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  • · Fachbeitrag · Duldungsanspruch

    Nichts geht mehr nach rechtskräftiger Abweisung

    Ist der Duldungsanspruch durch rechtskräftiges Teilurteil abgewiesen, kann er nicht erneut zum gegenstand einer „Widerwiderklage“ gemacht werden. (BGH 17.8.11, VIII ZR 20/11, Abruf-Nr. 114114).

    Sachverhalt

    Das AG wies die Klage auf Duldung des Austauschs des Gasherds gegen einen Elektroherd, den die Klägerin im Zuge der vorgesehenen Beseitigung des Gasanschlusses des Gebäudes vornehmen wollte, mit rechtskräftigem Teilurteil ab. Gegenüber der Widerklage des Beklagten erhob die Klägerin erfolglos „Widerwiderklage“, mit dem (erneuten) Antrag, den Beklagten zur Duldung der Auswechselung des Gasherds gegen einen Elektroherd zu verurteilen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt. Seine Revision hatte Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Nach § 322 Abs. 1 ZPO sind Urteile der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch Klage oder durch Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. Das heißt: Die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung verbietet - als negative Prozessvoraussetzung - eine neue Verhandlung über denselben Streitgegenstand. Dieser wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 154, 342; NJW-RR 09, 790). Eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Prozesses identisch ist, ist unzulässig (BGHZ 93, 287; BGHZ 157, 47).

     

    Eine solche Identität des Streitgegenstands liegt hier vor. Grund: Die Klägerin hat sowohl ihre rechtskräftig abgewiesene Duldungsklage als auch ihre „Widerwiderklage“ aus demselben Lebenssachverhalt hergeleitet, nämlich daraus, dass im Rahmen von Instandsetzungsarbeiten die Gasversorgung des Gebäudes entfallen soll, in dem sich die Wohnung des Beklagten befindet. Folge: Bereits das Berufungsgericht hätte die Widerwiderklage als unzulässig abweisen müssen. Der BGH hat das nachgeholt.

     

    Ausnahme: Eine erneute Klage ist möglich, wenn sie mit der Einschränkung „als zurzeit nicht fällig“ oder als „zurzeit nicht begründet“abgewiesen wurde. In materielle Rechtskraft erwächst dann nur, dass dem Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung kein fälliger Anspruch zustand (BGH 28.7.11, VII ZR 180/101). Die Fälligkeit kann daher im Folgeprozess nur aufgrund von nach dem Erstprozess entstandenen neuen Tatsachen angenommen werden. Beispiel: Hat das Gericht eine Klage auf Zahlung einer Nebenkostennachforderung als zurzeit nicht fällig abgewiesen, weil bisher keine formell ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnung vorliegt, kann die Nachforderung im zweiten Prozess auf eine neue, formell richtige Abrechnung gestützt werden. Gleich liegt der Fall, wenn die Duldungsklage - anders als hier - nicht aus materiellen Gründen, sondern nur wegen eines Formfehlers in der Modernisierungsankündigung als (lediglich) „zurzeit unbegründet“ abgewiesen wird.

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2012 | Seite 10 | ID 30449160