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  • · Fachbeitrag · Verbraucherdarlehen

    Kein Anspruch auf Bankbearbeitungsentgelt

    • 1. Eine Bestimmung über ein Bearbeitungsentgelt in einem Darlehensvertrag zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher ist auch dann vorformuliert im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn das Bearbeitungsentgelt nicht in bestimmter Höhe in einem Preisaushang oder einem Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesen ist. Ausreichend ist, dass das Bearbeitungsentgelt ‒ wie beim Abschluss eines Online-Darlehensvertrags ‒ zum Zweck künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte „im Kopf“ des Kreditinstituts als Klauselverwender gespeichert ist, anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrags nach bestimmten Vorgaben errechnet und dann in den Vertrag einbezogen wird.
    • 2. Eine solche Bestimmung unterliegt ‒ nicht anders als der Inhalt eines Preisaushangs oder eines Preis- und Leistungsverzeichnisses ‒ als AGB der richterlichen Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB) und ist im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
    • 3. Zur Kenntnis der Nichtschuld im Sinne von § 814 Fall 1 BGB genügt es nicht, dass dem Leistenden die Tatsachen bekannt sind, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt. Der Leistende muss vielmehr aus diesen Tatsachen nach der maßgeblichen Parallelwertung in der Laiensphäre auch eine im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung gezogen haben.

    (BGH 13.5.14, XI ZR 170/13, Abruf-Nr. 141521)

     

    Praxishinweis

    Der BGH hat zum wiederholten Male Gebühren der Banken ‒ hier ein Bearbeitungsentgelt für die Einräumung eines Darlehens ‒ für unwirksam erklärt. Dabei hat der BGH zugleich einen Wandel in seiner Rechtsprechung vollzogen.

     

    Bearbeitungsentgelte in banküblicher Höhe von zuletzt bis zu 2 Prozent sind in der älteren Rechtsprechung des BGH ‒ ohne nähere Begründung ‒ nämlich unbeanstandet geblieben (BGH NJW 79, 2089; WM 81, 838; WM 89, 1011; BGHZ 111, 287; NJW 92, 2560, WM 04, 2306). Soweit in diesen Entscheidungen die Billigung formularmäßig erhobener Bearbeitungsentgelte in Verbraucherdarlehensverträgen zum Ausdruck kommen sollte, hält der infolge geänderter Geschäftsverteilung seit längerem für Rechtsstreitigkeiten über Darlehensverträge zwischen einem Kreditinstitut und einem Darlehensnehmer allein zuständige XI. Senat des BGH hieran für das in den §§ 488 ff. BGB geregelte Darlehensrecht nicht mehr fest (vgl. § 132 Abs. 3 S. 2 GVG).

     

    Gemessen an der seit Langem gefestigten BGH-Rechtsprechung zur AGB-rechtlichen Kontrolle von Bankentgelten, entscheidet der BGH dann zwei Fragen zugunsten der Verbraucher und zulasten der Kreditinstitute als Gläubiger:

     

    Klauseln über Bearbeitungsentgelte unterliegen der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB, da es sich weder um den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch um Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung handelt.

     

    MERKE | Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH der Inhaltskontrolle unterworfen (BGHZ 180, 257; 187, 360; 195, 298).

     

    Alle Einwände der Kreditinstitute gegen die Qualifizierung als Preisnebenabrede weist der BGH in seiner Entscheidung ausführlich zurück. Hier sei auf den Volltext verwiesen (Abruf-Nr. 141521). In diesem Zusammenhang sind allerdings die Ausführungen des BGH zur Bonitätsprüfung für die Forderungsbeitreibung von allgemeinem Interesse.

     

    Danach erfolgt die Bonitätsprüfung wie auch die Bewertung der angebotenen Sicherheiten im Regelfall allein im Interesse des Kreditinstituts und im öffentlichen Interesse der Kreditwirtschaft, Forderungsausfälle zum Schutz der Einleger zu vermeiden. Die Bonitätsprüfung könne zwar im Einzelfall ‒ insbesondere bei günstigem Ergebnis ‒ zugleich dem Kunden zu Gute kommen. Hierbei handele es sich aber lediglich um einen reflexartigen Nebeneffekt. Dieser genüge nicht, um die Prüfung als gesondert vergütungsfähige Leistung für den Kunden einzuordnen. Denn die von der Bonitätsprüfung abhängige Festlegung der Vertragskonditionen sei weder vorrangig noch zumindest auch an den Interessen des Kunden ausgerichtet.

     

    Hieraus leitet der BGH ab, dass die Kosten einer Bonitätsprüfung im eigenen Interesse des Gläubigers anfallen und deshalb nicht erstattungsfähig sind. Das wirft die Frage auf, ob solche Kosten auch in der Forderungsbeitreibung dem Schuldner nicht mehr in Rechnung gestellt werden dürfen.

     

    Die Frage ist nach der hier vertretenen Ansicht zu verneinen. Die beiden Fälle sind zu unterscheiden, da im ersten Fall die Vertragsanbahnung und das „ob“ und „wie“ des Vertragsabschlusses im Fokus stehen. Im zweiten Fall ist dagegen zu fragen, ob und in welcher Form die Forderungsbeitreibung gegen den Schuldner eingeleitet werden soll. Zwar steht auch hier das Gläubigerinteresse im Vordergrund, befriedigt zu werden. Spiegelbildlich hierzu ist aber die Verpflichtung des Schuldners zu sehen. Der Gläubiger handelt also quasi wie ein „Geschäftsführer ohne Auftrag“. Zudem muss der Schuldner alle Kosten der Forderungsbeitreibung aus materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen, z.B. Verzug nach §§ 280, 286 BGB, oder aus prozessualen Kostenerstattungsvorschriften, z.B. § 788 ZPO, tragen. Es liegt also im Interesse des Schuldners solche Kosten niedrig zu halten und entspringt zugleich der allein in seinem Interesse liegenden Erfüllung der Schadensminderungspflicht. Insoweit werden auf den Einzelfall bezogene Auskünfte bei einer Kreditauskunft als nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VVRVG erstattungsfähig angesehen (Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., Vorbem. 7 Rn. 4).

     

    Solche Klauseln halten nach dem BGH der Inhaltskontrolle auch nicht stand, weil sie den Verbraucher unangemessen benachteiligen, nämlich Kosten für Aufwendungen allein im Interesse der Bank auf ihn abwälzen. Das Kreditinstitut muss anfallende Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins decken, darf daneben aber kein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt verlangen.

     

    MERKE | § 488 Abs. 1 S. 2 BGB sei zwar keine zwingende Vorschrift in dem Sinne, dass laufzeitunabhängige Entgelte neben dem Zins in jedem Fall ausgeschlossen seien. Jedoch müssten sich Bestimmungen in AGB, die von der vertragstypischen Ausgestaltung des Entgelts für die Darlehensgewährung als laufzeitabhängiger Zins abweichen, an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB messen.

     

    Die Folge der Entscheidung: Einerseits darf ein solches Entgelt ‒ jedenfalls in Form von AGB ‒ nicht mehr verlangt werden, andererseits haben die betroffenen Verbraucher einen Rückzahlungsanspruch, soweit dieser noch nicht verjährt ist. Die Verbraucherverbände beziffern das bundesweite Rückforderungsvolumen auf immerhin rd. 12 Mrd. EUR.

     

    MERKE | Welcher Verjährungsfrist der Rückforderungsanspruch unterliegt und wann die Verjährungsfrist beginnt, hat der BGH noch nicht entschieden. Während die Kreditinstitute allenfalls von einer dreijährigen Verjährungsfrist ausgehen, die mit dem Abschluss des Kreditvertrags bzw. dem darauf folgenden Jahresschluss zu laufen begonnen hat, wird teilweise auch vertreten, dass die Frist drei Jahre beträgt, aber erst mit dem Ende des Jahres beginnt in dem das Bearbeitungsentgelt fällig wurde und letztlich auch von den Verbraucherschutzverbänden, dass eine zehnjährige Frist greift. Es ist davon auszugehen, dass der BGH diese Streitfrage am 28.10.14 entscheidet. FMP wird darüber berichten.

     

    Ist die Vereinbarung über ein Bearbeitungsentgelt unwirksam, richtet sich der Rückzahlungsanspruch des Verbrauchers nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt BGB. Es handelt sich also um einen Bereicherungsanspruch im Sinne der Leistungskondiktion. Anspruchsgegner ist das Kreditinstitut, das entsprechende Zahlungen erhalten hat. Soweit es gegen den Schuldner noch weitere Forderungen hat, kann es gegenüber dem Rückzahlungsanspruch aufrechnen.

     

    Gleiches gilt für den Schuldner. Die Aufrechnung ist für ihn nach § 215 BGB u.U. noch möglich, wenn sein Rückzahlungsanspruch schon verjährt ist.

     

    Für den Rechtsdienstleister eines Kreditinstituts, der eine ältere Forderung beitreibt, gilt ebenso wie für einen entsprechenden Forderungskäufer und dessen Rechtsdienstleister, dass Bankbearbeitungsentgelte nach dieser Entscheidung des BGH nicht mehr vom Schuldner gefordert werden dürfen. Umgekehrt müssen Rechtsdienstleister der Schuldner die Unwirksamkeit dieses Entgelts und ‒ daraus abgeleitet‒ die Reduzierung der Forderung oder gar einen Rückzahlungsanspruch geltend machen. Soweit ersichtlich haben die Banken solche Entgelte in Verträgen erhoben, die bis Ende 2012 bzw. Anfang 2013 abgeschlossen wurden.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 170 | ID 42925204