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  • · Fachbeitrag · Fördermittel für die Kanzlei

    Förderdarlehen ‒ so kommen Rechtsanwälte an öffentliche Finanzierungsfördermittel

    von Dipl.-Ing. Marion Rohwedder, Geschäftsführerin Grantconsult GmbH, Kleve

    | Der Staat stellt ‒ nicht nur zu Coronazeiten ‒ ein Milliardenpaket an Fördergeldern zur Verfügung. In erster Linie kommen diese sogenannten Mikrounternehmen und kleinen Unternehmen zugute. Auch Rechtsanwälte können davon profitieren. „Wie“, ist das Thema des folgenden Beitrags. |

    1. Kanzleien sind oft als Mikro-/Kleinunternehmen berechtigt

    Wenn die öffentliche Hand von Mikrounternehmen spricht oder Betriebe als Kleinunternehmen oder mittlere Unternehmen (KMU) bezeichnet, richtet sie sich nach einer offiziellen Definition der Europäischen Kommission (The new SME definition, s. u. Tabelle). Hierbei wird zwischen Mikro-Unternehmen und KMU unterschieden. Eingeordnet werden die Betriebe nach der Anzahl ihrer Mitarbeiter und dem Jahresumsatz bzw. der Bilanzsumme wie folgt:

     

    • Mikrounternehmen sind Betriebe mit weniger als 10 Mitarbeitern und
      • entweder einem Jahresumsatz von maximal 2 Mio. EUR oder
      • einer Bilanzsumme von maximal 2 Mio. EUR.
    • Kleine Unternehmen sind Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern und
      • entweder einem Jahresumsatz von maximal 10 Mio. EUR oder
      • einer Bilanzsumme von maximal 10 Mio. EUR.
    • Mittlere Unternehmen sind Betriebe mit weniger als 250 Mitarbeitern und
      • entweder einem Jahresumsatz von maximal 50 Mio. EUR oder
      • einer Bilanzsumme von maximal 50 Mio. EUR.

     

    • The new SME definition für Unternehmenskategorien
    Mikro-unternehmen
    Kleine Unternehmen
    Mittlere Unternehmen

    Mitarbeiterzahl UND

    < 10

    < 50

    < 250

    Jahresumsatz in Mio. EUR ODER

    maximal 2

    maximal 10

    maximal 50

    Bilanzsumme in Mio. EUR

    maximal 2

    maximal 10

    maximal 50

     

    Wichtig | Ist in einem Förderprogramm von KMU die Rede, sind damit kleine und mittlere Unternehmen gemeint. Wird insofern ein Mikrounternehmen nicht explizit ausgeschlossen, ist es in das Förderprogramm inkludiert. Die meisten Rechtsanwaltskanzleien fallen in die Kategorien Mikrounternehmen und kleine Unternehmen. Dabei wird nicht nur auf die Zahl der Berufsträger, sondern auf alle Mitarbeiter abgestellt. Sobald eine Grenze überschritten ist, greift die SME-Regelung, d. h.: Wenn im Extremfall ein einziger Rechtsanwalt ohne Mitarbeiter mehr als 50 Mio. Euro Jahresumsatz macht, fällt er aus der KMU-Gruppe heraus. Dasselbe gilt für eine Kanzlei mit mehreren Mitarbeitern (z. B. < 250), die die Jahresumsatzgrenze oder Bilanzsumme überschreitet.

    2. So beantragen Sie ein Förderdarlehen

    Für die Gewährung von öffentlichen Fördermitteln nutzt der Staat verschiedene Förderinstrumente, wie Zuschüsse, Darlehen, Bürgschaften, Beteiligungen oder Garantien. In diesem Beitrag wird die häufigste Förderform des Darlehens betrachtet; gesetzlich verankerte Subventionen sind vollständig ausgeklammert.

     

    Darlehen reicht der Staat üblicherweise über die Banken aus, die insofern die Hauptakteure sind. Sie übernehmen jeweils wichtige Prüfungs- und Kontrollaufgaben. Sie füllen mit Ihnen zusammen die Förderdarlehensanträge aus und leiten sie an die jeweilige Förderstelle weiter.

     

    Haben Sie die Absicht, in den Ausbau Ihrer Kanzlei zu investieren und beispielsweise für energetische Maßnahmen ein KfW-Darlehen aufzunehmen, fällt es in den Zuständigkeitsbereich der (Haus-)Bank, das Gesamtvorhaben zu prüfen. Ist das Projekt tragfähig und stimmen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sagt die Bank zu und Sie können über die Bank z. B. einen Antrag auf ein KfW-Darlehen stellen.

     

    PRAXISTIPP | Ihre Hausbank kennt die Historie Ihrer Kanzlei und kann die Risikofaktoren in Zusammenhang mit einer Darlehensvergabe rasch einschätzen. Bevor Sie einen aufwendigen Businessplan erstellen oder erstellen lassen, sprechen Sie zunächst mit dem zuständigen Bankberater. Es ist gut möglich, dass dieser weniger aufwendige Unterlagen zur ersten Einschätzung akzeptiert. Damit sparen Sie Zeit und Geld.

     

    Doch auch wenn die Bank „bedingt“ ablehnt, bedeutet das noch nicht das Aus für Ihr Kanzlei-Vorhaben. Denn das heißt: Die Bank würde finanzieren, falls entweder ausreichend Sicherheiten vorhanden oder mehr Eigenkapital oder ein geteiltes Haftungsrisiko realisierbar wären. Hier können Sie also noch eine Zusage erreichen, indem Sie zusätzlich passende Förderinstrumente nutzen (z. B. eigenkapitalersetzende Förderdarlehen, Bürgschaften und Förderdarlehen mit Haftungsfreistellung).

     

    Beachten Sie | Die Bank lehnt ab, wenn die sog. Kapitaldienstfähigkeit fehlt. Die Kapitaldienstfähigkeit beschreibt, ob ein Unternehmen in der Lage ist, das Geld aufzubringen, um den Kredit zuzüglich Zinsen zu bezahlen. Kommt die Bank zu dem Schluss, dass die Kapitaldienstfähigkeit nicht gegeben ist, haben Sie keine Chance auf eine Zusage.

    3. So finden Sie Förderprogramme für Ihre Kanzlei

    Um überhaupt (im Internet) Informationen zu geeigneten Fördermitteln zu finden, können Sie am besten zunächst auf die Website Ihrer Landesregierung gehen. Dort gibt es in der Regel die Kategorie „Fördermittel“ (auch „Staatliche Unterstützung“, „Zuschüsse und öffentliche Hilfen“ oder „Finanzierung“ genannt). Für die dortigen Informationen müssen Sie sich nicht registrieren ‒ Einzelheiten werden für jedermann zugänglich auf der Website der Förderstellen (also z. B. Landesbank, Landesförderinstitut, IHK, WfG, Projektträger) zur Verfügung gestellt.

     

    Mit den Stichwörtern „Wirtschaftsförderung“ oder „IHK“ ‒ jeweils in Kombination mit Ihrem Kanzleiort ‒ oder über die URL ihk.de/ und dort über den IHK-Finder „Direkt zu Ihrer IHK vor Ort“ finden Sie die Website der für Ihre Region zuständigen IHK. Dort können Sie nach einer Kategorie „Fördermittel“ suchen ‒ leider sind die genauen Kategorien und zuständigen Stellen, die sich mit den Förderprogrammen beschäftigen, bundesweit nicht einheitlich benannt.

     

    Beachten Sie | Immer wieder kann der Begriff „Landesförderbehörden“ auftauchen, was irreführend ist. Meistens handelt es sich dabei um Dienstleister, die im Namen des Landes die Koordination einzelner Programme übernehmen (= Projektträger). Das wäre z. B. der Projektträger Jülich oder die Euronorm GmbH. Vom Land betriebene Förderstellen sind in erster Linie Landesbanken (z. B. die NRW Bank oder die Bürgschaftsbank) oder Ministerien, wie z. B. das (NRW-Landes-)Ministerium für Wirtschaft, Innovation und Digitalisierung. Sie informieren und verweisen auf die zuständigen Stellen (Landesförderbehörden oder beauftragte Projektträger), sind aber selbst nicht in die praktische Umsetzung involviert.

     

    PRAXISTIPP | Machen Sie sich über die infrage kommenden Förderprogramme schlau und suchen Sie sich danach eine Bank, die unabhängig von irgendwelchen Förderprogrammen Ihr Investitionsvorhaben begleiten soll. Sobald die Bank ihr Interesse unmissverständlich bekundet hat, ersuchen Sie den Bankmitarbeiter um die Berücksichtigung günstiger Förderkredite, nämlich z. B. Programm X, Y oder Z. In diesem Fall kann sich die Bank kaum einen Rückzieher erlauben.

     

    4. Sie können auch einen Fachmann hinzuziehen

    Um alle Register der verfügbaren Förderinstrumente zu ziehen, ist die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Finanzberater empfehlenswert. Dieser weiß um die Optionen und verhandelt in Ihrem Sinne mit der Bank oder bereitet Sie auf das Bankgespräch vor. Damit können Sie die Zusagewahrscheinlichkeit der Bank deutlich verbessern.

     

    PRAXISTIPP | Setzen Sie sich mit dem Finanzierungsexperten zusammen, bevor Sie Kontakt zur Bank aufnehmen. Dann kann er Ihre Finanzierungsanfrage strategisch vorbereiten und beim Bankgespräch bei Bedarf die zielführenden Förderinstrumente, wie Bürgschaften oder eigenkapitalersetzende Förderdarlehen, ins Gespräch bringen.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 09 / 2020 | Seite 162 | ID 46743280