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  • 26.10.2010 | Verfahrensbeistand

    Umgangs- und Sorgerechtsverfahren: Kostenrisiken bezüglich des Verfahrensbeistands

    von Dr. Wolfram Viefhues, Aufsicht führender Richter AG Oberhausen

    Die Gerichte bestellen in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren verstärkt einen Verfahrensbeistand für das Kind. Dies kann jedoch im Hinblick auf dessen Vergütung Probleme bereiten. Dazu im Einzelnen:  

     

    Voraussetzungen für die Bestellung eines Verfahrensbeistands

    Das FamFG hat die Bedeutung des Verfahrensbeistands gestärkt und in § 158 FamFG die Voraussetzungen für eine Bestellung umfassend geregelt. Die Bestellung des Verfahrensbeistands ist gem. § 158 Abs. 3 S. 4 FamFG nicht selbstständig anfechtbar. § 158 Abs. 3 S. 3 FamFG verlangt in bestimmten Fallkonstellationen, dass das Familiengericht begründen muss, wenn es keinen Verfahrensbeistand bestellt.  

     

    Minderjährige sind in Sorge- oder Umgangsrechtsverfahren wegen § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG formell Verfahrensbeteiligte. Sie müssen, wenn sie noch keine 14 Jahre alt und deshalb selbst nicht verfahrensfähig sind (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG), im familiengerichtlichen Verfahren gesetzlich vertreten werden. Insoweit ist aber noch nicht abschließend entschieden, ob  

     

    • dem Kind stets ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist (so wohl OLG Oldenburg (NJW 10, 1888). Für die Bestellung eines Ergänzungspflegers ist der Rechtspfleger zuständig (Keuter, NJW 10, 1851, 1853); diese Bestellung ist beschwerdefähig (Götz, NJW 10, 897, 898),

     

    • ein Verfahrensbeistand ausreicht (OLG Stuttgart FamRZ 10, 1166; Keuter, a.a.O.; Breuers, ZFE 10, 84, 85), oder

     

    • sogar Verfahrensbeistand und Ergänzungspfleger bestellt werden müssen - da § 158 Abs. 4 S. 6 FamFG ausdrücklich regelt, dass der Verfahrensbeistand nicht der gesetzliche Vertreter des Kindes ist (vgl. Götz, a.a.O.; OLG Oldenburg, a.a.O.).

     

    Praxishinweis

    Diese verfahrensrechtliche Frage ist auch in Abstammungsverfahren (Ergänzungspfleger erforderlich nach OLG Hamburg, 4.6.10, 12 UF 224/09, Abruf-Nr. 103295) sowie bei Genehmigung einer Erbausschlagung (Ergänzungspfleger erforderlich nach KG (ZKJ 10, 285; zustimmend Sonnenfeld, ZKJ 10, 271) bedeutsam.  

    Mehrkosten durch Verfahrenspfleger bleiben oft unbeachtet

    Kaum beachtet wurden bisher aber die Mehrkosten, die durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands für die Beteiligten ausgelöst werden. Zwar regelt § 158 Abs. 7 S. 5 FamFG, dass Aufwendungsersatz und Vergütung des Verfahrensbeistands stets aus der Staatskasse zu zahlen sind. Dies bedeutet aber nur, dass die Beteiligten keine Vorschüsse zahlen müssen. Vielmehr werden diese Kosten zunächst von der Staatskasse aufgebracht. Die Norm regelt damit nur den unmittelbaren Vergütungsanspruch des Beistands gegen die Staatskasse. Sie verleitet aber zu der Annahme, die Beteiligten hätten mit den Kosten des Verfahrensbeistands nichts zu tun. Die Justiz kann und wird aber diese vom Verfahrensbeistand abgerechneten Kosten gem. § 1 S. 1, § 21 ff. FamGKG vom Kostenschuldner zurückfordern (Hüßtege, in Thomas-Putzo, ZPO; § 158 FamFG Rn. 27).  

     

    Über die Kosten des Verfahrens entscheidet das Gericht gem. § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG nach billigem Ermessen. In Kindschaftsverfahren werden selten die Kosten einem Elternteil allein auferlegt. Daher sind beide Eltern unabhängig von ihrer Rolle als Antragsteller oder -gegner Kostenschuldner - in aller Regel zu 50 Prozent. Damit hat in Umgangs- und Sorgerechtsverfahren immer auch der Antragsteller ein nicht unbeträchtliches Kostenrisiko. Dies gilt auch, wenn ihm VKH gegen Ratenzahlung bewilligt worden ist, da er dabei letztlich auch die Kosten - bis zur Obergrenze von 48 Monatsraten - selbst trägt. Nur wenn ihm ratenfreie VKH bewilligt worden ist, besteht dieses Risiko nicht.  

     

    Übersicht: Vergütung des Verfahrensbeistands
    • Das Gesetz gewährt dem berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand gem. § 158 Abs. 7 FamFG eine Pauschalgebühr von 350 EUR.
    • Wird dem Verfahrensbeistand die Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen, erhöht sich seine Vergütung auf 550 EUR, § 158 Abs. 7 S. 3 FamFG.
    • Fahrtkosten können nicht zusätzlich abgerechnet werden (OLG Rostock FamRZ 10, 1181).
    • Die Verfügung fällt in jedem Rechtszug neu an, § 158 Abs. 7 S. 2 FamFG.
    • Wird einem Kind sowohl im Hauptsache- als auch im einstweiligen Anordnungsverfahren ein Verfahrensbeistand bestellt, fällt in jedem dieser Verfahren diese Vergütung an, ohne dass eine Anrechnung erfolgt (OLG Saarbrücken 16.6.10, 6 WF 60/10, Abruf-Nr. 103297).
     

    Praxishinweis: Diese Risiken sollten vor Einleitung gerichtlicher Verfahren bedacht und den Mandanten verdeutlicht werden. Gerade unter diesem kostenrechtlichen Aspekt sollte immer sorgfältig geprüft werden, ob  

     

    • ein Antrag auf eine einstweilige Anordnung neben einem Antrag zur Hauptsache gestellt werden soll und ob
    • nicht vor Einleitung eines gerichtlichen Umgangsverfahrens erst einmal versucht werden sollte, das Jugendamt zur Vermittlung einzuschalten (kostenlos).

     

    Bislang sind diese Aspekte in Rechtsprechung und Literatur im Wesentlichen nur unter dem Blickwinkel der Mutwilligkeit bei einem entsprechenden Antrag auf VKH-Bewilligung diskutiert worden (OLG München ZFE 08, 394; Götsche in Horndasch/Viefhues, FamFG, 09, § 76 Rn. 85; zum Verfahrensbeistand, Ergänzungspfleger und Beistand vgl. auch Neumann, FK 10, 161).  

    Quelle: Ausgabe 11 / 2010 | Seite 197 | ID 139596