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  • · Fachbeitrag · Alte und Neue HOAI-Verträge

    Überwachung der Mängelbeseitigung: Wann kann die Honorarschlussrechnung gestellt werden?

    von Rechtsanwältin Eva Bouchon, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht, Kanzlei Leinemann & Partner, Berlin

    | Mängel sind bei Bauvorhaben alltäglich - das wissen Sie. Und es ist Ihnen sicher auch schon passiert, dass weder das ausführende Unternehmen noch der Bauherr die Mängelbeseitigung ernsthaft betreiben. Dann stellen sich die Fragen, ob Sie sich das gefallen lassen müssen und welche Pflichten Ihnen konkret obliegen. Erfahren Sie deshalb für „Alte und HOAI-2013-Verträge“, wie Sie Ihre Leistung bezüglich von Ihnen nicht zu vertretender Mängel ordnungsgemäß erbringen und das entsprechende Honorar sichern und abrechnen. |

    Die Ausgangslage in der HOAI 2009 und HOAI 2013

    Das Leistungsbild der Gebäudeplanung umfasst in Leistungsphase 8 die Objektüberwachung (§ 3 Abs. 4 HOAI 2009). Ähnliches gilt für den Planbereich der Technische Ausrüstung (§ 53 HOAI 2009). Dabei bleibt es auch in der HOAI 2013. So enthält das Leistungsbild „Gebäude und Innenräume“ als Leistungsphase 8 die Objektüberwachung, Bauüberwachung und Dokumentation (§ 34 Abs. 3 HOAI 2013) und das Leistungsbild Technische Ausrüstung die Objektüberwachung/Bauüberwachung (§ 55 Abs. 1 HOAI 2013).

     

    Bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen gilt etwas anderes. Hier ist die örtliche Bauüberwachung und mit ihr die „Überwachung der Beseitigung der bei der Leistung festgestellten Mängel“ seit der HOAI 2009 als Besondere Leistung aufgeführt. Das Honorar und die Leistungen hierfür sind frei vereinbar. So verbleibt es auch in der HOAI 2013.

    Das müssen Planungsbüros erbringen

    Grundsätzlich sind Sie als Bauüberwacher zunächst verpflichtet, die Mängel gegenüber den ausführenden Unternehmen zu rügen und diese zur Mängelbeseitigung aufzufordern. Diese Mängelanzeigen sollten schriftlich und mit einer angemessenen Fristsetzung erfolgen.

     

    Häufigkeit der Mängelrügen

    Eine einmalige Aufforderung zur Mängelbeseitigung reicht zur Pflichterfüllung nicht aus. Auch der durchaus zu vertretende Standpunkt, dass der Architekt nicht verpflichtet sein kann, mehr als zweimal die Unternehmen zur Mängelbeseitigung aufzufordern, birgt das Risiko, dass dieser Aufwand als nicht ausreichend angesehen werden kann. Je umfassender die Aufforderung zur Mängelbeseitigung der Nachunternehmer nachgewiesen werden kann, umso einfacher ist es für Sie, Ihre Honoraransprüche später durchzusetzen.

     

    Information des Auftraggebers

    Reagiert das Bauunternehmen auch auf mehrfache Aufforderungen nicht oder weigert es sich gar, die Leistung nachzubessern, müssen Sie den Bauherrn auf seine Rechte hinweisen und ihn informieren, welche rechtlichen Schritte nunmehr notwendig werden. Dabei können folgende Themen eine Rolle spielen:

     

    • Selbstvornahme
    • Kündigungsandrohung sowie Kündigung
    • Vorschuss der Ersatzvornahmekosten
    • Verjährungshemmende Maßnahmen (wie zum Beispiel die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens oder die Erhebung einer Klage)

     

    Wichtig | Bei einem BGB-Vertrag bedarf es für die Selbstvornahme keiner Androhung der Kündigung, bei einem VOB-Vertrag muss dem Bauunternehmer dagegen die Kündigung vorher angedroht worden sein (§ 4 Nr. 7 VOB/B).

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Ohne Zustimmung des Auftraggebers können und müssen Sie keine weiteren Schritte einleiten. Sie müssen ihm aber seine Möglichkeiten aufzeigen.
    • Das heißt: Sie müssen nicht nur die Mängelrügen an die jeweils verantwortlichen Unternehmer versenden und diese auffordern, die Mängel zeitnah zu beseitigen. Reagieren die Unternehmen nicht, müssen Sie außerdem Rücksprache mit Ihrem Auftraggeber halten und diesen umfassend über die technischen Gegebenheiten und seine Möglichkeiten unterrichten (OLG Rostock, Urteil vom 2.2.2011, Az. 2 U 20/08; Abruf-Nr. 121225).
    • Allein die Übersendung der versandten Mängelrügen an den Auftraggeber ohne Hinweis oder weitere Informationen ist somit nicht ausreichend!
     

     

    Leitet Ihr Auftraggeber die gebotenen Schritte nicht selbst ein, empfiehlt es sich, den Auftraggeber erneut schriftlich zu informieren, welche Möglichkeiten bestehen bzw. welche Rechte er verwirkt, wenn er nicht tätig wird. Aus Nachweisgründen empfehlen wir, diesem Schreiben die versandten Mängelrügen in Kopie beizufügen und das Schreiben mit Zustellungsnachweis (Einschreiben/Rückschein) zu versenden.

    Die Forderung und Fälligkeit des Honorars

    Wird Ihr Auftraggeber weiterhin nicht tätig, können Sie, wenn Sie sämtliche anderen Leistungen erbracht haben, und die Leistungsphase 9 nicht geschuldet ist, Ihre Schlussrechnung stellen. Der Auftraggeber kann dann nämlich keine weitere Tätigkeit von Ihnen erwarten. Das Honorar ist dann nach bisher vorherrschender Rechtsauffassung fällig. Das bedeutet, dass Sie mit ihrem Honoraranspruch nicht davon abhängig sind, ob und in welchen weiteren Schritten der Auftraggeber agiert.

     

    Abnahme anstreben

    Grundsätzlich sollten Sie dennoch versuchen, sich vom Auftraggeber Ihre Leistungen abnehmen zu lassen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass dann die Gewährleistungsfrist für Sie als Planungsbüro in Gang gesetzt wird. In der HOAI 2013 ist die Abnahme der Leistungen Voraussetzung, um das Honorar schlussrechnen und durchsetzen zu können.

     

    PRAXISHINWEIS | Ignoriert der Auftraggeber Ihre Aufforderung, verlangen Sie die Abnahme nochmals schriftlich mit separatem Schreiben und setzen Sie ihm darin eine Frist zur Abnahme. Ist das Werk (so wie im Planungsvertrag vereinbart) vertragsgemäß hergestellt und nimmt der Auftraggeber es nicht innerhalb der gesetzten Frist ab, tritt die Abnahmefiktion des § 640 Abs. 1 S. 3 BGB ein. Das heißt: Ist die Frist verstrichen, haben Sie Anspruch auf die Honorarauszahlung.

     

    Als abgenommen gilt Ihr Werk auch, wenn der Auftraggeber die Schlussrechnung vorbehaltlos bezahlt. Auch in diesem Fall beginnt die Gewährleistungsfrist zu laufen.

     

    Ausführender Auftragnehmer beseitigt die Mängel

    Hat der Bauunternehmer aber auf Ihre Mängelrügen reagiert und die Mängel beseitigt, müssen Sie diese Leistungen überwachen. Ihre Leistung gilt erst dann als erbracht, wenn die Arbeiten mängelfrei abgeschlossen sind. Im Zuge der Objektüberwachung müssen Sie ferner die Gewährleistungsfristen für den Auftraggeber auflisten.

     

    Leistungsphase 9 ist im Auftrag

    Wenn Sie zusätzlich die Leistungsphase 9 übernommen haben, müssen Sie bei Verträgen, auf die die HOAI 2009 Anwendung findet, auch die nach der Abnahme aufgetretenen Mängel prüfen und die Mängelbeseitigungsarbeiten betreuen. In diesem Fall wird die Honorarschlussrechnung erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig.

     

    Wichtig | In der HOAI 2013 fällt die Überwachung der Mängelbeseitigung der nach Abnahme aufgetretenen Mängel innerhalb der Verjährungsfrist nicht in die Grundleistungen im Leistungsbild „Gebäude und Innenräume“, sondern ist als Besondere Leistung frei vereinbar. Das Überwachen der Beseitigung der bis zur Abnahme festgestellten Mängel bleibt jedoch auch in der HOAI 2013 eine Grundleistung der Leistungsphase 8. Hier bietet es sich an, vorher Abschlagsrechnungen zu stellen. Um Problemen auch hinsichtlich der Gewährleistung vorzubeugen, empfiehlt es sich deshalb bei Vertragsschluss zu regeln, dass nach Abschluss der Leistungsphase 8 eine Teilabnahme erfolgt.

     

    FAZIT | Im Falle eines Falles wird immer auch zur Diskussion stehen, ob Sie im Zuge der Bauüberwachung alle erforderlichen Leistungen erbracht haben. Um hier möglichst gut aufgestellt zu sein, empfehlen wir Ihnen dringend, die Mängel gegenüber den Unternehmern mehrfach zu rügen, dies dem Auftraggeber immer und umgehend weiterzuleiten, und den Auftraggeber schriftlich auf seine Rechte und erforderliche Schritte hinzuweisen. Dann muss der Bauherr von sich aus tätig werden.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 18 | ID 40135890