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  • · Fachbeitrag · Honorarrecht

    Es geht um große Beträge: Achten Sie bei einem Honorar-Vergleich auf jedes Wort

    | Bei Streitigkeiten um Honorare gewinnen Schlichtungen oder Vergleiche an Bedeutung. Eine Entscheidung des BGH lehrt, dass Sie sich bei der Vereinbarung darüber klar sein sollten, was Sie mit dem Vergleich erreichen wollen und folglich auch den Wortlaut sehr bewusst bestimmen sollten. Denn es können große Beträge auf dem Spiel stehen. |

    BGH: Vergleich ist wortlautgerecht auszulegen

    Der BGH hat klargestellt, dass eine Vergleichsformulierung nach ihrem Wortlaut auszulegen ist. Im konkreten Fall ging es um die Formulierung „... sämtliche Ansprüche des Auftraggebers für die verfahrensgegenständlichen Mängel sind ausgeglichen und abgegolten“. Der BGH hat insbesondere den Begriff „sämtliche Ansprüche“ als umfassend und abschließend gewollte Einigung definiert (BGH, Beschluss vom 11.10.2013, Az. VII ZR 320/12 - Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde).

     

    Folge: Damit waren durch den Vergleich auch zusätzliche Mietausfallschäden des Bauherrn abgegolten, die in Folge von Mängeln bei der Architektenleistung angefallen waren. Der Bauherr konnte diese Mietausfallschäden nach Abschluss des Vergleichs nicht gesondert geltend machen. Die für den Architekten positive Entscheidung des OLG Bamberg war damit rechtskräftig geworden (OLG Bamberg, Urteil vom 31.10.2012, Az. 3 U 17/12; Abruf-Nr. 134010).

    Vergleiche nur nach eingehender Beratung abschließen

    Vergleiche werden immer einzelfallbezogen geschlossen. Gehen Sie daher sorgfältig vor und widmen Sie folgenden fünf Punkten Ihre besondere Aufmerksamkeit:

     

    • 1.Legen Sie das Ziel fest, das mit dem Vergleich erreicht werden soll (zum Beispiel Vergleich über alles oder nur über Teile von Schuldverhältnissen).
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    • 2.Definieren Sie, welche Forderungen oder Ansprüche mit dem Vergleich abgegolten werden sollen und welche davon unberührt sind (das kann auch etwaige künftige Ansprüche betreffen).
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    • 3.Regeln Sie, ob und welche konkreten Honorarfragen von dem Vergleich umfasst werden. Die Regelung kann also auch darin bestehen, dass Honorarfragen vom Vergleich unberührt sind.

     

    • 4.Klären Sie rechtzeitig, inwieweit Ihr Schutz in der Berufshaftpflichtversicherung von dem Vergleich tangiert ist. Schließen Sie keinen Vergleich, ohne sich vorher mit Ihrem Haftpflichtversicherer abgestimmt zu haben.

     

    • 5.Regeln Sie, wie mit den Aufwendungen umgegangen wird, die bei den Parteien angefallen sind (Kosten für Rechtsanwälte, Zuarbeiten, Zinsverluste, Mietausfall, Folgeschäden, Gerichtskosten) zu verfahren ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Jeder Vergleich ist ein individueller Kompromiss. Lassen Sie sich darauf nur ein, wenn Sie Vor-und Nachteile sorgfältig abgewogen haben. Verzichten Sie nicht auf fachmännische Beratung. Denn schon ein typischer Vergleichsfall - Honorarverzicht als Ausgleich für einen behaupteten Mangel - kann sich als für Sie sehr ungünstig herausstellen.

     

    Für einen Vergleich ist es fast nie zu spät

    Bedenken Sie ferner: Für einen Vergleich ist es fast nie zu spät. Er ist selbst dann noch unkompliziert möglich, wenn schon eine Klage anhängig ist. In der Zivilprozessordnung (ZPO) ist die gütliche Streitbeilegung ausdrücklich vorgesehen. § 278 ZPO regelt, dass

    • das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Streitbeilegung bedacht sein soll und dass
    • der mündlichen Gerichtsverhandlung Güteverhandlungen vorausgehen sollen (was im Klartext bedeutet, dass Güteverhandlungen als Basis für einen Vergleich am Anfang eines Gerichtsverfahrens stehen sollen).

     

    Auch öffentliche Auftraggeber öffnen sich Vergleichen

    Auch öffentliche Auftraggeber gehen mehr und mehr dazu über, Streitigkeiten durch Vergleiche schnell und sicher beizulegen. Das Instrument gewinnt deshalb an Bedeutung, weil Prüfungsbehörden in den weitaus meisten Fällen die so zustande gekommenen Vergleiche und deren Begründungen akzeptieren.

     

    PRAXISHINWEIS | Beide Seiten sollten darauf achten, dass in den Vergleichen auch entsprechende sachgemäße Begründungen und Abwägungsergebnisse dokumentiert sind.

     

    Rechtlicher Rahmen bei Vergleichsergebnissen

    Da Vergleiche immer einzelfallbezogen sind und erhebliche rechtliche Wirkungen entfalten, sollte generell ein Rechtsanwalt beratend tätig werden. Denn neben den rein fachlichen Fragen, was mit dem Vergleich alles abgegolten sein soll, stehen zum Teil erhebliche Rechtsfragen zur Disposition. Das Urteil des OLG Bamberg ist ein wichtiger Beleg dafür.

     

    FAZIT | Die Möglichkeit, Vergleiche abzuschließen, bietet allen Streitenden eine wirtschaftlich sinnvolle Option, sich abschließend zu einigen. Im Verhältnis zu langwierigen Klageverfahren sparen die Parteien Geld, Zeit und Kraft. Trotzdem gilt: Auch ein Vergleich bedarf der sorgfältigen Abwägung, Vorbereitung, Abwicklung und Dokumentation.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 10 | ID 42419229