20.11.2012
Landesarbeitsgericht: Urteil vom 11.10.2012 – 5 Sa 499/11
Equal-Pay-Anspruch bei Bezugnahmeklausel auf unwirksame CGZP/AMP-Tarifverträge - arbeitsvertragliche Ausschlussfrist
1.Die Tariföffnungsklausel in § 9 Nr. 2 Hbs. 2 und 3 AÜG setzt einen rechtswirksamen einschlägigen Tarifvertrag voraus. Wenn im Arbeitsvertrag auf die einschlägigen CGZP/AMP-Tarifverträge verwiesen wird, liegt keine Bezugnahme auf einen rechtswirksamen Tarifvertrag i.S.v. § 9 Nr. 2 Hbs. 3 AÜG vor, da die CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer Satzungen vom 11.12.2002, 05.12.2005 sowie 08.10.2009 nicht tariffähig war. Es gilt dann weiterhin der Equal-Pay-Grundsatz, § 10 Abs. 4 Satz 4 AÜG.
2.Eine wirksame arbeitsvertragliche Ausschlussfrist beginnt mit der Fälligkeit der jeweiligen Ansprüche und nicht erst mit der Bekanntgabe des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - über die fehlende Tariffähigkeit der CGZP.
In dem Rechtsstreit
pp.
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 11.10.2012 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
1. | Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.10.2011, Az.: 2 Ca 2001 c/10, abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. |
2. | Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.10.2011, Az.: 2 Ca 2001 c/10, wird zurückgewiesen. |
3. | Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt der Kläger. |
4. | Die Revision wird zugelassen. |
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen über Equal-Pay-Ansprüche nach § 9 Nr. 2 AÜG sowie um Aufwendungsersatzansprüche des Klägers.
Der 46-jährige Kläger war vom 01.06.2007 bis zum 31.07.2009 als Energieanlagenelektroniker bei der Beklagten, einem Unternehmen, das Arbeitnehmerüberlassung betreibt, auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 29.05.2007 beschäftigt (Bl. 8-9 d.A.). Zuvor war er bei der Firma P. Zeitarbeit GmbH, die ebenfalls Arbeitnehmerüberlassung betreibt, aufgrund eines inhaltsgleichen Vertrages seit dem 09.05.2007 angestellt (Bl. 6-7 d.A.). Bei einer vertraglich vereinbarten 35-Stundenwoche betrug der Stundenlohn EUR 7,63 brutto zzgl. einer außertariflichen Zulage von EUR 0,37 brutto und ab dem 01.07.2008 EUR 7, 94 brutto zzgl. einer außertariflichen Zulage von EUR 0,06 brutto.
Soweit hier von Belang beinhaltete der Arbeitsvertrag vom 29.05.2007 folgende Regelungen:
"§ 1 Vertragsgegenstand/ Tarifanwendung
(1) Der Arbeitnehmer wird als Energieanlagenelektroniker(in) eingestellt. Er verpflichtet sich, bei Kundenunternehmen des Arbeitgebers an verschiedenen Orten im gesamten Bundesgebiet und ggf. im benachbarten Ausland tätig zu werden.
...(4) Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zur Zeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Beschäftigungssicherungstarifvertrag).
Im Falle eines Verbandswechsels des Arbeitgebers gelten die Bestimmungen der dann einschlägigen Tarifwerke in ihrer jeweils geltenden Fassung. ...
(5) Soweit die nachfolgenden Regelungen mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge wörtlich übereinstimmen, dient dies der besseren Verständlichkeit dieses Vertrages; Wortlaufwiederholungen tariflicher Bestimmungen sind demnach nur deklaratorisch.
Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder zukünftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils maßgeblichen tariflichen Bestimmungen. Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweisung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Vertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.
...§ 4 Vergütung
(1) Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage der für den Arbeitgeber gem. § 1 dieses Vertrages geltenden Tarifverträge (Entgeltrahmentarifvertrag und Entgelttarifvertrag Ost/ West*). Der Arbeitnehmer wird entsprechend seiner Tätigkeit in die Entgeltgruppe E4 des Entgeltrahmentarifvertrages (Ziff. 3) eingruppiert.
Der Stundenlohn beträgt danach 7,63 EUR brutto (Ziff. 2 Entgelttarifvertrag Ost/ West*).
zzgl. ggf. übertarifliche Zulage 0,37 EUR brutto
*Nicht Zutreffendes bitte streichen
...§ 12 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen
(1) Beide Vertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.
(2) Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.
(3) Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
..."
Mit Wirkung ab dem 01.02.2009 fanden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifbindung die zwischen der iGZ und dem DGB abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 08.06.2009 fristlos, hilfsweise zum 31.07.2009. In dem nachfolgend geführten Kündigungsrechtsstreit (ArbG Elmshorn, Az.: 1 Ca 1085 d/09) schlossen die Parteien am 29.10.2009 einen Prozessvergleich mit folgendem Inhalt:
"1. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat aufgrund der fristgemäßen Kündigung der Beklagten vom 08.06.2009 aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31.07.2009 seine Beendigung gefunden.
2. Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß ab und zahlt die sich ergebenden Nettobeträge unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsanzeigen an den Kläger aus.
3. Die Beklagte hält die erhobenen Vorwürfe nicht weiter aufrecht und leitet aus der fristlosen Kündigung keine Rechte her.
4. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt."
Während des Laufes des Kündigungsverfahrens machte der Kläger gegenüber der Beklagten mit außergerichtlichem Schreiben vom 15.07.2009 für den Zeitraum Mai 2007 bis einschließlich März 2009 Ansprüche auf Differenzlohn in Höhe von insgesamt EUR 30.695,35 brutto sowie auf Differenzaufwendungsersatz in Höhe von insgesamt EUR 1.423,50 netto "nach dem Branchendurchschnitt" geltend (Bl. 10-12 d.A.). Diesen Vergütungsstreit führte der Kläger nicht in den Kündigungsrechtsstreit (1 Ca 1085 d/09) ein.
Vom 09.05.2007 bis zum 17.08.2007 war der Kläger als Leiharbeitnehmer für die Fa. U. S. GmbH (künftig: Fa. UKS) tätig. Entsprechend der Auskunft der Fa. USK gemäß § 13 AÜG (Bl. 253 d.A.) erhielten mit dem Kläger vergleichbare Stamm-arbeitnehmer einen Stundenlohn in Höhe von EUR 7,20 brutto zzgl. eines leistungsabhängigen Zuschlags von EUR 125,00 brutto im Monat.
Die Beklagte setzte den Kläger anschließend vom 27.08.2007 bis zum 18.10.2008 bei der Firma StH. GmbH (künftig: Fa. St.) ein. Die Fa. St. teilte mit Schreiben vom 26.07.2011 mit, dass die mit dem Kläger vergleichbaren Stammarbeitnehmer in diesem Zeitraum eine monatliche Grundvergütung in Höhe von EUR 1.750,00 brutto (ab Januar 2008: EUR 1.850,00 brutto) und eine anteilige Gewinnbeteiligung für 2007 in Höhe von EUR 601,00 brutto und für 2008 in Höhe von EUR 1.541,99 brutto erhielten zzgl. einer monatlichen Erfolgsprämie von durchschnittlich EUR 91,74 brutto (Bl. 254-259 d.A.).
Vom 20.10.2008 bis zum 10.03.2009 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Für den Zeitraum vom 20.10. bis 30.11.2007 zahlte die Beklagte Entgeltfortzahlung an den Kläger berechnet auf einen Stundenlohn von insgesamt EUR 8,00 brutto und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Ab dem 01.12.2008 bis zum 11.03.2009 erhielt der Kläger Krankengeld bzw. Übergangsgeld. Die Beklagte zahlte an den Kläger für März 2009 zudem eine Urlaubsvergütung in Höhe von EUR 728,00 brutto.
In der Zeit zwischen dem 01.04. und dem 31.07.2009 setzte die Beklagte den Kläger nur vom 30.04. bis zum 05.05.2009 in einem Entleiherbetrieb ein. Für April 2009 zahlte die Beklagte an den Kläger Vergütung in Höhe von EUR 1.224,00 brutto (Bl. 227 d.A.), für Mai 2009 in Höhe von EUR 245,62 (Bl. 228 d.A.), für Juni 2009 in Höhe von EUR 940,66 (Bl. 229 d.A.). Die Bundesagentur für Arbeit zahlte an den Kläger für den Zeitraum vom 10.06. bis zum 31.07.2009 Arbeitslosengeld in Höhe von EUR 1.219,41 netto (Bl. 295 d.A.). Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem Abrechnungsmonat "11.2009" eine Schlussabrechnung über die Vergütung für das Jahr 2009 (Bl. 296 d.A.), die keine an den Kläger noch zu erfolgende Auszahlung ergab.
Am 30.12.2010 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Elmshorn Zahlungsklage erhoben und die mit seinem außergerichtlichen Anspruchsschreiben vom 15.07.2009 geltend gemachten Differenzlohnansprüche und Differenzaufwendungsersatz weiterverfolgt und die Ansprüche der Höhe nach im Laufe des Verfahrens reduziert und spezifiziert. Der Kläger hat die Zahlungsklage wegen der Tarifunfähigkeit der CGZP sowie der Intransparenz der vertraglichen Bezugnahmeklausel im Wesentlichen auf den Equal-Pay-Grundsatz gestützt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des weiteren streitigen Parteivorbringens, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht hat der Zahlungsklage mit Urteil vom 27.10.2011 teilweise stattgegeben und im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten für seinen Einsatz bei der Fa. St. im Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 18.10.2008 noch restlichen Lohn in Höhe von insgesamt EUR 6.052,45 brutto sowie anteilige Gewinnbeteiligung für 2007 und 2008 von insgesamt EUR 2.142,00 brutto gemäß §§ 611 Abs. 1 BGB, 10 Abs. 4 AÜG beanspruchen könne. Der Equal-Pay-Anspruch sei nicht aufgrund der Bezugnahmeklausel in § 1 Abs. 4 des Arbeitsvertrages gemäß § 9 Nr. 2 AÜG wirksam ausgeschlossen. Die Bezugnahmeklausel sei gemäß §§ 310 Abs. 3 Nr. 2; 307 Abs. 1 Satz 2 BGB aufgrund mangelnder Transparenz unwirksam. Dem Kläger stehe mithin für die Zeit vom 01.09. bis zum 31.12.2007 ein Stundenlohn von EUR 10,10 brutto und für die Zeit vom 01.01. bis 18.10.2008 ein Stundenlohn in Höhe von 10,53 brutto zu. Ferner habe er Anspruch auf die anteiligen Gewinnbeteiligungen für 2007 und 2008. Unter Berücksichtigung der ab dem 01.02.2009 geltenden iGZ/DGB-Tarifverträge stehe dem Kläger für die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 08.06.2009 noch restliche Vergütung in Höhe von insgesamt EUR 170,54 brutto zu. Der Kläger könne sich nicht auf den Equal-Pay-Grundsatz berufen, da die iGZ/DGB-Traifverträge kraft beiderseitiger Tarifbindung zwingend Anwendung fänden. Es habe mithin ein den Equal-Pay-Grundsatz ausschließender Tarifvertrag gemäß § 9 Nr. 2 Hbs. 2 AÜG vorgelegen. Der Kläger sei auch nicht an der Geltendmachung dieser entstandenen Vergütungsansprüche gehindert. Denn die Beklagte habe sich in Ziff. 2 des Prozessvergleichs verpflichtet, das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß abzurechnen und sich ergebende Nettobeträge an den Kläger auszuzahlen. Die Frage, ob ursprünglich eventuelle Verfallfristen wirksam vereinbart worden oder durch Tarifvertrag anwendbar gewesen seien, könne daher aufgrund des später erfolgten Vergleichsschlusses offen bleiben. Im Übrigen sei die Klage aber unbegründet. Bis zum 19.06.2007 seien schon deshalb keine Equal-Pay-Ansprüche entstanden, weil der Kläger vor seiner Beschäftigung bei der Beklagten bzw. der Fa. P. Zeitarbeit GmbH arbeitslos gewesen sei, § 9 Nr. 2 Hbs. 2 AÜG a.F. (i.d.F. v. 23.12.2003). Für die Zeit vom 20.06.2007 bis 31.08.2007 könne der Kläger keine Equal-Pay-Ansprüche geltend machen, da er nicht dargelegt habe, dass die vergleichbaren Stammarbeitnehmer der Fa. UKS einen höheren Lohn erhalten hätten als er selbst bei der Beklagten. Der Kläger habe für den Entsendezeitraum von 01.09.2007 bis zum 24.10.2008 zur Fa. St. keinen höheren als den ihm zuerkannten Differenzlohnanspruch. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass zur Berechnung des Equal-Pay-Anspruchs von höheren als in den Abrechnungen der Beklagten ausgewiesenen Stundenwerten auszugehen sei. Der Sachvortrag des Klägers hierzu widerspreche sich zudem. Für die Zeit vom 25.10.2008 bis 31.01.2009 stehe dem Kläger keine restliche Vergütung zu. Der bei der Fa. St. erzielte Durchschnittsverdienst sei für die Höhe der Entgeltfortzahlung nicht maßgeblich, weil der Einsatz bei diesem Entleiher am 24.10.2008 geendet habe. Mit Wirkung ab dem 01.02.2009 habe der Kläger nur Anspruch auf den Tariflohn entsprechend der Entgeltgruppe 4 auf der Basis der iGZ/DGB-Tarifverträge. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass er die Tarifmerkmale der Entgeltgruppe 5 erfüllt habe. Die Höhe des Tariflohns folge aus der Lohntabelle "Ost". Der Kläger habe auch weder Anspruch auf Vergütung seiner Fahrtzeiten zu den Entleiherbetrieben noch auf Aufwendungsersatz für die Nutzung eines eigenen PKWs. Zudem habe die Beklagte dem Kläger unstreitig Fahrtkosten erstattet. Dieser habe indessen nicht dargelegt, dass ihm noch weitergehende Ansprüche gemäß § 8 des Arbeitsvertrages zustünden. Auch könne der Kläger keinen Verpflegungsmehraufwand beanspruchen. Der Kläger habe nicht dargelegt, inwieweit die Beklagte die diesbezügliche Vereinbarung vom 28.11.2007 (Bl. 116 d.A.) nicht erfüllt habe. Aufwendungsersatz für die Nutzung eigenen Werkzeuges stehe dem Kläger ebenfalls nicht zu. Es fehle an einer Anspruchsgrundlage.
Gegen dieses ihr am 30.11.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.12.2011 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 29.02.2012 am 29.02.2012 begründet. Der Kläger seinerseits hat gegen das ihm am 08.12.2011 zugestellte Urteil am 04.01.2012 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 09.03.2012 am 09.03.2012 begründet.
Die Beklagte trägt vor,
entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts verstieße die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die CGZP/AMP-Tarifverträge nicht gegen das Transparenzgebot. Im Übrigen beruft sich die Beklagte auf die Ausschlussfrist gemäß § 12 des Arbeitsvertrages. Die Verfallfristen seien auch nicht ausgeschlossen durch Ziff. 2 des Prozessvergleichs vom 29.10.2009 (1 Ca 1085 d/09). Im Kündigungsschutzprozess habe der Kläger unstreitig Differenzlohnansprüche nicht geltend gemacht, sondern vorgetragen, dass sein Bruttomonatsgehalt zuletzt EUR 1.230,00 brutto betragen habe. Allein die Einreichung einer Kündigungsschutzklage genüge nicht zur Einhaltung der Ausschlussfristen von Equal-Pay-Ansprüchen. Die übernommene Verpflichtung, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen, könne sich nur auf die vertragliche Grundlage, d.h. auch unter Beachtung der vertraglichen Ausschlussklausel, beziehen. Ordnungsgemäß bedeute hingegen nicht, dass unter Missachtung der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen auch längst verfallene Ansprüche abzurechnen seien. Die erste Stufe der vertraglichen Ausschlussfrist halte auch einer Inhaltskontrolle stand und sei aufgrund des blue-pencil-Tests auch nicht wegen der etwaigen unwirksamen zweiten Stufe der Ausschlussklausel (gerichtliche Geltendmachung) unwirksam. Die Geltendmachungsfrist beginne für die monatlichen Vergütungsansprüche jeweils am 15. des Folgemonats (§ 4 Abs. 5 des Arbeitsvertrages) und nicht etwa erst mit Verkündung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010, zumal der Kläger seine diesbezüglichen Ansprüche bereits erstmals mit Schreiben vom 15.07.2009 geltend gemacht habe. Der Kläger sei nicht gehindert gewesen, die Equal-Pay-Ansprüche jeweils innerhalb der Ausschlussfristen geltend zu machen. Mit dem Anspruchsschreiben vom 15.07.2009 habe der Kläger ausschließlich Differenzlohn bis März 2009 geltend gemacht, der zu jenem Zeitpunkt indessen schon verfallen gewesen sei. Die den Zeitraum von April bis einschließlich Juli 2009 betreffenden Ansprüche habe der Kläger erstmals mit der vorliegenden Klage klagerweiternd mit Schriftsatz vom 03.06.2011 geltend gemacht.
Die Beklagte beantragt,
das am 27.10.2011 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn, Az.: 2 Ca 2001 c/10, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und
das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.10.2010, Az.: 2 Ca 2001 c/10 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere EUR 3.426,02 brutto sowie weitere EUR 3.253,20 netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.08.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt
zunächst das erstinstanzliche Urteil. Ferner trägt er zur Begründung seiner Berufung vor, für die Fahrten zu den jeweiligen Einsatzbetrieben der Firmen UKS und St. stehe ihm noch Vergütung für die zurückgelegten Fahrtzeiten zu. Bei Leiharbeitnehmern seien Fahrtzeiten zum Entleiherbetrieb gemäß § 612 Abs. 1 BGB zu vergüten, wenn der Arbeitgeber - wie vorliegend - sich vorbehalten habe, den Arbeitnehmer im gesamten Bundesgebiet einzusetzen. Er verweist auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24.10.2006, Az.: 13 Sa 881/06. Von seinem Wohnort zur Fa. UKS seien es 16 km, für die er 22 Minuten benötigt habe. Für die Hin- und Rückfahrten stehe ihm noch Fahrtzeiten-Vergütung in Höhe von insgesamt EUR 463,52 brutto zu. Zur Fa. St. seien es 30 km und eine Fahrtzeit von 25 Minuten gewesen, sodass sich eine Fahrtzeiten-Vergütung in Höhe von insgesamt EUR 1.860,00 ergebe. Für die Zeit von September 2007 bis einschließlich September 2008 bei der Fa. St. könne er unter dem Gesichtspunkt des Equal-Pay noch die den vergleichbaren Stammarbeitnehmern gezahlte monatliche Erfolgsprämie in Höhe von EUR 91,74 brutto beanspruchen. Für 11 Monate errechne sich ein Betrag von EUR 1.009,14 brutto. Ferner stehe ihm noch restliche Entgeltfortzahlung für November 2008 in Höhe von EUR 93,36 brutto zu, da die Beklagte lediglich 140 anstelle von 151,67 Stunden abgerechnet habe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe er zudem Anspruch auf Aufwendungsersatz für verauslagte Fahrtkosten. Für die Nutzung seines eigenen PKWs könne er für die Hin- und Rückfahrten zu den Firmen UKS und St. EUR 0,15 pro gefahrenen Kilometer verlangen. Unter Berücksichtigung der bereits erstatteten Fahrtkosten ergebe sich noch eine Differenz zu seinen Gunsten in Höhe von insgesamt EUR 1.253,20 netto. Ihm stehe auch noch Aufwendungsersatz für die Nutzung des eigenen Werkzeugs in Höhe von EUR 5,00 netto pro Arbeitstag bei den Firmen UKS und St. zu, mithin unter Abzug einer erfolgten Zahlung noch insgesamt EUR 955,00 netto. Schlussendlich macht der Kläger unter Berufung auf die Vereinbarung vom 28.11.2007 für die Zeit von November 2007 bis zum 18.10.2008, d.h. für 230 Tage, eine Verpflegungspauschale in Höhe von arbeitstäglich EUR 5,00 netto, mithin insgesamt EUR 1.045,00 netto, geltend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 11.10.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die selbstständigen Berufungen der Parteien sind jeweils zulässig. Sie sind dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; §§ 519, 520 ZPO.
In der Sache selbst hat indessen nur die Berufung der Beklagten Erfolg und führt insgesamt zur Klagabweisung. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
A. Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Das Arbeitsgericht hat der Zahlungsklage zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten für die Zeit seiner Entsendung zur Fa. St. keine restlichen Vergütungsansprüche in Höhe von insgesamt EUR 8.194,45 brutto nach dem Equal-Pay-Grundsatz (I). Ferner steht ihm kein weitergehender Anspruch auf Differenzlohn für den Zeitraum ab dem 01.02.2009 bis zum 31.07.2009 nach den iGZ/DGB-Tarifen in Höhe von EUR 170,54 brutto zu (II.).
I. Für den Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 18.10.2008 sind Equal-Pay-Ansprüche nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG zwar entstanden (1.), sie sind jedoch aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages verfallen (2.).
1. Im Zeitraum vom 01.09.2007 bis zum 18.10.2008 hatte der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Vergütung in der Höhe, die vergleichbare Stammarbeitnehmer im Betrieb der Fa. St. erhielten. Der Equal-Pay-Anspruch folgt aus § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG.
a) Nach dieser Vorschrift ist der Verleiher grundsätzlich verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Diesem Grundsatz entsprechend sind nach § 9 Nr. 2 Hbs. 1 AÜG arbeitsvertragliche Vereinbarungen unwirksam, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen vorsehen. Von dem Equal-Pay-Grundsatz macht das Gesetz dann eine Ausnahme, wenn ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen vorsieht, §§ 10 Abs. 4 Satz 2; 9 Nr. 2 Hbs. 2 AÜG. § 9 Nr. 2 Hbs. 3 AÜG enthält ferner die Möglichkeit, dass im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren können und somit aufgrund einer (wirksamen) arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen solchen Tarifvertrag nicht an das Equal-Pay-Gebot gebunden sind.
b) Vorliegend fehlt es für den hier fraglichen Zeitraum von September 2007 bis zum 18.10.2008 an einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen rechtswirksamen Tarifvertrag gemäß § 9 Nr. 2 Hbs. 3 AÜG.
aa) Die Parteien haben in § 1 Abs. 4 des Arbeitsvertrages vom 29.05.2007 vereinbart, dass auf ihr Arbeitsverhältnis die einschlägigen Tarifverträge der CGZP/AMP-Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Nach § 4 des Arbeitsvertrages erfolgt die Vergütung auf der Grundlage der CGZP/AMP-Entgeltrahmen- und Entgelttarifverträge nach der Entgeltgruppe E4, wonach der Stundenlohn EUR 7,63 brutto zuzüglich einer übertariflichen Zulage in Höhe von EUR 0,37 brutto und ab dem 01.07.2008 EUR 7,94 brutto zzgl. einer übertariflichen Zulage in Höhe von EUR 0,06 brutto, mithin insgesamt EUR 8,00 brutto, betrug. Durch diese Vergütungsabrede erhielt der Kläger unstreitig einen geringeren Stundenlohn als vergleichbare Stammarbeitnehmer der Firma St.. Jene bezogen unstreitig im maßgeblichen Zeitraum einen umgerechneten Stundenlohn in Höhe von EUR 10,10 brutto und ab Januar 2008 in Höhe von EUR 10,53 brutto. Die Höhe dieses Stundenlohnes hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung unstreitig gestellt. Zusätzlich erhielt die vergleichbare Stammbelegschaft für 2007 eine Gewinnbeteiligung in Höhe von anteilig EUR 601,00 brutto und für 2008 EUR 1.541,00 brutto.
bb) Die Beklagte kann sich indessen nicht mit Erfolg auf die Ausnahmevorschrift des § 9 Nr. 2 Hbs. 3 AÜG berufen. Die gesetzliche Tariföffnungsklausel gemäß § 9 Nr. 2 Hbs. 2 u. 3 AÜG setzt voraus, dass es sich um einen Tarifvertrag im Rechtssinne handelt. Nur ein rechtswirksamer Tarifvertrag und eine rechtswirksame Bezugnahmeklausel können von der Gleichstellungspflicht befreien (Tüsing, AÜG, 3. Aufl., Rn. 39 zu § 9). Vorliegend fehlt es bereits an einem rechtswirksamen Tarifvertrag, sodass dahingestellt bleiben kann, ob die Bezugnahmeklausel in § 1 Abs. 4 des Arbeitsvertrages der AGB-Inhaltskontrolle standhält.
(1) Nach §§ 1, 2 TVG können nur gesetzlich anerkannte Tarifvertragsparteien rechtswirksam Tarifverträge mit normativer Wirkung gegenüber den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern abschließen. Nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - und der nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 22.05.2012 - 1 ABN 27/12 - in Rechtskraft erwachsenden Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012 - 24 TaBV 1285/11 u.a. - steht jedoch fest, dass die CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer Satzungen vom 11.12.2002, 05.12.2005 sowie 08.10.2009 weder als Gewerkschaft nach § 2 Abs. 1 TVG noch als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG tariffähig war bzw. ist (BAG, Beschl. v. 23.05.2012 - 1 AZB 67/11 -; BAG Beschl. v. 23.05.2012 - 1 AZB 58/11 -; BAG, Beschl. v. 24.07.2012 - 1 AZB 47/11 -, jeweils zit. n. [...]).
(2) Da der Arbeitsvertrag auf die einschlägigen CGZP/AMP-Tarifverträge verweist, liegt mithin keine Bezugnahme auf rechtswirksame Tarifverträge i.S.v. § 9 Nr. 2 Hbs. 3 AÜG vor. Die CGZP war und ist tarifunfähig. Rechtsfolge des Abschlusses eines Tarifvertrages durch eine Vereinigung ohne Tariffähigkeit ist die Unwirksamkeit und damit Nichtigkeit des entsprechenden Tarifvertrages (LAG Düsseldorf, Urt. v. 28.06.2012 - 15 Sa 228/12 -, zit. n. [...]; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.07.2012 - 5 Sa 248/12 -, zit n. [...]). Es kommt mithin nicht mehr darauf an, ob die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel möglicherweise auch noch wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam iStH. Die in § 4 Abs.. 1 des Arbeitsvertrages getroffene Lohnabrede verstieß mithin gegen das Equal-Pay-Gebot, so dass der Kläger dem Grunde nach gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG Anspruch auf den gleichen Arbeitslohn hatte, wie sie in dem fraglichen Zeitraum die mit ihm vergleichbaren Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb erhielten.
2. Gleichwohl hat das Arbeitsgericht dem Kläger zu Unrecht für den strittigen Zeitraum von September 2007 bis zum 18.10.2008 Differenzlohn in Höhe insgesamt EUR 8.194,45 brutto zugesprochen. Der nach § 10 Abs. 4 Satz 1 bzw. 4 AÜG entstandene Equal-Pay-Anspruch war gemäß § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages verfallen. Die erste Stufe der zweistufigen Ausschlussklausel in § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages ist zwischen den Parteien rechtswirksam vereinbart worden, insbesondere hält sie einer AGB-Inhaltskontrolle stand (a). Es ist der Beklagten auch nach Ziff. 2 des Prozessvergleichs vom 29.10.2009 nicht verwehrt, sich auf die Verfallfristen gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages zu berufen (b). Der Lauf der arbeitsvertraglichen Verfallfrist begann mit der Fälligkeit der jeweiligen Lohnansprüche (c).
a) § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages unterliegen der Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB. Bei dem hier in Rede stehenden Arbeitsvertrag handelt es sich unstreitig um einen sogenannten Formulararbeitsvertrag. Die Beklagte verwendet das Vertragsformular, in welchem sie vorformulierte Vertragsbedingungen aufgestellt hat, für den Abschluss einer Vielzahl von Arbeitsverträgen. Hierfür spricht bereits das äußere Erscheinungsbild (BAG, Urt. v. 25.08.2010 - 10 AZR 275/09 -, zit. n. [...]). Die in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte erste Stufe der zweistufigen Ausschlussklausel hält einer AGB-Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB stand. Sie ist weder überraschend, noch intransparent, noch benachteiligt sie den Kläger unangemessen (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 14.08.2012 - 1 Sa 495/11 -, zit. n. [...]).
aa) § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages ist weder überraschend noch mehrdeutig i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB.
Die Vereinbarung einer individualvertraglichen Ausschlussfrist in einem Arbeitsvertrag, der auf einen Tarifvertrag Bezug nimmt, ist nicht von vornherein überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB. Vielmehr entspricht es einer weit verbreiteten Übung, in einem Arbeitsverhältnis einzelvertragliche Ausschlussfristen zu vereinbaren (vgl. BAG, Urt. v. 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 -, AP Nr. 10 zu § 305 BGB). Dies gilt auch dann, wenn auf das Arbeitsverhältnis kraft einzelvertraglicher Bezugnahmeklausel ein Tarifvertrag Anwendung findet (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 14.08.2012 - 1 Sa 495/11 -, zit. n. [...]). Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist findet sich auch nicht an einer irgendwo im Vertrag versteckten Stelle, sondern ist in einem eigenen Paragraphen und unter der fettgedruckten und damit optisch hervorgehobenen Überschrift "Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen" im Arbeitsvertrag geregelt. Von einer überraschenden Klausel kann mithin nicht die Rede sein. Die Ausschlussklausel ist von ihrem Regelungsgehalt in § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages auch klar und eindeutig formuliert und damit nicht mehrdeutig i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB. Dies gilt hinsichtlich der Art der betroffenen Ansprüche (sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis), der Länge der Geltendmachungsfrist (drei Monate ab Fälligkeit), der Form der Geltendmachung (schriftlich) sowie der Rechtsfolge der Fristversäumung (Erlöschen der Ansprüche).
bb) Die Ausschlussklausel gemäß § 12 Abs. 1 und 2 BGB des Arbeitsvertrages hält auch der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.
(1) Eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, wonach Ansprüche innerhalb einer Frist von drei Monaten geltend gemacht werden müssen, verstößt grundsätzlich nicht gegen das Angemessenheitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie benachteiligt den Arbeitnehmer als Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen (BAG, Urt. v. 25.05.2005 - 5 AZR 572/94 -, AP Nr. 1 zu § 310 BGB; BAG, Urt. v. 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 -, AP Nr. 10 zu § 305 BGB).
(2) Die einzelvertragliche Ausschlussklausel ist aber auch nicht intransparent gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, insbesondere ist im Arbeitsvertrag das Verhältnis zwischen der arbeitsvertraglichen und der in Bezug genommenen tariflichen Ausschlussfrist klar und eindeutig geregelt.
Zwar haben die Parteien ihr Arbeitsverhältnis in § 1 Abs. 4 des Arbeitsvertrages den tariflichen Bedingungen der CGZP/AMP-Tarifverträge unterstellt, welches sich grundsätzlich auch auf die Geltung der tariflichen Ausschlussfristen des CGZP/AMP-Manteltarifvertrages bezieht; indessen haben die Parteien in § 1 Abs. 5 Satz 3 des Arbeitsvertrages ausdrücklich klargestellt, dass im Falle sich widersprechender Regelungen die arbeitsvertragliche Regelung dann gilt, wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger iStH. Hieraus ergibt sich eindeutig und unmissverständlich, dass vorliegend die dreimonatige arbeitsvertragliche Ausschlussfrist gemäß § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages gilt und nicht die zweimonatige tarifliche Ausschlussfrist gemäß Ziff. 19.2 CGZP/AMP-Manteltarifvertrages (Sächsisches LAG, Urt. v. 23.08.2011 - 1 Sa 322/11 -, zit. n. [...]; LAG Nürnberg, Urt. v. 02.05.2012 - 2 Sa 516/11 -, zit. n. [...]; LAG Hamm, Urt. v. 25.04.2012 - 3 Sa 1657/11 -, zit. n. [...]; a.A.: Sächsisches LAG, Urt. v. 23.05.2012 - 2 Sa 615/11 -, wobei dort eine dreimonatige arbeitsvertragliche Ausschlussklausel im Verhältnis zur ebenfalls dreimonatigen tariflichen Ausschlussfrist der Ziff. 19.2 des mehrgliedrigen CGZP u.a./AMP-Manteltarifvertrages der Inhaltskontrolle unterlag).
(3) Auch führt der Umstand, dass die in § 12 Abs. 3 des Arbeitsvertrages vereinbarte einmonatige Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung (zweite Stufe der zweistufigen Ausschlussklausel) möglicherweise unwirksam ist, nicht dazu, dass auch die dreimonatige Ausschlussfrist auf der ersten Stufe unwirksam iStH.
§ 12 Abs. 3 des Arbeitsvertrages benachteiligt den Kläger gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zwar unangemessen, weil die dreimonatige Mindestfrist für die gerichtliche Geltendmachung unterschritten wurde (BAG, Urt. v. 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 -, AP Nr. 10 zu § 305 BGB), indessen können zweistufige Ausschlussfristen geteilt werden. § 306 Abs. 1 BGB enthält insoweit eine kodifizierte Abweichung von der Auslegungsregel des § 139 BGB und bestimmt, dass bei Teilnichtigkeit grundsätzlich der Vertrag im Übrigen aufrechterhalten bleibt. Dieser Grundsatz gilt im Arbeitsrecht ohnehin allgemein (ErfK/Preis, 12. Aufl., Rn. 342 zu § 611 BGB). Soweit die Klausel nicht teilbar ist, tritt an ihre Stelle nach § 306 Abs. 2 BGB das Gesetz. Die Teilbarkeit der Klausel ist mittels einer Streichung des unwirksamen Teils mit einem "blauen Stift" zu ermitteln (blue-pencil-test; BAG, Urt. v. 21.04.2005 - 8 AZR 425/04 -, AP Nr. 3 zu § 307 BGB). Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthält (BAG, Urt. v. 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 -, AP Nr. 10 zu § 305 BGB; BAG, Urt. v. 11.04.2006 - 9 AZR 610/05 -, AP Nr. 16 zu § 307 BGB) und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar iStH. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen.
Auch wenn man die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel, d.h. § 12 Abs. 3 des Arbeitsvertrages mittels des "blue-pencil-tests" streicht, verbleibt eine eigenständige und sinnmachende Geltendmachungsfrist auf der ersten Stufe in § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages. Infolge der Unwirksamkeit des § 12 Abs. 3 des Arbeitsvertrages gilt nur noch die einstufige Ausschlussklausel gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages.
b) Die Beklagte ist nicht gehindert, sich auf die arbeitsvertragliche dreimonatige Ausschlussfrist zu berufen. Dies folgt entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht aus Ziff. 2 des Prozessvergleichs vom 29.10.2009, ArbG Elmshorn, Az. 1 Ca 1065 d/09. Die Beklagte hat dort weder etwaige Equal-Pay-Ansprüche aus der Zeit von September 2007 bis Oktober 2008 anerkannt noch hat sie auf die Verfallfristen verzichtet.
aa) Ein Prozessvergleich hat eine rechtliche Doppelnatur. Er ist sowohl eine Prozesshandlung, deren Wirkung sich nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts richtet, als auch ein privatrechtlicher Vertrag, für den die Regeln des materiellen Rechts gelten (BAG, Beschl. v. 31.05.2012 - 3 AZB 29/12 -, zit. n. [...]). Die Auslegung des mit dem Prozessvergleich abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrags richtet sich nach §§ 133, 157 BGB (BAG, Urt. v. 22.10.2008 - 10 AZR 617/07 -, AP Nr. 82 zu § 74 HGB). Ausgehend vom Wortlaut der Erklärung ist unter Beachtung des Empfängerhorizontes der wirkliche Wille der Vertragsparteien zu ermitteln. Maßgebend ist der allgemeine Sprachgebrauch, wobei Begriffe und Redewendungen, die in beteiligten Verkehrskreisen in einem bestimmten Sinne verstanden werden, diese Bedeutung erhalten (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., Rn. 14). Bei der Auslegung sind mithin alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (vgl. nur BAG, Urt. v. 15.09.2009 - 9 AZR 757/08 -, AP Nr. 7 zu § 106 GewO).
bb) Hieran gemessen hat die Beklagte in Ziff. 2 des Prozessvergleichs nicht darauf verzichtet, sich auf die Ausschlussfristen bzgl. der hier strittigen Equal-Pay-Ansprüche zu berufen.
(1) Ziff. 2 des Prozessvergleichs ist nicht zu entnehmen, dass sich die Beklagte unter Außerachtlassung der arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel verpflichtet hat, die Equal-Pay-Ansprüche aus dem Zeitraum von September 2007 bis Oktober 2008 abzurechnen und die Nettodifferenzbeträge an den Kläger auszuzahlen. Nach dem Wortlaut der Regelung war die Beklagte verpflichtet, das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt abzurechnen und die sich hieraus ergebenden Nettobeträge unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsanzeigen an den Kläger auszuzahlen.
(2) Es ist zwar anerkannt, dass eine einmal in einer schriftlichen Lohnabrechnung des Arbeitgebers ausgewiesene Lohnforderung streitlos gestellt ist und nicht noch einmal schriftlich geltend gemacht werden muss. Das folgt aus dem Zweck von Ausschlussfristen. Der Gläubiger soll durch diese angehalten werden, die Begründetheit und Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zeitnah zu prüfen. Er soll den Schuldner innerhalb der maßgebenden Fristen darauf hinweisen, ob und welche Ansprüche im Einzelnen noch erhoben werden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der Verfallfrist nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Mit der Zuleitung einer vorbehaltlosen Lohnabrechnung ist dieser Zweck der Ausschlussfrist erreicht, ohne dass es einer weiteren Geltendmachung bedarf (BAG, 21.04.1993 - 5 AZR 399/92 -, AP Nr. 124 zu § 4 TVG 'Ausschlussfristen'). Die Obliegenheit zur Geltendmachung lebt dann nicht wieder auf, wenn der Arbeitgeber die Forderung später bestreitet (BAG, Urt. v. 21.04.1993 - 5 AZR 399/92 - a.a.O.).
Die aus den dem Kläger bereits vorliegenden Abrechnungen für die Monate September 2007 bis Oktober 2008 ergebenden Nettobeträge hatte die Beklagte bereits an den Kläger ausgezahlt. Diese Vergütungsansprüche waren mithin bereits abgerechnet und damit anerkannt. Indessen hatte die Beklagte die hier allein strittigen Equal-Pay-Ansprüche gerade noch nicht abgerechnet. Ziff. 2 des Prozessvergleichs ist indessen gerade nicht zu entnehmen, dass die zwar entstandenen, aber bereits verfallenen Equal-Pay-Ansprüche neu abzurechnen und die Differenzbeträge an den Kläger auszuzahlen sind.
(3) Vielmehr handelt es sich bei Ziff. 2 des Prozessvergleichs, um eine, wenn auch nicht vollstreckungsfähige, aber gleichwohl übliche Formulierung, um im Rahmen der Beendigung eines Kündigungsrechtsstreit entstandene Verzugslohnansprüche einer Regelung zuzuführen. Auch in dem Kündigungsrechtsstreit haben die Parteien ausschließlich um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung gestritten. Bei der Auslegung darf mithin nicht außer Betracht gelassen werden, dass der strittige Prozessvergleich zur Erledigung des Kündigungsrechtsstreits abgeschlossen wurde, in dem irgendwelche vom Kündigungsrechtsstreit unabhängige Zahlungsansprüche weder rechtshängig waren noch sonst wie seitens der Parteien in das Verfahren eingeführt wurden. Die Parteien haben sich mit dem Prozessvergleich schlicht und einfach darauf geeinigt, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 08.09.2009 endete, sondern unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist erst zum 31.07.2009 endete. Durch diese in Ziff. 1 des Prozessvergleichs getroffene Einigung sind zugunsten des Klägers Verzugslohnansprüche für die Zeit zwischen dem Ausspruch der fristlosen Kündigung (08.06.2009) und dem gemäß Ziff. 1 des Prozessvergleichs vertraglich beschlossenen Beendigungszeitpunkt (31.07.2009) entstanden. Um die oftmals in der mündlichen Verhandlung nicht zu beziffernden Verzugslohnansprüche gleichwohl in einem Prozessvergleich mit zu regeln, wählen die Parteien - nicht selten auf Vorschlag des Gerichts - ungeachtet der fehlenden Vollstreckbarkeit eine Formulierung der vorliegenden Art. Dass es in Ziffer 2 des Prozessvergleichs um die Abrechnung der Verzugslohnansprüche ging, ergibt sich zudem daraus, dass Auszahlungen an den Kläger nur unter Berücksichtigung "etwaiger Überleitungsanzeigen" erfolgen sollten. Unstreitig erhielt der Kläger im Verzugszeitraum Arbeitslosengeld.
(4) Auch der Umstand, dass der Kläger die ihm nach Abschluss des Prozessvergleichs seitens der Beklagten erteilte Schlussabrechnung im November 2009 (Bl. 296 d.A.) kommentarlos akzeptiert hat, spricht dafür, dass auch er die Regelung in Ziff. 2 des Prozessvergleichs gerade nicht so verstanden hat, dass die Beklagte sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis neu abrechnen und die sich somit aus den Abrechnungen ergebenden Nettodifferenzbeträge an ihn auszahlen sollte.
(5) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger Differenzlohnansprüche sowie Differenzaufwendungsersatz bereits mit dem Anspruchsschreiben vom 15.07.2009 außergerichtlich geltend gemacht hatte. Ziff. 2 des Prozessvergleichs enthält gerade keinen Hinweis auf das Anspruchsschreiben vom 15.07.2009. Zudem hatte der Kläger dieses Anspruchsschreiben in dem Kündigungsrechtsstreit gerade nicht eingeführt, sodass die Beklagte nach dem objektiven Empfängerhorizont auch nicht hätte darauf schließen können, dass sie nach Ziff. 2 des Prozessvergleichs auch die bereits abgerechneten und verfallenen Equal-Pay-Ansprüche des Klägers abrechnen sollte.
c) Die hier allein streitgegenständlichen Equal-Pay-Ansprüche von September 2007 bis Oktober 2008 waren zum Zeitpunkt der außergerichtlichen Geltendmachung bereits lange verfallen. Gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages waren die den Monat Oktober 2008 betreffenden Lohnansprüche bereits mit Ablauf des 15.02.2009 verfallen. Die einzelvertragliche Ausschlussfrist beginnt mit der Fälligkeit der jeweiligen Ansprüche und nicht erst mit Bekanntgabe des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 14.08.2012 - 1 Sa 495/11 -; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 01.06.2012 - 9 Sa 24/12 -; LAG Düsseldorf, Urt. v. 08.12.2011 - 11 Sa 852 -; LAG Nürnberg Urt. v. 02.05.2012 - 2 Sa 516/11 -; LAG Hamm, Urt. v. 25.04.2012 - 3 Sa 1657/11 -; a.A.: LAG Berlin, Urt. v. 20.09.2011 - 7 Sa 1318/11 -, alle zit, n. [...]).
aa) Grundsätzlich richtet sich die Fälligkeit der Vergütung nach § 614 BGB. Danach ist die Vergütung nach der Leistung der Arbeit zu erbringen, d.h. in der Regel am Ende des Abrechnungsmonats. Die Vorschrift ist jedoch abdingbar. Vorliegend haben die Parteien in § 4 Abs. 5 des Arbeitsvertrages eine abweichende Fälligkeitsregelung getroffen. Danach ist die Vergütung spätestens bis zum 15. des Folgemonats auf das Konto des Arbeitnehmers zu überweisen. Die während der Entsendezeit zur Fa. St. entstandenen Equal-Pay-Ansprüche waren mithin bereits bei Zugang des per Einschreiben mit Rückschein versandten Anspruchsschreibens vom 15.07.2009 allesamt verfallen.
bb) Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 -.
(1) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sein Anspruch sei erst mit Verkündung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.10.2010 - 1 ABR 19/10 - im Sinne der Ausschlussfrist entstanden bzw. fällig geworden, weil er erst infolge dieses Beschlusses von dem Bestehen seines Equal-Pay-Anspruchs Kenntnis erlangt habe (BAG, Urt. v. 13.12.2007 - 6 AZR 222/07 -, AP Nr. 53 zu § 242 BGB 'Unzulässige Rechtsausübung - Verwirkung'). Grundsätzlich kommt es bei den Rechtsfolgen einer Ausschlussfrist nicht auf die Kenntnis eines Anspruchs an. Denn Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und bezwecken, dass sich der Anspruchsgegner rechtzeitig auf offene Forderungen einstellen kann.
Zum Beispiel wird ein Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlter Vergütungsbeträge in der Regel bereits im Zeitpunkt der Überzahlung fällig, wenn die Vergütung fehlerhaft berechnet worden ist, obwohl die maßgebenden Umstände bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Die zu viel gezahlte Summe kann sofort zurückverlangt werden. Auf die Kenntnis des Arbeitgebers von seinem Rückzahlungsanspruch kommt es nicht an (BAG, Urt. v. 19.02.2004 - 6 AZR 664/02 -, AP Nr. 3 zu § 70 BAT-O).
(2) Die Beklagte ist aber auch nicht nach dem das gesamte Recht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB, gehindert, sich auf die vertragliche Ausschlussfrist zu berufen. Die Ausschlussfrist war aufgrund der bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der Tariffähigkeit der CGZP weder gehemmt, noch bedeutet die Berufung der Beklagten auf die Ausschlussfrist eine unzulässige Rechtsausübung.
(a) Der Lauf der Ausschlussfrist kann nach § 242 BGB gehemmt sein, wenn der Anspruchsberechtigte seine Ansprüche nicht erheben kann, weil er die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht kennt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitgeber keine Abrechnung erteilt oder diese verzögert. Der Lauf der Verfallfrist für die Zahlungsansprüche ist dann solange gehemmt, wie die fehlende Abrechnung noch verlangt werden kann (BAG, Urt. v. 13.12.2007 - 6 AZR 222/07 -,a.a.O.; BAG, Urt. v. 16.11.1989 - 6 AZR 168/89 -, AP Nr. 3 zu § 11 BAT). Dies gilt jedoch regelmäßig nur in den Fällen, in denen der Gläubiger eine Abrechnung benötigt, um seine Ansprüche überhaupt berechnen zu können. Das Gebot der Rechtsklarheit erfordert, dass der Lauf der Fälligkeit nur ausnahmsweise und unter ganz engen Voraussetzungen gehemmt sein kann, wenn es dem Gläubiger unzumutbar war, seine Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen.
Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger war bereits vor dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - in der Lage, den Equal-Pay-Anspruch auf der gesetzlichen Grundlage des § 10 Abs. 4 Satz 1 bzw. 4 AÜG betragsmäßig genau zu ermitteln und geltend zu machen. Dies zeigt augenscheinlich sein eigenes Anspruchsschreiben vom 15.07.2009. Der Kläger wusste, dass er als Leiharbeitnehmer eingesetzt war und es war ihm sowohl rechtlich als auch tatsächlich möglich, seine Auskunftsansprüche gemäß § 13 AÜG gegenüber der Fa. St. durchzusetzen, um letztendlich seine Differenzlohnansprüche beziffern zu können. Die Gesetzeslage war bereits zum Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Lohnansprüche eindeutig.
Strittig war vorliegend allein die Frage, ob die CGZP im Rechtssinne tariffähig war und ob die Ausnahmevorschriften der §§ 10 Abs. 4 Satz 2; 9 Nr. 2 Hbs. 3 AÜG vorliegend den Equal-Pay-Anspruch ausschließen. Hierbei handelt es sich nicht um die Unkenntnis anspruchsbegründender Tatsachen, sondern allenfalls um einen unbeachtlichen Rechtsirrtum (LAG Düsseldorf, Urt. v. 08.12.2011 - 11 Sa 852/11, zit n. [...]; Sächsisches LAG, Urt. v. 23.08.2011 - 1 Sa 322/11 -, zit. n. [...]). Ein Rechtsirrtum hemmt jedoch nicht die AusschlussfriStH.
(b) Zudem folgt aus dem Grundgedanken des Verjährungsrechts, dass es für den Beginn der Ausschlussfrist nicht darauf ankommen kann, dass der Gläubiger positive oder annähernd positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hat. Vielmehr setzt § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den Beginn der Verjährungsfrist voraus, dass neben dem Entstehen des Anspruchs der Gläubiger die anspruchsbegründenden Umstände sowie die Person des Schuldners kennt bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit hätte kennen können. Dieser Rechtsgedanke ist hier dahingehend zu übertragen, dass der Anspruch erst dann fällig im Sinne der Ausschlussfristen ist, wenn der Gläubiger nach der Vertrags- und Gesetzeslage sowie unter Berücksichtigung des Kenntnisstands des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichtspunkte den Anspruch für möglich halten muss und ihn zudem annähernd beziffern kann (vgl. BAG, Urt. v. 01.03.2006 - 5 AZR 511/05 -, AP Nr. 10 zu § 307 BGB; BAG, Urt. v. 09.02.2005 - 5 AZR 175/04 -; AP Nr. 12 zu § 611 BGB 'Lohnrückzahlung'; LAG Hamm, Urt. v. 25.04.2012 - 3 Sa 1657/11 -, zit. n. [...]). Fälligkeit in diesem Sinne liegt indessen nicht vor, wenn es dem Gläubiger praktisch unmöglich ist, den Anspruch mit seinem Entstehen bzw. der vertraglich vereinbarten Fälligkeit geltend zu machen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die rechtsbegründenden Tatsachen in der Sphäre des Schuldners liegen und der Gläubiger es nicht durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung benötigt (BAG, Urt. v. 01.03.2006 - 5 AZR 511/05 -, AP Nr. 10 zu § 307 BGB).
Auch von diesem am Verjährungsrecht orientierten Grundsatz ausgehend hätte der Kläger die gesetzlichen Equal-Pay-Ansprüche bereits bei Fälligkeit derselben geltend machen können. Dies folgt bereits daraus, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz den Equal-Pay-Anspruch als Grundsatz normiert hat. Alle Abweichungen hiervon sind nur aufgrund der engen Voraussetzungen der §§ 10 Abs. 4 Satz 2; 9 Nr. 2 Hbs. 2 und 3 AÜG zulässig. Schon aus diesem Regel-/Ausnahmeprinzip muss ein Arbeitnehmer grundsätzlich damit rechnen, dass er gegenüber dem Arbeitgeber Equal-Pay-Ansprüche durchsetzen kann.
Zudem war die Tariffähigkeit der CGZP bereits seit langem bezweifelt worden (Thüsing, AÜG, 3. Aufl. Rn. 42). Der Kläger hat hiervon auch Kenntnis erlangt. Denn er hat bereits nahezu anderthalb Jahre vor der besagten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - mit Anspruchsschreiben vom 15.07.2009 unter Berufung auf den branchenüblichen Lohn seine Differenzlohnansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Der Kläger war mithin trotz der ungeklärten Rechtsfrage der Tariffähigkeit der CGZP weder subjektiv noch objektiv daran gehindert, seine Equal-Pay-Ansprüche zum Zeitpunkt der Fälligkeit geltend zu machen.
(c) Die Beklagte hat den Kläger auch nicht gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich davon abgehalten, seine Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Insbesondere hat sie den Kläger nicht durch irgendein Vertrauen erweckendes Verhalten im guten Glauben gelassen, sie werde im Falle der Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP ungeachtet etwaiger Verfallfristen alle Equal-Pay-Ansprüche gleichwohl abrechnen und Differenzbeträge auszahlen. Sie hat den Kläger nicht davon abgehalten, seine Equal-Pay-Ansprüche innerhalb der Verfallfrist geltend zu machen. Dies behauptet der Kläger auch nicht.
II. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die ihm vom Arbeitsgericht zuerkannte Zahlung von EUR 170,54 brutto.
Für den Zeitraum ab Februar 2009 bis zum 31.07.2009 macht der Kläger im Berufungsverfahren keine Equal-Pay-Ansprüche gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 bzw. 4 AÜG geltend, sondern hält nur seinen diesbezüglichen erstinstanzlichen Hilfsantrag auf Zahlung des Tarifentgelt entsprechend der Entgeltgruppe 4 nach dem iGZ/DGB-Entgelttarifvertrag mit dem Berufungszurückweisungsantrag aufrecht.
1. Die bis zum Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 08.06.2009 entstandenen Lohnansprüche des Klägers sind bereits aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Der Kläger hat diese auf tariflicher Grundlage basierenden Ansprüche gegenüber der Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 26.09.2011 und damit weit außerhalb der Frist des § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages geltend gemacht.
2. Aber auch die vom Kündigungsrechtsstreit abhängig gewesenen Verzugslohnansprüche betreffend den Zeitraum vom 09.06. bis zum 31.07.2009 sind zwischenzeitlich verfallen.
a) Dabei verkennt die Kammer nicht, dass ein Arbeitnehmer mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage regelmäßig auch konkludent gegenüber dem Arbeitgeber die hieraus folgenden Verzugslohnansprüche geltend macht. Das Gesamtziel der Kündigungsschutzklage ist in der Regel nicht auf den Erhalt des Arbeitsplatzes beschränkt, sondern zugleich auch auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet, die durch den Verlust der Arbeitsstelle möglicherweise verloren gehen. Unter dem Gesichtspunkt der mit den Ausschlussfristen bezweckten Rechtsklarheit bedarf es mithin grundsätzlich keiner gesonderten außergerichtlichen Geltendmachung der bislang auf vertraglicher Grundlage gezahlten Verzugslohnansprüche (BAG, Urt. v. 26.04.2005 - 5 AZR 403/05 -, AP Nr. 188 zu § 4 TVG 'Ausschlussfristen').
Dies gilt indessen dann nicht, wenn die Parteien neben dem Kündigungsrechtsstreit auch noch über die Höhe der vertraglich oder tarifvertraglich geschuldeten Vergütung streiten. Der Kläger hat weder im laufenden Arbeitsverhältnis noch in dem Kündigungsschutzverfahren gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er das Tarifentgelt nach den iGZ/DGB-Tarifen beansprucht. Das Gegenteil ist der Fall. In der Klagschrift im Kündigungsschutzprozess (ArbG Elmshorn, Az. 1 Ca 1085 d/09) hat der Kläger vorgetragen, dass sein Bruttomonatsgehalt EUR 1.230,00 betrage. Auch der Ziff. 2 des Prozessvergleichs ist nicht im Ansatz zu entnehmen, dass die Beklagte verpflichtet war, den Verzugslohn nach den iGZ/DGB-Tarifen abzurechnen. Erstmals im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger sich auf Zahlung des Tarifentgelts nach dem iGZ/DGB-Tarifen berufen und diese gegenüber der Beklagten erkennbar geltend gemacht.
b) Ungeachtet dessen sind die Verzugslohnansprüche des Klägers spätestens mit Erteilung der Schlussabrechnung im November 2009 fällig geworden. Der Kläger hat die hier allein in Rede stehenden Verzugslohnansprüche indessen erstmals im vorliegenden Rechtsstreit gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Die Ansprüche sind mithin auch aus diesem Grunde gemäß der wirksam vereinbarten Ausschlussfrist gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages verfallen. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages enthält auch eine für den Kläger günstigere Regelung als die tarifliche Ausschlussklausel gemäß § 10 iGz/DGB-Manteltarifvertrag, nach der die wechselseitigen Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb eines Monats nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
B. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Sämtliche mit der Berufung weiterverfolgten Ansprüche auf Fahrtzeitenvergütung für die Zeit von Juli 2007 bis Oktober 2008 (EUR 2.323,52 brutto), auf weitergehende Equal-Pay-Ansprüche für die Zeit von September 2007 bis September 2008 (EUR 1.192,62 brutto), auf Entgeltfortzahlung für November 2007 (EUR 93,36 brutto), auf Fahrtkostenersatz (EUR 874,00 netto), auf Aufwendungsersatz für die Nutzung eigenen Werkzeugs sowie auf Erstattung des Verpflegungsmehraufwandes(EUR 3.253,20 netto) sind ebenfalls gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertrages verfallen. Zur Wirksamkeit der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist kann auf die obige Begründung verwiesen werden. Der Kläger hat die mit seiner Berufung weiterverfolgten Ansprüche, die allesamt bereits im Jahr 2007/2008 fällig wurden, unstreitig erstmals und noch dazu völlig unspezifiziert mit Schreiben vom 15.07.2009 gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht.
C. Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG.
Die Revision war wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Verkündet am 11.10.2012