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  • · Fachbeitrag · Büroführung

    Endlose Planungsbesprechungen: So ziehen Sie die Reißleine und kommen zu guten Lösungen

    | Die Corona-Krise hat zwar einiges geändert, Szenarien wie das folgende gibt es aber immer noch: Längere Anreise zur Baustelle, von 10:00 bis 14:00 Uhr in der Besprechung gesessen, dann Rückreise. Im Ergebnis waren Sie an der Besprechung nur mit drei kurzen Rückfragen zur Planung beteiligt. Solche ineffektiven und kostenintensiven Besprechungen müssen Sie nicht über sich ergehen lassen. PBP macht Sie deshalb mit den rechtlichen Grundsätzen vertraut und erklärt, wie Sie bei unterschiedlichen Auftragskonstellationen gegensteuern können. |

    Grundsatz: Langatmige Besprechungen sind nicht zumutbar

    Der rechtliche Grundsatz lautet: Ohne vertragliche Regelung sind Besprechungen nur in dem Umfang geschuldet, wie sie für die Vertragserfüllung erforderlich sind. Beteiligte Planer dürfen erwarten, dass Besprechungen strukturiert sind und auf das erforderliche Maß beschränkt bleiben.

     

    Wird das erforderliche Maß überschritten, können Sie Mehrvergütungen fordern. Oder Sie bleiben diesen unnötigen, nicht Ihren Vertragspflichten entsprechenden, Terminen fern.

    OLG Celle: Effektive Kommunikation kann verlangt werden

    Sie haben übrigens auch die Rechtsprechung auf Ihrer Seite. Das OLG Celle hat folgendes klargestellt (OLG Celle, Urteil vom 24.09.2014, Az. 14 U 169/13, Abruf-Nr. 143901):

     

    • Ein Unternehmer (auch das Planungsbüro) hat generell ein berechtigtes Interesse, seine Leistung effizient unter wirtschaftlicher Verwendung seiner Ressourcen zu erbringen und unnötigen Zeitaufwand zu vermeiden.

     

    • Daher kann es nicht als wichtiger Kündigungsgrund angesehen werden, wenn der Auftragnehmer versucht, nicht zielführende zeitraubende und ineffektive Gespräche zu vermeiden und Absprachen in strukturierten Formen zu erreichen.

     

    • Bloße Kommunikationsprobleme begründen keinen wichtigen Grund zur Kündigung. Ein Architekt ist nicht verpflichtet, sich für den Bauherrn ständig persönlich „erreichbar“ zu halten.

     

    • Erforderliche Abstimmungen können auch unter Zuhilfenahme moderner Kommunikationstechnologien (z. B. Videokonferenzen) erfolgen.

     

    Als moderne Kommunikationstechnologie gelten nicht nur Fax, sondern auch Telefonate, Videokonferenzen und Mails, sowie Datentransfer mittels Cloudsystemen. Das bedeutet, dass hier großes Optimierungspotenzial zur Verfügung steht. Eine Ausnahme kann allenfalls bestehen, wenn sich der Planer unsicher fühlt und aus eigenem Antrieb lieber an den Besprechungen teilnimmt. Das ist aber eher eine Seltenheit.

    Vier typische Fallkonstellationen unter der Lupe

    Was bedeuten die vorgenannten Aussagen für vier typische Auftragskonstellationen?

     

    1. Auftrag bis Lph 5 und Teilnahme an allen Jour fixes?

    Was gilt für Sie als Planer, der nur bis zur Lph 5 oder Lph 7 beauftragt ist? Müssen Sie generell auch an Baustellenbesprechungen mit der Bauüberwachung teilnehmen? Grundsätzlich gilt: Planer, die nicht mit der Lph 8 beauftragt sind, schulden nur die Planung, Ausschreibung und Mitwirkung bei der Vergabe. Sie schulden nicht die Mitwirkung bei Besprechungen, die dazu dienen, die Abwicklung der Bauarbeiten zu koordinieren.

     

    PRAXISTIPP | Selbst wenn der Bauherr oder die gesondert beauftragte Bauüberwachung Ihre Teilnahme(pflicht) damit begründet, dass so etwaige Rückfragen der Bauüberwachung oder ausführender Unternehmen zu Planungsinhalten schnell abgehandelt werden können, bleibt die Teilnahme für Sie meist unzumutbar. Sollten Fragen zur Planung anfallen, sind diese Fragen jenseits von Jour fixe-Besprechungen direkt (per Telefon, Mail, Videokonferenz etc.) an den Architekten bzw. Ingenieur zu richten, der mit der Planung beauftragt ist. Das gleiche gilt, wenn es um etwaige Planungsmängel geht. Diese sind dem Planer mitzuteilen inkl. (ggf. sehr kurzer) Frist zur Nachbesserung. Alternativ kann der Planer auch in seinem Büro für Rückfragen bereit stehen.

     

    2. Generalplanerauftrag für die Lph 1 bis 8

    Bei Generalplaneraufträgen gilt grundsätzlich das Gleiche. Hinzu kommt, dass Sie als Generalplaner selbst bestimmen dürfen, welche Arbeitskräfte Sie zu den Besprechungen schicken. Dabei ist zu würdigen, ob und was in den Planungsverträgen zur Besprechungsteilnahme geregelt ist. Existieren spezielle Regelungen, müssen die auch eingehalten werden.

     

    • Beispiel

    Der Generalplaner kann mit seinen Subplanern vereinbaren, dass für die Technische Ausrüstung aller Anlagengruppen nur ein Ingenieur teilnimmt und hausintern als Multiplikator für die anderen Anlagengruppen agiert, um Personalaufwand zu sparen. Es ist bei dieser Konstellation auch ohne weiteres zulässig, dass die anwesenden Arbeitskräfte der Bauüberwachung selbst Auskünfte zu Planungsinhalten geben oder diese bürointern kurzfristig bei den planenden Kollegen einholen.

     

    3. Objektübergreifende Koordinationsbesprechungen

    Vielfach werden bei Projekten mehrere Objektplanungen (= mehrere Leistungsbilder) beauftragt. Das können die Objektplanung für Gebäude, für Freianlagen, für Verkehrsanlagen und für Ingenieurbauwerke sein. Zusätzlich können weitere Objektplanungen wie z. B. Innenarchitektur oder Ausstellungsplanungen jeweils beauftragt werden.

     

    Dann stellt sich die Frage der Teilnahme an Koordinationsbesprechungen, die dem Zweck der objektübergreifenden technischen, baukostenbezogenen sowie terminlichen Koordination der einzelnen Objektplanungen dienen. Denn die Grundleistungen der Koordination betreffen nur die Fachplanungen und Beratungsleistungen innerhalb des „eigenen Objekts“. Jeder Objektplaner hat eigene Koordinationsleistungen zu erbringen.

     

    Wichtig | Sind Sie als Objektplaner nur mit den Grundleistungen aus dem „eigenen Leistungsbild“ beauftragt, müssen Sie an leistungsbildübergreifenden Besprechungen, die die Koordination anderer Objektplanungen betreffen, beim Bauherrn oder auf der Baustelle nur teilnehmen, wenn es darüber eine (über die Grundleistungen hinausgehende) Leistungsvereinbarung gibt. Das hat der BGH (Beschluss vom 31.07.2013, Az. VII ZR 59/12, Abruf-Nr. 133961) klargestellt. Das könnte auch eine Besondere Leistung sein.

     

    4. Vergaberechtliche Diskussionen bei öffentlichen Projekten

    Vielfach werden Planer aufgefordert, in Besprechungen vor Ort mit dem Bauamt vergaberechtliche Fragestellungen zu erörtern und Begründungen für beschränkte Ausschreibungen oder freihändige Vergaben zu liefern. Solche Leistungen sind nicht Bestandteil der Grundleistungen. Sie müssen diese Leistungen nicht erbringen bzw. an solchen Besprechungen dann auch nicht teilnehmen.

     

    Wichtig | Prüfen Sie, ob Sie solche vergaberechtlichen Leistungen überhaupt anbieten oder erbringen wollen. Fehlberatungen können erhebliche Haftungsrisiken mit sich bringen. Typische Fälle sind, dass

    • ein Vergaberechtsverstoß vorliegt und der Fördermittelgeber schon ausgereichte Fördermittel wieder zurückfordert, oder
    • vergaberechtliche Rügen dazu führen, dass sich das Projekt erheblich verzögert.

     

    FAZIT | Prüfen Sie Ihren Planungs- oder Objektüberwachungsvertrag, ob darin auch die Teilnahme an Besprechungen geregelt ist, die für Sie nur rote Zahlen bringen. Die Form der modernen Kommunikation dürfen auch Sie bestimmen, nicht nur der Bauherr oder andere Beteiligte. Dazu können auch kurzfristige „Einladungen“ des Auftraggebers gehören, wenn die Themen auch telefonisch geklärt werden können. Termine, an denen Sie aus purem Eigeninteresse teilnehmen, sind von alldem natürlich unberührt.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Wirtschaftliche Projektabwicklung: BGH genehmigt den Planern zeitsparende Kommunikation“, PBP 4/2015, Seite 14 → Abruf-Nr. 43273689
    Quelle: Ausgabe 07 / 2020 | Seite 9 | ID 46651026