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  • · Fachbeitrag · Erbengemeinschaft

    So verwalten Miterben den Nachlass

    von Prof. Dr. Jürgen Damrau, Konstanz

    | Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft verwalten den Nachlass gemeinschaftlich. Sie müssen Beschlüsse fassen und umsetzen. Dazu im Einzelnen: |

    1. Gegenstände der Beschlussfassung

    Es gibt drei Beschlusskategorien, die Verwaltungsmaßnahmen der ordentlichen und die der außerordentlichen Verwaltung sowie solche zur Erbteilung.

     

    MERKE | Nur zu Maßnahmen der laufenden (ordnungsgemäßen) Verwaltung genügt eine mehrheitliche Abstimmung der Miterben. Bei den Beschlüssen zur Erbteilung und zu Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung müssen die Erben einstimmig handeln. Dazu gehören u.a. Beschlüsse, die Erbengemeinschaft ganz oder teilweise fortzusetzen, die Erbteilung bezüglich einzelner Gegenstände vorwegzunehmen oder das Ausscheiden eines Miterben aus der Miterbengemeinschaft zu regeln.

     

    Nicht zur Erbteilung oder zur Nachlassverwaltung zählen die Ausübung des Vorkaufsrechts (§ 2034 BGB) und der Widerruf vom Erblasser erteilter transmortaler und postmortaler Vollmachten gegenüber Miterben und Dritten (MüKo/Schramm, BGB, 6. Aufl., § 168 Rn. 36). Hier kann jeder Miterbe alleine handeln.

    2. Ordentliche und außerordentliche Nachlassverwaltung

    Die Erbengemeinschaft kann mit Stimmenmehrheit eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsgemäße Verwaltung und Benutzung beschließen, § 2038 Abs. 2 S. 1, § 745 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Maßregel muss zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich sein, § 2038 Abs. 1 S. 2, HS. 1 BGB. Das Gesetz bestimmt die Verwaltungsmaßnahmen nicht. Umfasst sind alle Maßnahmen, die dazu dienen, den Nachlass zu verwahren, zu sichern, zu erhalten, zu vermehren, zu nutzen und zu verwerten (MüKo/Gergen, a.a.O., § 2038 Rn. 14), wie z.B. das Bezahlen von Nachlassverbindlichkeiten (OLG Celle FamRZ 03, 1224). Es gehören tatsächliche Handlungen und Verpflichtungs- sowie Verfügungsgeschäfte dazu.

     

    Merke | Maßnahmen der Geschäftsführung (Innenverhältnis) und solche der Vertretung (Außenverhältnis) sind nicht voneinander getrennt.

     

    Übersicht / Maßnahmen der (außer-)ordentlichen Verwaltung

    • Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung: Ob die Maßnahme ordnungsgemäß ist, richtet sich nach dem Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers zum Zeitpunkt, zu dem die Handlung vorgenommen werden soll (BGHZ 6, 76, 81). Im Nachhinein kann sich eine Maßnahme als unzweck-mäßig herausstellen, sie kann dennoch ordnungsgemäß sein (BGH ZEV 10, 476).
    • Die Verwaltungsmaßnahme muss zudem erforderlich sein. Damit ist nicht gemeint, dass sie unverzichtbar ist, z.B. bei drohendem Einsturz des Daches. Dieser Fall ist eine Notmaßnahme, § 2038 Abs. 1 S. 2 HS. 2 BGB. Die Erforderlichkeit ist gegeben, wenn ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Betroffener die Maßnahme vornimmt. So kann man das Haus in diesem oder im nächsten Jahr streichen, wenn es angezeigt ist. Maßnahmen der laufenden Verwaltung sind z.B. (MüKo/Gergen, a.a.O.)
      • der Abschluss von Mietverträgen und die Bestimmung der Höhe des Mietpreises hinsichtlich von Nachlassgegenständen (BGH ZEV 02, 504);
      • die als zweckmäßig erscheinende Umschichtung bei Wertpapieren;
      • der Verkauf einer Immobilie, wenn sich im Nachlass mehr als 50 Immobilien befinden;
      • die Regelung der Benutzung eines Nachlassgegenstands durch einen oder mehrere Miterben (BGH WM 68, 72);
      • die Beschlussfassung über alltägliche Reparaturen;
      • die Übertragung der Verwaltung des Nachlasses auf eine außenstehende Person, wenn sich kein Miterbe findet, der diese Aufgabe gegen angemessene Honorierung übernehmen will (BGHZ 56, 47, 51) sowie
      • die Geltendmachung von Nachbarschaftsrechten.

     

    • Maßnahmen außerordentlicher Verwaltung: Das sind solche, die eine wesentliche Veränderung eines Nachlassgegenstands bewirken, § 2038 Abs. 2, § 745 Abs. 3 BGB, z.B. die Umwandlung des Gewerbes: Statt Messern werden Hüte produziert. Auch der Beschluss über die Fortsetzung des Betriebs eines Einzelkaufmanns ist eine außerordentliche Maßnahme, weil mit der Fortführung des Betriebs die persönliche Haftung der Miterben verbunden ist (BGHZ 30, 391; 32, 60, 67). Ob die Bezahlung einzelner Nachlassverbindlichkeiten trotz überschuldeten Nachlasses auch eine außerordentliche Maßnahme ist, ist streitig (ablehnend zu Recht Schindler, FamRZ 04, 139).
     

    3. Beschlussfassungen in der Erbengemeinschaft

    Für Beschlussfassungen ist bei Mehrheitsentscheidungen nicht die Zahl der Köpfe der Miterben, sondern die Größe der Erbteile maßgeblich, § 2038 Abs. 2, § 745 Abs. 1 S. 2 BGB. Ob der Miterbe bei der Erbauseinandersetzung weniger bekommt als seiner Erbquote am Netto-Nachlass entspricht, weil er z.B. einen Vorempfang ausgleichen muss (§§ 2050 ff. BGB), spielt bei Beschlussfassungen keine Rolle. Denn hier geht es um die Nachlassverwaltung und nicht um die Verteilung des Nachlasses. Grenze ist Treu und Glauben, § 242 BGB. Wenn es offensichtlich ist, dass ein Miterbe bei der Erbteilung nichts mehr bekommt (§ 2056 BGB), darf er nach h.M. in der Erbengemeinschaft nicht mitstimmen (MüKo/Gergen, a.a.O., § 2038 Rn. 35).

     

    a) Verfahren der Beschlussfassung gesetzlich nicht geregelt

    Gesetzlich geregelt ist bezüglich des Verfahrens der Beschlussfassungen nur die Berechnung von Mehrheiten. Beschlussfassungen erfordern nicht, dass die Miterben zusammenkommen. Die Mehrheitsbildung erfolgt durch eine Willenserklärung der Miterben, die mündlich, schriftlich oder sonst wie erfolgen kann. Sie ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung (OLG Hamm BB 69, 514), sodass die Erklärungen gegenüber jedem Miterben erfolgen kann. Der Miterbe kann auch noch zustimmen, nachdem eine Maßnahme erfolgt ist.

     

    Die Miterben können sich wechselseitig bevollmächtigen oder auch beliebigen Dritten Vollmacht erteilen.

     

    Die nähere Verwandtschaft unter den Miterben bedeutet keinen Ausschluss des Stimmrechts. Nur dort, wo die Maßnahme einen Miterben selbst betrifft, darf er nicht mitstimmen, § 34 BGB, § 47 Abs. 4 GmbHG analog. Das ist z.B. der Fall beim Abschluss eines Mietvertrags mit ihm.

     

    b) Stimmabgabe durch Minderjährige

    Für Minderjährige stimmen ihre gesetzlichen Vertreter ab, § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB, also regelmäßig beide Eltern, die sich unter einander vertreten können. Ist der Minderjährige selbst von der zur Abstimmung anstehenden Maßnahme betroffen, dürfen seine Eltern nicht für ihn mitstimmen. Ist ein Elternteil neben dem Kind Miterbe, aber nicht selbst betroffen, kann er für sich mitstimmen. Der Ausschluss des Stimmrechts des Kindes färbt nicht auf das des Elternteils ab. Umgekehrt aber, wenn ein Elternteil als Miterbe selbst unmittelbar betroffen ist und nicht mitstimmen kann, können er und der andere Elternteil als gesetzliche Vertreter nicht gemeinsam für ihr Kind mitstimmen (Damrau, Der Minderjährige, 2. Aufl., Rn. 188).

     

    Sind mehrere Kinder Miterben, bestellte man früher wegen des Verbots der Mehrfachvertretung (§ 181 BGB) für jedes Kind einen Ergänzungspfleger. Nach heutiger Sicht greift § 181 BGB nicht, da die Kinder als Miterben dasselbe Ziel verfolgen und gleichgerichtete Interessen haben (BGHZ 50, 8, 10). Das Familiengericht muss die Stimmabgabe nicht genehmigen, selbst wenn sie Gegenstände der §§ 1821, 1822 BGB betrifft. Die Abstimmung ist in §§ 1821 ff. BGB nicht erwähnt. Man legt die Vorschriften formal und eng aus. Analogien sind wegen der erforderlichen Klarheit für die Rechtssuchenden, ob eine Genehmigungspflicht vorliegt oder nicht, nicht gestattet (BGHZ 92, 259, 266).

     

    c) Besonderheiten: Mehrheits- und einfache Miterben; zwei Miterben zu je 1/2 

    Oft ist ein Miterbe mehrheitlich am Nachlass beteiligt, z.B. mit einer Quote von 3/4, sodass es keine Abstimmungen gibt. Dieser Miterbe verwaltet den Nachlass nach seinem Gutdünken. Eine Grenze bildet die Erforderlichkeit und die Ordnungsgemäßheit der Maßnahmen.

     

    Gibt es zwei gleichbeteiligte Miterben, müssen sie sich über erforderliche, ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahmen einigen. Sonst kann jeder von ihnen alleine kraft gesetzlicher Vertretung für den Nachlass handeln, wenn die Maßnahme notwendig i.S. des § 2038 Abs. 1 S. 2 HS. 2 BGB ist. Stimmt ein Miterbe z.B. für einen weißen Anstrich, der andere für einen grünen, darf nicht gestrichen werden. Droht ein nennenswerter Schaden für das Haus, kann jeder der beiden Miterben für den Nachlass, also mit Außenwirkung gegenüber dem Anstreicher, einen preislich und sachlich angemessenen Anstrich bestellen, der seinem Geschmack entspricht. Die Farbe muss nur im Rahmen des Ortsüblichen bleiben. Zugleich hat der Miterbe kraft Gesetzes in Vertretung der Miterben gehandelt und damit dessen Haftung mit dem Nachlass herbeigeführt (OLG Hamm BB 69, 514). Ob der Handelnde dem Anstreicher gegenüber auch mit seinem nicht-ererbten Vermögen haftet (Nachlass-Eigenschuld), hängt davon ab, was er mit diesem vereinbart hat.

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    d) Übergehen von Miterben bei der Abstimmung und Stimmenthaltungen

    Werden Miterben bei der Willensbildung übergangen, ist der Beschluss dennoch wirksam, wenn eine absolute Mehrheit der Stimmen für die Maßnahme gestimmt hat (BGHZ 56, 47, 55).

     

    Wie eine Stimmenthaltung ist es anzusehen, wenn ein Miterbe trotz zweimaliger Aufforderung sich nicht äußert. Er zeigt damit, dass es ihm gleichgültig ist, was die Miterben vorhaben (Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., § 43 II 2 d). Stimmenthaltungen können dazu führen, dass entschieden werden muss, ob es in der Erbengemeinschaft auf die relative Mehrheit der Abstimmenden oder auf die absolute Mehrheit der Stimmen ankommt. Beispiel: Der minderjährige Erbe, der am Nachlass mit 5/10 beteiligt ist, enthält sich der Stimme, weil seinen Eltern das Ergebnis, über das abgestimmt werden soll, gleichgültig ist. 3/10 der Miterben stimmen für die Maßnahme, 2/10 dagegen. Würde es auf die absolute Mehrheit ankommen, würde die Stimmenthaltung als nein gewertet, weil keine Mehrheit der Stimmen erreicht ist. Dies entspricht nicht dem Willen dessen, der sich enthält. Stimmenthaltungen sind nicht mitzuzählen (BGHZ 83, 35 ff. zur vergleichbaren Rechtslage im Vereinsrecht).

    4. Ausführung von Beschlüssen der Erbengemeinschaft

    Sind sich alle Miterben einig, führen sie alle den Beschluss gemeinsam aus oder bevollmächtigen einen oder mehrere von ihnen damit, ihn umzusetzen. Dabei vertreten Eltern ihre minderjährigen Kinder. Sie können die Vollmacht genehmigungsfrei erteilen. Auch wenn Eltern oder auch der Vormund zugleich für mehrere Kinder handeln, bedarf es keiner Ergänzungspfleger für die einzelnen Kinder. Denn alle Kinder stehen auf derselben Seite. § 181 BGB ist nicht anwendbar (h.M., vgl. MüKo/Schramm, a.a.O., § 181 Rn. 12).

     

    Oft wirken überstimmte Miterben nicht daran mit, den Beschluss durchzuführen. Sie sind jedoch nach § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB dazu verpflichtet und sind u.U. schadenersatzpflichtig (MüKo/Gergen, a.a.O., § 2038 Rn. 45). Die Mehrheit der Erben kann sowohl bei Verpflichtungsgeschäften (MüKo/Gergen, a.a.O., § 2038 Rn. 51) als auch bei Verfügungsgeschäften (MüKo/Gergen, a.a.O., Rn. 53) die unterlegene Minderheit bei der Ausführung von Beschlüssen der Erbengemeinschaft vertreten. Die Vertretungsmacht der Mehrheit beruht auf dem Gesetz. Es bedarf also keiner Klage gegen die Untätigen.

     

    • Beispiel

    Soll ein Grundstück aus dem Nachlass verpachtet werden, muss jeder Miterbe den Vertrag unterschreiben, weil die Erbengemeinschaft keine juristische Person ist. Ein Miterbe, der aufgrund einer Vollmacht einen überstimmten Miterben vertritt, muss dies schriftlich kenntlich machen. Die Miterben müssen nachweisen, dass eine Mehrheit der Miterben, die die Verpachtung befürwortet, besteht und welche Erbquoten die Unterzeichnenden haben. Beim Minderjährigen müssen beide Elternteile unterschreiben und dies in der Urkunde vermerken.

     

    5. Beschlussausführung bei Beteiligung Minderjähriger

    Sind Minderjährige an dem Rechtsgeschäft beteiligt, gilt Folgendes:

     

    a) Genehmigung des Familiengerichts einholen

    Handelt es sich um ein Rechtsgeschäft der Miterben, das bei minderjährigen Miterben, würde er allein auftreten, unter §§ 1643, 1915, 1821, 1822 BGB fiele, muss der gesetzliche Vertreter, also z.B. die Eltern, für ihr minderjähriges Kind als Miterben die familiengerichtliche Genehmigung für das Geschäft einholen (BGHZ 56, 275, 284).

     

    b) Mitteilung der Genehmigung an den Geschäftsgegner erforderlich

    Genehmigt das Familiengericht das Rechtsgeschäft (§ 1828 BGB), teilen die Eltern dies dem Geschäftsgegner gemäß § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB mit.Damit wird das Geschäft wirksam. Bei Grundstücksgeschäften müssen die Eltern die Mitteilung von der Genehmigung an den Geschäftsgegner dem Grundbuchamt gegenüber belegen können (§ 29 GBO). Die Mitteilung ist deshalb dem Grundbuchamt gegenüber nachzuweisen.

     

    MERKE | Sie teilen also dem Geschäftsgegner die Genehmigung mittels Zustellung durch den Gerichtsvollzieher (§ 132 BGB) mit.

     

    c) Eltern können auch den Notar mit der Mitteilung beauftragen

    I.d.R. bevollmächtigen die Eltern bei Grundstücksgeschäften den Notar im Zusammenhang mit der Beurkundung des Geschäfts, für die minderjährigen Miterben die Genehmigung des Familiengerichts zu beantragen. Dasselbe gilt für die Entgegennahme der gerichtlichen Genehmigung, § 1828 BGB. Ferner soll der Notar dem Geschäftsgegner die Genehmigung mitteilen. Letzterer seinerseits bevollmächtigt den Notar, für ihn die Mitteilung der Genehmigung entgegenzunehmen. Der von beiden Seiten bevollmächtigte Notar wird von jeder Seite von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

     

    Merke | Es sind keine Fälle bekannt geworden, in denen die (früher) vormundschaftsgerichtliche, bzw. (heute) familiengerichtliche Genehmigung abgelehnt wurde, weil der gesetzliche Vertreter bekannt gegeben hat, dass er gegen das beabsichtigte Geschäft ist und in der Erbengemeinschaft gegen den Abschluss des Geschäfts gestimmt hat.

     

    Die Familiengerichte prüfen nicht, ob die Stimme des Minderjährigen für den Beschluss der Erbengemeinschaft ausschlaggebend war, weil nur so die erforderliche Mehrheit zustande kam.

     

    d) Gegenstand der Genehmigungspflicht des Gerichts

    Es bestehen Bedenken an der Richtigkeit der Ansicht, wenn die Erbengemeinschaft ein für einen Minderjährigen genehmigungsbedürftiges Geschäft beschließt, müsse solches Geschäft der Erbengemeinschaft gerichtlich genehmigt werden. Denn fraglich ist, ob man dem gesetzlichen Vertreter die Möglichkeit einräumen will, sanktionslos den Beschluss der Erbenmehrheit zu sabotieren.

     

    PRAXISHINWEIS | Gehört ein Minderjähriger zur überstimmten Minderheit in der Erbengemeinschaft, könnten seine gesetzlichen Vertreter die Durchführung des Beschlusses der Gemeinschaft hintertreiben: Sie könnten es unterlassen, die Genehmigung beim Familiengericht zu beantragen. Denn es ist weitgehend unbekannt, dass auch Dritte den Antrag stellen können. Aber nur die Eltern können die ihnen erteilte Genehmigung dem Geschäftsgegner mitteilen, § 1829 BGB. Das Gesetz gibt ihnen bewusst die Macht, die Mitteilung zu unterlassen, weil sie das Geschäft jetzt nicht mehr als dem Wohl des Kindes dienlich erachten. Schadenersatzansprüche gegen sie oder das Kind sind ausgeschlossen. Wollen die Eltern also den Beschluss nicht umsetzen, könnten sie zwar um die familiengerichtliche Genehmigung nachsuchen, von ihr aber keinen Gebrauch machen.

     

    Wenn der Minderjährige nur mit einer Quote von 1/20 am Nachlass beteiligt ist, könnten seine Eltern so verhindern, dass der Beschluss der Mehrheit (19/20) durchgeführt wird - unabhängig davon, ob sie zur Erbenmehrheit oder -minderheit gehören. Da dies nicht rechtens sein kann, kann es nicht auf die Genehmigung des Gerichts ankommen, wenn ein Minderjähriger Miterbe ist.Es kann auch nicht auf die Größe von dessen Beteiligung am Nachlass ankommen. Denn von wirtschaftlichen Gesichtspunkten wollte der Gesetzgeber die Genehmigungspflicht nicht abhängig machen. Die Praxis der Vorlage des Geschäfts zwecks gerichtlicher Genehmigung ist nicht erforderlich. Das Gericht müsste den Antrag als nicht genehmigungsbedürftig und nicht -fähig zurückweisen.

    6. Klage gegen Beschlüsse der Erbengemeinschaft

    Ein überstimmter Miterbe kann auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses der Erbengemeinschaft klagen. Er kann geltend machen, dass das Abstimmungsverfahren nicht ordnungsgemäß war, z.B. ein Miterbe, der unmittelbar betroffen war, mit abgestimmt hat. Auf die Unzweckmäßigkeit eines Beschlusses kann er sich nicht berufen, wohl aber darauf, dass der Gegenstand der Beschlussfassung nicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört oder dass das Rechtsgeschäft unwirksam ist, weil die erforderliche Mehrheit in der Erbengemeinschaft und bei Geschäftsabschluss nicht vorhanden war. Damit durch die Erbenmehrheit keine vollendeten Tatsachen durch Abschluss eines Rechtsgeschäfts geschaffen werden, kann er eine einstweilige Verfügung erwirken.

     

    Musterantrag / Einstweilige Verfügung

    • 1.Die Antragsgegner haben es zu unterlassen, das Pferd Hippo zu verkaufen und zu veräußern (§§ 935, 938, Abs. 2 ZPO).
    • 2.Den Antragsgegnern wird angedroht, im Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot zu Ziffer 1) ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 50.000 EUR zu verhängen (§§ 936 928, (890 ZPO). Im Fall der Nichtbeitreibbarkeit kommt Ordnungshaft bis zu sechs Monate in Betracht.
     

    Weiterführender Hinweis

    • Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 890 Rn. 9, zur Abgrenzung, wann ein Veräußerungsverbot i.S. von §§ 135, 136 BGB vorliegt, das nicht nach § 890 ZPO vollstreckt wird, weil der Erfolg von selbst eintritt bzw. wann nur eine über § 890 ZPO zu vollstreckende selbstständige Pflicht nicht zu verfügen, vorliegt.
    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 101 | ID 42568784