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  • · Fachbeitrag · Gebührenrecht

    Entlassung eines Testamentsvollstreckers: Verfahrenswert richtet sich nach Nettonachlass

    von RA Dr. Michael Zecher, FA Familienrecht und Erbrecht, Ilsfeld

    • 1. Das maßgebliche Antragstellerinteresse für die Bemessung des Gegenstandswerts eines durch einen Erben oder Miterben betriebenen Verfahrens auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers (TV) basiert im Allgemeinen auf dem Wert des Rein- oder Nettonachlasses. Es ist nicht stets entscheidend auf eine prozessuale Quote abzustellen.
    • 2. Bei einer Schätzung gemäß § 30 Abs. 2 KostO sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, auch, dass die Tätigkeit des TV ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach zum deutlich überwiegenden Teil bereits abgeschlossen ist. Zu berücksichtigen ist, dass nicht die künftige Auseinandersetzung des Nachlasses und die Beendigung der diesbezüglichen Tätigkeit des TV, sondern anderweitige Interessen für die Antragstellung ausschlaggebend sind (hier: Förderung der Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen den TV).

    Sachverhalt

    Im Juli 2011 hat die Beteiligte zu 1 (B1) beim Nachlassgericht beantragt, den als TV über den Nachlass der Erblasserin E benannten Beteiligten zu 2 (B2)aus seinem Amt zu entlassen. Nach umfangreichem schriftsätzlichem Vortrag beider Seiten und Durchführung eines Termins vor dem Nachlassgericht, hat B1 ihren Antrag im Februar 2012 zurückgenommen. Das Nachlassgericht hat ihr unter Bezugnahme auf § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Geschäftswert auf 369.740 EUR, 10 Prozent des Bruttonachlasses, festgesetzt. Gegen diese Festsetzung wendet sich B1 mit ihrer Beschwerde. Der Gegenstandswert sei mit 3.000 EUR zu bemessen. Es müsse berücksichtigt werden, dass zurzeit des Entlassungsverfahrens die Testamentsvollstreckung bereits weitgehend abgewickelt gewesen sei.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Beschwerde ist statthaft und zulässig (§ 31 Abs. 3 S. 1 und 3 KostO), führt in der Sache aber nicht zum Erfolg. Die Festsetzung des Geschäftswerts auf die Gebührenstufe von 360.000 EUR bis 370.000 EUR ist nicht zu beanstanden.

     

    Für die Festsetzung verweist § 113 S. 2 KostO auf § 30 Abs. 2 KostO. Hiernach ist ein Wert von 3.000 EUR anzunehmen, es sei denn, es liegen tragfähige Grundlagen für eine Schätzung vor. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten, zu denen auch die Betreibung eines Verfahrens auf Entlassung eines TV durch einen Erben oder Miterben gehört, liegen regelmäßig Grundlagen für eine Schätzung vor. Der Wert kann anhand der Bedeutung der Sache für den Erben oder Miterben, insbesondere dem verfolgten wirtschaftlichen Interesse an der Entlassung des TV, bestimmt werden. Das Interesse des Erben oder Miterben orientiert sich am Rein- beziehungsweise Nettonachlass (vgl. etwa OLG München FamRZ 09, 1436).

     

    B1 und B2 sind sich einig, dass der Nachlass weitestgehend abgewickelt und die Tätigkeit des B2 fast abgeschlossen war. Nur unverteilte Nachlasswerte in Höhe von 450.000 EUR standen noch an. In die Bemessung des Gegenstandswerts sind 10 Prozent der noch unverteilten Nachlasswerte einzubeziehen, also 45.000 EUR. Darüber hinaus ist angesichts der Tatsache, dass die Testamentsvollstreckung nahezu abgeschlossen war, davon auszugehen, dass für B1 mit dem Antrag folgende Interessen maßgeblich waren:

     

    • Aus dem Schriftwechsel ergibt sich, dass B1 die TV-Vergütung des B2, deren Anteil sich für sie auf 110.000 EUR belief, angreifen wollte, sodass dieser Wert in den Gegenstandswert einfließt.

     

    • Zudem befürchtete B1 offenbar, durch weitergehende Sachverhaltsprüfungen des B2, vom Erbteil auf den Pflichtteil reduziert zu werden, was für sie eine Differenz von 800.000 EUR ausgemacht hätte. Hiervon ist für die Bemessung des Gegenstandswerts eine Quote von ¼ anzusetzen, mithin sind 200.000 EUR in den Verfahrenswert einzubeziehen.

     

    • B1 ging es auch um die mögliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen B2, die den Gegenstandswert geringwertig beeinflussen.

     

    Praxishinweis

    Der Entscheidung ist insoweit beizupflichten, als der Verfahrenswert sich bei Abberufung eines TV nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers richtet. Zu dessen Interesse gehört unstreitig die künftige Auseinandersetzung über den noch unverteilten Nachlass. In den Gegenstandswert einen Prozentsatz von 10 Prozent einfließen zu lassen, ist vertretbar.

     

    Die bloße Andeutung, eventuell Schadensersatzansprüche gegenüber dem TV geltend machen zu wollen, in den Gegenstandswert einfließen zu lassen, ist hingegen nicht nachvollziehbar. Die Absetzung eines TV kann viele Gründe haben und hat mit Schadensersatzforderungen nicht unmittelbar zu tun. Das Verfahren auf Schadenersatz ist ein eigenes Verfahren, mit eigenem Gegenstandswert. Ebenso wenig nachvollziehbar ist, eine Quote für das Risiko der Reduzierung der Ansprüche auf einen Pflichtteil in den Verfahrenswert einfließen zu lassen. Die Frage, ob eine Person Erbe oder lediglich pflichtteilsberechtigt ist, ist nicht durch den TV zu entscheiden.

     

    Die Einbeziehung eines Werts aus der anteiligen TV-Vergütung erscheint teilweise nachvollziehbar. Nicht gerechtfertigt ist dies für den Teil der TV-Vergütung, der nach objektiven Kriterien bereits für die Arbeit des TV angefallen ist, denn dieser ist nicht zweifelhaft. Dass für den darüber hinausgehenden Teil die Absetzung des TV oder der exakte Zeitpunkt von Bedeutung sein kann, ist richtig, sodass dieser Teil den Gegenstandswert erhöht. § 30 Abs. 2 KostO begrenzt den Verfahrenswert auf einen Betrag von maximal 500.000 EUR. Der Argumentation des OLG folgend wäre diese Obergrenze in vielen Fällen schnell erreicht, was sicherlich nicht Sinn der Vorschrift sein kann. Ausgehend vom Nettonachlass und einer Quote von 10 Prozent des Nettonachlasses wäre diese Höchstgrenze ab einem (Netto-) Nachlassvermögen von 5 Millionen EUR erreicht. Dies erscheint angemessen.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 25 | ID 37388180