Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Steuerrecht

    Beratungskosten zur Verwertung und Lagerkosten nicht als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig

    von RA und Notar Dr. Ralf Laws, LL. M. M.M., FA Steuerrecht und Arbeitsrecht, Fachberater für Unternehmensnachfolge, Brilon

    | Das FG Köln hat sich mit der Frage befasst, ob es sich bei Räumungs-, Lager- und Beratungskosten zur Verwertung von Nachlassgegenständen um steuerlich abzugsfähige Kosten der Nachlassregelung oder nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwaltung handelt. |

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin (E) ist eine von 20 Erben ihrer angeheirateten Tante (T). Gemäß Erbschein betrug ihre Erbquote rund 10 Prozent. Der Notar N war als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Er hatte die Aufgabe, den Nachlass zu verwerten und entsprechend den testamentarischen Vorgaben auf die Erben ‒ so auch auf E ‒ sowie die Vermächtnisnehmer zu verteilen.

     

    N bestritt aus dem Nachlass Räumungskosten für ein von E unterhaltenes Büro und deren Wohnung. Zur Verwertung der Nachlassgegenstände, die T zum Großteil noch zu ihren Lebzeiten eingelagert hatte, waren zwei Lagerplätze angemietet. Diese behielt N bis zur Verwertung deren Inhalts bei. Da N zur Verwertung des Nachlasses, insbesondere der vorhandenen Sammlungen (wie z. B. Antiquitäten, Uhren, Spielzeug, Bilder, Teppiche, Fotoapparate), die notwendigen Fachkenntnisse fehlten, schloss er mit der Expertin X einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Dieser hatte die Sichtung, Lagerung, Inventarisierung der Sammlungen sowie die Vermittlung bzw. Durchführung der Veräußerungen zum Inhalt. N verwertete die Nachlassgegenstände auf Vermittlung der X zum Großteil über das Auktionshaus A.

     

    N machte die vorgenannten Räumungs-, Lager- und Beratungskosten im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung ‒ für E entsprechend anteilig ‒ geltend. Das Finanzamt erkannte diese Kosten in Gänze nicht als Nachlassverbindlichkeiten/Nachlassregelungskosten an. Hiergegen hat E nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage vor dem FG Köln erhoben.

     

    Entscheidungsgründe

    Während die Kosten für die Räumung des Büros und der Wohnung der T abzugsfähige Nachlassregelungskosten darstellten, wurde die weitergehende Klage hinsichtlich der Beratungs- und der Lagerkosten abgewiesen.

     

    Nach Auffassung des FG Köln handelte es sich bei beiden Kostenpositionen nicht um abzugsfähige Kosten der Nachlassregelung, sondern um nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwaltung. Die Abgrenzung richtete sich nach den Umständen des Einzelfalls; hier war für das FG Köln entscheidend, dass eine Verwertung erst erfolgte, nachdem der Erwerb bereits eingetreten war, also als Gewissheit über den Umfang und die Zusammensetzung des Nachlasses bestand und N diesen in Besitz genommen hatte. Kosten, die der E in der Folgezeit zum Zwecke der Erhaltung, Mehrung, Nutzung oder Verwertung des Nachlassvermögens entstanden, waren keine Nachlassverbindlichkeiten.

     

    • Nicht amtliche Leitsätze: FG Köln 18.8.22, 7 K 2127/21
    • 1. Die Umstände des Einzelfalls bestimmen die Abgrenzung zwischen den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG zu berücksichtigenden Kosten der Nachlassregelung und den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG erbschaftsteuerrechtlich unbeachtlichen Kosten der Nachlassverwaltung.
    •  
    • 2. Ausschließlich der Verwertung von zum Nachlass gehörenden Kunstgegenständen dienende Lager- und Beratungskosten sind nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abzugsfähig, sondern steuerlich unerhebliche Nachlassverwaltungskosten der Erben nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 3 ErbStG. Dies gilt auch, wenn bei einer personenreichen Erbengemeinschaft Nachlassgegenstände veräußert werden müssen, um den Erlös auf die einzelnen Miterben aufzuteilen.

    (Abruf-Nr. 234750)

     

    Das FG Köln hat gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Revision zur Fortbildung des Rechts und im Hinblick auf das Urteil des BFH v. 9.12.09 (II R 37/08, BStBl. II 2010, 489) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Die Revision ist mittlerweile auch eingelegt worden (BFH II R 43/22).

     

    Relevanz für die Praxis

    Bei einer Erbschaft gilt als steuerpflichtiger Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist (§ 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG). Von dem Erwerb sind u. a. die in § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG genannten Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen. Hierzu gehören u. a. „die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen“ (Nachlassabwicklungs- bzw. Nachlassregelungskosten). Ausdrücklich als nicht abzugsfähig ausgenommen werden die „Kosten für die Verwaltung des Nachlasses“ (Nachlassregelungskosten).

     

    Grundsätzlich werden die Kosten der Nachlassverwertung zwar nicht als abzugsfähig anerkannt, da diese als Nachlassverwaltungskosten eingeordnet werden. Mit Urt. v. 9.12.09 hat der BFH jedoch festgehalten, dass zu den Kosten für die „Verteilung des Nachlasses“ insbesondere die Aufwendungen für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gemäß § 2042 BGB gehören (II R 37/08, BStBl. II 2010, 489). Als abzugsfähig anzuerkennen sind hiernach die Kosten der Bewertung und der Übereignung etc.

     

    Das FG Köln geht in seinem Urteil nunmehr davon aus, dass diese Grundsätze nicht generell für die „Versilberung“ des Nachlasses zur Auseinandersetzung der Erben nach § 2042 BGB gelten, sondern nur eingeschränkt. Im Streitfall gehe es um die Veräußerung aller Nachlassgegenstände, um den Erlös auf die einzelnen Miterben aufzuteilen. Die hierdurch hervorgerufenen Beratungs- und Lagerkosten dienten nicht der tatsächlichen und rechtlichen Festlegung und Bewertung des Nachlasses.

     

    PRAXISTIPP | Da die genaue Abgrenzung der abzugsfähigen von den nicht abzugsfähigen Kosten bei der Auseinandersetzung der Erben nach § 2042 BGB noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, bedeutet dies in der Praxis, dass im Zweifel alle angefallenen Kosten im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung anzusetzen sind.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2023 | Seite 75 | ID 49327221