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  • · Fachbeitrag · Sicherungsrechte

    Muss der Grundstückserwerber eine Bauhandwerkersicherungshypothek bestellen?

    Der Unternehmer wird durch § 648 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich nicht davor geschützt, dass der Besteller das Grundstück veräußert, auf dem der Unternehmer die nach dem Vertrag geschuldete Bauleistung erbringen muss. Dem Unternehmer kann daher nur in Ausnahmefällen gegen einen Dritten, der das Grundstück von dem Besteller erwirbt, ein Anspruch auf Bewilligung der Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek zustehen (BGH 18.12.14, VII ZR 139/13, Abruf-Nr. 174419).

     

    Sachverhalt

    Die Beklagte zu 2, deren alleiniger Geschäftsführer und zugleich Vorstand des alleinigen Gesellschafters der Beklagte zu 1 ist, beauftragte die Klägerin 2008 und 2009 mit Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsarbeiten für Eigentumswohnungen, die zu diesem Zeitpunkt in ihrem Eigentum standen. Die Klägerin erbrachte abgegrenzte Teilleistungen des Gesamtauftrags. Es standen aber noch drei Rechnungen der Klägerin mit etwa 25.500 EUR offen. In der Folge veräußerte die Beklagte zu 2 die Wohnungen an den Beklagten zu 1.

     

    Wegen der o.g. Werklohnforderung hat die Klägerin gegen den Beklagen zu 1 mittels einstweiliger Verfügung die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek hinsichtlich der Wohnungen erwirkt. Mittels Klage begehrt sie vom Beklagten zu 1, dass er die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek wegen dieser Werklohnforderung bewilligt. Sie begehrt von der Beklagten zu 2 Zahlung des Werklohns. LG und OLG haben dem entsprochen. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten zu 1. Der BGH hält anders als LG und OLG daran fest, dass Personenidentität zwischen Besteller und Eigentümer für die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek gegeben sein muss.

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Die Bauhandwerkersicherungshypothek scheidet als Sicherung aus, wenn der Eigentümer einen Generalunternehmer als Besteller der Bauleistung zwischengeschaltet hat. Hier bedarf es anderer Sicherungsinstrumente.

     

    Gemäß § 648 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Unternehmer eines Bauwerks oder eines Bauwerkteils für seine Forderungen aus dem Vertrag die Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstück des Bestellers verlangen.

     

    MERKE | Die Bauhandwerkersicherungshypothek kann einerseits nur an bereiter Stelleund andererseits erst nach einem Wertzuwachs für das Grundstück eingetragen werden. In der Regel wird sie deshalb zu den Grundpfandrechten der Kreditinstitute nachrangig sein, sodass ein hohes Ausfallrisiko besteht.

     

    Der Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek richtet sich also gegen den Besteller der Werkleistung und setzt voraus, dass dieser zugleich Eigentümer des Grundstücks ist, auf dem die Werkleistung erbracht werden soll. Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor.

     

    Der BGH sieht zwar die Möglichkeit, den Grundsatz der Personenidentität zu durchbrechen. Die Voraussetzungen dafür seien aber nicht gegeben. Der Beklagte zu 1 braucht sich auch nicht so behandeln zu lassen, als wäre er Besteller der Werkleistungen. Der BGH hat anerkannt, dass der Grundsatz der Personenidentität lediglich bei einer Fallgestaltung durchbrochen werden darf: Der Besteller darf bei Auftragserteilung nicht zugleich der Eigentümer des von der Werkleistung betroffenen Grundstücks gewesen sein. Dann kann nach § 242 BGB eine Durchgriffshaftung angezeigt sein. Diese Voraussetzung lagen hier nicht vor. Es war ursprünglich Personenidentität gegeben.

     

    MERKE | Der Unternehmer muss also frühzeitig eine Bauhandwerkersicherungshypothek eintragen lassen, d.h. auch schon nach Teilleistungen, oder vertraglich vereinbaren, dass bei einem Eigentumswechsel eine andere Sicherheit gestellt wird, etwa eine Bankbürgschaft. Auch kann ‒ schon mit Abschluss des Vertrags ‒ eine Bauhandwerkersicherheit nach § 648a BGB verlangt werden.

     

    Der Unternehmer wird durch § 648 Abs. 1 S. 1 BGB also nicht davor geschützt, dass der Besteller das Grundstück veräußert, auf dem der Unternehmer die nach dem Vertrag geschuldete Bauleistung erbringt. Daran kann der Besteller aus unterschiedlichen Gründen ein berechtigtes Interesse haben, insbesondere wenn die Veräußerung des Grundstücks der Verwertung der von ihm im Hinblick auf das Grundstück getätigten Investitionen dient. Der BGH hat der Bestellerin dieses berechtigte Interesse an der Veräußerung des Grundstücks auch nicht von vornherein abgesprochen, weil die Bestellerin das Grundstück mittels Insichgeschäft an ihren alleinigen Geschäftsführer veräußert, der zugleich alleiniger Vorstand des einzigen Gesellschafters ist.

     

    MERKE | Hierin liegt eine besondere Gefahr für den Bauunternehmer. Darüber muss der beratende Rechtsanwalt aufklären. Er muss versuchen, dem durch weitere Sicherungsinstrumente Rechnung zu tragen. Der BGH sieht hier erst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 826 BGB die Grenze, d.h. wenn das nachweisbare (!) Ziel des Bestellers dahin geht, den Bauunternehmer in sittenwidriger Weise vorsätzlich zu schädigen. Dieser Nachweis wird selten zu führen sein.

     

    Der BGH sieht noch eine Möglichkeit, den Erwerber in die Pflicht zu nehmen: Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB kann nach § 311 Abs. 3 BGB auch zu Personen entstehen, die nicht Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht vor allem, wenn der Dritte besonderes Vertrauen für sich beansprucht und dadurch Verhandlungen oder Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Insoweit ist zu klären, ob der Erwerber ‒ wie hier ‒ schon im Zusammenhang mit der Bestellung in Erscheinung getreten ist und dabei ein besonderes Vertrauen hergestellt wurde. Hier fehlte es dazu an Feststellungen, sodass der BGH die Sache aufgehoben und zurückverwiesen hat.

     

    Ausnahmsweise kann ein Vertreter aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen persönlich haften, wenn er entweder dem Vertragsgegenstand besonders nahe steht und bei wirtschaftlicher Betrachtung gleichsam in eigener Sache handelt oder wenn er gegenüber dem Verhandlungspartner ein besonderes persönliches Vertrauen beansprucht und dadurch die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat (st. Rspr., BGH NJW 90, 1907; 71, 1309; Lapp in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl., § 311 BGB, Rn. 80). Das kann gegeben sein, wenn eine persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäfts vermittelt wird, die auch für den Vertragspartner wichtig ist. Ein eigenes Interesse kann angenommen werden, wenn schon bei der Bestellung deutlich wird, dass der Dritte letztlich der wirtschaftliche Nutznießer sein wird.

     

    MERKE | Das lag hier nahe, auch wenn die beschränkte Haftung der GmbH und ihres Geschäftsführers nicht unterlaufen werden darf, wenn er alleiniger Gesellschafter ist. Kommt es aber im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss über Bauleistungen zur Übertragung des Grundbesitzes und füllte das Bauprojekt den wesentlichen Gesellschaftszweck der GmbH aus, kann die Durchbrechung der Haftungsbeschränkung über § 311 Abs. 3 BGB angezeigt sein.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2015 | Seite 116 | ID 43482064