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  • · Fachbeitrag · Zugewinnausgleich

    Darlegungs- und Beweislast für die Zurechnung illoyaler Vermögensminderungen

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    Im Rahmen des Zugewinnausgleichs trifft die Ehegatten grundsätzlich die Obliegenheit, eine schlüssig behauptete illoyale Vermögensminderung substanziiert zu bestreiten. Unterbleibt dies, sind die behaupteten Tatsachen als zugestanden anzusehen (BGH 12.11.14, XII ZB 469/13, FamRZ 15, 232, Abruf-Nr. 173762).

     

    Sachverhalt

    Die Antragstellerin (ASt) nimmt den Antragsgegner (AG) auf Zahlung von Zugewinnausgleich (ZGA) in Anspruch. Die Ehe wurde auf den am 14.2.07 zugestellten Antrag des AG im Mai 09 rechtskräftig geschieden. Die Beteiligten hatten seit 2006 getrennt gelebt. Streitig ist nur ein Betrag von ca. 50.000 EUR. In dieser Höhe verfügte der AG über ein Geldmarktkonto. Zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags hob er den Betrag ab, der Verbleib des Gelds ist streitig.

     

    AG und OLG haben diesen Betrag dem Endvermögen (EV) gem. § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB zugerechnet. Die zugelassene Rechtsbeschwerde blieb im Ergebnis ohne Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB wird dem EV eines Ehegatten der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen u.a. dadurch vermindert ist, dass

    • ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands Vermögen verschwendet (Nr. 2) oder
    • Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen (Nr. 3).

     

    Dabei ist unter Verschwendung das ziellose und unnütze Ausgeben von Geld in einem Maße zu verstehen, das in keinem Verhältnis zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ehegatten steht. Ein großzügiger Lebensstil oder Leben über die Verhältnisse reicht nicht aus. Die Benachteiligungsabsicht i.S. von § 1375 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB gegenüber dem anderen Ehegatten muss das leitende Motiv gewesen sein (BGH FamRZ 00, 948, 950).

     

    Grundsätzlich unterliegt nach einhelliger Meinung die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein von EV dem Ausgleichsgläubiger (s. nur BGH FamRZ 12, 1785). Es kann offenbleiben, ob dieses in Anbetracht des durch die Güterrechtsreform neu eingeführten § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB fortgilt. Bereits unter Geltung des früheren ZGA-Rechts ist ein nicht beweisbelasteter Ausgleichsschuldner prozessual verpflichtet gewesen, eine schlüssig behauptete illoyale Vermögensminderung substanziiert zu bestreiten, weil die vorgetragenen Tatsachen seine eigenen Handlungen betreffen (BGH NJW-RR 86, 1325; OLG Düsseldorf FamRZ 08, 1858). Das ist seit Inkrafttreten des neuen ZGA-Rechts nicht anders zu beurteilen. Danach hat es dem AG oblegen, substanziiert zu bestreiten, nicht illoyal über das bei der Trennung unstreitig vorhandene Guthaben auf dem Geldmarktkonto verfügt zu haben.

     

    Die Behauptung der AS ist schlüssig, dass der erhebliche Betrag in dem allein in Betracht kommenden Zeitraum zwischen der Trennung und der Zustellung des Scheidungsantrags nicht bei einer ordnungsgemäßen Lebensführung verbraucht worden sein kann. Damit hat sie schlüssig den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 1375 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB dargelegt. Eine Benachteiligungsabsicht ergibt sich bei den in Rede stehenden wirtschaftlichen Verhältnissen schon aus der Höhe des streitigen Betrags.

     

    Diesem Vorbringen ist der AG nicht substanziiert entgegengetreten. Erstinstanzlich hat er behauptet, das Guthaben abgehoben und zu Hause verwahrt zu haben. Dort habe es die AS mit einem Nachschlüssel im Wesentlichen entwendet. In der Beschwerdeinstanz hat er behauptet, das Geld verbraucht zu haben, ohne Einzelheiten dazu trotz Bestreitens der AS darzutun.

     

    MERKE | Die behauptete Tatsache, die Verschwendung des Gelds, ist folglich als zugestanden anzusehen.

     

    Praxishinweis

    Der BGH führt seine seit dem 23.4.86 geltende Rechtsauffassung, die von den OLG weitgehend geteilt wird, fort.

     

    Problematisch erscheint allerdings, dass der BGH den Vortrag der AS als schlüssig angesehen hat, ein Betrag von ca. 50.000 EUR könne nicht im Zeitraum zwischen Trennung (2006) und Zustellung des Scheidungsantrags (14.2.07) bei einer ordnungsgemäßen Lebensführung verbraucht worden sein. Zweifelhaft ist schon, ob der Vortrag überhaupt eine Tatsachenbehauptung darstellt, da es an der Darlegung eines konkreten Sachverhalts fehlt.

     

    Verneint man dies - m. E. zu Recht - hätte es dem AG nicht oblegen, substanziiert zu erwidern. Letztendlich hebt der BGH damit die Anforderungslast für eine substanziierte Erwiderung über die Vermutungswirkung des § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB hinaus an. Darauf weist Braeuer in seiner Anmerkung (FamRZ 15, 233, 234) zutreffend hin.

     

    Weiterführende Hinweise

    • BGH NJW-RR 86, 1325 zur Berücksichtigung von Verbindlichkeiten im Zugewinnausgleichsverfahren, die vorliegende Entscheidung knüpft daran an
    • Braeuer, FamRZ 15, 233 mit einer Anmerkung zu dieser Entscheidung
    • Kogel, FamRB 15, 46 mit einer Anmerkung zu dieser Entscheidung
    Quelle: Ausgabe 06 / 2015 | Seite 92 | ID 43235292