· Fachbeitrag · Architektenrecht
OLG Nürnberg zum Kopplungsverbot: Architekt darf nicht wie Bauherr auftreten
von Dominik Kraft, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, pbv kraft Rechtsanwaltskanzlei, München
| Planer, die einen Planungsauftrag an den Erwerb eines Grundstücks binden, laufen Gefahr, dass der Planungsauftrag unwirksam wird. So will es das Kopplungsverbot. Was Sie diesbezüglich zu beachten haben, erläutert PBP anhand eines aktuellen Falls vor dem OLG Nürnberg. |
Der rechtliche Hintergrund des Kopplungsverbots
Der Gesetzgeber hat das Kopplungsverbot in den 1970er Jahren eingeführt. Zusammengefasst besagt es, dass es Architekten und Ingenieuren untersagt ist, ihre Leistungen untrennbar mit dem Verkauf eines Grundstücks zu verbinden.
Aufgrund der Knappheit von Bauland sollte das Kopplungsverbot die Entschließungsfreiheit von Grundstückserwerbern schützen, damit diese nicht in einen Vertrag mit einem Architekten gedrängt werden. Zudem soll dadurch auch der Wettbewerb unter den Planern gewährleistet und insbesondere verhindert werden, dass solche Architekten und Ingenieure, die ein Grundstück „an der Hand haben“, eine monopolartige Stellung hinsichtlich deren Leistungsangebot erhalten würden. Festgelegt ist das im Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG):
|
Unverbindlichkeit der Kopplung von Grundstückskaufverträgen mit Ingenieur- und Architektenverträgen: Eine Vereinbarung, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen, ist unwirksam. Die Wirksamkeit des auf den Erwerb des Grundstücks gerichteten Vertrages bleibt unberührt. |
Wichtig | Ein Verstoß führt gemäß § 2 ArchLG zur rückwirkenden Nichtigkeit des geschlossenen Architektenvertrags. Der Grundstückskaufvertrag bleibt jedoch weiterhin wirksam. Aufgrund der Nichtigkeit des Vertrags von Anfang an entfällt der vollständige Honoraranspruch.
Auszug aus der bisherigen Rechtsprechung
In der Vergangenheit hat die Rechtsprechung bereits Fälle behandelt, in denen das Kopplungsverbot auch auf die Erbpacht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.06.2017, Az. VII Verg 2/17, Abruf-Nr. 248789) oder den Erwerb von Wohnungseigentum (LG Köln, Urteil vom 31.01.2020, Az. 37 O 95/19, Abruf-Nr. 248791) ausgeweitet wurde.
Nicht dem Kopplungsverbot unterliegt hingegen die Konstellation, dass ein Bauwilliger an einen Architekten herantritt und ihm für den Fall der Verschaffung eines Baugrundstücks auch die Beauftragung der entsprechenden Planungsleistungen verspricht (BGH, Urteil vom 25.09.2008, Az. VII ZR 174/07, Abruf-Nr. 083357). Auch hatte der BGH die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und insbesondere der Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 GG bejaht (BGH, Urteil vom 22.07.2010, Az. VII ZR 144/09, Abruf-Nr. 102499).
Der aktuelle Fall vor dem OLG Nürnberg
Das OLG Nürnberg hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Wirksamkeit eines Projektentwicklungs- und Generalplanervertrags im Zusammenhang mit dem Kopplungsverbot befasst. Ein Projektentwicklungs-/Planungsbüro war Eigentümerin eines Grundstücks und hatte für dessen weitere Nutzung verschiedene Szenarien ‒ insbesondere Sanierung oder Abriss und Neubau ‒ entworfen und bot diese Projektoptionen einem Wohnungsbauunternehmen an. In einer Option sollte das Grundstück mit einem sanierten bzw. neugebauten Gebäude veräußert werden (vergleichbar mit dem Bauträgergeschäft). In einer weiteren Option sollte das Wohnungsbauunternehmen das unveränderte Grundstück erwerben und das Planungsbüro mit der weiteren Planung beauftragen.
Das Wohnungsbauunternehmen hatte sich für letzteres entschieden. Infolgedessen schlossen die Parteien einen Vorvertrag über Projektentwicklungs- und Generalplanerleistungen. Das Wohnungsbauunternehmen war im Nachgang allerdings der Auffassung, dass der Vertrag mit dem Planungsbüro aufgrund eines Verstoßes gegen das Kopplungsverbot unwirksam ist. Das Projektentwicklungs-/Planungsbüro verlangte die gerichtliche Feststellung, dass ein wirksamer Vertrag zustande gekommen war.
So entschied das OLG Nürnberg
Das OLG Nürnberg bestätigte die Auffassung des Wohnungsbauunternehmens und bejahte einen Verstoß gegen das Kopplungsverbot. Es tat das mit den folgenden Erwägungen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 08.05.2025, Az. 6 U 1787/24, Abruf-Nr. 248727):
- Den Umstand, dass das Planungsbüro im Zeitpunkt der Erstkontaktaufnahme keine Erlaubnis für eine Bauträgertätigkeit gemäß § 34c Abs. 1 Nr. 3 GewO besaß, wertete das Gericht als Indiz dafür, dass die Option des Verkaufs in Verbindung mit der Beauftragung der Projektentwicklungs- und Planungsleistungen eine realistische Option für die Verkäufer darstellte.
- Das Kopplungsverbot dient dem Schutz der Entscheidungsfreiheit des Bauherrn bei der Wahl des Planers.
- Die Entscheidung des BGH, wonach ein Verstoß gegen das Kopplungsverbot nicht vorliege, wenn die Initiative zur Verknüpfung von Planungsleistung und Grundstückskauf vom Erwerber ausgeht, war vorliegend nicht anwendbar. Denn es war das Projektentwicklungs-/Planungsbüro, das an das Wohnungsbauunternehmen herangetreten war und erst infolgedessen das Interesse des Wohnungsbauunternehmens an dem Projekt geweckt hatte. Dies ist nach Ansicht des OLG Nürnberg ein entscheidender Unterschied zur Rechtsprechung des BGH, bei der der Bauwillige an einen Planer herantrat und diesen zusätzlich zu den Planungsleistungen auch mit der Grundstückssuche beauftragte.
- Im Ergebnis kam das OLG Nürnberg zu der Überzeugung, dass das Wohnungsbauunternehmen in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt war, denn das Projektentwicklungs-/Planungsbüro strebte einen Verkauf des Grundstücks unter der Prämisse an, dass es auch weiterhin mit den Planungsleistungen beauftragt wird.
Wichtig | Entscheidend kommt es darauf an, ob der Erwerber des Grundstücks in seiner Entschließungsfreiheit hinsichtlich der Beauftragung eines Architekten oder Ingenieurs beeinflusst war. Der Erwerber muss nach objektiven Kriterien frei in der Wahl des Planers bleiben. Der Abschluss eines Planungsvertrags bzw. eines entsprechenden Vorvertrags und eine Verschwiegenheitsvereinbarung vor dem Abschluss des Kaufvertrags sind starke Indizien gegen diese Entschließungsfreiheit.
Auswirkungen auf die Praxis
Die Vermarktung von bereits beplanten Grundstücken setzt die strikte Trennung zwischen dem Verkauf des Grundstücks samt den bisherigen Leistungen sowie etwaiger zukünftiger Planungsleistungen voraus.
Für eine Ausnahme vom Kopplungsverbot kommt es maßgeblich darauf an, ob bei dem Erwerber bereits ein Bauwille besteht oder dieser Bauwille initial durch das Angebot des Planers geweckt wird. Diese Situationen sind unbedingt zu dokumentieren.
Entscheidend ist auch der zeitliche Ablauf. Besteht ein enger zeitlicher oder räumlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückserwerb und dem Abschluss des Planungsvertrags, spricht dies als starkes Indiz für ein unzulässige Kopplung.
Für den Bereich der Projektentwicklung bedeutet das, dass der Verkauf eines entwickelten und beplanten Grundstücks dann unter das Kopplungsverbot fällt, wenn der Projektentwickler den Verkauf an die Beauftragung der weiteren Planungsleistungen knüpft.
Nicht anwendbar ist das Kopplungsverbot jedoch dann, wenn Sie als Planer samt einer Erlaubnis gemäß § 34c Abs. 1 Nr. 3 GewO als Bauträger auftreten. Das Auftreten „wie ein Bauträger“ ohne entsprechende Erlaubnis kann hingegen unter das Kopplungsverbot fallen.