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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Tod des Arbeitgebers: Auswirkungen und Empfehlungen für den Erben

    von RAin Andrea Worch, Bonn

    | Während die arbeitsrechtlichen Folgen überschaubar sind, wenn ein Arbeitnehmer (AN) stirbt, wirft der Tod eines Arbeitgebers (AG) eine Vielzahl von Fragen auf. Endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des AG ohne Kündigung automatisch, wenn es - wie bei einem Krankenpfleger - speziell an die Person des AG gebunden war? Aufgrund ungeklärter Rechtsfragen sollte der Erbe des AG, der dies wünscht, lieber explizit kündigen, sofern der AG nicht schon zu Lebzeiten eine Regelung getroffen hat. |

    1. Tod des AN: Beendigung des Arbeitsverhältnisses

    Verstirbt der AN, endet das Arbeitsverhältnis aufgrund der höchstpersönlichen Verpflichtung zur Arbeitsleistung automatisch am Todestag. Die bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Vergütungsansprüche gehen auf die Erben über. Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche sind nicht vererblich (BAG NJW 12, 634). Wurde zwischen den Arbeitsparteien ein Aufhebungsvertrag geschlossen, der die Zahlung einer Abfindung beinhaltet und stirbt der AN vor der Fälligkeit der Zahlung, erlischt der Anspruch. Ansprüche der Erben auf Sterbegeld können sich aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag, einer Gesamtzusage oder einer Betriebsvereinbarung (BAG NZA 06, 50) ergeben.

    2. Tod des AG: Arbeitsverhältnis geht auf den Erben über

    Mit dem Tod des AG, geht das Arbeitsverhältnis auf die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB über. Das Arbeitsverhältnis endet grundsätzlich nicht, sondern die Erben haben die Möglichkeit, sich Gedanken über die Weiterführung, die Form der Weiterführung oder auch die Stilllegung des Betriebes zu machen.

     

    a) Fortführung oder Schließung des Betriebs

    Wird der Betrieb fortgeführt, gilt dies ebenso für die bestehenden Arbeitsverträge mit den Mitarbeitern. Entscheidet sich der Erbe oder die Erbengemeinschaft hingegen für die Schließung des Betriebs, begründet dies in der Regel das Recht zur ordentlichen Kündigung der Arbeitsverträge aus betrieblichen Gründen (KR-Gemeinschaftskommentar/ Griebeling, KSchG und kündigungsschutzrechtliche Vorschriften, 6. Aufl, § 1 Rn. 186).

     

    Erforderlich ist der ernstliche und endgültige Entschluss des Erben, die Produktionsgemeinschaft mit den AN für einen seiner Dauer nach unbestimmten, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum aufzuheben. Besondere Beachtung gilt dem in § 1a KSchG normierten Abfindungsanspruch des AN. Eine Abfindungsvereinbarung kommt gemäß § 1a Abs. 1 KSchG zustande, wenn der AG wegen dringender betrieblicher Erfordernisse kündigt und der AN keine fristgerechte Kündigungsschutzklage erhebt.

     

    In der Kündigungserklärung des AG muss ein Hinweis darauf erfolgt sein, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird und der AN durch Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann. Der Hinweis des AG gilt als sein Angebot auf Zahlung einer Abfindung, das vom AN durch Verstreichenlassen der Klagefrist angenommen wird, § 151 S. 1 BGB. Gemäß § 1a Abs. 2 KSchG beträgt die Abfindung 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des bestehenden Arbeitsverhältnisses. § 1a KSchG findet nur auf Kündigungen Anwendung, die dem sachlichen und persönlichen (§ 23 KSchG) Schutzbereich des KSchG unterfallen und gilt nicht für Kleinunternehmen.

     

    b) An die Person des AG gebundene Arbeitsverhältnisse

    Aus den Gesamtumständen und der Art des Arbeitsverhältnisses kann sich ergeben, dass dieses speziell an die Person des AG gebunden war, etwa bei einem privaten Chauffeur, einem Privatsekretär oder einer häuslichen Pflegekraft. Ein solches Arbeitsverhältnis kann zweckbefristet sein (LAG Berlin BB 90, 1909). Ein zweckbefristetes Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von einem auflösend bedingten Arbeitsverhältnis in folgender Weise: Bei der Zweckbefristung steht der Eintritt eines als gewiss angesehenen Ereignisses im Mittelpunkt, während bei der auflösenden Bedingung bereits der Eintritt des Ereignisses ungewiss ist. Eine Unterscheidung ist allerdings schwer, wenn nicht eindeutig erkennbar ist, ob das Ereignis, bei dessen Eintritt der Vertrag enden soll, sicher ist. Das BAG macht die Entscheidung vom Grad der Ungewissheit abhängig (BAG NJW 98, 2237). Bei Unklarheiten zwischen AG und AN kommt es entscheidend auf die Sicht des AG an (BAG NZA 01, 1382).

     

    c) Geltung des TzBfG für zweckbefristete Arbeitsverträge

    Die Zweckbefristung richtet sich nach § 3 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 TzBfG. Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag liegt vor, wenn sich seine Dauer aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt. Es muss eine unmissverständliche Einigung darüber, dass das Arbeitsverhältnis bei Zweckerreichung enden und die genaue Bezeichnung des Zwecks, mit dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden soll, vorliegen. Die Bezeichnung des Vertragszwecks tritt an die Stelle der Datumsangabe oder der Zeitangabe bei der Zeitbefristung (BAG NJW 06, 1084).

     

    In vielen Fällen wird das in § 14 Abs. 4 TzBfG normierte Schriftformerfordernis nicht eingehalten sein. Die Schriftform ist nur gewahrt, wenn die schriftliche Fixierung vor Vertragsbeginn erfolgt ist. Dadurch, dass der Gesetzgeber durch die Einführung des § 21 TzBfG auflösend bedingte Arbeitsverhältnisse größtenteils den befristeten Arbeitsverhältnissen gleichgestellt hat, gilt auch für die auflösend bedingten Arbeitsverhältnisse das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG.

     

    In den Fällen, in denen der Endtermin des befristeten Arbeitsverhältnisses für den AN nicht voraussehbar ist, wäre es für den AN unzumutbar, wenn sein Arbeitsverhältnis von einem auf den anderen Tag enden würde. Daher billigt § 15 Abs. 2 TzBfG dem AN eine Auslauffrist von zwei Wochen zu. Diese Frist beginnt mit dem Zugang einer schriftlichen Unterrichtung des AN durch den Erben des AG über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

     

    PRAXISHINWEIS |

    Bei Arbeitsverträgen, die an die Person des AG gebunden sind, werden sich in den meisten Fällen keine Befristungsabreden und erst Recht keine Angaben über den Befristungsgrund ergeben. Dies mag zum einen an der Unwissenheit der betroffenen AG liegen, zum anderen aber sicherlich auch seinen Grund in dem sehr vertrauensvollen Verhältnis haben, das sich in der Regel zwangsläufig bei derart engen Arbeitsbeziehungen ergibt. Verstöße gegen das Schriftformerfordernis führen unweigerlich zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede und somit zum Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses.

    Theoretisch wird man demnach eine Zweckbefristung annehmen können, die im Fall ihrer schriftlichen Niederlegung vor Vertragsbeginn lediglich zu einer Auslauffrist des Arbeitsverhältnisses und dessen damit einhergehenden Beendigung führen würde. Praktisch wird es jedoch in den meisten Fällen an der Einhaltung der Schriftform fehlen.

    Bietet sich im Vorfeld eines solchen Vertragsschlusses die Gelegenheit der anwaltlichen Einflussnahme, sollte bei der Erstellung des Arbeitsvertrags in jedem Fall großer Wert darauf gelegt werden, sowohl klar herauszustellen, dass der Vertrag mit der Erreichung des Zwecks enden soll, als auch den Zweck für die Befristung klar zu formulieren.

    Deutlich häufiger wird jedoch die Situation auftreten, dass der Anwalt erst beratend tätig wird, wenn der AG bereits verstorben ist und die Erben nun Auskunft darüber erhalten wollen, wie weiter vorzugehen ist. Ist kein schriftlicher Vertrag vorhanden, dürfte in jedem Fall ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehen, das nur ordentlich unter Anwendung der Kündigungsfristen des § 622 BGB gekündigt werden kann. Besteht ein schriftlicher Vertrag, der jedoch eindeutig nicht den Forderungen des BAG im Hinblick auf das Schriftformerfordernis genügt, gilt dasselbe. Nur wenn sich aus dem Vertrag die entsprechende Befristungsabrede deutlich genug ergibt, dürfte die zweiwöchige Auslauffrist zur Herbeiführung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausreichen. Der Ausspruch einer fristlosen Kündigung gemäß § 626 BGB infolge des Tods des AG kommt nicht in Betracht. Denn nur der Umstand, dass die Arbeitsleistung gegenüber dem AG aufgrund seines Ablebens unmöglich geworden ist, rechtfertigt nicht die sofortige Loslösung aus dem Arbeitsverhältnis. Dies gilt umso mehr, da ansonsten die Ungewissheit des Todeszeitpunkts ausschließlich zu Lasten des AN ginge. Dies würde einer angemessenen Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht gerecht.

    Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass solche zweckbefristeten Arbeitsverhältnisse sogar automatisch enden. Um Risiken zu vermeiden, sollte der Erbe des AG in jedem Fall form- und fristgerecht kündigen, sofern er dies wünscht.

     

    Weiterführende Hinweise

    • EE 12, 88, zu Zusammenhängen zwischen Arbeits- und Erbrecht
    • EE 07, 161, zu dem Nichtübergang auf den Erben eines Anspruchs auf Zahlung einer existenzsichernden Abfindung
    • EE 07, 141, zu der Vererblichkeit von Abfindungen des AG
    Quelle: Ausgabe 12 / 2012 | Seite 210 | ID 36948400