe, an den Kläger keine weiteren Zahlung mehr leisten zu müssen. Dabei hat es nach Auffassung des Senats unberücksichtigt gelassen, dass tatsächliche Dispositionen, die der Auftraggeber im Vertrauen auf die Endgültigkeit der Honorarabrechnung des Architekten gemacht hat, keine notwendige Voraussetzung der Bindungswirkung darstellen, sondern nur ein Kriterium im Rahmen der zu treffenden Interessensabwägung. Die Unzumutbarkeit weiter Zahlungen kann sich auch aus anderen Umständen ergeben.

    So liegt es hier. Das Vertrauen des Beklagten, er habe den Kläger endgültig mit dem letzten Abschlag in Höhe von 3.000,00 € vom 12.03.2007 bezahlt, gründet sich darauf, dass der Beklagte das vereinbarte und unter dem 31.12.2006 vom Kläger abgerechnete Pauschalhonorar zeitnah und ohne Abzüge wegen etwaiger Mängel oder Minderleistungen beglichen und der Kläger dem Beklagten dies auch bestätigt hat. Denn der Kläger hat dem Beklagten unter dem 12.03.2007 eine Zahlungsquittung (Anlage B 2, Bl. 55 d.A.) erteilt, die den handschriftlichen Vermerk trägt: "Restbetrag von der Abschlussrechnung für Architekt-Honorar" keine zureichende Bedeutung beigemessen. Mit dieser Quittung gab der Kläger zu erkennen, dass sich der Beklagte darauf einrichten durfte, dass Nachforderungen nicht gestellt würden (zur Indizwirkung einer vollständigen Zahlung: Locher, aaO., Rn. 79 zu § 15 HOAI 2009).

    Soweit der Kläger zur Begründung seiner Behauptung, es sei zu umfangreichen Mehrleistungen gekommen, auf seine Kostenschätzung vom 20.11.2005 (Anlage K 16, Bl. 139 d.A.) verweist, verkennt er, dass die dort ausgewiesenen Gesamtkosten von 1.151.086,50 € netto (zuzüglich Nebenkosten) zwar weit über den am 03.03.2005 berechneten Gesamtkosten von 691.200,00 € netto (zuzüglich Nebenkosten) lagen, aber für den Beklagten bei Erteilung der "5. Abschlags Honorarrechnung" nicht erkennbar war, dass der Kläger aus dieser Kostenschätzung vom 20.11.2005 weitergehende Honorarforderungen geltend zu machen gedächte. Dies hatte der Kläger dem Beklagten nicht mitgeteilt.

    Daran anknüpfend ist dem Beklagten eine Bezahlung der erst ein Jahr später gestellten Teilschlussrechnung vom 16.03.2008 (Anlage K 1, Bl. 16 ff. d.A.) ebenso wenig zuzumuten, wie eine Begleichung der im erstinstanzlichen Verfahren erstmals vorgelegten Teilschlussrechnung vom 09.02.2012 (Bl. 188 ff. d.A.). Denn jedenfalls nach Ablauf eines Jahres seit vollständiger Bezahlung der Schlussrechnung vom 31.12.2006 und nach Erteilung einer Zahlungsquittung ist zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass dieser sich auf den abschließenden Charakter seiner Zahlung eingerichtet hat. Weitergehenden Vortrags des Beklagten dazu, in welchen anderweitigen Dispositionen sich sein Vertrauen, der Kläger werde keine Nachforderungen stellen, manifestiert habe, bedurfte es bei dieser Sachlage nicht.

    Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er unterliegt (§ 92 Abs. 1, Satz 1 ZPO).

    Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder der Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO). Die Entscheidung beruht vielmehr auf einer Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und insbesondere auf der nach § 286 Abs. 1 ZPO gebotenen Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls.

    RechtsgebietHOAIVorschriftenHOAI § 4 Abs. 1