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  • · Fachbeitrag · Regress

    Anwalt darf nicht blind auf mitgeteiltes Zustelldatum vertrauen

    | Jüngst entschieden Gerichte mehrfach, wann Mandanten besonders zu belehren sind oder Einzelheiten präziser nachgefragt werden müssen. Das setzt der BGH jetzt fort und sagt: Teilt der Mandant den Zugangstag einer per Boten übermittelten Kündigung mit, darf der Anwalt sich hierauf nicht einfach verlassen. Denn was „zugegangen“ heißt, weiß ein juristischer Laie meist nicht. |

     

    Sachverhalt

    Der Arbeitgeber der Mandantin hatte dieser mit Schreiben vom 22.12.11 außerordentlich gekündigt. Das Kündigungsschreiben wurde noch am gleichen Tag per Boten in den Briefkasten der Mandantin eingeworfen. Die Mandantin legte dem Anwalt das Schreiben dann mit dem Hinweis vor, dass es am 23.12.11 zugestellt worden sei. Hierauf verließ sich der Anwalt und versäumte die Kündigungsschutzfrist. Die Mandantin nimmt den Anwalt deshalb auf Schadenersatz in Anspruch.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Ansicht des BGH hat der Anwalt die ihm obliegenden vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt (14.2.19, IX ZR 181/17, Abruf-Nr. 207637). Ein Schreiben gilt als zugegangen, wenn nach den Gepflogenheiten des Verkehrs zu erwarten ist, dass es nach Einwurf noch am gleichen Tag entnommen wurde (BGH, vgl. OLG Karlsruhe 9.2.18, 8 U 117/17). Geschieht dies jedoch zu einer Tageszeit, zu der nach diesen Gepflogenheiten nicht mehr erwartbar ist, dass der Briefkasten geleert wird, ist die Willenserklärung erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen. Diese Kriterien zu kennen, kann allgemein bei einem Mandanten nicht vorausgesetzt werden. Es war hier auch nicht ersichtlich, dass er sich insoweit juristisch auskennt. Da das Schreiben zudem „per Boten“ zuging, hätte der Anwalt eine Zustellung noch am 22.12.11. in Betracht ziehen müssen.