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  • · Fachbeitrag · Schenkungsteuerrecht

    Schenkung an ein Kind bei Weiterschenkung ist keine Zuwendung an das Schwiegerkind

    von RA und Notar a.D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

    Überträgt ein Elternteil ein Grundstück schenkweise auf ein Kind und schenkt das bedachte Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück an seinen Ehegatten weiter, ohne dem Elternteil gegenüber zur Weiterschenkung verpflichtet zu sein, liegt schenkungsteuerrechtlich keine Zuwendung des Elternteils an das Schwiegerkind vor (BFH 18.7.13, II R 37/11, DStR 13, 2103, Abruf-Nr. 133137).

     

    Sachverhalt

    Die (Revisions-)Klägerin ist mit K verheiratet. Dieser erhielt von seiner Mutter (M) mit notariell beurkundetem Vertrag u.a. Wohnungseigentum. Als Gegenleistungen wurden zugunsten der M ein dinglich gesichertes Wohnungsrecht bestellt sowie u.a. durch eine Reallast gesicherte Ansprüche auf Wart und Pflege eingeräumt. M verzichtete auf die Vereinbarung eines Rückforderungsanspruchs. K hatte sich den Wert der Zuwendung auf seinen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch am Nachlass der M anrechnen zu lassen. Die Vertragsbeteiligten waren sich über den Eigentumsübergang einig. M bewilligte die Eintragung der Auflassung in das Grundbuch. Mit weiterer notarieller Urkunde übertrug K die Hälfte des ihm überlassenen Grundbesitzes auf die Klägerin. Diese trat neben K in alle dinglich gesicherten Verpflichtungen gegenüber der M ein. K sollte berechtigt sein, u.a. im Fall einer Ehescheidung oder beim Vorversterben der Klägerin die Rückübertragung des an sie überlassenen Grundbesitzes gegen Ausgleich der anteiligen Werterhöhung zu verlangen. Im Übrigen sollte die Überlassung unentgeltlich und ohne jegliche Gegenleistung erfolgen. Die Vertragsbeteiligten erklärten die Auflassung. Die Eintragung des Miteigentums der Klägerin sollte im Wege der Kettenauflassung erfolgen. K verzichtete insoweit auf seine Zwischeneintragung als Alleineigentümer. M hatte in ihrer letztwilligen Verfügung K als Alleinerben eingesetzt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) ging davon aus, dass M den Grundbesitz je zur Hälfte dem K und der Klägerin freigebig zugewendet habe. Für die Zuwendung der M an die Klägerin setzte das FA die Schenkungsteuer fest. Einspruch und Klage der Klägerin dagegen blieben erfolglos. Die Revision war erfolgreich.

    Entscheidungsgründe

    Die Revision ist begründet.

     

    Keine freigebige Zuwendung an das Schwiegerkind

    Entgegen der Ansicht des FG liegt keine freigebige Zuwendung der M an die Klägerin vor. Eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung den Bedachten auf Kosten des Zuwendenden bereichert und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist. In subjektiver Hinsicht erfordert sie den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (BFH NJW 13, 1758). Eine Bereicherung des Empfängers ist gegeben, wenn dieser über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann (BFH BFH/NV 10, 900). Ob eine Bereicherung des Empfängers vorliegt und welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage (BFH BStBl II 10, 363).

     

    Wird ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung übertragen und wendet diese den Vermögensgegenstand freigebig einem Dritten zu, gilt für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten Folgendes: Es ist darauf abzustellen, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat (BFH BStBl II 05, 412; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 16. Aufl., § 7 Rn. 68a).

     

    Ob ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann oder diesen einem Dritten zuwenden muss, ist unter Berücksichtigung der Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie der mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Vertragsparteien zu entscheiden (BFH BStBl II 05, 412). Die Verpflichtung zur Weitergabe kann sich aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus den Umständen ergeben. Maßgebend ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Für die Annahme einer Weitergabepflicht des Bedachten reicht es jedoch nicht aus, dass der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an einen Dritten weiterschenkt. Wird dagegen im Schenkungsvertrag zwischen dem Zuwendenden und dem Bedachten die Weiterschenkung an den Dritten vereinbart, kann der Bedachte über den Gegenstand nicht frei verfügen. Eine kurze Verweildauer des Geschenkes beim Bedachten spricht für sich allein genommen nicht für eine Weitergabepflicht (Reymann, ZEV 06, 55). Daher ist eine solche Verpflichtung des zuerst Bedachten nicht schon deshalb anzunehmen, weil die Schenkung und die Weiterschenkung in zwei zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden notariellen Urkunden vereinbart wurden und der zuerst Bedachte den geschenkten Gegenstand vor der sich unmittelbar anschließenden Weiterschenkung nicht tatsächlich als Eigentümer nutzen konnte. Der zeitlichen Abfolge der Schenkungen kann aber bei der Gesamtwürdigung eine Indizwirkung zukommen.

     

    Nach diesen Grundsätzen ist auch zu entscheiden, wer Zuwendender und Bedachter ist, wenn Eltern ein Grundstück schenkweise auf ein Kind übertragen und das Kind unmittelbar im Anschluss daran einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück an seinen Ehegatten weiterschenkt. In solchen Fällen kann, wenn das Kind seinen Eltern gegenüber nicht zur Weiterschenkung verpflichtet ist, schenkungsteuerrechtlich grundsätzlich nicht von einer Zuwendung der Eltern an das Schwiegerkind ausgegangen werden. Eltern haben regelmäßig kein Interesse daran, ihr Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Schwiegerkinder zu übertragen. Gewollt ist vielmehr die Übertragung des Vermögens auf die eigenen Kinder (Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 7 Rn. 127; Reymann, ZEV 06, 55). Für eine Zuwendung allein an das eigene Kind sprechen auch besondere Vereinbarungen im Schenkungsvertrag, die eine Anrechnung der Zuwendung auf den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch (§§ 2326 f. BGB) des Kindes sowie die Begründung eines Rückübertragungsanspruchs des zuwendenden Elternteils für bestimmte Fälle (wie z.B. das Vorversterben des Kindes) regeln. Nicht maßgebend ist, dass auch bei einer Zuwendung von Eltern an das Schwiegerkind nach Scheitern der Ehe Rückforderungsansprüche der Eltern nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und nach Bereicherungsrecht entstehen können (BGH ZEV 10, 371 = FamRZ 10, 958). Diese Rückforderungsansprüche lassen nicht den Schluss zu, dass Eltern ihr Vermögen zum Teil auf das Schwiegerkind übertragen wollen. In Fällen dieser Art kommt es wegen der Anknüpfung an das Zivilrecht und der durch die Zuwendung der Eltern ausgelösten Rechtsfolgen schenkungsteuerrechtlich nicht darauf an, ob die Beteiligten von vornherein durch abgestimmtes Verhalten im Wege eines Gesamtplans auf eine Schenkung durch die Eltern an das Kind und eine anschließende Weiterschenkung eines Teils des geschenkten Gegenstands durch das Kind an seinen Ehegatten hingewirkt haben.

     

    Kein Gestaltungsmissbrauch

    Von einem Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO kann insoweit ebenfalls nicht ausgegangen werden. Zum einen sind im Hinblick auf die zivilrechtlichen Rechtsfolgen regelmäßig beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die Gestaltung vorhanden. Zum anderen steht es auch Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind (BFH BStBl II 92, 541).

     

    Zivilrechtlich liegen zwei Schenkungen zwischen verschiedenen Personen vor: Es gibt eine unentgeltliche Zuwendung von Wohnungseigentum durch die Übergeberin M an ihren Sohn K. Ferner gibt es eine Zuwendung des hälftigen Wohnungseigentums durch K an seine Ehefrau, die Klägerin, soweit jeweils der Wert der Zuwendung den Wert der zugunsten der M vereinbarten Gegenleistungen übersteigt. Dagegen fehlt es zivilrechtlich an einer Zuwendung der M an die Klägerin. Diese Beurteilung ist auch schenkungsteuerrechtlich zugrunde zu legen.

     

    M hat den übertragenen Grundbesitz ausschließlich ihrem Sohn K und nicht anteilig ihrer Schwiegertochter, der Klägerin, zugewendet. Die Schenkung der M an K war bereits ausgeführt, als K den ihm zugewendeten Grundbesitz zur Hälfte auf die Klägerin übertragen hat. Eine ausgeführte Grundstücksschenkung setzt - was vorliegend gegeben war - ein wirksames Schenkungsversprechen, die Auflassung und die Eintragungsbewilligung voraus (BFH BStBl II 06, 786). Mit Abschluss des Vertrags hatte M als Schenkerin alles zur Bewirkung der Leistung Erforderliche getan. K konnte jederzeit seine Eintragung als Eigentümer in das Wohnungsgrundbuch beantragen und damit den Eintritt der dinglichen Rechtsänderung herbeiführen. Für eine ausgeführte Grundstücksschenkung war nicht erforderlich, dass K den Eintragungsantrag beim Grundbuchamt gestellt hat (BFH BStBl II 05, 892). K hatte nach der Zuwendung des Grundbesitzes durch M eine eigene Entscheidungsmöglichkeit über die weitere Verwendung des Grundbesitzes. Der zwischen M und K geschlossene Überlassungsvertrag enthielt keine Verpflichtung des K zur Weiterübertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils am überlassenen Grundbesitz auf die Klägerin.

     

    Die Umstände, die dafür sprechen sollen, dass K hinsichtlich des an die Klägerin weitergereichten Grundbesitzes nicht bereichert gewesen sei und deshalb eine Zuwendung der M an die Klägerin vorliege, rechtfertigen nicht die Annahme, dass K der M gegenüber verpflichtet war, den Grundbesitz auf die Klägerin weiter zu übertragen. Der Abschluss der Verträge in einem Zug in aufeinanderfolgenden Urkunden spricht nicht für eine solche Verpflichtung. Dies gilt selbst für den Fall, dass M im Rahmen einer Vorbesprechung beim Notar mit der Weitergabe an die Klägerin einverstanden gewesen ist. Das bloße Einverständnis der M mit der Weiterschenkung durch K reicht nicht aus, um eine Zuwendung der M an die Klägerin annehmen zu können. Ein aufgrund der familiären Verbundenheit vermutetes abgestimmtes Verhalten der Vertragsbeteiligten ist als solches ebenfalls nicht geeignet, die Schenkungen in schenkungsteuerrechtlicher Hinsicht abweichend von der Zivilrechtslage zu beurteilen. Gegen eine Zuwendung der M an die Klägerin spricht zudem, dass sich K die Zuwendung der M in voller Höhe auf seinen Pflichtteilsanspruch bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch anrechnen lassen muss. K war zwar zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariell beurkundeten Vertrags testamentarisch eingesetzter Alleinerbe der M. Dies bedeutet aber nicht, dass die im Vertrag festgelegte Anrechnung keine Wirkungen entfalten könnte. Denn M steht es frei, die Erbeinsetzung jederzeit zu ändern und K von der Erbfolge nach ihrem Tod auszuschließen.

    Praxishinweis

    Wird dem Bedachten der Schenkungsgegenstand nicht unmittelbar von dessen ursprünglichem Inhaber zugewendet, sondern noch ein Dritter zwischengeschaltet, kommt es für die Bestimmung der Person des Zuwendenden auf Folgendes an: Maßgeblich ist, ob der Dritte über eine eigene Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung des Schenkungsgegenstands verfügt. Dies richtet sich nach der Ausgestaltung der Verträge sowie den mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Zielen der Parteien. An dieser Differenzierung hält der BFH fest. Der Senat hatte allerdings in der Vergangenheit bei Abschluss von Verträgen, an einem Tag in aufeinanderfolgenden Urkundenrollennummern bei inhaltlicher Abstimmung der Verträge untereinander darauf geschlossen, dass ein Zwischenerwerber nicht bereichert ist und damit eine unmittelbare Schenkung vom ursprünglichen Inhaber auf den Bedachten angenommen (BFH BStBl II 94, 128 = ZEV 94, 53). Auf dieser Entscheidung aufbauend, wurde für die Frage der Bereicherung des Zwischenerwerbers der zivilrechtlichen Betrachtung nicht die entscheidende Bedeutung beigemessen. Mit der jetzigen Entscheidung ist hingegen festgeschrieben, dass gerade die zivilrechtliche Betrachtungsweise bedeutsam für die Frage der Bereicherung des Zwischenerwerbers ist.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 207 | ID 42358392