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  • 02.08.2019 · IWW-Abrufnummer 210327

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 28.02.2019 – 7 Ta 105/18

    Unterbreitet der Prozessbevollmächtigte der erstinstanzlich unterlegenen Partei, nachdem er bereits Berufung eingelegt hat, dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der obsiegenden Partei telefonisch ein Vergleichsangebot, das dieser entgegennimmt, intern wertend mit seinem Mandanten bespricht und sodann wiederum telefonisch gegenüber dem gegnerischen Anwalt ablehnt, so entsteht dadurch eine 1,2 Termingebühr gemäß Nr. 3202 VV RVG . Es spielt dabei keine Rolle, dass der Anwalt der erstinstanzlich obsiegenden Partei sich erst nach den Telefonaten bei Gericht für das Berufungsverfahren bestellt und das Berufungsverfahren später durch Berufungsrücknahme endet.


    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2018 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.



    Gründe



    I. Die Parteien führten vor dem Arbeitsgericht Köln einen Kündigungsschutzprozess. Am 21.08.2017 verkündete das Arbeitsgericht ein der Kündigungsschutzklage stattgebendes Urteil und legte der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf. Das Urteil wurde der Beklagten am 15.09.2017 zugestellt. Am 12.10.2017 ging die Berufung der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil beim Landesarbeitsgericht ein. Am 13.10.2017 oder 16.10.2017 nahm der Prozessbevollmächtigte der Beklagten telefonisch Kontakt mit dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers auf, unterbreitete diesem einen konkreten, bezifferten Vergleichsvorschlag und teilte zugleich mit, dass er gegen das arbeitsgerichtliche Urteil bereits Berufung eingelegt habe. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers informierte seinen Mandanten schriftsätzlich über das Vergleichsangebot, teilte dabei auch seinen Eindruck aus dem Telefonat mit, wonach sich die angebotene Abfindungssumme vielleicht noch werde aufstocken lassen, und bat den Kläger um Rückmeldung, ob er "an einer Weiterverhandlung dieses Themas" interessiert sei oder nicht. Der Kläger persönlich lehnte das gegnerische Vergleichsangebot seinem Anwalt gegenüber ab. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte diese Ablehnung dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter dem 17.10.2017 mit.



    Am 27.10.2017 wurde die Berufungsschrift dem Klägervertreter zugestellt. Am 03.11.2017 ging der Bestellungsschriftsatz des Klägervertreters für die Berufungsinstanz beim Landesarbeitsgericht ein. Am letzten Tag der bereits verlängerten Berufungsbegründungsfrist, dem 15.12.2017, nahm die Beklagte die Berufung zurück. Mit Beschluss vom 18.12.2017 legte das Landesarbeitsgericht die Kosten der Berufungsinstanz der Beklagten auf. Am 29.12.2017 stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Kostenfestsetzungsantrag, in dem er auch eine 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3202 VV RVG in Höhe von 547,20 € geltend machte. Mit Beschluss vom 25.01.2018 setzte die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts Köln die Kosten, wie beantragt, fest.



    Gegen den am 31.01.2018 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Beklagte am 14.02.2018 Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerde wendet sich die Beklagte nur gegen die Festsetzung der 1,2 Terminsgebühr in Höhe von 547,20 €. Mit Beschluss vom 18.05.2018 lehnte die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts die Abhilfe ab und legte die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht vor.



    II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2018 ist in der Sache unbegründet. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht die beantragte 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3202 VV RVG zu.



    Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 der Anlage 1 RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht insbesondere für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind, Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll mit der Anerkennung der Terminsgebühr das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung - auch zur Entlastung der Gerichte - gefördert werden. Dieser Zielsetzung widerspräche es, wenn der Anwalt dazu veranlasst würde, entweder einen gerichtlichen Termin anzustreben, um damit eine Festsetzung der Terminsgebühr gemäß §§ 103 ff. ZPO sicherzustellen, oder ein eigenes gerichtliches Verfahren über seinen materiellrechtlichen Erstattungsanspruch durchzuführen (BGH vom 27.02.2007, XI ZB 39/05, Rn. 8 juris). Dabei reicht es anerkanntermaßen aus, wenn die Besprechung telefonisch durchgeführt wird und sich der Gesprächspartner an einer außergerichtlichen Erledigung des Rechtsstreits interessiert zeigt (BGH a. a. O. Rn. 10 juris; ferner OLG Frankfurt vom 02.10.2018, 6 W 83/18; OLG München vom 29.07.2009, 11 W 1850/09).



    Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Am 13.10. oder 16.10.2017 führten die beiderseitigen Prozessbevollmächtigten unstreitig ein Telefonat, in welchem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ein konkretes und beziffertes Vergleichsangebot zur Beilegung des laufenden Rechtsstreits unterbreitete. Zu diesem Zeitpunkt war das Berufungsverfahren bereits anhängig. Die Berufungsschrift der Beklagten war am 12.10.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten informierte den Prozessbevollmächtigten des Klägers bei der telefonischen Besprechung auch über die bereits erfolgte Einlegung der Berufung.



    Ferner zeigte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch an dem in dem Telefonat unterbreiteten Vergleichsvorschlag interessiert, indem er dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zusagte, die Stellungnahme seines Mandanten zum Vorschlag einzuholen, was auch geschah. Indem der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinen Mandanten darauf hinwies, dass nach seinem Eindruck aus dem Telefonat mit dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten möglicherweise noch eine höhere Abfindungssumme herausverhandelt werden könnte, nahm er intern auch wertend zu dem Angebot Stellung und beschränkte sich nicht etwa nur auf eine Rolle als reiner Übermittlungsbote.



    Es kommt nicht darauf an, dass vorliegend ein außergerichtlicher Vergleich letztlich nicht zustande gekommen ist. Dass der Gesetzgeber in erster Linie nur erfolgreiche außergerichtliche Verhandlungen der Parteien honorieren wollte, ist dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht zu entnehmen (BGH a. a. O., Rn. 10 juris).



    Entgegen der Auffassung der Beklagten spielt es schließlich auch keine Rolle, dass der Bestellungsschriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Berufungsinstanz erst am 03.11.2017 beim Berufungsgericht eingegangen ist, also erst nach erfolglosem Abschluss der außergerichtlichen Vergleichsbemühungen. Maßgeblich ist, dass das Berufungsverfahren im Zeitpunkt der Vergleichsbemühungen bereits anhängig war. In dem Verfahrensabschnitt, in dem die Vergleichsbemühungen stattfanden, stellt der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte weiterhin den auch vom Gesetz vorgesehenen Ansprechpartner für Gericht und Gegenpartei dar, wie z. B. § 172 Abs. 2 Satz 1 ZPO zeigt. Nach dieser Vorschrift ist ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Dementsprechend hat sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zur Unterbreitung seines Vergleichsvorschlages auch folgerichtig an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gewandt. Die spätere, nach Zustellung der Berufungsschrift an ihn, erfolgte ausdrückliche Bestellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers bei dem Berufungsgericht bestätigte sodann nur noch den Fortbestand der Rolle als Prozessbevollmächtigter.



    Gegen die Höhe der geltend gemachten Terminsgebühr hat die Beklagte Einwände nicht erhoben. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich.



    Die Kostenfolge für die Beschwerdeinstanz ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.



    Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.

    VorschriftenNr. 3202 VV RVG, Anlage 1 RVG, §§ 103 ff. ZPO, § 172 Abs. 2 Satz 1 ZPO, § 91 Abs. 1 ZPO