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  • 24.06.2011 · IWW-Abrufnummer 168270

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 22.02.2011 – 1 Ta 13/11

    1. Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts setzt die Beseitigung eines Streits oder einer Ungewissheit der Parteien über den entsprechenden Regelungsgegenstand voraus.



    2. Der in einem Vergleich vereinbarte Verzicht auf Rechtsmittel in einem parallel geführten Kündigungsschutzverfahren begründet keinen Vergleichsmehrwert. Wird in dem Vergleich gleichzeitig die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, beseitigt diese Regelung den Streit der Parteien über das Rechtsverhältnis und ist damit wertbestimmend, nicht aber der Rechtsmittelverzicht, der dieses Vergleichsergebnis lediglich prozessrechtlich umsetzt. Hierdurch wird auch kein anderes durch Urteil beendetes Verfahren miterledigt, dessen Wert dann unter Umständen als Mehrwert zu berücksichtigen wäre, da das Parallelverfahren prozessual durch Urteil, nicht jedoch durch den Rechtsmittelverzicht beendet wurde.


    Tenor: Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 04.01.2011 - 9 Ca 2182/10 - wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Gründe: I. Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts für den Gegenstand seiner anwaltlichen Tätigkeit. Der Kläger war bei der Beklagten seit November 2003 zu einer monatlichen Vergütung von 1.870,-- € brutto beschäftigt. Mit Schreiben vom 09.07.2010 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht im Verfahren 9 Ca 1352/19. Dieser Rechtsstreit endete in erster Instanz durch Urteil vom 21.10.2010, mit welchem das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt und in dem es den Urteilsstreitwert auf 6.150,- Euro festgesetzt hat. Nachdem die Beklagte dem Kläger seit dem 09.07.2010 kein Gehalt mehr gezahlt hatte, erhob der Kläger im vorliegenden Verfahren eine weitere Klage auf Zahlung von Vergütung für die Monate Juli bis Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 5.474,84 Euro. Die Parteien haben den Rechtsstreit am 14.12.2010 durch Vergleich beendet. Darin vereinbarten sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung sowie Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses. Zudem erklärte die Beklagte unter Punkt 7 einen Verzicht auf Rechtsmittel gegen das in dem Verfahren 9 Ca 1352/10 ergangene Urteil. Beide Parteien erklärten zudem ihren Verzicht auf Darstellung von Tatbestand und Entscheidungsgründe im ergangenen Urteil. Nach Anhörung hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 04.01.2011 den Wert des Verfahrens auf 5.474,84 Euro und den Wert des Vergleichs unter Berücksichtigung eines Mehrwerts in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt für die Regelung des Zeugnisanspruches auf insgesamt 7.344,84 Euro festgesetzt. Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.01.2011 zugestellten Beschluss hat dieser mit einem am 14.01.2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Er begehrt die Festsetzung eines Vergleichswertes von 13.494,84 Euro und macht dazu geltend, wegen des in dem Vergleich geregelten Rechtsmittelverzichts bezüglich des Urteils aus dem Verfahren 9 Ca 1352/10 sei der für dieses Verfahren festgesetzte Wert von 6.150,- Euro als Mehrwert des Vergleiches anzusetzen. Es liege zwar wirtschaftliche Identität zwischen dem Kündigungsschutzantrag des Verfahrens 9 Ca 1352/10 und den im vorliegenden Fall geltend gemachten Lohnansprüchen vor, jedoch würden diese wirtschaftlich identischen Ansprüche vorliegend in zwei getrennten Verfahren verfolgt. Auch habe der Vergleich im vorliegenden Verfahren die endgültige Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens geregelt. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Wert des Kündigungsschutzverfahren (9 Ca 1352/10) könne wegen wirtschaftlicher Identität mit den im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Lohnansprüchen keinen Vergleichsmehrwert begründen. II. 1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Auch übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 200, 00 Euro, wie § 33 Abs. 3 S. 1 RVG es erfordert. 2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Gegenstandswertfestsetzung des Arbeitsgerichts erweist sich als zutreffend. Das Arbeitsgericht hat insbesondere den Wert des Vergleiches mit 7.344,84 Euro korrekt festgesetzt. Die Erklärung eines Rechtsmittelverzichts begründet vorliegend keinen Vergleichsmehrwert. Grundvoraussetzung für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes ist, dass durch die Vergleichsregelung ein Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Die Gebühr für den Abschluss eines Vergleichs (Einigungsgebühr) nach Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG fällt nur an "für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht" (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 21.10.2009 - 1 Ta 241/09). Im vorliegenden Fall hat der Rechtsmittelverzicht als solcher keinen zusätzlichen Streit oder eine Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis i.S.v. Nr. 100 des Vergütungsverzeichnisses beseitigt. Das in dem Verfahren 9 Ca 1352/10 streitige Rechtsverhältnis der Parteien, ihr Arbeitsverhältnis, wurde durch den gesamten "Abfindungsvergleich" geregelt und durch den Rechtsmittelverzicht nicht tangiert. Im Vergleich haben die Parteien bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird. Diese Regelung begründet den wirtschaftlichen Wert der Vereinbarung. Als rein prozessuale Handlung konnte der Rechtsmittelverzicht das Arbeitsverhältnis materiell-rechtlich nicht nochmals verändern, insbesondere nicht beenden und damit Streit oder Ungewissheit über dieses Rechtsverhältnis beseitigen. Durch den Rechtsmittelverzicht wurde lediglich auf prozessualer Seite bestimmt, wie das gefundene wirtschaftliche Ergebnis auch prozessrechtlich zur Verfahrensbeendigung führt. Eine solche Regelung hat keinen eigenen zusätzlichen wirtschaftlichen Wert für den Bestand und den Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Durch den Rechtsmittelverzicht wurde auch kein anderes Verfahren, dessen Wert dann unter Umständen als Mehrwert zu berücksichtigen wäre, miterledigt. Denn das Parallelverfahren 9 Ca 1352/10 ist mit dem Erlass eines Urteils bereits vor Abschluss des Vergleichs im hiesigen Verfahren beendet worden. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt nach § 97 Abs. 1 ZPO der Beschwerdeführer. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 RVG nicht gegeben.

    RechtsgebietRVGVorschriftenRVG § 33 Abs. 3