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  • · Fachbeitrag · Haftungsrecht

    BGH spricht Klartext: Auftraggeber muss bei erkennbaren Kostenerhöhungen entscheiden

    | Wieder einmal musste der BGH zur „Haftung des Planers bei Kostenerhöhung“ Stellung nehmen. Und er sprach Klartext: Ist der Bauherr über Kostenerhöhungen informiert, muss er Entscheidungen treffen. Das ergibt sich aus der Mitwirkungspflicht in § 642 BGB . Tut er dies nicht und läuft er sozusagen sehenden Auges in die Kostensteigerung, haftet der Planer in der Regel nicht. |

    Informierter Bauherr hat die Entscheidungskompetenz

    Der BGH hat die Aufgaben und Verantwortlichkeiten für solche Fälle klar verteilt. An Ihnen als Planer ist es zunächst, Ihren Bauherrn über erkennbare Kostenerhöhungen zu informieren und ihm entsprechende Entscheidungsmöglichkeiten zu verschaffen (z. B. über mögliche Einsparungen).

     

    Mitwirkungspflicht des Auftraggebers aktivieren

    Ihre Haftung scheidet aus, wenn der Bauherr auch bei rechtzeitiger Kenntnis der Bausummenüberschreitung keine Maßnahme getroffen hätte und der Bau genauso fortgeführt worden wäre, wie dies tatsächlich geschehen ist. Dann hat sich der Bauherr konkludent mit den Zusatzkosten arrangiert (OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.08.2015, Az. 4 U 3/15, Abruf-Nr. 199988; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 24.08.2016, Az. VII ZR 208/15).

     

    Beratungspflicht erfüllen und Kosten prognostizieren

    Das bedeutet, dass Sie den Auftraggeber in jedem Fall regelmäßig über die sich abzeichnende Kostenentwicklung informieren müssen (Beratungspflicht). Diese Information sorgt beim Bauherrn für Transparenz. Er verfügt über die notwendigen Informationen, um Entscheidungen treffen zu können (Umsetzung der Mitwirkungspflicht nach § 642 BGB).

     

    Diese Entscheidung kann darin bestehen, dass er bei absehbaren Mehrkosten nach Abstimmung mit dem Objekt- und den Fachplanern

    • kostenreduzierende Maßnahmen anordnet (z. B. qualitative oder quantitative Planungsänderungen) oder
    • bei unveränderter Vollendung des Projekts nachfinanziert mit oben beschriebener Mitwirkung.

    BGH: Planungsfehler können Haftungsrisiko realisieren

    Der BGH hat im gleichen Verfahren aber auch klargestellt, dass sich der Planer keine mangelhafte Kostenberechnung erlauben darf. Denn eine mangelhafte Kostenberechnung oder unvollständige Kostenberatung führt im Ergebnis dazu, dass der Bauherr gar nicht in die Lage versetzt wird, die ihm obliegenden Entscheidungen zu treffen.

    Solche Fehler stellen darüber hinaus ein Verschulden des Planers dar. Der BGH wörtlich:

     

    • Auszug aus der Entscheidung (zu fehlerhafter Kostenermittlung)

    Eine Haftung des Architekten wegen Überschreitung der Baukosten kommt in Betracht, wenn eine Pflichtverletzung des Architekten dadurch vorliegt, dass er die Kostenermittlung mangelhaft ausgeführt hat mit der Folge, dass ein dem Architekten zustehender Toleranzrahmen überschritten worden ist.

     

    Wichtig ist die Einschränkung „kommt in Betracht“. Der BGH geht also nicht generell von einer Haftung bei Planungsfehlern aus. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Planer dem Bauherrn trotz Planungsmangel (hier: unzutreffende Kostenberechnung) eine Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Planungsänderung verschafft hat. Denn auch eine unzutreffende Kostenberechnung kann durch rechtzeitige Einsparmaßnahmen an anderer Stelle kompensiert werden. Bei diesen Abwägungen sind rein konjunkturelle Kostenveränderungen außen vor zu lassen.

    So gehen Sie im Tagesgeschäft vor

    Die beste und einfachste Methode zur Haftungsrisikoabwehr besteht darin, Ihren Bauherrn regelmäßig über den aktuellen Stand der Kostenermittlungen zu unterrichten und die wahrscheinliche Schlussrechnungssumme (= Kostenfeststellung) über alle Kostengruppen zu kommunizieren. Dann gibt es keine Überraschungen. Der Bauherr kann selbst über die Höhe der Kosten bestimmen.

     

    FAZIT | Verschaffen Sie dem Bauherrn durch eine transparente Kostensteuerung die Gelegenheit (und ein entsprechendes Zeitfenster), selbst über die endgültigen Baukosten zu entscheiden, dann muss er das auch tun. Lässt der Bauherr das Projekt in Kenntnis sich anbahnender Mehrkosten unverändert laufen, obwohl er die (sinnvolle) Möglichkeit gehabt hatte, Kosten zu reduzieren, kann er Sie am Projektende nicht mehr in die Haftung nehmen. Denn er war von Anbeginn über alles informiert und hat dies durch seine Billigung der unveränderten Planung mitgetragen. Diese Transparenz müssen Sie vor allem herstellen, wenn Sie eine Kostenobergrenze vereinbart haben. Droht die Kostenobergrenze überschritten zu werden, müssen Sie dann auch Einsparvorschläge unterbreiten.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Musterschreiben „Prüfung einer Kostenobergrenze zu Planungsbeginn“, pbp.iww.de → Abruf-Nr. 43953358
    • „Musterschreiben bei erkennbaren Kostensteigerungen“, pbp.iww.de → Abruf-Nr. 37804180
    • Musterschreiben „Einhaltung Baukostenlimit (Einsparungsvorschläge“, pbp.iww.de → Abruf-Nr. 37804450
    • „Einhaltung von Kostengrenzen: Musterbriefe zur zielführenden Kommunikation mit dem Bauherrn“, pbp.iww.de → Abruf-Nr. 42848988
    Quelle: Ausgabe 04 / 2018 | Seite 10 | ID 45193976