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  • · Fachbeitrag · Auskunft und Unterhalt

    Wichtige Entscheidungen, die Sie kennen sollten

    von RA Ernst Sarres, RA Familienrecht und FA Erbrecht, Düsseldorf

    | Die Ermittlung von Vermögen und Einkommen zur Berechnung von Unterhalt beschäftigt die Praxis. Die Rechtsprechung behandelt Spezialfragen zum unterschiedlichen Minderjährigen- und Volljährigenunterhalt. |

    1. Kindesunterhalt und Grundbucheinsicht

    Der Fall klärt die Anspruchsvoraussetzungen für eine Grundbucheinsicht im Zusammenhang mit Unterhaltsansprüchen gemäß den §§ 1605 BGB, 12 GBO.

     

    • Der Fall des OLG Frankfurt (NJW-RR 20, 591)

    Die Antragstellerin (Tochter, T) hatte im Kindesunterhaltsabänderungsverfahren einen Grundbuchauszug (Abt. 1) zum möglichen Grundbesitz ihres Vaters V beantragt. Für den V kam ein unterhaltsrelevanter Wohnvorteil in Betracht. Das Grundbuchamt (GBA) erteilte den Grundbuchauszug erst nach der Beschwerde der T.

     

    Denn nach § 12 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Das liegt hier in der von der T dargelegten Unterhaltsbedürftigkeit und dem vom V veranlassten Kindesunterhaltsabänderungsverfahren sowie der damit verbundenen Neuberechnung ihres Unterhalts. Das OLG bejaht einen Anspruch gegenüber dem GBA und nicht etwa nur gegenüber V. Bei einer Grundbucheinsicht in den Grenzen des § 12 GBO könne nicht nur auf einen Anspruch gegen den Verpflichteten verwiesen werden. T habe aber nur ein berechtigtes Interesse an der Einsicht am Bestandsverzeichnis Abt. I des Grundbuchs, um das Eigentum und einen Wohnvorteil des V festzustellen.

     

    Ein berechtigtes Interesse an einer weiteren Einsicht in die Abt. II und III wurde dagegen verneint, weil die Zurechnung eines Wohnvorteils sowie von Mieteinkünften keinen Bezug zu möglichen Eintragungen in die Abt. II und III des Grundbuchs erkennen lasse. Daher hatte die T nur Anspruch auf Erteilung eines Teilauszugs.

     

    PRAXISTIPP | Mit dieser Entscheidung des OLG Frankfurt (NJW-RR 20, 591) wird klargestellt, dass die Grundbucheinsicht eine weitere Informationsquelle für den Unterhaltsberechtigten darstellt, um die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Pflichtigen feststellen zu können. Voraussetzung ist die konkrete Darstellung der bestehenden Unterhaltsbedürftigkeit des Betroffenen.

     

    Ein Klageantrag könnte wie folgt lauten:

     

    Musterantrag / 

    Erteilung eines Grundbuchauszugs

    Das Grundbuchamt (…) wird angewiesen, der Antragstellerin einen beglaubigten Grundbuchauszug des Bestandsverzeichnisses und der Abt. I des Grundbuchs von Stadt (…), Blatt …, zu erteilen.

     

    2. Auskunft und Volljährigenunterhalt

    Wenn ein volljähriges Kind von einem Elternteil Unterhalt fordert, hat dieser Elternteil im Gegenzug eigenständige Auskunftsansprüche gegen das Kind. Die Auskünfte des Kindes gem. § 1605 BGB müssen auch Angaben zum Familienunterhalt des anderen Elternteils (i. d. R. die Mutter) gegen seinen neuen Ehegatten enthalten, da diese den Zahlungsanspruch des Kindes mittelbar beeinflussen können. Dazu ein Fall des OLG Düsseldorf:

     

    • Der Fall des OLG Düsseldorf FamRZ 20, 494

    Das volljährige Kind (K) lebt im Haushalt der Mutter (M). M ist erneut verheiratet. K hat seinem Vater (V) bisher durch Vorlage eines Bafög-Bescheids sowie durch Berechnungen des zuständigen Landkreises Auskunft erteilt.

     

    Das OLG präzisiert die gem. § 1605 BGB bestehende Auskunftspflicht des K. Diese betreffe auch den Familienunterhaltsanspruch der M gegen den neuen Ehemann (E). Ein solcher Anspruch stelle einen Vermögenswert dar, obwohl er nicht auf die Gewährung einer laufenden Geldrente gerichtet ist. Diese Zahlungen des E können den Anspruch des K beeinflussen. Sie seien daher auch mitzuteilen, um den anteiligen Unterhaltsanspruch gegen V darzulegen und berechnen zu können.

     

    Hieraus folgt, dass die Auskunftserteilung von K gegenüber V nicht nur auf die eigenen Einkünfte beschränkt sein durfte. K muss sich um ergänzende Angaben bei der M bemühen. Denn zur Auskunftspflicht des K gehören Angaben zum Unterhaltsanspruch der M gegen den E. Dieser Familienunterhalt gehört gem. OLG schon nach dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 S. 1 BGB zu den zu offenbarenden Einkommens -und Vermögensverhältnissen. Bei Weigerung der M müsste K erwägen, Ansprüche aus § 1605 BGB gegen M durchzusetzen. Denn Einkommen und Vermögen beider Elternteile sind für eine Unterhaltsberechnung entscheidend. Das OLG geht hier auf rechtlich gebotene weitere Bemühungen von K nicht konkret ein. Im Übrigen spricht das OLG das auch umstrittene Anspruchsverhältnis auf der Elternebene von K zwar an. Eine wechselseitige Auskunftspflicht auf der Elternebene nach § 242 BGB lässt es hier im Ergebnis offen.

     

    PRAXISTIPP |

    Die Auskunftspflicht bestimmt sich nach § 1605 Abs. 1 S. 3, §§ 260, 261 BGB. Sie wird durch Vorlage einer schriftlichen systematischen Aufstellung der notwendigen Angaben erfüllt.

     

    Beim Volljährigenunterhalt besteht die Ausnahme, dass jeder Elternteil anteilig Barunterhalt leisten muss (Haftungsquote), § 1606 Abs. 3 BGB. Die Haftungsquote ermittelt sich nach dem jeweiligen Nettoeinkommen eines Elternteils nach Abzug seines Selbstbehalts.

     

    • Beispiel: Grundstruktur der Berechnung des Haftungsanteils

    Elternteil V verdient 2019 monatlich netto 4.300 EUR, Elternteil M monatlich 2.300 EUR. Der abschließende Restbedarf des Volljährigen liegt wegen anzurechnender Leistungen nur bei 530 EUR. Der Selbstbehalt für V wird mit 1.300 EUR angesehen. Aus diesen Zahlen lassen sich die Anteile berechnen, hier für V.

    Berechnung Anteil V:

    Nettoeinkommen V:

    4.300,00 EUR

    abzüglich Selbstbehalt:

    ./. 1.300,00 EUR

    3.000,00 EUR

    Gesamteinkünfte (4.300 EUR + 2.300 EUR):

    6.600,00 EUR

    abzüglich doppelter Selbstbehalt

    ./. 2.600,00 EUR

    4.000,00 EUR

    Ergebnis: Der Haftungsanteil von V liegt demzufolge monatlich bei 397,50 EUR (3.000 EUR : 4.000 EUR = 0,75 × 530,00 EUR = 397,50 EUR)

     

    Notwendige Arbeitshilfen zu den oft komplexen Berechnungen inklusive Kindergeldanrechnung mit Beispielen: Schnitzler/Götz, in MAH FamR, 2020, Teil B § 7).

     

    Bei Zahlungsweigerung, nach Inverzugsetzung und bei einer notwendigen Entscheidung für eine Klage wäre der nachfolgende (übliche) Antrag für den volljährigen K wie folgt zu formulieren:

     

    Musterformulierung / 

    Klageantrag Haftungsanteil Unterhalt

    Der Antragsgegner hat an den Antragsteller ab dem … monatlich jeweils im Voraus eine Unterhaltsrente i. H. v. … EUR zu zahlen.

     

    Im Überblick ergibt sich folgendes System beim Volljährigenunterhalt:

     

    • Das privilegierte volljährige Kind: In diese Gruppe fallen insbesondere volljährige unverheiratete Schüler, die sich bis zum 21. Lebensjahr in der Schulausbildung befinden und zu Hause bei den Eltern wohnen. Ihnen gegenüber haben die Eltern eine gesteigerte Unterhaltspflicht, § 1603 Abs. 2 BGB. Sie schulden die Erfüllung spezieller Unterhaltpflichten wie eine erhöhte Erwerbsobliegenheit und die Pflicht, die familiäre Steuerlast zu reduzieren. Der Bedarf der volljährigen Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, richtet sich grundsätzlich nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle, beträgt 2019 nach Düsseldorfer Tabelle höchstens 802 bzw. 844 EUR. 2020 steigern sich diese Beträge gem. Düsseldorfer Tabelle auf 806 bzw. 848 EUR, 2021 auf 858 bzw. 903 EUR. Diese Pflichten sollen wieder entfallen können, wenn die Kinder bei den Großeltern oder sonstigen Verwandten wohnen.

     

    • Die anderen volljährigen Kinder: Volljährige Kinder mit eigenem Hausstand, wie Studenten, werden bei ihrem Lebensbedarf unabhängig von ihren Eltern eingestuft. Der sog. Festbetrag als angemessener Gesamtunterhaltsbedarf beträgt elternunabhängig derzeit 860 EUR einschließlich Wohnkosten von 375 EUR (Düsseldorfer Tabelle Stand: 1.1.20, Anm. 7). Dieser Betrag von 860 EUR ist auch in der Düsseldorfer Tabelle mit Stand zum 1.1.21 fortgeschrieben worden. Zum Vergleich ist auf den aktuellen Unterhalt in der höchsten Einkommensgruppe von 5.101 bis 5.500 EUR der Düsseldorfer Tabelle mit Stand zum 1.1.21 zu verweisen. Hier beträgt der monatliche Unterhalt 903 EUR. Der angemessene Eigenbedarf gegenüber volljährigen Kindern beträgt i. d. R. monatlich 1.400 EUR (DT Stand: 1.1.21, Anm. 5).
    Quelle: Ausgabe 02 / 2021 | Seite 34 | ID 46906910