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  • · Fachbeitrag · Mietrecht

    Welche Folgen hat der Tod des Vermieters für das Mietverhältnis?

    von RA Dr. Hans Reinold Horst, Hannover/Solingen

    | Stirbt der Vermieter, so tritt sein Erbe in das Mietverhältnis ein. Der Mietvertrag wird unverändert fortgesetzt. Der Erbe erlangt mit Eintritt des Erbfalls automatisch die Stellung als Vermieter. |

    1. Erbe als Vermieter

    Der Erbe wird Vermieter unabhängig davon, ob es sich um den gesetzlichen Erben (§ 1922 BGB), um den testamentarischen, den durch Erbvertrag eingesetzten Erben oder um eine Erbengemeinschaft handelt. Eine Umschreibung des Grundbuchs auf den Erben als neuen Eigentümer des Hauses ist nicht notwendig. Die Vertragsnachfolge gestaltet sich also anders als im Fall einer lebzeitigen Veräußerung des Mietobjekts durch den Vermieter. Hier tritt der Erwerber erst mit Umschreibung des Grundbuchs in das Mietverhältnis ein, § 566 Abs. 1 BGB.

    2. Mietzahlung

    Ab dem Übergang des Mietverhältnisses auf den Erben des Vermieters kann er die Zahlung der zukünftig fällig werdenden Mieten an sich verlangen.

     

    Praxishinweis |

    Beim Tod des Vermieters sollte sein Erbe den Mieter von der Rechtsnachfolge, also dem Eintritt des Erbfalls sowie seiner Stellung als Erben, umgehend informieren. Wird mit der Verwaltung der Immobilie ein Dritter, z.B. eine Hausverwaltung, beauftragt, ist dem Informationsschreiben eine schriftliche Vollmacht beizufügen. Zum Nachweis der Stellung als forderungsberechtigter Erbe empfiehlt es sich ferner, einen Erbschein vorzulegen. Ausreichend ist aber auch ein eröffnetes öffentliches Testament (BGH NJW 05, 2779). Wurde das Grundbuch bereits auf den Erben umgeschrieben, sollte der Grundbuchauszug der Anzeige der Änderung der Eigentumsverhältnisse sowie die Vollmacht beigefügt werden. Legitimiert sich der Erbe gegenüber dem Mieter nicht oder nicht ausreichend, läuft er Gefahr, dass der Mieter berechtigt die Miete einbehält oder hinterlegt, solange nicht Klarheit über die Erbenstellung und damit über die Person des Gläubigers der Mietforderung besteht. Der BGH hat betont, dass es nicht Aufgabe des Mieters als Forderungsschuldner ist, bei einem Gläubigerwechsel aufgrund eines Erbfalls die Erben und neuen Gläubiger zu ermitteln (NJW 06, 51 f.).

    3. Mieterhöhung

    Auch Mieterhöhungen sind durch den Erben des verstorbenen Vermieters grundsätzlich ab Eintritt des Erbfalls möglich, soweit die mietrechtlichen Voraussetzungen dazu vorliegen. Bei Erbengemeinschaften ist darauf zu achten, dass die Mieterhöhung durch alle Mitglieder der Erbengemeinschaft mangels Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft ausgesprochen wird. Die Mieterhöhung muss die Unterschriften aller einzelner Mitglieder der Erbengemeinschaft mit dem Zusatz „in Erbengemeinschaft“ tragen.

    4. Kündigung des Mietverhältnisses

    Auch die Kündigung ist von allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft persönlich in Erbengemeinschaft zu unterzeichnen und an alle Mieter des Mietverhältnisses zu adressieren. Denn bei einer Erbengemeinschaft sind zur Kündigung und ggf. zur Erhebung der Räumungsklage nur alle Miterben gemeinschaftlich berechtigt.

     

    a) Kündigung wegen Zahlungsverzugs

    Eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs aus § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a BGB (fristlose Kündigung) sowie aus § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB (hilfsweise erklärte fristgemäße Kündigung) scheitert, wenn der Mieter die Miete zunächst einbehält, weil er sich über die Person des Erben und Vertragsnachfolgers auf Vermieterseite unsicher ist (BGH NJW 06, 51 f.). Diese Unsicherheit des Mieters wird erst durch den expliziten Hinweis auf Datum und Eintritt der Erbfolge unter Nennung sämtlicher einzelner Erben im Fall einer Erbengemeinschaft beseitigt. Erst dann erhält der Mieter ausreichende Kenntnis von seinen neuen Gläubigern und muss die Miete an die Erben entrichten. Andernfalls kann ihm bei unterlassener Zahlung kein für den Eintritt des Zahlungsverzugs notwendiges Verschulden (§ 286 Abs. 4 BGB) vorgeworfen werden. Insbesondere bei Erbengemeinschaften folgt daraus für die Praxis, dass sie sich nicht nur als Erbengemeinschaft dem Mieter vorstellen, sondern dem Mieter alle Erben einzeln benennen muss (BGH DWW 02, 302 = NJW 02, 3389; NJW 06, 3715).

     

    b) Kündigung wegen Eigenbedarfs

    Hat der Verstorbene noch gekündigt, können sein Erbe oder die Erbengemeinschaft die Kündigung nur weiterverfolgen, wenn der Kündigungsgrund auch von ihnen geltend gemacht werden kann. Das gilt in aller Regel bei einem Eigenbedarf, den noch der Verstorbene für sich geltend gemacht hat, nicht (OLG Karlsruhe NJW-RR 94, 80 f.). Ausnahmsweise kann die bereits erklärte Kündigung wegen Eigenbedarfs weiter verfolgt werden, wenn der verstorbene Vermieter und sein Rechtsnachfolger die Wohnung zusammen genutzt haben und der Rechtsnachfolger die Wohnung auch in Zukunft weiter nutzen möchte. Dann liegt ein deckungsgleicher Kündigungssachverhalt vor. Ein nicht im Haus wohnender Rechtsnachfolger kann dagegen Eigenbedarfsgründe in aller Regel nicht geltend machen. Er ist auf die sonstigen vom Mietrecht gesetzlich anerkannten Kündigungsmöglichkeiten verwiesen, § 573 Abs. 1 und 2 BGB (Blank in: Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 10. Aufl., § 573a BGB Rn. 20).

     

    Weigern sich einzelne Miterben, z.B. wegen begründeten Eigenbedarfs zu kündigen, müssen sie von den anderen Miterben auf Abgabe dieser Erklärung verklagt werden, § 2038 Abs. 1 BGB.

     

    c) Verwertungskündigung

    Für die Verwertungskündigung ergeben sich keine Besonderheiten. Sie kann insbesondere zur Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft auf Vermieterseite erfolgen (BGH MDR 11, 908, Abruf-Nr. 112080).

    5. Abschluss neuer Mietverträge durch die Erbengemeinschaft

    Sowohl auf der Vermieter- als auch auf der Mieterseite können Personenmehrheiten auftreten. Mehrere Vermieter bilden entweder eine Bruchteilsgemeinschaft im Sinne von § 741 BGB oder eine Gesamthandsgemeinschaft wie z.B. die Erbengemeinschaft, § 2038 Abs. 1 S. 1, § 2040 Abs. 1 BGB.

     

    a) Stellung als Vertragspartei

    Anders als die Außen-GbR (BGH DWW 02, 302 =NJW 02, 3389) billigt der BGH der Erbengemeinschaft keine Rechtsfähigkeit zu (BGH NJW 06, 3715). Deshalb kommt der von einem Mitglied der Erbengemeinschaft abgeschlossene Mietvertrag nicht mit der Erbengemeinschaft als solcher, sondern nur mit dem einzelnen Miterben zustande. Grund: Die Rechtsstellung der Erbengemeinschaft ist mit derjenigen der GbR nicht vergleichbar. Anders als die GbR wird die Erbengemeinschaft nicht rechtsgeschäftlich, sondern gesetzlich begründet. Sie ist vor allem keine werbende Gemeinschaft, da sie im Gegensatz zur GbR nicht auf Dauer angelegt, sondern auf Abwicklung und Auseinandersetzung gerichtet ist, § 2042 Abs. 1 BGB.

     

    Bei einer Erbengemeinschaft sind also nur alle Miterben in gesamthänderischer Bindung rechtlich in der Lage, Mietverträge abzuschließen, auf Vertragsänderung gerichtete Erklärungen abzugeben oder den Vertrag zu beendigen. Das gilt z.B. für die Kündigung und die Erhebung der Räumungsklage durch die Erbengemeinschaft in ihrer Rolle als Vermieter. Einzelne Miterben, die sich weigern, an der gewollten Kündigung des Mietverhältnisses mitzuwirken, müssen deshalb von den anderen Miterben auf Abgabe dieser Erklärung verklagt werden.

     

    Ist Rechtsnachfolgerin des Vermieters eine Erbengemeinschaft und beantragt einer der Miterben die Teilungsversteigerung einer vermieteten Nachlassimmobilie, tritt der Ersteher in das bestehende Mietverhältnis ein.

     

    b) Wahrung der Schriftform

    Mietverträge können formfrei geschlossen werden. Die Frage der Einhaltung der Schriftform stellt sich aber bei langfristigen Mietverträgen über Räume und Grundstücke, §§ 550, 578 BGB.

     

    Das Schriftformgebot des § 550 BGB will in erster Linie sicherstellen, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes aufseiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Vertrag ersehen kann. Darüber hinaus dient die Schriftform des § 550 BGB aber auch dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien sicherzustellen und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen (BGH NJW 08, 2178 mit Anm. Stapenhorst, NJW 08, 2181).

     

    § 550 S. 2 BGB zeigt mit dem entstehenden Sonderkündigungsrecht die Folge der nicht beachteten Schriftform.

     

    Bereits mit Urteil vom 11.09.02 hatte sich der BGH zur Einhaltung der Schriftform des § 550 BGB beim Abschluss eines Mietvertrags durch einen Vertreter einer Erbengemeinschaft geäußert (NJW 02, 3389). In jenem Fall war in der Vertragsurkunde als Vermieter die Erbengemeinschaft S, vertreten durch K, aufgeführt. Der BGH hielt die Schriftform nicht für gewahrt. Dabei hat der BGH berücksichtigt, dass ein von einem Vertreter einer Erbengemeinschaft abgeschlossener Mietvertrag mangels Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft nicht mit der Erbengemeinschaft als solcher, sondern nur mit den einzelnen Mitgliedern zustande kommen kann. Die einzelnen Erben sind aber im Mietvertrag nicht namentlich aufgeführt. Aus der Urkunde heraus waren sie auch nicht bestimmbar. Die Bezeichnung Erbengemeinschaft S lässt nach Ansicht des BGH sowohl die Deutung zu, dass es sich um eine Erbengemeinschaft nach einem Erblasser S als auch um eine Gemeinschaft von Erben mit dem Namen S handelt. Der Beweisfunktion und dem Informationsinteresse eines künftigen Grundstückserwerbers sei aber nur gedient, wenn die genaue Bezeichnung der Parteien aus der Vertragsurkunde ersichtlich sei. Dies gelte in besonderem Maß, wenn auf einer Vertragsseite eine Personenmehrheit beteiligt sei.

     

    Praxishinweis |

    Ob beim Abschluss eines Mietvertrags durch einen Vertreter für die Erbengemeinschaft zur Einhaltung der Schriftform auch die Angabe von Art und Grund des Vertretungsverhältnisses erforderlich ist, hat der BGH offengelassen (dazu Kraemer, NZM 02, 465, 471). Man wird daher den Namen und die letzte Adresse, den Todestag des Verstorbenen sowie Namen und Anschriften aller Erben angeben müssen (Leo, in Lützenkirchen (Hrsg.), AHB-Mietrecht, 3. Aufl., A Rn. 251, 143).

    6. Testamentsvollstreckung

    Hat der verstorbene Vermieter Testamentsvollstreckung (§§ 2197 bis 2228 BGB) angeordnet, sollte sich der Testamentsvollstrecker (TV) unter Vorlage seines TV-Zeugnisses beim Mieter vorstellen. Dem TV obliegt die Aufgabe, den Nachlass entweder dauerhaft zu verwalten (§§ 2205, 2216 BGB) oder abzuwickeln, § 2204 BGB. Er handelt aus Gründen äußerster Vorsorge als Treuhänder im eigenen Namen für den oder die Erben. Deshalb kann er Mietverträge im eigenen Namen abschließen. Verpflichtet werden dadurch aber die Erben. Ansprüche aus bestehenden Mietverhältnissen kann nur der Testamentsvollstrecker geltend machen (§ 2212 BGB). Bei angeordneter länger dauernder Verwaltung muss der TV den Erben auf deren Verlangen hin jährlich über die vereinnahmten Mieten Rechnung legen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • EE 11, 37, zu der Wirksamkeit der Kündigung von Mietverträgen eines Nießbrauchers nach dessen Tod
    Quelle: Ausgabe 10 / 2011 | Seite 174 | ID 28182630