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  • 18.04.2023 · IWW-Abrufnummer 234750

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 18.08.2022 – 7 K 2127/21

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln


    Tenor:

    Der Erbschaftsteuerbescheid vom 22.07.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.09.2021 wird dahingehend geändert, dass sowohl die Kosten für die Auflösung des Büros in Höhe von ... € als auch die Räumungskosten für die Wohnung in X in Höhe von ... € als weitere Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Die Neuberechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

    Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

    Die Revision wird zugelassen.

    1
    Tatbestand

    2
    Gegenstand des Klagebegehrens ist die Anerkennung von Nachlassabwicklungs-/ -regelungskosten in Höhe von insgesamt EUR ... (entsprechend der Erbquote der Klägerin 10,103 % von EUR ...) als abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten.

    3
    Die Klägerin ist Miterbin nach Frau Z1 (Erblasserin, gest. ....2017).

    4
    Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann Z2 zogen ... 2012 von DD in das Altenheim X in W um. Der Ehemann verstarb am ....2017, die Erblasserin am ....2017.

    5
    Die Eheleute Z hatten am ....2004 ein Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Erben eingesetzt hatten. Die nach dem Tode des letztversterbenden Ehegatten begünstigten Erben und Vermächtnisnehmer sind im Testament aufgeführt. In diesem Testament gibt es die Erbstämme A, B und C. Bei diesen Erbstämmen, zu der auch die Klägerin gehörte, handelt es sich um die näheren Familienmitglieder beider Eheleute. So war die Klägerin bspw. die Nichte des Herr Z2. Im von den Eheleuten Z selbst verfassten handschriftlichen Testament ist aufgeführt, dass für diese Erben die gesetzliche Erbfolge gilt. Bei denen im Testament unter D, E und F von den Eheleuten Z als „Erben“ bezeichneten Personen handelt es sich rechtlich gesehen um Vermächtnisnehmer. In dem Testament haben die Eheleute Z hinter jeder bedachten Person einen Geldbetrag angegeben. Bei der Klägerin waren das ... €. Das gesamte Aktivvermögen wurde in dem Testament mit ca. ... Euro geschätzt. Die auf die Erben im Testament entfallenden Beträge erreichen aufsummiert diesen Betrag nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf das Testament verwiesen. Es war Testamentsvollstreckung angeordnet (Notar V). Nach dem Testament durfte der Nachlass nicht vor einem Jahr und musste spätestens nach 3 Jahren ausgezahlt werden.

    6
    In dem am ....2018 vom Amtsgericht W (Az. ...) erteilten gemeinschaftlichen Erbschein ist die Erbengemeinschaft mit den folgenden Erbquoten angegeben:

    7
    - Frau U 4,500 %
    - Frau T 4,500 %
    - Herr T1 4,500 %
    - Herr S 4,500 %
    - Frau S1 4,500 %
    - Herr R 4,500 %
    - Herr Q 1,125 %
    - Frau Q1 1,125 %
    - Frau R1 = Klägerin 10,103 %
    - Frau T2 10,103 %
    - Frau P 2,250 %
    - Herr P1 2,250 %
    - Frau O 6,736 %
    - Herr N 6,736 %
    - Herr Z3 6,736 %
    - Herr U1 6,736 %
    - Frau R3 5,600 %
    - Frau M 4,500 %
    - Herr U2 4,500 %
    - Herr U3 4,500 %

    8
    Bei der Bestimmung der Erbquoten der o.g., unter den Buchstaben A bis C im Testament genannten (ausschließlichen) Erben, sind die im Testament aufgeführten Geldbeträge unbeachtet geblieben. Die Erbquoten richten sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis der Erben zu den Eheleuten Z. Die im Erbschein nicht aufgeführten Vermächtnisnehmer wurden mit festen Geldbeträgen bedacht, die aus dem vorhandenen Barvermögen beglichen werden konnten. Der Erbschein wurde von allen Erben akzeptiert und blieb unangefochten.

    9
    In der Erbschaftsteuererklärung für die Erbengemeinschaft machte der Testamentsvollstrecker unter anderem folgende, bei Klageerhebung zunächst noch streitigen Aufwendungen geltend. Bei den nachfolgenden angegebenen Beträgen handelt es sich um den auf die Klägerin entsprechend ihrer Erbquote fallenden Anteil:

    10
    1. Lagerkosten (Anteil Klägerin: ... €)

    11
    Für die Verwertung der Nachlassgegenstände waren Lager bei der Firma L und der Spedition K angemietet. Die in den Lagern befindlichen Gegenstände waren noch von den Eheleuten Z bei ihrem Zuzug nach W eingelagert worden. Die Lager wurden vom Testamentsvollstrecker beibehalten, bis deren Inhalt verwertet werden konnte.

    12
    2. Räumungskosten für ein von der Klägerin unterhaltenes Büro in J, E-Straße (Anteil Klägerin: ... €).

    13
    3. Räumungskosten für die Wohnung der Erblasserin im X (Anteil Klägerin:... €) .

    14
    4. Honorar der Frau Y für die Beratung bei der Veräußerung von Nachlassgegenstände (Anteil Klägerin: ... €)

    15
    Der Testamentsvollstrecker verwertete die beweglichen Nachlassgegenstände. Ein großer Teil der vorhandenen Nachlassgegenstände konnte über das Auktionshaus H in J veräußert werden. Da dem Testamentsvollstrecker für den erforderlichen Verkauf, insbesondere der vorhandenen Sammlungen (wie z.B. Antiquitäten, Uhren, Spielzeug, Bilder, Teppiche, Fotoapparate) die notwendige Expertise fehlte, schloss er am 05.12.2017 mit Frau Y, AA-Straße, ... J, einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Dieser hatte zum Gegenstand, die Durchführung, Sichtung, Lagerung, Inventarisierung der Sammlungen und letztlich die Vermittlung der Veräußerungen. Hierfür stellt Frau Y dem Testamentsvollstrecker ... € in Rechnung

    16
    Die vorgenannten Kosten erkannte der Beklagte in dem angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid vom 22.07.2020 nicht als Nachlassverbindlichkeiten / Nachlassregelungskosten an.

    17
    Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 23.09.2021) fristgerecht erhobene Klage.

    18
    Zur Begründung trägt die Klägerin hinsichtlich der noch streitigen Punkte vor, für die Verwertung der Nachlassgegenstände sei die Lagerung der Nachlassgegenstände notwendig gewesen. Aufgrund der Anzahl der vorhandenen Nachlassgegenstände sei es dem Testamentsvollstrecker weder möglich gewesen, diese in seinen Räumlichkeiten zu lagern bzw. in einem Vorgang zu veräußern.

    19
    Aus dem Testament gehe unmissverständlich hervor, dass es nicht Wunsch der Erblasser gewesen sei, dass die Erben einen Anspruch auf Überlassung von einzelnen, nicht liquiden Vermögensgegenständen haben sollten, da auch die Erblasser erkannt hätten. dass sie hier eine sehr inhomogene Erbengemeinschaft eingesetzt hätten. Daher sollte keiner der Erben das Recht haben, unter möglicherweise schwieriger Bewertung und Streit mit den anderen Erben, ein wertvolles Bild oder einen anderen kostbaren Kunstgegenstand aus dem Nachlass zu erwerben.

    20
    Daher hätten die Erblasser im Testament bewusst die Begriffe "ausgezahlt“ bzw. "Auszahlung" verwandt. Entsprechend dem Wunsch der Erblasser sollte das Erbe frühestens nach einem Jahr, spätestens nach drei Jahren zur Auszahlung kommen. Hinsichtlich des vorgegebenen zeitlichen Rahmens sei auch den Erblassern bewusst gewesen, dass eine bestmögliche Verwertung der vorhandenen z.T. hochwertigen Kunstgegenstände Zeit in Anspruch nehmen würde. Um dem Willen der Erblasser letztendlich nachkommen zu können, d.h. um die Erbanteile vollständig auszuzahlen, habe der Testamentsvollstrecker die vorhandenen Nachlassgegenstände verwerten müssen.

    21
    Durch die Einschaltung von Frau Y und deren Beziehungen zum Auktionshaus H sei es dem Testamentsvollstrecker gelungen, dass von dort keinerlei Verkäufer-Provisionsrechnungen über dort durchgeführte Auktionen erstellt worden seien. Lediglich verauslagte Kosten für zwingend durchzuführende Restaurationsarbeiten seien hier weiterbelastet worden.

    22
    Die beweglichen Vermögensgegenstände seien in der vorläufigen Erbschaftsteuererklärung vom 05.07.2018 teilweise noch mit von den Auktionshäusern geschätzten Werten angesetzt worden. Diese Wertansätze habe der Beklagte durch die im Rahmen der einzelnen Auktionen tatsächlich erzielten Versteigerungserlöse ersetzt. Aufgrund der Einschaltung von Frau Y seien diese Erlöse- zumindest was das Auktionshaus H angehe - nicht noch durch die sonst übliche Provision von 15 % des Zuschlagswerts vermindert worden.

    23
    Das Erbschaftsteuergesetz wolle letztendlich die Bereicherung des Erwerbers erfassen. Als steuerpflichtiger Erwerb könne daher nur der Betrag zum Ansatz kommen, der dem Erben netto verbleibe, d.h. Nachlassverbindlichkeiten seien vom aktiven Bestand abzuziehen. Jede andere Beurteilung würde gegen den Bereicherungsgrundsatz des Erbschaftsteuerrechts verstoßen.

    24
    Erblasserschulden seien auch die in der Person des Erben entstehenden Verbindlichkeiten, die dem Erblasser entstanden wären, wenn er nicht vor Eintritt weiterer, zur rechtlich vollständigen Entstehung der Verbindlichkeit nötiger Voraussetzungen verstorben wäre. Der Erblasser müsse die Kausalitätskette, die zum rechtlichen Entstehen der Verbindlichkeit geführt habe, lediglich ausgelöst haben (Hinweis auf Kapp/ Ebeling, Tz. 70.1 zu § 10 ErbStG).

    25
    Zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG gehörten auch die Kosten für die Nachlassabwicklung bzw. -regelung. Das seien die Kosten, die dem Erwerber in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes entstünden und nicht durch eine spätere Verwaltung des Nachlasses anfielen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14.10.2020 Az. II R 30/19).

    26
    Der Begriff der Nachlassregelungskosten sei weit auszulegen (Hinweis auf BFH-Urteile vom 15.06.2016 Az. II R 24/15, DStR 2016, 2095, und vom 15.06.2016. Az. II R 23/15).

    27
    Voraussetzung für das Vorliegen von Nachlassabwicklungs- bzw. Nachlassregelungskosten sei, dass die Aufwendungen unmittelbar mit der Erfüllung des Erblasserwillens zusammenhingen (Hinweis auf Moench/Weinmann, Tz. 80 zu § 10 ErbStG). Lediglich Aufwendungen, die auf einem eigenen Willensentschluss der Erben beruhten, seien keine Nachlassabwicklungs- bzw. Nachlassregelungskosten. Zu den Nachlassabwicklungs- oder Nachlassregelungskosten gehörten aber nicht nur die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses, sondern auch alle Beträge, die aufgewendet werden müssten, um die Erben in den Besitz der ihnen zufallenden Güter (hier Bargeld) zu setzen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 11.01.1961 II 155/59, BStBl 1961 III 102).

    28
    Zu den Kosten der Nachlassregelung gehörten auch die Kosten der Erbauseinandersetzung. Nach Ansicht des BFH ergebe sich aus der Tatsache, dass die Erbengemeinschaft eine Zwangsgemeinschaft sei, die auf jederzeitige Auseinandersetzung angelegt sei, dass es sich insoweit um Kosten handele, die der Verteilung des Nachlasses dienten. Ebenso zählten die Kosten für die Versilberung des Nachlasses in den Fällen der Auseinandersetzung (§ 2046 Abs. 3 BGB bzw. § 2042 Abs. 2 BGB i.V.m. § 753 BGB) dazu.

    29
    Im vorliegenden Fall habe letztendlich die gesamte Tätigkeit des Testamentsvollstreckers der letztwilligen Anordnung der Erblasser (Verwertung der vorhandenen Vermögensgegenstände um die Auszahlung der Erbanteile und somit die Auflösung der Erbengemeinschaft zu gewährleisten) gedient. Eine Beibehaltung der Erbengemeinschaft sei weder von den Erblassern gewollt (Auszahlung der Erbanteile spätestens nach 3 Jahren) noch von den Beteiligten der Erbengemeinschaft gewünscht gewesen.

    30
    Entsprechend dem vorliegenden Testament der Eheleute Z hätten die Erben lediglich einen Geldanspruch aus dem Erbe. Um diese letztwillige Anordnung des Erblassers erfüllen zu können, habe der Testamentsvollstrecker die vorhandenen Vermögenswerte zusammentragen, katalogisieren und zum bestmöglichen Preis veräußern müssen. Dieser habe nur durch Auktionshäuser erzielt werden können, die einen breiten Markt eröffneten und einen zum Tell weltweiten Kreis interessierter Kunstsammler angesprochen hätten. Die dortigen Versteigerungen fänden jedoch nur zu bestimmten Zeltpunkten statt, die hätten abgewartet werden müssen. Hinzu komme, dass unterschiedlich spezialisierte Auktionshäuser mit unterschiedlichen Versteigerungsterminen hätten eingeschaltet werden müssen. In diesem Zusammenhang habe sich der Testamentsvollstrecker der Hilfe von Frau Y bedient. Die Tätigkeit von Frau Y sei letztendlich darauf ausgerichtet gewesen, die vorhandenen beweglichen Vermögensgegenstände im Rahmen von Versteigerungen zu veräußern. Die im Rahmen dieser Versteigerungen erzielten Erlöse seien seitens des Beklagten als Bedarfswerte der Erbschaftsteuerveranlagung zugrunde gelegt worden. Auch insoweit seien die Kosten für Frau Y als Nachlassregelungskosten abzugsfähig.

    31
    Nach Ansicht des Finanzgerichts Köln im Urteil vom 05.02.2009 (9 K 204/07, UVR 2009, 364), seien die notwendigen Kosten, die aufgewendet werden müssten, um die Erben letztendlich in den Besitz der vererbten Nachlassgegenstände zu setzen, als Nachlassabwicklungskosten abzugsfähig (z.B. auch Verwertungskosten). Die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen müssten dabei notwendig und von der Absicht getragen sein, die Abwicklung, Regelung und Verteilung des Nachlasses bzw. die Erlangung des Erwerbs sicherzustellen.

    32
    Der für die Abzugsfähigkeit der Kosten i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG geforderte enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zur Abwicklung, Regelung, Verteilung oder Erlangung des Erwerbs sei hier gegeben, da die Erbengemeinschaft, durch die Benennung eines Testamentsvollstreckers die rechtliche Herrschaft über das Nachlassvermögen nicht erlangt hätten und der Wert der Gegenstände im Verhältnis zur Finanzverwaltung streitig gewesen sei. Die Veranlagung der am 05.07.2018 eingereichten Erbschaftsteuererklärung sei zunächst mit Erbschaftsteuerbescheid vom 01.02.2019 erfolgt. Die in der Erbschaftsteuererklärung vorgenommene Bewertung sollte nach Ansicht des Finanzamts J an die tatsächlich im Rahmen der Versteigerungen bzw. Veräußerungen erzielten Werte angepasst werden. Diese Korrekturen hätten Einfluss auf den berichtigten Erbschaftsteuerbescheid vom 22.07.2020 gehabt.

    33
    Unabhängig von dem im Urteil vom 05.02.2009 (9 K 204/07, UVR 2009, 364) zugrundeliegenden Sachverhalt, definiere das Finanzgericht Köln die Nachlassabwicklungskosten als sonstige Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Erb5tG, wozu auch die Kosten der Erbauseinandersetzung gehörten. Zu den Kosten der Erbauseinandersetzung gehörten nach Ansicht des Finanzgerichts Köln auch die Verwertungskosten, hier die Aufwendungen für Frau Y.

    34
    Die Klägerin beantragt,

    35
    den Erbschaftsteuerbescheid vom 22.07.2020 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 21.09.2021 mit der Maßgabe zu ändern, dass

    36
    a) die aufgewendeten Kosten für Frau Y in Höhe in Höhe von EUR ...,

    37
    b) die Kosten für die Auflösung des Büros E-Straße in Höhe von EUR ...,

    38
    c) die Kosten für die Auflösung der Wohnung in X in Höhe von EUR ... und

    39
    d) die Lagerkosten in Höhe von EUR ... gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG als Kosten der Nachlassabwicklung bzw. Nachlassregelung abgezogen werden.

    40
    Der Beklagte beantragt,

    41
    den Erbschaftsteuerbescheid vom 22.07.2020 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 23.09.2021 mit der Maßgabe zu ändern, dass

    42
    a) die Kosten für die Auflösung des Büros E-Straße in Höhe von EUR ...,

    43
    b) die Kosten für die Auflösung der Wohnung in X in Höhe von EUR ...

    44
    als Nachlassregelungskosten abgezogen werden, und die weitere Klage abzuweisen.

    45
    Zu den Positionen a) und b) hat die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 18.08.2022 auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichts erklärt, dass sie diese Aufwendungen als Nachlassregelungskosen anerkenne, so dass sie nicht mehr streitig sind. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.08.2022 verwiesen.

    46
    Zur Begründung des Klageabweisungsantrags trägt der Beklagte vor, Kosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG seien solche, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstünden. Mit dem Merkmal der Unmittelbarkeit im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG mache der Gesetzgeber deutlich, dass eine bloße Kausalität mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung eines Nachlasses oder zur Erlangung von dessen Erwerb allein nicht ausreiche, um eine Nachlassverbindlichkeit zu begründen. Das Kriterium der Unmittelbarkeit in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG, das einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zur Abwicklung, Regelung, Verteilung oder Erlangung des Erwerbs verlange, sei von der Regelung des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG abzugrenzen, nach der die Kosten zur Verwaltung des Nachlasses nicht als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden dürften. Habe der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft ihre rechtliche Herrschaft über die zum Nachlassvermögen gehörenden Gegenstände erlangt und sei der Wert dieser Gegenstände weder im Verhältnis zu den einzelnen Mitgliedern der Erbengemeinschaft noch zu den Finanzbehörden streitig, bilde dies eine Zäsur, die den engen sachlichen Zusammenhang zu den berücksichtigungsfähigen Nachlasskosten unterbreche (Hinweis auf Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 18.12.2014 7 K 1377/14, EFG 2015, 658).

    47
    Das Urteil des FG Köln (9 K 204/07, UVR 2009, 364), auf das sich die Klägerin berufe, sei auf den hier zu beurteilenden Fall nicht anwendbar. Das Verfahren beim FG Köln habe sich insbesondere mit der Berücksichtigung von Vorfälligkeitsentschädigungen als Nachlassverbindlichkeiten befasst. Zudem seien im vorliegenden Erbfall die Erbquoten der einzelnen Erben mit den im Erbschein des Amtsgerichts W ermittelten Werten angesetzt worden, die Klägerin zu 10,103%. Es sei zutreffend, dass die Höhe des Ansatzes der Kunstgegenstände streitig gewesen sei. Dies sei jedoch eine Frage der Bewertung und keine Begründung der Kosten für die Beauftragung von Frau Y gewesen. Die Rechtsprechung habe sich mit der Frage der Bewertung von Kunstgegenständen bisher nur selten auseinandergesetzt. Der BFH habe in seinem Urteil vom 06.06.2001 (II R 7/98, BFH/NV 2002, 28) entschieden, dass Kunstgegenstände gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 1 BewG mit dem gemeinen Wert zu bewerten seien. Hierbei seien die Wertverhältnisse am Stichtag maßgeblich. Gemäß § 9 Abs. 2 BewG sei auf den Preis abzustellen, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des jeweiligen Kunstwerks bei einer Veräußerung zu erzielen sei. Da dem Finanzamt bekannt gewesen sei, dass die Kunstsammlung veräußert werden sollte, habe man die Veräußerung abwarten wollen, um die Werte der Kunstgegenstände anhand der Veräußerungserlöse abzuleiten.

    48
    Entscheidungsgründe

    49
    Die Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet. Die Kosten für die Räumung des Büros und der Wohnung der Erblasserin stellen Nachlassregelungskosten dar. Da dies zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig ist und auch der Rechtsauffassung des Senats entspricht, sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab.

    50
    Die weitergehende Klage hinsichtlich der Beratungskosten für Frau Y in Höhe von ... € und der Lagerkosten in Höhe von ... € ist unbegründet.

    51
    Hinsichtlich dieser Positionen ist der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid rechtmäßig, so dass der Senat ihn insoweit nicht nach § 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ändern darf. Es handelt sich bei beiden Positionen nicht um abzugsfähige Kosten der Nachlassregelung, sondern um nicht abzugsfähige Kosten der Nachlassverwaltung.

    52
    Die Klägerin ist zu der im Erbschein angegebenen Quote Erbin nach Frau Z1 geworden. Zwar ist das Testament durch die Angabe der Eurobeträge hinter den jeweilig Bedachten auf den ersten Blick verwirrend. Hierzu trägt auch der Passus bei, dass hinsichtlich der Erbenstämme A, B und C „die gesetzliche Erbfolge gilt“. Denn ein Teil der dort aufgeführten Personen sind keine gesetzlichen Erben der Erblasserin, weil es sich hierbei nicht um Verwandtschaft der Erblasserin handelt, sondern um verschwägerte Personen. Ohne Testament findet die Erbfolge immer nur innerhalb der Verwandtschaft statt. Neben den Verwandten kann nur der überlebende Ehepartner Erbe sein. Der Senat legt das Testament in Übereinstimmung mit dem Rechtspfleger des Amtsgerichts W (Az. ...) und den im Erbschein ausgewiesenen Erben dahingehend aus, dass die in den Erbstämmen A, B und C genannten Personen testamentarische Erben sind und sich die einzelnen Erbquoten entsprechend der gesetzlichen Erbfolge nach dem Verhältnis zu den jeweiligen Ehegatten bestimmt.

    53
    Darüber hinaus ist gemäß § 2365 BGB auch im Erbschaftsteuerrecht grundsätzlich von der Vermutung der Richtigkeit des Erbscheines auszugehen. Danach wird vermutet, dass demjenigen, welcher in dem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das in dem Erbschein angegebene Erbrecht zusteht und dass er nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen beschränkt ist. Die Vermutung der Richtigkeit des Erbscheines erstreckt sich deshalb insbesondere auf das Erbrecht sowie auf den jeweiligen Anteil an dem Nachlass. Die Finanzbehörden und die Finanzgerichte haben deshalb regelmäßig von dem Erbrecht auszugehen, wie es im Erbschein bezeugt ist (BFH-Urteil vom 22.11. 1995 II R 89/93, BStBl II 1996, 242). Lediglich wenn gewichtige Gründe erkennbar gegen die Richtigkeit des Erbscheins sprechen, sind sie berechtigt und verpflichtet, das Erbrecht und - bei Miterben - die Erbanteile selbst zu ermitteln (vgl. hierzu auch Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 14.04.2004, 3 K 20-24/03, EFG 2004, 1231). Solche gewichtigen Gründe sind im Streitfall nicht vorhanden.

    54
    Als nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtiger Erwerb gilt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist. In den Fällen des § 3 ErbStG gilt unbeschadet § 10 Abs. 10 ErbStG als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegt, die nach § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abgezogen werden. Dazu zählen u.a. nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG die sog. Erblasserschulden, nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG die sog. sonstigen Nachlassverbindlichkeiten. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind von dem Erwerb, soweit sich nicht aus § 10 Abs. 6 bis 9 ErbStG etwas anderes ergibt, als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig u.a. die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht bereits in einer betrieblichen Bewertungseinheit aufgegangen sind und im Todeszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung dargestellt haben (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil vom 11.07.2019 II R 36/16, BStBl II 2020, 391, m.w.N.). Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Kosten für die Verwaltung des Nachlasses sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG nicht abzugsfähig.

    55
    Der Begriff "Kosten der Regelung des Nachlasses" ist weit auszulegen. Er umfasst die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses einschließlich von Bewertungskosten, aber auch alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen (BFH-Urteile vom 11.01.1961 II 155/59 U, BStBl III 1961, 102; vom 19.06.2013 II R 20/12, BStBl II 2013, 738, Rz 11 und vom 06.11.2019 II R 29/16, BFHE 267, 433, BStBl II 2020, 505, Rz 17, jeweils m.w.N.).

    56
    Es ist unschädlich, vielmehr für die Nachlassabwicklungs-, Nachlassregelungs- und Nachlassverteilungskosten typisch, dass der Erbe selbst die Kosten ausgelöst hat. Bei der Mehrzahl der Kosten, die der BFH in seinem Urteil vom 11.01.1961 (II 155/59 U, BStBl III 1961, 102) als Kosten der Regelung des Nachlasses verstanden hat, war dies der Fall (Vergütung eines Bevollmächtigten, Kosten der Anfertigung der Erbschaftsteuererklärung, Vergütung für die Umschreibung im Grundbuch). Unerheblich ist grundsätzlich, ob eine kostengünstigere Lösung möglich gewesen wäre. (BFH-Urteil vom 28.06.1995 II R 89/92, BFHE 178, 214, BStBl II 1995, 786, unter II.2.; BFH-Urteil vom 14. Oktober 2020 II R 30/19BStBl II 2022, 216).

    57
    Wie der in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG verwendete Begriff "unmittelbar" zeigt, müssen die Kosten in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG) anfallen (BFH-Urteil vom 06.11..2019 II R 6/17, BStBl II 2020, 509, m.w.N).

    58
    Während die nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zu berücksichtigenden Kosten in Bezug auf den Erwerb von Todes wegen Erwerbsaufwand darstellen, sind die Kosten für die Verwaltung des Nachlasses i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG Verwendungsaufwand, der erbschaftsteuerrechtlich unbeachtlich ist (Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 10 Rz 188, 245).

    59
    Die Abgrenzung zwischen den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zu berücksichtigenden Kosten der Nachlassregelung und den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG erbschaftsteuerrechtlich unbeachtlichen Kosten der Nachlassverwaltung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Zäsur zwischen Erwerbserlangungskosten und Nachlassverwaltungskosten ist dabei kein für den jeweiligen Erbfall und auch kein für alle Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG gleich zu definierender, einheitlicher und feststehender Zeitpunkt. Sie markiert eine inhaltliche Grenze zwischen den nachlassspezifischen Kosten auf der einen Seite und denjenigen Kosten auf der anderen Seite, die ihrer Art nach ebenso anfallen können, wenn die Gegenstände, um die es geht, sich nicht oder nicht mehr in einem Nachlass befinden. In diesem Falle ist der durch das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" gekennzeichnete Veranlassungszusammenhang unterbrochen. (BFH-Urteil vom 14.10.2020 II R 30/19, BStBl II 2022, 216). Herrscht Gewissheit über Umfang und Zusammensetzung des Nachlasses und hat der Erbe die Nachlassgegenstände in Besitz genommen, endet der sachliche Zusammenhang mit dem Erwerb. Kosten, die dem Erben in der Folgezeit zum Zwecke der Erhaltung, Mehrung, Nutzung oder Verwertung des Nachlassvermögens entstehen, sind keine Nachlassverbindlichkeiten (vgl. BFH-Urteile vom 06.11.2019 II R 29/16 BStBl II 2020, 505, Rz 19, sowie vom 06.11..2019 II R 6/17, BStBl II 2020, 509 Rz 23).

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    Kosten für die Verwaltung des Nachlasses i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG sind Kosten, die nur dazu dienen, den Nachlass zu erhalten, zu nutzen und zu mehren oder ‒ wie im Streitfall ‒ das Vermögen zu verwerten (Gottschalk in Troll/ Gebel/ Jülicher/ Gottschalk, ErbStG, § 10 Rz 217; Fumi in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl., § 10 Rz 76). Dazu gehören etwa die Erfüllung laufender Verpflichtungen, aber auch die bei der Veräußerung von Nachlassgegenständen zum Zwecke der Verwertung entstehenden Kosten, etwa Ablösebeträge an Mieter zwecks Grundstücksverkaufs (vgl. Weinmann in Moench/Weinmann, § 10 ErbStG Rz 82; siehe auch Meinke, Kommentar zum ErbStG § 10, Rz. 65). Auch in der sonstigen Finanzrechtsprechung werden die Kosten der Verwertung der Nachlassgegenstände nicht den Nachlassregelungskosten zugerechnet. So gehören die dem Alleinerben durch die Veräußerung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks entstehenden Aufwendungen (Maklerprovision) auch dann nicht zu den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähigen Nachlassregelungskosten, wenn sich der Erbe wegen Ortsabwesenheit zur Verwaltung des Grundstücks außerstande sieht (Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 04.10.1991 III 210/89, EFG 1992, 141). Nach Auffassung des Senats gilt das auch für Aufwendungen, die eine Erbengemeinschaft für die Verwertung des Nachlasses tätigt. Denn wenn Gewissheit über Umfang und Zusammensetzung des Nachlasses einschließlich des Umfangs der Verbindlichkeiten besteht, endet der sachliche Zusammenhang mit dem Erwerb.

    61
    Unter Anwendung dieser Maßstäbe sind sowohl die Lager- als auch die Beratungskosten Nachlassverwaltungskosten der Erben nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG und keine Nachlassverbindlichkeiten in Gestalt von Nachlassregelungskosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG.

    62
    Denn diese Kosten dienten allein der Verwertung der zum Nachlass gehörenden Kunstgegenstände. Für beide Positionen ergibt sich das explizit aus dem Vortrag der Klägerin zur Entstehung dieser Kosten. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, für die Verwertung der Nachlassgegenstände seien die Lager bei der Firma L und der Spedition K notwendig gewesen. Die in den Lagern befindlichen Gegenstände seien noch von den Eheleuten Z bei ihrem Umzug nach W eingelagert worden, da die Lagerungsmöglichkeiten in den von ihnen bewohnten Räumlichkeiten in X im Vergleich zur Wohnung in DDdeutlich eingeschränkter gewesen seien. Aufgrund der Anzahl der vorhandenen Nachlassgegenstände sei es dem Testamentsvollstrecker weder möglich gewesen, diese in seinen Räumlichkeiten zu lagern bzw. in einem Vorgang zu veräußern. Die Lager habe der Testamentsvollstrecker daher beibehalten, bis deren Inhalt habe verwertet werden können. Es handelt sich mithin um Kosten der Nachlassverwertung auf Ebene der Erben. Dasselbe gilt für die Beratungskosten der Frau Y, die nach dem Vortrag der Klägerin und nach Lage der Akten ebenfalls der Verwertung (in der Diktion der Klägerin der „Versilberung“) der Kunstgegenstände dienten. Sie sind nach Auffassung des Senats nicht anders einzuordnen als die Maklerkosten bei der Veräußerung eines geerbten Grundstücks.

    63
    Auch hinsichtlich der Beratungskosten der Frau Y handelt es sich nach dem Vortrag der Klägerin um Kosten der Nachlassverwertung. Die Klägerin trägt insoweit vor, um dem Willen der Erblasser letztendlich nachkommen zu können, d.h. um die Erbanteile vollständig auszuzahlen, habe der Testamentsvollstrecker die vorhandenen Nachlassgegenstände verwerten müssen. Durch die Einschaltung von Frau Y und deren Beziehungen zum Auktionshaus H sei es dem Testamentsvollstrecker gelungen, dass keine Provisionsrechnungen über dort durchgeführte Auktionen erstellt worden seien. Lediglich verauslagte Kosten für zwingend durchzuführende Restaurationsarbeiten seien weiterbelastet worden. Daraus ergibt sich zweifelsfrei ‒ und nach Lage der Akten auch unstreitig ‒, dass die Kosten unmittelbar der Verwertung des Nachlasses dienten.

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    Der Senat sieht sich mit dieser Rechtsauslegung nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 09.12.2009 II R 37/08, BStBl II 2010, 489. In dieser Entscheidung hat der BFH u.a. folgende Aussagen getroffen:

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    Soweit sich nicht aus § 10 Abs. 6 bis 9 ErbStG etwas anderes ergebe, seien nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig u.a. die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses entstünden. Zu den Kosten für die "Verteilung des Nachlasses" würden insbesondere die Aufwendungen für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gemäß § 2042 BGB gehören. Unter Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft sei die Verteilung der Nachlassgegenstände unter den Miterben nach Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten zu verstehen. Durch diese Verteilung werde das Alleineigentum eines jeden Miterben an den ihm bei der Verteilung zugewiesenen Vermögensgegenständen begründet und die nach dem Erbfall entstandene Gemeinschaft zur gesamten Hand (§ 2032 Abs. 1 BGB) aufgehoben. Der Begriff der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft umfasse sowohl die mit ihr verbundenen schuldrechtlichen Vereinbarungen als auch deren dinglichen Vollzug (Palandt/Edenhofer, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 69. Aufl., § 2042 Rz 1). Als Kosten der Verteilung des Nachlasses gehörten die unmittelbar im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft entstandenen Aufwendungen zu den nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abziehbaren Kosten. Soweit nicht letztwillige Verfügungen des Erblassers nach § 2044 BGB oder die in §§ 2043 und 2045 BGB geregelten Gründe der Erbauseinandersetzung vorübergehend entgegenstünden, entspreche diese einer ordnungsgemäßen Abwicklung und Regelung des Nachlasses. Die Erbengemeinschaft sei nicht auf Dauer angelegt, sondern auf Auseinandersetzung gerichtet.

    66
    Der Senat sieht in dem vorliegenden Rechtsstreit einen rechtlich signifikanten Unterschied zu der o.g. BFH-Entscheidung. Anders als in dieser Entscheidung geht es im Streitfall gerade nicht um Kosten der „Verteilung einzelner Nachlassgegenstände“ auf die jeweiligen Miterben, die selbstredend einer vorherigen Bewertung bedurft hätte. Im Streitfall geht es vielmehr um die Veräußerung aller Nachlassgegenstände, um den Erlös auf die einzelnen Miterben aufzuteilen. Es fehlt an der in dem o.g. BFH-Urteil angesprochenen „Verteilung des Nachlasses“, die nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin im Streitfall nicht dem Wunsch der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemanns entsprochen hätte. Die Kosten der Lagerung der Kunstgegenstände und die Beratung bei der Veräußerung dienten auch nicht der tatsächlichen und rechtlichen Festlegung und der Bewertung des Nachlasses, die die Erben getätigt hätten, um in den Besitz der ihnen zustehenden Güter zu kommen. Über den Umfang des Nachlasses herrschte Klarheit, auch wenn die Erben diesen noch nicht in ihrem Besitz hatten. Besitzer war der Testamentsvollstrecker, der den Nachlass nach § 2205 BGB jedoch für die Erben zu verwalten hat. Sie dienten auch nicht der Berechnung der Erbquoten, weil die Klägerin wie auch die sonstigen unter den Buchstaben A., B. und C. im Testament genannten Personen der gesetzlichen Erbfolge unterlagen und damit die Erbquoten unabhängig von dem Wert am Nachlass zu bestimmen waren. Sie dienten auch nicht primär der Erstellung der Erbschaftsteuererklärung. Dass die Werte vom Beklagten zur Bewertung der Kunstgegenstände herangezogen wurden, obwohl sie nicht auf den Todeszeitpunkt bezogen waren, war allenfalls ein rechtlicher Reflex zur Schätzung des Wertes auf den maßgeblichen Stichtag, der der Verwaltungsvereinfachung und der Kostenersparnis im Rahmen der Wertschätzung diente. Nach alledem dienten die Veräußerung der Kunstgegenstände und die damit einhergehenden Kosten nicht der Ermittlung der Erbquoten und damit der Regelung des Nachlasses, sondern der Aufteilung des Geldes nach der „Versilberung“ des Nachlasses. Wäre das anders, hätte das Nachlassgericht vor der Veräußerung der Nachlassgegenstände die Erbquoten nicht ermitteln können.

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    Die Kosten der Lagerung und der Beratung durch Frau Y sind auch nicht deshalb abzugsfähig, weil sie auf einer erbrechtlich wirksamen Auflage der Erblasserin beruhen würden.

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    Wie bereits dargelegt, sind Kosten der Nachlassverwertung grundsätzlich nicht abzugsfähig. Etwas anderes kann ‒ wie ebenfalls dargelegt ‒ gelten, für Kosten der „Versilberung“ des Nachlasses zum Zweck der Erbauseinandersetzung in den Fällen der § 2042 Abs. 2 BGB i. V. m. § 753 BGB und § 2046 Abs. 3 BGB. Etwas anderes kann auch für Verwertungshandlungen gelten, die zum Vollzug letztwilliger Anordnungen des Erblassers erforderlich sind (Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 10 Rn. 217; BFH-Urteil vom 28.06.1995 II R 89/92, BStBl II 1995, 786, Rn. 12; FG Münster, Urteil vom 12. April 2018 3 K 3662/16 Erb, juris).

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    Im Streitfall hat die Klägerin vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass es dem Wunsch der Erblasserin entsprochen hätte, dass keiner der Mitglieder der inhomogenen Erbengemeinschaft sich einen Nachlassgegenstand, insbesondere ein Kunstwerk aneignet. Dieser Wunsch ist nach Ansicht des Senats rechtlich unerheblich, weil er der Rechtslage bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft entspricht. Auch ohne einen entsprechenden Erblasserwunsch kann ein Mitglied einer Erbengemeinschaft nicht die Herausgabe eines einzelnen Nachlassgegenstandes, sondern nur die Auflösung der Erbengemeinschaft verlangen. Ein Mitglied einer Erbengemeinschaft hat keinen unmittelbaren Zugriff auf die Erbschaft. Ebenso wenig kann es über einzelne Nachlassgegenstände verfügen.

    70
    Darüber hinaus lässt sich dem Testament keine wirksame erbrechtliche letztwillige Verfügung im Sinne einer (Veräußerungs-)Auflage entnehmen. Nach § 1940 BGB kann der Erblasser durch Testament den Erben oder einen Vermächtnisnehmer zu einer Leistung verpflichten, ohne einem anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden (Auflage). Der Erblasser muss die von ihm gewünschte Auflage ausdrücklich in sein Testament oder den Erbvertrag aufnehmen. Mündliche Äußerungen zu Lebzeiten sind ebenso wie beim Vermächtnis unwirksam. Das ergibt sich zum einen aus den strengen Formvorschriften des Erbrechts. Eine gültige letztwillige Verfügung muss bereits aus Beweisgründen bestimmte Formvorschriften einhalten. Für eine Auflage ergibt sich das im Besonderen aus dem Wortlaut des § 1940 BGB. Denn nach dieser Vorschrift kann der Erblasser den Erben oder Vermächtnisnehmer durch Testament zur Einhaltung einer bestimmten Auflage verpflichten. Die Anordnung der Auflage sollte vom Erblasser dabei so klar wie möglich formuliert werden. Bloße Wünsche und Vorstellungen des Erblassers sind ohne rechtliche Bindung und verpflichten nicht zum gewünschten Tun oder Unterlassen durch die Erben oder Vermächtnisnehmer.

    71
    Eine solche Auflage ist im gemeinschaftlichen Testament der Eheleute Z eindeutig nicht enthalten. Aber selbst wenn der Testamentsvollstrecker aufgrund des Wunsches der Erblasserin zur Veräußerung des Nachlasses gezwungen gewesen wäre, würde die infolge der Anordnung der Testamentsvollstreckung die Erbengemeinschaft treffende Verfügungsbeschränkung (§ 2211 Abs.1 BGB) den Umfang und Bestand des Vermögensanfalls an die Erben nicht berühren. Auch im Falle der Testamentsvollstreckung bleibt der Nachlass Vermögen der Erben; diese sind lediglich in ihrer Verfügungsbefugnis über den Nachlass durch den Testamentsvollstrecker ausgeschlossen (§§ 2205, 2211 Abs.1 BGB). Infolge der Anordnung der Testamentsvollstreckung fallen Inhaberschaft und Ausübung des Rechts auseinander; den Erben ist ‒lediglich -- die Ausübung ihres Rechts verwehrt (§ 2211 Abs.1 BGB; BFH-Urteil vom 28.06.1995 II R 89/92, BStBl II 1995, 786). Diese Beschränkung des Verfügungsrechts des Erben hat keine Auswirkung auf die erbschaftsteuerrechtliche Bewertung des Erwerbs durch Erbanfall (§ 3 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974, § 1922 Abs.1 BGB). Nach § 11 i.V.m. § 9 Abs.1 Nr.1, 1.Halbsatz ErbStG ist für die Wertermittlung beim Erwerb von Todes wegen der Zeitpunkt des Todes des Erblassers maßgebend. Für den Fall der Verfügungsbeschränkung durch Testamentsvollstreckung hat der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Möglichkeit keine abweichende Regelung vorgesehen (vgl. auch BFH-Urteil vom 2.2.1977 II R 150/71, BStBl II 1977, 425, 426 a.E.).

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    Eine vom Testamentsvollstrecker zu erfüllende Verpflichtung, den Nachlass zu veräußern, die Gegenstand einer Auflage im Sinne des § 1940 BGB sein könnte, wäre bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Durch diese Verpflichtung würde zwar die Dispositionsmöglichkeit der Erben hinsichtlich ihres Erwerbs beeinträchtigt, sie käme den Erben aber wirtschaftlich zugute, weil sie der Auskehrung des auf jeden entfallenden Nachlasswertes dienen würde (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 28. 6.1995 II R 89/92, BStBl II 1995, 786).

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    Die für die Lagerung und die Beratung aufgewendeten Kosten können auch nicht als Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung als Nachlassregelungskosten berücksichtigt werden. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin dienten die Aufwendungen der Verwertung des Nachlasses. Dass das Finanzamt im Einverständnis mit den Erben aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung den Kaufpreis mit dem zum Todeszeitpunkt geltenden Wert der Nachlassgegenstände gleichgesetzt hat, ist, wie bereits zuvor dargestellt, lediglich ein Reflex aus der Versilberung des Nachlasses. Die Beauftragung der Frau Y diente allein dem Verkauf und nicht der Bewertung der Nachlassgegenstände

    74
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Beklagte ist nur zu einem geringen Teil (weniger als 5 %) unterlegen.

    75
    Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts und im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 09.12.2009 (II R 37/08, BStBl II 2010, 489) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Es bedarf nach Ansicht des Senats einer höchstrichterlichen Entscheidung darüber, welche Aufwendungen als Kosten für die Verteilung des Nachlasses steuermindernd anzuerkennen sind, insbesondere welche Aufwendungen der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gemäß § 2042 BGB dem Steuerabzug unterfallen.