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  • · Fachbeitrag · HOAI 2013

    Förmliche Abnahme von Architekten- und Ingenieurleistungen kann vermieden werden

    | § 15 HOAI 2013 regelt neu, dass das Honorar erst dann fällig wird, wenn die Architekten- und Ingenieurleistungen abgenommen worden sind. Nehmen Auftraggeber das zum Anlass, sich rückblickend mit allen Einzelheiten der Planung zu befassen, kann das zu Verzögerungen bei der Honorarauszahlung führen. Praxistauglichere Abnahmemodalitäten sind deshalb gefragt. Eine hat der BGH jüngst eröffnet - die konkludente Abnahme. |

    BGH gestattet auch die konkludente Abnahme

    Eine konkludente Abnahme bedeutet, dass der Bauherr durch schlüssiges Verhalten ohne ausdrückliche (schriftliche) Erklärung erkennen lässt, dass er die erbrachten Architekten- oder Ingenieurleistungen als „im Wesentlichen vertragsmäßig“ billigt. Im konkreten Fall war diese konkludente Abnahme für den BGH deshalb gegeben, dass der Bauherr eines Wohngebäudes

    • nach Bezug des Gebäudes,
    • der Fertigstellung der Leistungen des Planungsbüros und
    • nach Ablauf einer angemessenen Frist keine Mängel an den Architektenleistungen (sinngemäße Anwendung: Ingenieurleistungen) gerügt hatte.

     

    Prüffrist von sechs Monaten ist angemessen

    Die Frist begann bei der Inbetriebnahme des Gebäudes zu laufen und dauerte im konkreten Fall sechs Monate. Diese Frist rechtfertigt der BGH damit, dass der Bauherr für die Prüfung des Werkes eines Architekten, der mit Planungs- und Überwachungsaufgaben betraut ist, einen angemessenen Zeitraum benötigt. Denn er muss verlässlich feststellen können, ob das Bauwerk den vertraglichen Vorgaben entspricht, insbesondere die vereinbarten Funktionen vollständig erfüllt sind und etwaige Beanstandungen auf Fehler des Architekten oder Ingenieurs zurückzuführen sind.

     

    Nach dem Ablauf von sechs Monaten sei üblicherweise nicht mehr damit zu rechnen, dass der Auftraggeber eines vergleichbaren Architektenwerks die Leistung als nicht vertragsgerecht zurückweise (BGH, Urteil vom 26.9.2013, Az. VII ZR 220/12; Abruf-Nr. 133307).

     

    Unterscheidung zwischen Ausführungs- und Planungsmängeln

    Die Richter haben zwischen Ausführungs- und Planungs- bzw. Überwachungsmängeln unterschieden. Denn längst nicht alle Ausführungsmängel sind gleichsam automatisch Mängel der Architekten- oder Ingenieurleistungen. Das bedeutet für die Praxis, dass Mängelrügen gegenüber ausführenden Unternehmen wegen Bauschäden nicht automatisch die oben erwähnte Frist unterbrechen, die zur konkludenten Abnahme führt.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Das Urteil erging zwar noch auf Basis der HOAI 2009. Es gilt sinngemäß aber auch für die HOAI 2013, weil sich die Abnahme bei Werkverträgen nach BGB richtet und die HOAI 2013 nur die Abnahme an sich ohne den Zusatz „schriftlich“ oder „förmlichD“ fordert.
    • Es ist durch schlüssiges Verhalten nur die „Billigung als im Wesentlichen“ erforderlich. Kleinere Mängel der Architektenleistungen sind also nicht geeignet eine konkludente Abnahme zu verhindern.
     

    Gute Chancen für die konkludente Abnahme

    Auch die konkludente Abnahme gibt es nicht geschenkt. Sie müssen die Voraussetzungen dafür schaffen.

     

    Dokumentierte Leistung an den Bauherrn übergeben

    Grundlage Eins ist, dass Sie dem Bauherrn zum Ende Ihrer Leistungen vorsorglich die dokumentierten Leistungen vollständig übergeben. Das kann auch als Datenträger erfolgen (Dateiformate wie etwa pdf sind inzwischen allgemeingebräuchlich). Dadurch erreichen Sie, dass die erwähnte Rügefrist tatsächlich zu laufen beginnt (wenn die anderen Abnahmevoraussetzungen vorliegen). Der BGH hat nämlich in der Urteilsbegründung dargelegt, dass die Übergabe der dokumentierten Leistungen dem Bauherrn die Prüfung und Billigung der Architektenleistungen erleichtert, weil er dann über alle Beurteilungsgrundlagen verfügt.

     

    Wichtig | Im Umkehrschluss heißt dass, dass die Frist für die konkludente Abnahme dann länger als sechs Monate dauert wenn der Bauherr nicht über die dokumentierten erbrachten Leistungen verfügt.

     

    Erbrachte Leistungen fertigstellen

    Zweite Voraussetzung ist die Fertigstellung der erbrachten Leistungen. Das bedeutet, dass genau die Leistungen erbracht sein müssen, die im Vertrag vereinbart sind. Sind noch Leistungen offen, zum Beispiel die Schlussrechnungsprüfung einiger Gewerke, kann die „Abnahmefrist“ noch nicht beginnen.

     

    PRAXISHINWEIS | Auch unter diesem Aspekt sollten Planungsverträge möglichst allenfalls bis zur Lph 8 gehen. Nur so können Sie ein angemessenes Vertragsende definieren. Soweit weitere Leistungen der Lph 9 gefordert werden, könnte dies in einem gesonderten Vertrag oder mittels vorgeschalteter Teilabnahme und Teilschlussrechnung geregelt werden. Wichtig ist, dass das Ende der vertraglichen Leistungen nachvollziehbar dokumentiert ist.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Abnahme der Architekten- und Ingenieurleistung: So gehen Sie mit der neuen Honorarlegungsvorschrift optimal um“, PBP 8/2013, Seite 5
    • Ein „Abnahmeformular für Planungsleistungen“ finden Sie auf pbp.iww.de unter Downloads → Arbeitshilfen → Architekten-/Ingenieurleistungen
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 16 | ID 42482491