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  • · Fachbeitrag · Vermögensauseinandersetzung

    Kein vorzeitiger Zugewinnausgleich wegen Nichterfüllung der Auskunftspflicht

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    Wegen der Nichterfüllung der Auskunftspflicht nach § 1379 Abs. 2 BGB kann der vorzeitige Ausgleich des Zugewinns oder die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach § 1385 Nr. 4, § 1386 BGB nicht verlangt werden (BGH 17.9.14, XII ZB 604/13, FamRZ 15, 32, Abruf-Nr. 172804).

     

    Sachverhalt

    Der Antragsteller (AS) begehrt die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft. Die Beteiligten leben seit dem 27.7.12 getrennt. Mit Schreiben vom 3.9.12 forderte er die Antragsgegnerin (AG) auf, Auskunft über den Bestand ihres Vermögens zum Trennungszeitpunkt zu erteilen. In der Folgezeit wurde zwar der Trennungszeitpunkt bestätigt, die begehrte Auskunft jedoch nicht erteilt. Mit Schreiben vom 8.11.12 forderte der AS die AG unter Fristsetzung bis zum 19.11.12 erneut zur Auskunft auf, wobei er „klarstellend“ erklärte, dass im Auskunftsverlangen als „minus“ auch die Aufforderung zur allgemeinen Unterrichtung über den Bestand des Vermögens der AG enthalten sei. Mit Schreiben vom 8.11.12 wies die Verfahrensbevollmächtigte der AG darauf hin, dass infolge Urlaubs ein Besprechungstermin erst am 6.12.12 vereinbart sei. Daraufhin stellte der AS am 26.11.12 beim AG den Antrag auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft, gestützt auf eine beharrliche Weigerung, zu unterrichten. Mit Schreiben vom 20.12.12 erteilte die AG die begehrte Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung.

     

    Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. In der Beschwerdeinstanz hat der AS seinen Antrag außerdem auf § 1385 Nr. 2 BGB gestützt. Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.

     

     

    Entscheidungsgründe

    Voraussetzung eines auf § 1386 BGB i.V. mit § 1385 Nr. 4 BGB gestützten Verlangens auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft ist zunächst eine geeignete und i.d.R. wiederholte Aufforderung des anderen Ehegatten zur Unterrichtung. Hier fehlt es schon an einer Aufforderung in geeigneter Form, sodass dahingestellt bleiben kann, wie oft der verpflichtete Ehegatte vergeblich zur Unterrichtung aufgefordert worden sein muss.

     

    Die Unterrichtungspflicht selbst leitet sich aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB ab, wonach sich Ehegatten während der bestehenden Ehe unabhängig von der Art des Güterstands gegenseitig wenigstens in groben Zügen über den Bestand ihres Vermögens informieren müssen. Vorliegend hat der AS zunächst nur den Auskunftsanspruch nach § 1379 Abs. 2 BGB geltend gemacht und erstmals im Schreiben vom 8.11.12 unter Fristsetzung auch klarstellend darauf hingewiesen, dass in diesem Auskunftsverlangen als Minus auch die Aufforderung zur allgemeinen Unterrichtung enthalten ist. Der Unterrichtungsanspruch ist somit erstmalig kurz vor der erfolgten Antragstellung geltend gemacht worden. Aus der zeitlichen Verzögerung zwischen dieser Aufforderung und dem Schriftsatz der AG sowie dem Schriftsatz vom 20.12.12 und der dort erteilten Auskunft lässt sich keine beharrliche Verweigerung herleiten.

     

    Der Auskunftsanspruch nach § 1379 Abs. 2 BGB fällt nicht unter den Anwendungsbereich der Vorschrift. Dagegen spricht bereits der Wortlaut des § 1385 Nr. 4 BGB. Auch die Gesetzesmaterialien enthalten keinen Hinweis darauf, dass mit § 1385 Nr. 4 BGB n.F. der Anwendungsbereich auf den neu geschaffenen Auskunftsanspruch nach § 1379 Abs. 2 BGB ausgedehnt werden sollte. Sofern - wie hier - nur Auskunft zum Trennungszeitpunkt verlangt worden ist, kann ein Anspruch aus § 1385 Nr. 4 BGB nicht damit begründet werden, dass der Unterrichtungsanspruch als schwächerer Anspruch in dem Auskunftsanspruch enthalten ist. Dagegen spricht Folgendes:

     

    • Beide Ansprüche stehen nicht in einem Rangverhältnis.

     

    • Der Anspruch aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB besteht unabhängig vom Güterstand und ist darauf gerichtet, dem anderen Ehegatten während bestehender Ehe die notwendigen Informationen zu verschaffen, um die wirtschaftliche Grundlage der Ehe beurteilen zu können. Inhaltlich ist er auf einen Überblick über den gegenwärtigen Stand des Vermögens gerichtet. Detaillierte Ausführungen zu den Vermögensverhältnissen werden ebenso wenig geschuldet wie die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses oder die Vorlage von Belegen und Geschäftsbüchern.

     

    • Der Anspruch aus § 1379 Abs. 2 BGB soll die Geltendmachung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich (ZGA) bei Auflösung der Ehe vorbereiten. Dazu ist zur Erfüllung der Auskunftspflicht ein detailliertes Vermögensverzeichnis (§ 260 Abs. 1 BGB) zu übergeben.

     

    • Aufgrund der aufgezeigten Unterschiede ist das Recht auf Unterrichtung somit kein „Minus“, sondern ein „aliud“ gegenüber dem Auskunftsanspruch.

     

    Soweit die Beschwerde auch auf die Voraussetzungen des § 1385 Nr. 2 BGB gestützt wird, ist diese ebenfalls nicht begründet. Insbesondere hat das OLG die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1385 Nr. 2 BGB nicht verkannt. Diese obliegt grundsätzlich dem AS. Eine Abweichung von dieser Beweislastverteilung ist insbesondere nicht veranlasst, weil die Anforderungen, die § 1385 Nr. 2 BGB an die Darlegungs- und Beweislast stellt, erheblich geringer sind als die des § 1375 Abs. 2 BGB. Ausreichend für § 1385 Nr. 2 BGB ist es, dass Handlungen der in § 1375 Abs. 2 BGB bezeichneten Art zu befürchten sind und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist. Der AS muss nur Anhaltspunkte vortragen und ggf. unter Beweis stellen, die bei vernünftiger unvoreingenommener Betrachtung Anlass zur Sorge geben, dass mit baldigen Handlungen der bezeichneten Art von Seiten des anderen Ehegatten zu rechnen ist.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung des BGH klärt eine in Rechtsprechung und Literatur früher hochstreitige Frage, die von entscheidender Bedeutung für die Zulässigkeit eines auf die §§ 1386, 1385 Nr. 4 BGB gestützten Antrags auf vorzeitigen ZGA ist. Oftmals ist gerade im Hinblick auf Verdachtsmomente auf Vermögensverminderungen durch einen Ausgleichspflichtigen die Vorschrift die einzige Möglichkeit, um einen Stichtag herbeizuführen, der nach einhelliger Meinung unabdingbare Voraussetzung für die Sicherung eines zukünftigen Anspruchs auf ZGA, z.B. durch Arrest, ist.

     

    MERKE | Für die Voraussetzungen ist es also zwingend notwendig, ausschließlich zur Unterrichtung und nicht etwa zur Auskunft aufzufordern. Sofern aber eine Sicherung der Vermögenssituation über § 1375 Abs. 2, § 1379 Abs. 2 BGB erstrebt wird, ist Auskunft zu verlangen.

     

    In der Sache selbst gehen die überwiegende Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass regelmäßig eine dreimalige Aufforderung erforderlich ist (vgl. nur OLG Frankfurt FamRZ 10, 563, 564; MüKo/Koch, BGB, 6. Aufl., § 1386 Rn. 28). Der Unterrichtungsanspruch besteht bis zum Scheitern der Ehe, also i.d.R. bis zur endgültigen Trennung der Ehegatten (BGH FamRZ 12, 1788).

     

    Weiterführende Hinweise

    • Büte, FK 09, 5, zu den Voraussetzungen des vorzeitigen Zugewinnausgleichs gemäß § 1386 BGB
    • Kogel, FamRZ 15, 369, zum Unterrichtungs- und Auskunftsanspruch im vorzeitigen Zugewinnausgleich
    • Klein, FUR 11, 484, zur Anwaltshaftung: Neuordnung des vorzeitigen Zugewinnsystems (§§ 1385, 1386 BGB)
    Quelle: Ausgabe 04 / 2015 | Seite 56 | ID 43235448