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  • · Fachbeitrag · Top-Meldung des Monats

    Immer neue verfassungswidrige Steuergesetze erschweren die Beratung

    | Das Jahr ist noch nicht einmal zur Hälfte um, da stehen schon drei Steuernormen auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand. Ein Zustand, der das Beratungsgeschäft nicht unbedingt vereinfacht. |

     

    Brennelementesteuer, Spekulationsfrist auf Wertpapiere und die Reichensteuer

    Nahezu zeitgleich haben drei FG festgestellt, dass verschiedene Steuernomen verfassungswidrig sind. Kaum hatte das FG Hamburg die 2011 eingeführte Brennelementsteuer für verfassungswidrig erklärt und den Fall an das BVerfG als Normenkontrollverfahren verwiesen (s. AStW 4/13, 269), halten nun das FG Köln die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist bei Wertpapiergeschäften und das FG Düsseldorf die Reichensteuer teilweise für verfassungswidrig.

     

    Verdoppelte Spekulationsfrist für Wertpapiere in 1999

    Das FG Köln stuft die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist bei Wertpapiergeschäften von sechs Monaten auf ein Jahr als verfassungswidrig ein, sofern bei den Titeln bereits die zuvor geltende halb so lange Spekulationsfrist schon abgelaufen war. Es beanstandete die Besteuerung als Spekulationsgewinn, da die auf das gesamte Jahr 1999 rückwirkend verlängerte Spekulationsfrist durch das am 31.3.99 verkündete Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 insoweit gegen den Vertrauensschutz verstößt.

     

    Das Gericht verweist dabei auf die Beschlüsse des BVerfG zur Frage der Verlängerung der Spekulationsfrist bei Grundstücken von 2 auf 10 Jahre und zur Frage der Absenkung der Beteiligungsquote von 10 auf 1 % bei der Besteuerung privater Veräußerungen von Kapitalanteilen nach § 17 EStG. Danach dürfen Wertsteigerungen nicht erfasst werden, die bis zur Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes Ende März 1999 entstanden sind und nach alter Rechtslage steuerfrei hätten realisiert werden können. Das sei entsprechend auch auf Wertpapiergeschäfte anzuwenden, betont das FG Köln.

     

    Das FG sieht sich ‒ wie bereits das FG München ‒ für den gesamten Anwendungsbereich des § 23 EStG also nicht nur für Immobilien innerhalb der Zehnjahresfrist an die Entscheidungsgründe des BVerfG hinsichtlich der gesetzten Maßstäbe für die Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung gebunden. Überträgt man die Vorgabe des BVerfG auf Immobilien, führt dies bei Börsengeschäften nun dazu, dass auch die bis zum 31.3.1999 realisierten Gewinne aus der Veräußerung der Wertpapiere nicht erfasst werden dürfen, da die vorherige kurze 6-Monatsfrist insoweit für den Altbestand weiterhin gültig bleibt und ab dem 7. Monat zur Steuerfreiheit führt.

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Aus dem Urteil lassen sich vier weitere Aspekte ableiten:

     

    • 1. Gegen die Besteuerung nach § 23 EStG ab 1999 bestehen grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Anwendung führt aber zur verfassungsrechtlich problematischen Rückwirkung, wenn Anleger Papiere erworben hatten, als noch die sechsmonatige Spekulationsfrist galt.
    • 2. In der vom FG zugelassenen Revision soll der BFH klären, ob die Grundsätze des BVerfG auch für andere Wirtschaftsgüter als nur für Grundstücke gelten.
    • 3. Die nun anstehende BFH-Entscheidung ist in der Praxis von großer Bedeutung, da sich die Frage zur Spekulationsfrist bei Börsengeschäften mittlerweile in einer Vielzahl von Besteuerungsverfahren ergeben hat.
    • 4. Die Finanzverwaltung hat die Vorgaben des BVerfG noch nicht in vollem Umfang zu § 23 EStG umgesetzt, sondern nur im Hinblick auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte. Aus diesem Grund macht dies eine klarstellende Entscheidung des BFH erforderlich.
     

     

    Fundstellen

    • BMF 20.12.10, IV C 6-S 2244/19/10001 :006, BStBl I 11, 14

     

    Spitzensteuersatz von 45 % Einkommensteuer im Jahre 2007

    Der seit Anfang 2007 erhobene Spitzensteuersatz von 45 % bei der Ein-kommensteuer stellt eine teilweise verfassungswidrige Ungleichbehand-lung dar. Mit dieser Ansicht hat das FG Düsseldorf dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob der ehemalige Entlastungsbetrag in § 32c EStG in der Fassung von 2007 mit einem nach Einkunftsarten differenzierenden Tarifverlauf gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Die Tatsache, dass Steuerpflichtige mit Lohn- und Gehaltseinkünften sowie mit Miet- oder Zinseinkünften dem Satz der Reichensteuer von 45 % unterworfen wurden, andere Steuerpflichtige hingegen maximal 42 % zahlen mussten, stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Bei der Einführung der Reichensteuer sei kein erkennbarer Rechtfertigungsgrund angegeben worden, gerade sehr gut verdienende Arbeitnehmer, Anleger oder Vermieter steuerlich besonders stark zu belasten.

     

    Zwar ist nach Meinung des FG der Spitzensteuersatz bzw. der gesamte Einkommensteuertarif nicht insgesamt verfassungswidrig, denn bei der Ausgestaltung des Tarifs kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Vor dem Gleichheitsgebot des GG lässt es sich aber nicht mehr rechtfertigen, dass nur eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen im Jahre 2007 der Reichensteuer unterworfen wird, andere hingegen wie Unternehmer und Freiberufler mit Gewinneinkünften von der Reichensteuer verschont bleiben.

     

    PRAXISHINWEIS | Zu beachten ist, dass sich die Entscheidung und die verfassungsrechtlichen Zweifel nur auf 2007 beziehen. Seit dem Inkrafttreten der Unternehmensteuerreform ab 2008 unterliegen alle Steuerpflichtigen mit hohem Einkommen unabhängig von der Einkunftsart der Reichensteuer von 45 %.

     

     

    Fundstellen

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 309 | ID 39125830

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