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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Kreditoren aufgepasst - bei Angabe eines Postfachs ist der Vorsteuerabzug in Gefahr!

    von Dipl.-Finw. Rüdiger Weimann, Dortmund

    | Die Pflichtangaben in Rechnungen sind insbesondere in §§ 14 und 14a UStG geregelt. Die Einhaltung der Pflichtangaben ist erforderlich, damit der Vorsteuerabzug gewährt werden kann. Unter anderem muss die Eingangsrechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers enthalten. Das Merkmal „vollständige Anschrift“ (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG) ist nur dann erfüllt, wenn es sich bei der Anschrift um die zutreffende Anschrift des leistenden Unternehmers handelt, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet. Sind die Tatbestandsmerkmale des Vorsteuerabzugs nicht erfüllt, kann dieser im Festsetzungsverfahren auch dann nicht gewährt werden, wenn der Leistungsempfänger hinsichtlich des Vorliegens dieser Merkmale gutgläubig war, so ein aktuelles Urteil des BFH. |

     

    Sachverhalt

    Ein deutscher Kfz-Händler (D1) kaufte Fahrzeuge bei einem anderen deutschen Händler (D2) und erhielt von diesem Bruttorechnungen unter gesondertem Ausweis deutscher Umsatzsteuer.

     

    Das FA versagte den Vorsteuerabzug daraus. Bei der in den Rechnungen angegebenen Anschrift des D2 habe es sich lediglich um einen Briefkastensitz gehandelt, dessen Angabe die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 UStG nicht erfülle. Unter der betreffenden Anschrift sei D2 lediglich postalisch erreichbar gewesen. Dort hätten sich eine Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins und ein Buchhaltungsbüro befunden, das die Post des D2 entgegengenommen und für ihn Buchhaltungsarbeiten erledigt habe. Eigene geschäftliche Aktivitäten des D2 hätten dort nicht stattgefunden.

     

    Vielmehr habe D2 zeitgleich zwei Büroräume, eine Einbauküche, zwei Toiletten und Lagerfläche unter einer anderen Anschrift angemietet. Es spreche einiges dafür, dass sich dort auch die von D2 gehandelten Fahrzeuge befunden hätten.

     

    Entscheidung

    Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG, den Vorsteuerabzug zu versagen. Das Merkmal „vollständige Anschrift“ erfüllt nur die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet. Denn sowohl Sinn und Zweck der Regelung in § 15 Abs. 1, § 14 Abs. 4 UStG als auch das Prinzip des Sofortabzugs der Vorsteuer gebieten es, dass der Finanzverwaltung anhand der Rechnung eine eindeutige und leichte Nachprüfbarkeit des Tatbestandsmerkmals der Leistung eines anderen Unternehmers ermöglicht wird.

     

    Der den Vorsteuerabzug begehrende Leistungsempfänger trägt hierfür die Feststellungslast, denn es besteht eine Obliegenheit des Leistungsempfängers, sich über die Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu vergewissern.

     

    Die Angabe einer Anschrift, an der im Zeitpunkt der Rechnungstellung keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, reicht als zutreffende Anschrift nicht aus. Der BFH verweist dazu auf die eigene Rechtsprechung und führt im Nachsatz wörtlich aus:

     

    „… Soweit der Senat … geäußert hat, ein „Briefkastensitz“ mit nur postalischer Erreichbarkeit könne ausreichen, hält er hieran nicht mehr fest.“

     

    PRAXISHINWEIS | Die Auffassung der Finanzverwaltung, nach der auch die Angabe eines Postfachs genügt (Abschn. 14.5 Abs. 2 Satz 3 UStAE), ist damit möglicherweise mit der neuen Rechtsprechung nicht länger vereinbar - leider!

     

    Kreditorenbuchhalter sollten daher zumindest mittelfristig darauf hinwirken, dass Eingangsrechnungen entsprechend umgestellt werden. Bei Eingangsrechnungen mit hohem Vorsteuervolumen oder solchen, die aufgrund fester Geschäftsbeziehungen wiederholt eingehen und sich daher insgesamt summieren, sollte die Umstellung vorsichtshalber sofort erfolgen.

     

    Anmerkung

    Sind Tatbestandsmerkmale des Vorsteuerabzugs nicht erfüllt, kann dieser im Festsetzungsverfahren auch dann nicht gewährt werden, wenn der Leistungsempfänger hinsichtlich des Vorliegens dieser Merkmale gutgläubig war. In diesem Fall bleibt nur der Billigkeitsweg nach §§ 163, 227 AO. Macht der Steuerpflichtige Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes im Festsetzungsverfahren geltend, wird die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden sein.

     

    PRAXISHINWEIS | Um das Billigkeitsverfahren mit der Steuerfestsetzung zu verbinden, muss der Unternehmer bereits im Festsetzungsverfahren Vertrauensgesichtspunkte geltend machen und den Vorsteuerabzug auch im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme begehren.

     

    Wird der Billigkeitsantrag aber

    • erst in der Einspruchsbegründung und
    • damit nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung

    gestellt, kann das Finanzamt beide Verfahren nicht mehr miteinander verbinden.

     

    Beachten Sie | Zur Problematik sind weitere Revisionsverfahren beim BFH anhängig (V R 25/15, XI R 22/14).

     

    Fundstelle

    Quelle: Ausgabe 02 / 2016 | Seite 85 | ID 43751523

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