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  • · Fachbeitrag · HOAI 2013

    Endlich: Brandschutz bei Umbauten ist in der HOAI 2013 als Besondere Leistung geregelt

    | Die HOAI 2013 regelt bei der Gebäudeplanung eine ganze Reihe von Leistungen neu, die das Bauen im Bestand betreffen. Erfreulich ist, dass der Brandschutz bei Umbauten unter Verwendung vorhandener Bausubstanz explizit als Besondere Leistungen erwähnt ist. Auftraggeber können die Vergütung dieser Leistung damit nicht mehr mit dem Argument „abbügeln“, Ihr Planungsbüro schulde eine genehmigungsfähige Leistung und folglich seien die Leistungen beim Brandschutz im Rahmen der Grundleistungen fällig. |

    Brandschutz im Bestand: Das sieht die HOAI 2013 vor

    Die neue Besondere Leistung zum vorbeugenden und organisatorischen Brandschutz ist in der Leistungsphase 2 (Gebäude/Innenräume) aufgeführt. Sie lautet: „Erarbeiten und Erstellen von besonderen bauordnungsrechtlichen Nachweisen für den vorbeugenden und organisatorischen Brandschutz bei baulichen Anlagen besonderer Art und Nutzung, Bestandsbauten oder im Falle von Abweichungen von der Bauordnung“.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine genehmigungsfähige Planung schulden Sie immer - auch ohne Besondere Leistung. Aber mit der neuen Besonderen Leistung wird deutlich, dass besondere bauordnungsrechtliche Brandschutznachweise mehr als nur die „Genehmigungsfähigkeit“ erreichen, nämlich eine deutlich erhöhte Wirtschaftlichkeit.

     

    Leistung steht im Kontext mit zwei anderen Leistungen

    Diese Besondere Leistung kann im Kontext mit zwei weiteren Besonderen Leistungen gesehen werden, nämlich

    • der Bestandsaufnahme (war schon bisher Besondere Leistung) und der
    • technischen Substanzerkundung (neu in HOAI 2013).

     

    Technische Substanzerkundung als unverzichtbare Vorleistung

    Die technische Substanzerkundung dient dazu, die technischen Eigenschaften des Objekts zu erfassen und die daraus gewonnenen Ergebnisse für die weitere fachgerechte Planungsvertiefung zur Verfügung zu stellen. Mit ihr

    • werden baukonstruktive Eigenschaften analysiert,
    • wird die vorhandene Substanz brandschutztechnisch erkundet (zum Beispiel Qualifikation von Geschossdecken, Eigenschaften von Wänden bei notwendigen Fluren, Grundlagendaten für besondere bauordnungsrechtliche Brandschutznachweise) um daraus besondere bauordnungsrechtlichen Nachweise erarbeiten zu können,
    • werden gegebenenfalls konstruktiven Schäden erfasst oder
    • Defizite gegenüber aktuellen Anforderungen an die Bausubstanz aufgedeckt (zum Beispiel in punkto Dichtigkeit).

     

    Diese Informationen helfen, „unangenehme Überraschungen“ zu vermeiden, die im Planungsvertiefungsprozess ohne Besondere Leistung oft aufgetreten sind. Denn die besonderen brandschutztechnischen Nachweise sind sinnvollerweise nur erstellbar, wenn man zuvor Erkenntnisse über die brandschutztechnischen Eigenschaften der vorhandenen Bausubstanz eingeholt hat.

    Baukosten sparen mit Besonderen Brandschutzleistungen

    Die neue Besondere Leistung zum Brandschutz wurde in die HOAI 2013 aufgenommen, um Unklarheiten zu eliminieren und vorausschauend Kostenerhöhungen, Verzögerungen bei der Bauausführung sowie Umplanungen zu vermeiden. Letztere drei „Negativfolgen“ drohen immer dann, wenn neue Erkenntnisse aus der vorhandenen Bausubstanz Änderungen bei der Planung der Bauausführung erforderlich machten. Deshalb setzt diese Besondere Leistung schon in der Leistungsphase 2 an.

     

    PRAXISHINWEIS | Um Wiederholungen zu vermeiden, hat der Verordnungsgeber die Besonderen Leistungen nur einmal in das Leistungsbild eingestellt; nämlich dort, wo sie beginnen. Die Leistung ist aber auch in den weiteren Leistungsphasen erforderlich, jeweils in der entsprechenden Tiefenschärfe der Planung bzw. Bauüberwachung. Diese Besondere Leistung sollte daher beim Vertragsabschluss besonders gewürdigt werden.

     

    Das bringt die neue Leistung am Beispiel Geschossdecken

    Die neue Besondere Leistung (aufbauend auf der Bestandsaufnahme und der technischen Substanzerkundung) hilft, zum Beispiel bei Geschossdecken frühzeitig zu erkennen,

    • ob die vorhandenen Deckenkonstruktionen brandschutztechnisch einwandfrei sind bzw. ertüchtigt (zum Beispiel mit Brandschutzbekleidungen) oder entfernt und durch neue Konstruktionen ersetzt werden müssen,
    • ob mittels gezielter baulicher Kompensationen Baukosten gespart werden können,
    • wie hoch die voraussichtlichen Kosten für die teilweise sehr unterschiedlichen Maßnahmen an den Geschossdecken sein werden,
    • wie die weiteren Planungslösungen davon berührt werden (Vermeidung von späteren Umplanungen und Terminverschiebungen).

     

    Verzicht auf Besondere Leistung wird teuer

    Werden diese Erkenntnisse nicht rechtzeitig oder gar nicht gewonnen (weil die Besondere Leistung nicht beauftragt wurde), bleibt es zwar bei der generellen Anforderung, dass Ihre Planung genehmigungsfähig sein muss. Diese Planung basiert aber auf einem niedrigeren Erkenntnis-Niveau. Folge: Ihre Planung muss zwar die Anforderungen nach der Bauordnung einhalten (formelle Erfüllung der Vertragspflichten).

     

    Eine wirtschaftliche Planungsoptimierung (zum Beispiel durch genehmigungsfähige Abweichung von der Bauordnung) unterbleibt hier aber. Denn eine genehmigungsfähige Abweichung von der Bauordnung erfordert in der Regel den besonderen bauordnungsrechtlichen Nachweis.

     

    • Beispiel: Bauordungsrechtliche Einstufung der Bausubstanz

    In vielen Fällen ist es auch hilfreich, herauszufinden, welchen genehmigungsrechtlichen Status die vorhandene Bausubstanz hat. Verfügt sie über eine zum Errichtungszeitpunkt genehmigte Konstruktion, besteht zunächst im Regelfall Bestandsschutz. In dem Fall kann es reichen, das Bauwerk brandschutztechnisch auf ein akzeptables Maß zu ertüchtigen (begleitet durch Kompensationen an anderen Bauteilen oder durch organisatorischen Brandschutz). Solche Kompensationsmaßnahmen sind kostenmäßig erheblich günstiger, als wenn das Objekt in allen Einzelheiten an neue Brandschutznormen angepasst werden müsste.

     

    Im Zuge der Planungsvertiefung ergeben sich weitere Möglichkeiten, Baukosten zu sparen. Das liegt daran, dass die Besondere Leistung insbesondere auch auf die Abweichungen von der Bauordnung abhebt.

     

    • Beispiel: Treppen und Brandschutz

    Treppen, die notwendiger Bestandteil des Rettungswegs sind, müssen nach der Bauordnung unmittelbar ins Freie führen. Bei Bestandsbauten kommt es aber häufig vor, dass die Treppen in der Halle im Erdgeschoss enden, und sich dort noch Einrichtungen befinden. Die Besondere Leistung ermöglicht es, beim Brandschutz übergreifende Kompensationslösungen zu entwickeln (zum Beispiel mit Hilfe der technischen Ausrüstung), mit denen die Genehmigungsfähigkeit erreicht wird, ohne dass die Treppen unmittelbar ins Freie führen.

     

    Was sagt die Rechtsprechung zu Besonderen Leistungen?

    Die Notwendigkeit von Besonderen Leistungen orientiert sich an deren fachtechnischen Erfordernissen und an den Planungszielen, nicht am Preisrecht der HOAI. So lautet das Credo der Rechtsprechung. Das heißt: Der Objektplaner sollte immer darlegen, dass die Besondere Leistung fachtechnisch notwendig bzw. wirtschaftlich wichtig ist). Der Auftraggeber muss dann im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht entscheiden, ob er die Leistungen beauftragt.

     

    Wichtig | Beachten Sie in diesem Zusammenhang auch die neue Grundleistung „Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse“, die in jeder der ersten drei Leistungsphasen ansteht. Nutzen Sie diese Grundleistung und erläutern Sie dem Auftraggeber darin die Folgen und Risiken, die entstehen, wenn er die Besonderen Leistungen entgegen Ihrer Empfehlung nicht beauftragt. Dokumentieren Sie Ihre - vergebliche - Beratung.

     

    FAZIT | Die neue Besondere Leistung „Erarbeiten und Erstellen von besonderen bauordnungsrechtlichen Nachweisen für den vorbeugenden und organisatorischen Brandschutz“ ist dazu prädestiniert, bei Umbauten noch wirtschaftlichere und dennoch baurechtlich zulässige Lösungen zu erarbeiten. Das Honorar für diese Leistung rechnet sich für den Auftraggeber immer. Wir empfehlen die Vereinbarung eines Zeithonorars (angemessener Stundensatz x erforderliche Arbeitsstunden. Beauftragt Ihr Auftraggeber diese Leistung gegen Ihre Empfehlung nicht, dokumentieren Sie das im Rahmen der neuen Grundleistung „Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse“.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 15 | ID 42229362