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  • · Fachbeitrag · Anwaltsvergütung

    In AGB kann das Doppelte der RVG-Vergütung als Mindesthonorar vereinbart werden

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Münster/Augsburg

    | Das OLG München hat sich mit der Frage befasst, ob die Vereinbarung eines Mindesthonorars in Höhe des Zweifachen der gesetzlichen Gebühren durch allgemeine Geschäftsbedingungen möglich ist. Das OLG hat die Frage bejaht. |

     

    Sachverhalt

    Im Verfahren standen sich ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt und sein ehemaliger Mandant gegenüber. Sie stritten um ein Honorar von fast 50.000 EUR. Dafür hatte der Anwalt den Entwurf eines Geschäftsführeranstellungsvertrags geprüft. Der Mandant hatte eine Vergütungsvereinbarung unterzeichnet. Darin war u.a. ein Zeithonorar vereinbart worden. Außerdem gab es Mandatsbedingungen des Rechtsanwalts. Darin hieß es u. a. „Die Kanzlei erhält in allen Fällen, sowohl im Falle der Beratung als auch bei außergerichtlicher und/oder gerichtlicher Vertretung, mindestens das Zweifache der gesetzlichen Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) einschließlich Vergütungsverzeichnis (VV) unter Berücksichtigung der Streitwertregelung gemäß folgendem Absatz.“ Der Mandant erhob negative Feststellungklage, mit der er den gesamten Honoraranspruch des Anwalts abwehren wollte. Der Rechtsanwalt hatte mit seiner (Wider)Klage teilweise Erfolg. Das LG sprach ihm ca. 15.500 EUR zu. Das OLG hat das im Ergebnis bestätigt.

     

    Die Vereinbarung eines Mindesthonorars in Höhe des zweifachen der gesetzlichen Gebühren durch allgemeine Geschäftsbedingung ist zulässig. Sie stellt keine überraschende Klausel im Sinne des § 307c Abs. 1 BGB dar, und zwar auch dann nicht, wenn die Vergütungsvereinbarung zuerst ein Zeithonorar regelt und im Anschluss daran, aber noch unter der gleichen Gliederungsnummer, das Mindesthonorar (Abruf-Nr. 190905).

     

    Entscheidungsgründe

    Es liegt keine überraschende Klausel i. S. des § 305c Abs. 1 BGB vor. Dazu genügt allein nicht, dass die Vereinbarung des Zweifachen der gesetzlichen Vergütung als Untergrenze ggf. unüblich ist. Es muss als zweite, normative Voraussetzung ein Überraschungsmoment hinzukommen. Die Vergütungsvereinbarung regelt zuerst das Zeithonorar und dann, aber noch unter der gleichen Gliederungsnummer, das Mindesthonorar. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass das Zeithonorar im Vordergrund steht und die Vereinbarung auf diesem „basiert“. Die Vergütungsvereinbarung beginnt sprachlich notwendig mit nur einer der Berechnungsweisen der Vergütung und stellt im Anschluss daran die andere dar. Eine Rangordnung folgt daraus nicht.

     

     

    Die Klausel verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Rechtsanwalt ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Mandanten ungefragt über die voraussichtliche Höhe der gesetzlichen Gebühren aufzuklären (BGH AGS 10, 216; NJW 07, 2332; LG Stuttgart AK 16, 170). Gleiches gilt für den voraussichtlich anfallenden Zeitaufwand des nach einer Zeithonorarvereinbarung abrechnenden Rechtsanwalts.

     

    Deshalb kann von dem Rechtsanwalt nach den Umständen nicht gefordert werden, die für viele unterschiedliche Ausgangssachverhalte vorformulierte Vertragsklausel so zu gestalten, dass der Mandant schon beim Abschluss der Vergütungsvereinbarung erkennen kann, ob in seinem konkreten Fall eine Abrechnung nach Zeitaufwand oder das Mindesthonorar in Höhe des Zweifachen der gesetzlichen Gebühren anzuwenden ist.

     

    Schließlich ist auch eine unangemessene Benachteiligung aus anderen Gründen zu verneinen. Eine Zeithonorarvereinbarung als solche ist ‒ auch formularmäßig ‒ nach ganz einhelliger Auffassung zulässig (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 22. Aufl., § 3a Rn. 65; Mayer/Kroiß/Teubel, RVG, 6. Aufl., § 3a Rn. 98). Das gilt auch, wenn ein Mehrfaches der gesetzlichen Gebühren vereinbart wird. Dies ist ‒ jedenfalls bei einer Vereinbarung des Zweifachen ‒ ebenfalls zulässig.

     

    Relevanz für die Praxis

    Eine anwaltsfreundliche Entscheidung zu einer Frage, die ‒ soweit ersichtlich ‒ von der Rechtsprechung für die Anwaltsvergütung bisher nicht entschieden worden ist. Es bleibt abzuwarten, ob andere Gerichte den vom OLG München eingeschlagenen Weg mitgehen. Vom BGH werden wir zu der Frage voraussichtlich nichts hören. Das OLG hat nämlich die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

     

    Weiterführende Hinweise

    • Stundensatz von 275 EUR kann angemessen sein: AK 16, 6
    • Der Anwalt und das „Preisgespräch“: Die Beratung: Schons, AK 13, 15
    Quelle: Ausgabe 02 / 2017 | Seite 28 | ID 44442064