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  • · Fachbeitrag · Honorarvereinbarungen

    Der Anwalt und das „Preisgespräch“: Die Beratung

    von RA Herbert P. Schons, Duisburg/Düsseldorf

    | Ein Phänomen, auf das man bei Rechtsanwälten häufig trifft, ist die Schwierigkeit, die eigene Dienstleistung angemessen „zu verkaufen“. Dies ist eigentlich nicht einzusehen, denn die Gebührenfrage möglichst früh mit dem Mandanten zu klären und transparent zu kommunizieren, schafft Vertrauen und bildet die Basis für ein entspanntes und erfolgreiches Honorargespräch. Das o.g. Phänomen wird noch dadurch unterstrichen, dass der Gesetzgeber sich 2004 und 2006 veranlasst gesehen hat, den Rechtsanwalt im Grunde zu zwingen, offene Preisgespräche vor der Mandatsübernahme zu führen. Der folgende Beitrag zeigt, wie Sie dabei zielführend vorgehen. |

    1. Ausgangslage

    Bereits die Hinweispflicht in § 49b Abs. 5 BRAO bezüglich der gegenstandswertabhängigen gesetzlichen Gebühren gab beiden Parteien des Mandatsverhältnisses Anlass, über die Art der Honorierung nachzudenken und hierüber zu verhandeln. Im Jahr 2006 verabschiedete sich dann der Gesetzgeber im außergerichtlichen Beratungsbereich ganz von der gesetzlichen Vergütung und zwang den Rechtsanwalt vor Übernahme des Mandats auf eine 
Gebührenvereinbarung hinzuwirken, wollte er vermeiden, später die Frage von einem Gericht klären zu lassen, was man unter einer Abrechnung nach den Vorschriften des BGB versteht. Bei „Verbrauchermandaten“ wurde dann die Möglichkeit, Honorar zu generieren, zusätzlich dadurch gedeckelt, dass ohne anderslautende Vereinbarung allenfalls Beträge in Höhe von 190 EUR (Erstberatung) und 250 EUR (jegliche weitere Beratung) erlaubt wurden.

     

    Nach Auskunft der Rechtsanwaltskammern übersahen zahlreiche Rechtsanwälte diese beiden Vorschriften. Folge: Sie verloren Honorar in erheblichem Umfang. Es ist also unerlässlich, zu wissen, wie eine vernünftige und 
gerichtsfeste Gebührenvereinbarung oder auch eine Vergütungsvereinbarung auszuhandeln und auszuformulieren sind. So vermeiden Sie nicht nur spätere Rechtsstreitigkeiten mit dem Mandanten, sondern zeigen auch 
wesentliche anwaltliche Qualitätsmerkmale, nämlich Verhandlungsgeschick, Kommunikationsfähigkeit und Transparenz.

    2. Honorargespräche helfen statt abzuschrecken

    Dass der Mandant, der in einer problematischen Situation anwaltlichen Rat sucht, unangenehm berührt sein könnte, wenn er frühzeitig mit den Honorarvorstellungen seines zukünftigen Rechtsberaters konfrontiert wird, ist ein Vorurteil. Genau das Gegenteil ist der Fall: Alle Mandanten sind erleichtert und wissen es zu schätzen, wenn sie die ohnehin im Raum stehende Frage „Was kostet das denn alles?“ nicht selbst stellen müssen. Die Frage des Rechtsanwalts: „Und nun werden Sie sicherlich fragen, mit welchen Kosten Sie zu rechnen haben?“ wird daher meist mit einem entspannten Nicken oder mit einem „Genau das wollte ich eben fragen“ beantwortet.

    3. Wirtschaftliche Überlegungen des Rechtsanwalts

    Bevor es zu dieser Situation kommt, muss sich der Anwalt darüber klar sein, wie er sich und seine Dienstleistung einschätzt und welche Mandate er zu welchen Konditionen bearbeiten muss. Er sollte sich bewusst machen, dass er bis zu 50 Prozent seines Nettoumsatzes für Kosten aufwenden muss (s.o., S. 10) und der verbleibende Rest um Steuern, private Krankenversicherung und 
Altersvorsorge reduziert wird. Umgekehrt muss sich der Anwalt in die wirtschaftliche Lage seines Gegenübers hineinversetzen und überlegen, was dem Mandanten „abverlangt“ werden kann. Eine realistische Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten ist ebenso gefragt, wie wirtschaftliches Denken und die realistische Einschätzung der finanziellen Möglichkeiten des Gegenübers.

     

    Oft wird sich schnell, vor allem im Verbraucherbereich, herausstellen, dass der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nicht möglich ist. Denkbar ist, dass der Mandant nicht leistungsfähig ist oder er als Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung erwartet, dass der Rechtsanwalt für exakt die Gebühren tätig wird, die später ‒ Deckungszusage vorausgesetzt ‒ von der Versicherung erstattet werden. Aber auch in diesen Fällen bleibt die Notwendigkeit, zunächst zu klären, was der Mandant als Erstes wünscht.

     

    Auf entsprechende Nachfrage werden acht von zehn Mandanten zunächst eine Beratung wünschen, also eine rechtliche Ersteinschätzung oder -analyse. In diesem Fall wird der Rechtsanwalt schon jetzt auf die Notwendigkeit hinweisen, eine Gebührenvereinbarung im Sinne von § 34 RVG treffen zu müssen, da hier eine gesetzliche Vergütung nicht mehr existiert. Der Mandant erhält dann Gelegenheit, in wenigen Worten ‒ auch dies muss der Rechtsanwalt geschickt steuern ‒ sein Problem zu schildern, damit es dem Anwalt möglich ist, einen adäquaten Gebührenvorschlag zu unterbreiten.

     

    Es beruhigt den Mandanten, wenn ihm zuvor vor Augen geführt wurde, dass die Schilderung seines Problems und das bisherige Gespräch kostenfrei geführt werden und dass sich der Gebührenvorschlag zwar am Üblichen in der Kanzlei orientiere, gleichzeitig aber die Besonderheiten des Falls berücksichtigen werde. Das schafft Vertrauen, nimmt dem zukünftigen Mandanten die Anspannung und gibt dem Rechtsanwalt mittels des wichtigen „ersten Eindrucks“ die Gelegenheit, sich als erfahrenen Berater und fairen Vertragspartner darzustellen. Ist der Aufgabenbereich klar geworden, ist es an der Zeit, einen angemessen erscheinenden Gebührenvorschlag zu unterbreiten, der im Fall des Einverständnisses sofort schriftlich fixiert werden sollte (Beweisfunktion!).

    4. Basiswissen Gebührenvereinbarung

    Bei einer Gebührenvereinbarung nach § 34 RVG stehen im Wesentlichen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

     

    • festes Pauschalhonorar zzgl. Umsatzsteuer (wichtig: Umsatzsteuer stets mit vereinbaren, da der Mandant sonst von Bruttobeträgen ausgehen darf),
    • Zeithonorar (berechnet nach Stundensätzen oder kleineren Zeiteinheiten),
    • Abrechnung nach RVG i.d.F. bis zum 30.6.06, also nach Gegenstandswert und nach Nr. 2100 VV RVG a.F. mit einem Gebührenrahmen von 0,1 bis 1,0.

     

    Ist der Mandant rechtsschutzversichert, ist zwingend darauf hinzuweisen, dass sich die Erstattungszahlungen einer Rechtsschutzversicherung bei Beratungen auf 190 EUR zzgl. Umsatzsteuer für ein Erstberatungsgespräch und auf 250 EUR zzgl. Umsatzsteuer bei umfassenderer Beratung beschränken, ganz 
unabhängig davon, was die Parteien vereinbart haben. Anderenfalls drohen Schadenersatzansprüche mit der Folge, dass der Rechtsanwalt jedenfalls auf die genannten Beträge beschränkt bleibt. Schließlich sollte in der Gebührenvereinbarung nicht die Regelung fehlen, dass eine Anrechnung auf spätere Vergütungstatbestände ausgeschlossen wird, was § 34 Abs. 2 RVG ermöglicht. Auch hier ist aber der Hinweis an den rechtsschutzversicherten Mandanten geschuldet, dass diese Regelung von der Versicherung nicht akzeptiert wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Welche der o.g. Modalitäten gewählt wird, richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Ist abzusehen, dass bereits das erste Beratungsgespräch zu einer Klärung der Frage führen wird, ob hier eine weitere Vertretung Erfolg versprechend erscheint, wird man möglicherweise bei der 
Bestimmung des Honorars entgegenkommender sein und es insbesondere bei rechtsschutzversicherten Mandaten dabei belassen, allenfalls den Höchstbetrag in Höhe von 190 EUR zzgl. Umsatzsteuer vorzuschlagen. Diese Vorgehensweise hat zudem den Vorteil, dass die meisten Gebührenabteilungen der Rechtsanwaltskammern bei Anfragen des Gerichts solche Beträge als nicht unangemessen und weitestgehend akzeptiert beschreiben. Falsch ist allerdings die immer wieder anzutreffende Behauptung, gegenüber einem Verbraucher im Sinne von 
§ 13 BGB dürfe man grundsätzlich für ein erstes Beratungsgespräch nur die o.g. Beträge vereinbaren. Der Gesetzestext belegt das Gegenteil!

     

     

    Ist der Rechtsanwalt gewohnt, nach Stundensätzen abzurechnen, empfiehlt es sich, nicht den Stundensatz zu benennen, sondern den Preis für eine Viertelstunde. Dies wirkt zum einen weniger abschreckend und führt zum anderen oft zu einer vom Rechtsanwalt gewünschten Disziplinierung eines ansonsten zur Weitschweifigkeit neigenden Mandanten.

     

    Die schriftliche Fixierung der Vereinbarung bei Erstberatungshonoraren sollten Sie handschriftlich vornehmen. Das unterstreicht die Flexibilität des Preisgesprächs und das offene Aushandeln. Bei einer in Auftrag gegebenen längeren Beratungstätigkeit sollten Sie je nach Zeitaufwand eher auf den im PC 
gespeicherten Text zurückgreifen.

     

    Musterformulierung / Honorarvereinbarung für die Erstberatung

    Für ein erstes Beratungsgespräch in der erbrechtlichen Angelegenheit ... wird ein Honorar von 190 EUR zzgl. 
19 Prozent Umsatzsteuer vereinbart. Eine Anrechnung dieses Betrags auf spätere Vergütungstatbestände wird ausgeschlossen (§ 34 Abs. 2 RVG).

     

    Datum

    Unterschriften Rechtsanwalt/Mandant

     

    Weiterführender Hinweis

    • Was Sie bei einer Honorarvereinbarung beachten müssen, die über das Beratungsgespräch hinausgeht, erfahren Sie in einer der nächsten Ausgaben von „Anwalt und Kanzlei“.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2013 | Seite 15 | ID 39624160