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  • · Fachbeitrag · Ehegattenunterhalt

    Gleiches Recht für alle: Sekundäre Altersvorsorge für den Unterhaltspflichtigen und den Berechtigten

    von VRiOLG a.D. Dr. Jürgen Soyka, Meerbusch

    | Der BGH hat aktuell Folgendes entschieden: Jedenfalls wenn der Unterhaltspflichtige eine unterhaltsrechtlich anzuerkennende zusätzliche Altersvorsorge betreibt, muss dies auch dem Unterhaltsberechtigten ermöglicht werden. Dazu im Einzelnen. |

    Sachverhalt

    Die Beteiligten schlossen im Mai 1996 die Ehe und trennten sich spätestens im Juni 2013. Ihre beiden im Juli 1999 bzw. Juli 2001 geborenen Söhne lebten fortan bei der Antragsgegnerin (F). Der Antragsteller (M) erzielte 2018 ein unterhaltsrechtlich relevantes Bruttoeinkommen von rund 294.000 EUR. Die F war vor der Geburt der beiden Kinder ebenfalls erwerbstätig, zunächst als Bürogehilfin im Bereich der Logistik, dann als Sekretärin und in den letzten zwei Jahren vor der Geburt des ersten Sohnes als Debitorenbuchhalterin. Danach widmete sie sich ausschließlich der Kindererziehung und Haushaltsführung und schied 2006 gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Angestelltenverhältnis aus. Inzwischen ist sie bei einem Stundenlohn von 10,50 EUR brutto in einer Schulmensa in Teilzeit erwerbstätig.

     

    Das AG hat die Ehe der Beteiligten mit Beschluss geschieden, den VA durchgeführt und den M verpflichtet, an die F ab Rechtskraft der Scheidung monatlichen Unterhalt in Höhe von 2.249 EUR nebst Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 572 EUR zu zahlen. Eine Befristung hat es abgelehnt. Hinsichtlich der Scheidung und des VA ist der Beschluss rechtskräftig. Gegen den Ausspruch zum Unterhalt hat M Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens haben sich die Beteiligten über einen ZGA sowie den Ehegattenunterhalt bis einschließlich Januar 2018 verglichen.

     

    Am 12.2.18 heiratete der M seine Lebensgefährtin, mit der er eine am 3.8.15 geborene Tochter hat und die vor deren Geburt ein monatliches Nettogehalt von 36.782 Tschechische Kronen bezog. F hat sich der Beschwerde des M mit dem Ziel angeschlossen, ihn rückwirkend ab April 2018 zu monatliche Zahlungen von Elementarunterhalt in Höhe von 3.484 EUR und Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 1.171 EUR zu verpflichten. Das OLG hat es für den Zeitraum von Februar 2018 bis einschließlich Oktober 2018 bei dem vom AG erkannten Zahlungsbeträgen belassen, den M ab November 2018 zu monatlichen Zahlungen von Elementarunterhalt in Höhe von 2.886 EUR und von Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 1.063 EUR verpflichtet, die monatlichen Unterhaltsbeträge für die Zeit ab Januar 2024 auf 1.300 EUR Elementarunterhalt und 400 EUR Altersvorsorgeunterhalt herabgesetzt. Es hat eine Befristung abgelehnt.

     

    Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der M erfolglos die vollständige Antragsabweisung und hilfsweise eine Befristung und weitergehende Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs.

     

    • a) Es ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Tatsachengerichte i. S. e. tatsächlichen Vermutung davon ausgehen, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden. Soweit das Einkommen darüber hinausgeht, hat der Unterhaltsberechtigte, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die entsprechende Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darzulegen und im Bestreitensfall in vollem Umfang zu beweisen.
    • b) Als Familieneinkommen i. d. S. ist dabei das Einkommen anzusehen, das für den ehelichen Lebensbedarf der beiden Ehegatten zur Verfügung steht und damit insoweit unterhaltsrelevant ist.
    • c) Die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten ist ausnahmsweise für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs des früheren Ehegatten zu berücksichtigen, soweit sie ‒ etwa als Anspruch auf Betreuungsunterhalt gem. § 1615l BGB ‒ bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat.
    • d) Jedenfalls wenn der Unterhaltspflichtige eine unterhaltsrechtlich anzuerkennende zusätzliche Altersvorsorge betreibt, ist es geboten, dies auch dem Unterhaltsberechtigten durch eine entsprechende Erhöhung des Altersvorsorgeunterhalts zu ermöglichen.
     

    Entscheidungsgründe

    Fraglich ist, ob bei der geltend gemachten Unterhaltshöhe eine konkrete Bedarfsberechnung erforderlich ist oder Quotenunterhalt verlangt werden darf. Die Tatsachengerichte können von einer tatsächlichen Vermutung für den vollständigen Verbrauch des Familieneinkommens ausgehen, soweit dieses das Doppelte des höchstens Einkommensbetrags der Düsseldorfer Tabelle (DT) nicht übersteigt. Für das darüber hinausgehende Familieneinkommen muss der Berechtigte, die vollständige Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darlegen und im Bestreitensfall im vollen Umfang beweisen, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quote begehrt.

     

    BGH definiert Familieneinkommen

    Familieneinkommen ist das Einkommen, das für Konsumzwecke der beiden Eheleute zur Verfügung steht und damit unterhaltsrelevant ist. Ihre Einkünfte sind vorab um vorrangigen Kindesunterhalt, sonstige prägende Unterhaltspflichten, berufsbedingte Aufwendungen und etwaige weitere zu beachtende Positionen zu bereinigen. Es ist aber kein Erwerbstätigenbonus abzuziehen, weil dieser zum unterhaltsrelevanten Einkommen gehört. Bei alleinigen Einkünften des M käme ein Quotenunterhalt von ca. 4.714 EUR in Betracht (3/7 x 11.000 EUR ‒ das Doppelte des höchsten Einkommensbetrags der DT). Unerheblich ist, dass das Familieneinkommen insgesamt über dieser Grenze von 11.000 EUR liegt, weil dies nicht die tatsächliche Vermutung für dessen vollständigen Verbrauch bis 11.000 EUR entfallen lässt. Daher ist der vom OLG zuerkannte Unterhalt nicht zu beanstanden, da dieser unterhalb der 3/7-Quote aus 11.000 EUR liegt.

     

    Das Familieneinkommen ist vollständig zu Konsumzwecken verbraucht worden. Das OLG hat sämtliche Beträge, die vom M verwendet worden sind, um Vermögen zu bilden, vom Einkommen abgesetzt und damit als nicht bedarfsprägend unbeachtet gelassen.

     

    Unterhaltsanspruch der neuen Frau prägt hier die ehelichen Verhältnisse

    Eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet, wirkt sich nicht auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus. Dies gilt insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst nach der Scheidung der ersten Ehe eintreten kann. Hier gilt jedoch eine Ausnahme: Die Unterhaltspflicht für den neuen Ehegatten hat bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, wenn sie auch auf einer anderen Anspruchsgrundlage beruht. M schuldete schon vor der Scheidung von der F seiner Lebensgefährtin und späteren zweiten Ehefrau Betreuungsunterhalt gem. § 1615l BGB. Die der Höhe nach im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht angegriffene entsprechende Unterhaltspflicht hatte daher das die ehelichen Lebensverhältnisse prägende Familieneinkommen reduziert.

     

    Die Überlegung, dass der Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB nur zeitlich begrenzt ist, während derjenige auf Ehegattenunterhalt für die auf lebenslange Dauer angelegte Ehezeit zu gewähren ist, greift nicht. Bezogen auf die Dauer der Anspruchsberechtigung unterscheiden sich der Betreuungsunterhalt nach §§ 1615l und 1570 BGB nicht voneinander. Dies hat das OLG richtig umgesetzt, weil es nur den Betreuungsunterhalt aus § 1615l BGB betragsmäßig fortgeschrieben und damit allein die Umstände berücksichtigt hat, die schon die ehelichen Lebensverhältnisse der Beteiligten bestimmt haben.

     

    Altersvorsorge für M, aber auch für F

    M darf sekundäre Altersvorsorge im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenze bis zu 4 Prozent des Bruttoeinkommens eines rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmers aufwenden. Für Einkommensteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze darf er nicht nur die 4 Prozent zusätzliche Altersvorsorge, sondern zudem weitere 18,6 Prozent als Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung aufwenden. Solche Aufwendungen für die eigene Altersvorsorge müssen aber tatsächlich geleistet werden. Wenn der Unterhaltsschuldner das nicht darlegt, scheidet ein fiktiver Abzug für eine zusätzliche Altersvorsorge aus. Zu billigen ist hier, dass das OLG die angemessene Altersvorsorge auf 3.400 EUR bemessen hat und nicht, wie geltend gemacht, auf 4.329 EUR. Dies ist der Maximalbetrag, der als zusätzliche Altersversorgung aufgewendet werden darf. Relevant sind aber nur die tatsächlichen Aufwendungen, die sich auf 3.400 EUR belaufen.

     

    Nicht zu beanstanden ist, dass das OLG der F ein Einkommen aus einer Vollzeitbeschäftigung zugerechnet hat. Ferner hat er gelten lassen, dass das OLG den Stundenlohn von 10,50 EUR brutto angesetzt hat, den sie bei ihrer aktuellen Arbeitsstelle erzielt, sodass insgesamt ein Nettolohn von 1.300 EUR in Betracht zu ziehen ist. Der Hinweis des M, sie könne 1.500 EUR netto im Monat als Einkommen erzielen, ist zu pauschal. Vielmehr ist die lange berufliche Abstinenz der F, die 1966 geboren wurde, zu berücksichtigen, Es ist unwahrscheinlich, dass sie nach rund 20 Jahren einen beruflichen Wiedereinstieg als Sekretärin oder Sachbearbeiterin vollziehen könne.

     

    Bei dem Altersvorsorgeunterhalt ist nicht zu beanstanden, dass nicht nur der Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch ein Zuschlag von 4 Prozent für eine zusätzliche Altersvorsorge zugrunde gelegt worden ist. Die Berechnung erfolgt so, dass der Aufstockungsunterhalt mithilfe der Bremer Tabelle auf ein fiktives Bruttoeinkommen umzurechnen ist und dieses mit dem Beitragsbemessungssatz für die Rentenversicherung multipliziert wird. Der Beitragsbemessungssatz kann als zusätzliche Altersvorsorge um 4 Prozent erhöht werden. Dies darf nicht nur dem Unterhaltspflichtigen, sondern muss gleichermaßen dem Unterhaltsberechtigten zugebilligt werden. Jedenfalls, wenn der Unterhaltspflichtige eine zusätzliche Altersvorsorge in vergleichbarer prozentualer Größenordnung betreibt, ist es geboten, dies auch dem Berechtigten zuzubilligen, indem sein Altersvorsorgeunterhalt entsprechend erhöht wird.

     

    Unterhalt der F ist hier nicht zu befristen

    Der Unterhaltsanspruch der F ist nicht zu befristen. Nur ab Januar 2024 ist der Unterhalt auf einen Elementarunterhalt von 1.300 EUR sowie ein Altersvorsorgeunterhalt von 400 EUR herabzusetzen. F hat ehebedingte Erwerbsnachteile erlitten. Der Unterhalt in Höhe des angemessenen Lebensbedarfs führt nur zu einer Herabsetzung. Fraglich ist, ob durch eine verbesserte Einkommenslage eine Kompensation mit den ehebedingten Nachteilen in Betracht zu ziehen ist. Dies ist aber abzulehnen. Ein Vermögenszuwachs aufgrund des Verkaufs des gemeinsamen Hauses und aus dem ZGA würde nur zu einer Kompensation führen, wenn die F entsprechende Beträge nicht auch ohne die ehebedingte Arbeitsplatzaufgabe aus eigener Erwerbstätigkeit hätte ansparen können. Auch der VA ist nicht als Kompensationsmöglichkeit in Betracht zu ziehen, soweit es um ehebedingte Nachteile bis zum Eintritt der F in den Ruhestand geht.

    Relevanz für die Praxis

    Quotenunterhalt darf auch bei einem Familieneinkommen von 11.000 EUR (das Doppelte der Düsseldorfer Tabelle) zuerkannt werden. Es ist i. S. e. tatsächlichen Vermutung davon auszugehen, dass im Wesentlichen das gesamte Einkommen zu Konsumzwecken verbraucht wird. Der Unterhaltspflichtige muss diese Vermutung widerlegen und beweisen, dass von dem Familieneinkommen bis 11.000 EUR weniger ausgegeben worden ist, um die ehelichen Lebensverhältnisse zu bestreiten. Bis zu einem Familieneinkommen von 11.000 EUR kommt daher keine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht. Vielmehr hängt die Höhe des Quotenunterhalts nur von der Beweislast des Schuldners ab.

     

    Auch bei einem Einkommen über 11.000 EUR ist der Quotenunterhalt gerechtfertigt, wenn der Berechtigte mangels tatsächlicher Vermutung für den vollständigen Verbrauch zu Konsumzwecken substanziiert vorträgt, dass und in welchem Umfang die Einkünfte verwendet worden sind, um die ehelichen Lebensverhältnisse zu decken. Wenn der Schuldner dem substanziiert widerspricht, trägt der Berechtigte die Beweislast für den vollständigen Verbrauch zu Konsumzwecken. Auch bei einem 11.000 EUR übersteigenden Einkommen dürfte keine konkrete Bedarfsberechnung mehr in Betracht kommen. Kann der Berechtigte einen höheren Verbrauch des Einkommens von über 11.000 EUR für die ehelichen Bedürfnisse beweisen, erhält er entsprechenden Quotenunterhalt. Gelingt ihm dies nicht, reduziert sich der Unterhalt auf den nachgewiesenen Verbrauchsbetrag, soweit er über 11.000 EUR liegt.

     

    Sonst gilt die Grenze von 11.000 EUR, soweit nicht der Unterhaltspflichtige beweist, dass weniger vom Einkommen für die ehelichen Lebensverhältnisse ausgegeben worden ist. Auch in diesem Fall dürfte, wenn dem Unterhaltsberechtigten der Nachweis bei höherem Familieneinkommen nicht gelingt, keine konkrete Bedarfsberechnung gerechtfertigt sein, da diese ebenfalls von dem tatsächlichen Konsum abhängen wird. Das Misslingen des Nachweises steht demgemäß also auch einer konkreten Bedarfsberechnung entgegen. Damit hängt die Höhe des Quotenunterhalts entscheidend von der Darlegungs- und Beweislast ab.

     

    Macht allerdings der Unterhaltspflichtige bei der Widerlegung der tatsächlichen Vermutung eine unangemessen hohe Vermögensbildung geltend, muss diese auf den Betrag reduziert werden, der bei objektiver Betrachtungsweise angemessen ist (BGH FK 07, 199). Diese Problematik wird sich gerade in den Fällen der Vermutungswiderlegung bei einem Familieneinkommen unter 11.000 EUR häufiger ergeben.

     

    Erzielt der geschiedene Ehegatte eigene Einkünfte, muss hier streng zwischen Bedarf und Bedürftigkeit differenziert werden. Das Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten fließt zunächst in das Familieneinkommen ein, sodass letztlich das Gesamteinkommen beider Ehegatten maßgeblich dabei ist, ob die Grenze von 11.000 EUR überschritten wird oder nicht. Liegt bereits das Einkommen des Unterhaltspflichtigen über 11.000 EUR, erhöht sich das Familieneinkommen um den Betrag des Unterhaltsberechtigten. Dieser kann von dem Gesamteinkommen jedoch nur den Unterhalt verlangen, wenn er nachweist, dass auch das über 11.000 EUR hinausgehende Einkommen für den ehelichen Konsum verbraucht worden ist. Sonst verbleibt es bei einem Quotenunterhalt von 11.000 EUR, sofern der Unterhaltspflichtige die Vermutung nicht widerlegt. Im Grunde genommen bedeutet dies, dass in diesem Fall das Einkommen des Unterhaltsberechtigten für den Quotenunterhalt unmaßgeblich ist, soweit er seine Beweislast nicht genügt. Auf der Stufe der Bedürftigkeit ist demgegenüber das Einkommen des Unterhaltsberechtigten auf den Bedarf anzurechnen. Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass das Einkommen des Unterhaltsberechtigten den Quotenunterhalt nicht beeinflusst, aber auf der Stufe der Bedürftigkeit zu einer entsprechenden Herabsetzung führt.

     

    Unterhalt nach § 1570 BGB als Surrogat für den Unterhalt nach § 1615l BGB

    Hochinteressant sind die Erwägungen des BGH zur Eheprägung des Unterhalts der zweiten Ehefrau und die Lebensverhältnisse der geschiedenen Ehe. Der BGH geht von Folgendem aus: Wenn vor der Eheschließung ein Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten nach § 1615l BGB die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat, wird dieser Unterhalt sozusagen als Surrogat von dem Ehegattenunterhalt nach § 1570 BGB ersetzt. Bedeutsam ist, dass dabei der Unterhalt nach § 1615l BGB fortzuschreiben ist, d. h. sowohl dessen Höhe als auch der Unterhaltszeitraum ist zur Fortschreibung durch den Ehegatten bestimmt und begrenzt. Dies führt dazu, dass die eigentlich durch Wegfall des Unterhalts nach § 1615l BGB eintretende Verbesserung der ehelichen Lebensverhältnisse die Eheschließung des Unterhaltspflichtigen mit der Berechtigten nach § 1615l BGB nicht eintritt.

     

    Ausführungen zum Altersvorsorgeunterhalt sind bedeutsam

    Zu Recht geht der BGH von Folgendem aus: Wenn der Unterhaltspflichtige Einkünfte erzielt, die über der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung liegen (zurzeit 6.700 EUR), können nicht nur 4 Prozent des Gesamteinkommens, sondern auch zusätzlich 18,6 Prozent des die Beitragsbemessungsgrenze überschreitenden Einkommens als angemessene Altersvorsorge geltend gemacht werden. Im Grunde genommen lässt sich dieser Betrag in der Weise errechnen, dass man von dem Gesamteinkommen als Altersvorsorge 22,6 Prozent abzieht (18,6 Prozent Beitragsbemessungssatz + 4 Prozent zusätzliche Altersvorsorge beim Ehegattenunterhalt) und sodann davon die Rentenversicherungsbeiträge von Arbeitgeber und Arbeitnehmer und sonstige für die sekundäre Altersvorsorge, etwa eine betriebliche Altersvorsorge, abzieht. Der Restbetrag steht für die sekundäre Altersvorsorge zur Verfügung. Maßgebend ist allerdings, dass diese auch tatsächlich betrieben wird, sodass der Gesamtbetrag nur auszuschöpfen ist, wenn entsprechende Aufwendungen für eine Altersvorsorge tatsächlich aufgewendet worden sind.

     

    Unmaßgeblich ist, ob die zusätzliche Altersvorsorge schon während der Ehe betrieben worden ist. Sie ist auch eheprägend, wenn der Unterhaltspflichtige erst nach der Trennung oder Scheidung zusätzliche Aufwendungen erbringt. Wie letztlich die Altersvorsorge betrieben wird, ist unerheblich. Es kommt also nicht darauf an, ob diese durch Fondsbeteiligungen, Lebensversicherungen, Immobilien (Tilgung) oder auf sonstige Weise betrieben wird. Entscheidend ist nur, dass tatsächliche Aufwendungen erbracht werden.

     

    Interessant sind ferner die Erwägungen des BGH zum Altersvorsorgeunterhalt des unterhaltsberechtigten Ehegatten. Wenn der Unterhaltspflichtige eine zusätzliche Altersversorgung von 4 Prozent bildet, gestattet der BGH auch dem Unterhaltsberechtigten eine entsprechende sekundäre Altersvorsorge. Dies bedeutet, dass von dem nach der Bremer Tabelle hochgerechneten Unterhalt auf ein Bruttoeinkommen nicht nur der Beitragsbemessungssatz von zurzeit 18,6 Prozent, sondern auch weitere 4 Prozent als Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht werden dürfen.

     

    Keine Kompensation ehebedingter Nachteile durch ZGA und VA

    Hier ging es um einen Erlösanteil für die Veräußerung einer im Miteigentumsanteil der Eheleute stehenden Immobilie und um den ZGA. Der BGH hat hervorgehoben, dass eine Kompensation nur stattfindet, wenn es dem Unterhaltsberechtigten während seines Berufslebens aufgrund der früheren Einkünfte nicht möglich gewesen wäre, einen gleichhohen Geldbetrag anzusparen. Die Beweislast dafür trägt der Unterhaltspflichtige, der die Unterhaltsbegrenzung beweisen muss. Ferner weist der BGH darauf hin, dass der VA nicht als Kompensation für die ehebedingten Nachteile bis zum Eintritt des Unterhaltsberechtigten ins Rentenalter eingesetzt werden darf.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Gutdeutsch zu den Hampeltabellen auf S. 19 in diesem Heft
    Quelle: Ausgabe 02 / 2020 | Seite 22 | ID 46281315