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  • 29.05.2012

    Landesarbeitsgericht: Urteil vom 23.08.2011 – 19 Sa 550/11


    In dem Berufungsverfahren
    Beklagte und
    Berufungsklägerin
    Prozessbevollmächtigt.:
    gegen
    Klägerin und
    Berufungsbeklagte
    Prozessbevollmächtigt.:
    hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 19,
    auf die mündliche Verhandlung vom 23. August 2011
    durch
    die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht
    und den ehrenamtlichen Richter
    und die ehrenamtliche Richterin
    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2011 - 10 Ca 5286/10 - teilweise unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt gefasst.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 349,75 EUR netto zu zahlen.

    Die Beklagte wird verurteilt, die Gehaltsabrechnungen für die Monate Juli bis Dezember 2010 zu korrigieren bzw. neu zu berechnen und es dabei zu unterlassen, einen angefallenen zu versteuernden geldwerten Vorteil in Höhe von 73,81 EUR monatlich in Ansatz zu bringen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 45% und die Beklagte 55% zu tragen.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten um die Zahlung von Vergütung und deren Abrechnung und in dem Zusammenhang über die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, einen geldwerten Vorteil zu berücksichtigen.

    Die Klägerin ist bei dem beklagten Universitätsklinikum, einer Anstalt öffentlichen Rechts, als Verwaltungsfachangestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wird nach dem Änderungsvertrag vom 28. August 2009 auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23. Juli 1996 in der Fassung vom 27. Juni 2000 und des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 5. Mai 1998 in der Fassung vom 30. Juni 2000 seit 1. Dezember 2009 als Altersteilzeitverhältnis fortgesetzt.

    Die Beklagte unterhält die im Jahr 1998 gebaute Wohnanlage "A" und vermietet die 148 Wohnungen dieser Wohnanlage ausschließlich an ihre Mitarbeiter. Die Klägerin mietete durch den Wohnraummietvertrag für Werkmietwohnungen (Bl. 13 - 20 d.A.) vom 20. Juli 2004 mit Wirkung ab 1. September 2004 eine 3-Zimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 82,01 qm. Das Bad dieser Wohnung ist rundherum gekachelt und mit einer separaten Dusche ausgestattet. Die Breite des Bads beträgt an seiner schmalsten Stelle nicht mehr als 1,74 m. Mit Schreiben vom 9. Mai 2005 reduzierte die Beklagte unter Bezugnahme auf eine Anpassung des Mietspiegels die monatliche Nettokaltmiete auf 550,92 Euro.

    Die Stadt B gibt einen qualifizierten Mietspiegel heraus. Die Tabelle 2 des qualifizierten Mietspiegels 2008, der für die Zeit vom 1. Juni 2008 bis 31. Mai 2010 galt, gibt die durchschnittliche Basis-Nettomiete pro Quadratmeter nach Wohnungsgröße und Baujahr wieder. Diese beträgt für eine Wohnung der Baujahre 1995 - 2001 mit einer Größe von 80 qm 6,63 Euro/qm und mit einer Größe von 85 qm 6,47 Euro/qm. Die Ermittlung von Zwischenwerten durch Interpolation führt für die Wohnung der Klägerin zu einem Mietpreis von 6,57 Euro/qm. Unter dem Stichwort "Dienst- und Werkswohnungen" wird im Anschluss an die Tabelle 2 darauf hingewiesen, die Analyse der Mietspiegelstichprobe habe ergeben, dass Dienst- und Werkswohnungen zu einem günstigeren Mietpreis vermietet würden; die Preisdifferenz zu vergleichbarem Wohnraum betrage 0,57 Euro/qm. Die Tabelle 3 des Mietspiegels gibt durchschnittliche Zuschläge und Abschläge für Ausstattung und Lage der Wohnung an. Für eine Rundumkachelung des Bads wird ein Zuschlag von 0,45 Euro/qm angegeben. Hat das Bad eine separate Duschwanne, gilt ein Zuschlag von 0,27 Euro/qm. Ist das Bad an der schmalsten Stelle mindestens 2m breit, ist ein Zuschlag von 0,32 Euro/qm zu berücksichtigen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietspiegels wird auf Bl. 76 - 79 d.A. Bezug genommen.

    Mit Schreiben vom 6. Juli 2009 forderte die Beklagte die Klägerin - wie auch die anderen Mieter zur Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf, die ab 1. Oktober 2009 in Kraft treten sollte. Danach sollte der Mietzins für die Klägerin 7,61 Euro/qm, insgesamt 624,10 Euro betragen und damit 73,81 Euro höher als bisher liegen. Anders als die ganz überwiegende Zahl der Mieter der Wohnanlage lehnte die Klägerin die Zustimmung ab. Mit Schreiben vom 28. September 2009 verlangte die Beklagte von der Klägerin erneut die Zustimmung zur Mieterhöhung auf 7,61 Euro/qm ab 30. November 2009. Mit Schreiben vom 18. Februar 2010 (Bl. 27 f. d.A.) zog sie dieses Mieterhöhungsverlangen zurück und bat die Klägerin erneut um Zustimmung zur Mieterhöhung zum 1. Mai 2010 auf 7,61 Euro/qm. Diesen Mietzins erläuterte sie damit, dass nach dem Mietspiegel neben einer Basismiete in Höhe von 6,57 Euro/qm ein Zuschlag für die Kachelung des Bads (0,45 Euro/qm), für die Breite des Bads (0,32 Euro/qm) und für die separate Duschwanne (0,27 Euro/qm) gerechtfertigt sei (Bl. 27 f. d.A.). Ferner kündigte sie an, den Unterschiedsbetrag von 73,81 Euro rückwirkend ab 1. Oktober 2009 als geldwerten Vorteil zu behandeln. Auch dieses Mieterhöhungsverlangen lehnte die Klägerin ab. Die Beklagte erhob gegen die Klägerin keine Klage auf Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen, weil sie die Klage mangels Einholung der erforderlichen Zustimmung des Personalrats (vgl. Beschluss des Verwaltungsgericht Frankfurt am Main vom 14. Juni 2010 - Az. 23 K 535/10 -) zur Mietzinserhöhung nicht für aussichtsreich hielt. Stattdessen holte sie mit Schreiben vom 10. März 2010, wegen dessen Inhalt auf Bl. 64 f. d.A. Bezug genommen wird, eine Anrufungsauskunft des Betriebsstättenfinanzamts (§ 42e EStG) ein. Das Finanzamt erteilte mit Schreiben vom 9. Juni 2010 die Auskunft, der Auffassung, dass aus dem monatlichen Unterschiedsbetrag in Höhe von 73,18 Euro ein geldwerter Vorteil entstehe, könne entsprochen werden. Es wies darauf hin, dass die Anrufungsauskunft nur dann Wirkung entfalte, wenn der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt von dem in der Anrufungsauskunft dargestellten Sachverhalt nicht abweiche. Wegen des weiteren Inhalts der Anrufungsauskunft wird auf Bl. 62 f. d.A. Bezug genommen.

    Ab dem Monat Juli 2010 berücksichtigte die Beklagte bei der Entgeltabrechnung einen geldwerten Vorteil für den Sachbezug Miete in Höhe von 73,81 Euro. Ferner zog sie im Juli 2010 einen Rückrechnungsbetrag für die Monate Oktober 2009 bis Juni 2010 in Höhe von insgesamt 349,75 Euro vom Nettoentgelt ab. Dazu erstellte die Beklagte Gehaltsabrechnungen für die Monate Oktober 2009 - Juni 2010, in welchen der geldwerte Vorteil separat abgerechnet wurde. Die Abrechnungen (Bl. 32 - 44 d.A.) wiesen bezogen auf den "Sachbezug Miete" in Höhe von 73,81 Euro brutto folgende Beträge aus:

    10/09: 14,92 EuroKrankenversicherung € 5,83
    Rentenversicherung € 7,34
    Arbeitslosenversicherung € 1,03
    Pflegeversicherung € 0,72
    11/09: 14,92 Euro(vgl. 10/09)
    12/09: 46,73 Euro Aufstockungsbetrag/ Gesamtbrutto/Wertguthaben € 31,80
    Krankenversicherung € 5,83
    Rentenversicherung € 7,35
    Arbeitslosenversicherung € 1,03
    Pflegeversicherung € 0,72
    01/10: 46,73 EuroAufstockungsbetrag/ Gesamtbrutto/Wertguthaben € 12,07
    Lohnsteuer € 16,92
    Solidaritätszuschlag € 2,81
    Krankenversicherung € 5,83
    Rentenversicherung € 7,35
    Arbeitslosenversicherung € 1,03
    Pflegeversicherung € 0,72
    02/10: 46,73 Euro (vgl. 1/10)
    03/10: 44,93 Euro Aufstockungsbetrag/ Gesamtbrutto/Wertguthaben € 9,49
    Lohnsteuer € 17,08
    Solidaritätszuschlag € 3,41
    Krankenversicherung € 5,84
    Rentenversicherung € 7,35
    Arbeitslosenversicherung € 1,04
    Pflegeversicherung € 0,72
    04/10: 44,93 Euro(vgl. 3/10)
    05/10: 44,93 Euro(vgl. 3/10)
    06/10: 44,93 Euro(vgl. 3/10)

    Dagegen richtet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage, die am 3. August 2010 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangen und der Beklagten am 13. August 2010 zustellt worden ist. Sie hat die Ansicht vertreten, dass kein geldwerter Vorteil berücksichtigt werden dürfe. Auf Grundlage des Mietspiegels errechne sich bei Berücksichtigung des Abzugs bei Dienst- und Werkswohnungen eine Basisvergleichsmiete von 6,00 Euro/qm. Der Unterschiedsbetrag von 0,57 Euro/qm für Werkmietwohnungen im Vergleich zu freifinanzierten Wohnungen sei als "üblicher Preisnachlass" im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu berücksichtigen. Ferner seien die Zuschläge für die Kachelung des Bads und die Ausstattung mit einer Dusche, nicht aber der Zuschlag für die Breite des Bads gerechtfertigt, so dass von einer Vergleichsmiete in Höhe von 6,72 Euro/qm, also insgesamt 551,11 Euro auszugehen sei. Die Zustimmung der überwiegenden Zahl der Mieter zum Mieterhöhungsverlangen beweise eine höhere Vergleichsmiete nicht; vielmehr gelte die Vermutung, dass die im qualifizierten Mietspiegel der Stadt ausgewiesene Miete die ortsübliche Vergleichsmiete sei. Das Mieterhöhungsverlangen sei aufgrund fehlender Beteiligung des Personalrats formell unberechtigt; die Anrufungsauskunft des Finanzamts sei unverbindlich. Das Verhalten der Beklagten sei zudem widersprüchlich, weil sie keine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung beim Amtsgericht, das allein über die Mieterhöhung entscheiden könne, erhoben habe.

    Die Klägerin hat beantragt,

    1.

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 349,75 Euro netto zu zahlen;

    2.

    die Beklagte zu verurteilen, die Gehaltsabrechnungen für die Monate Juli 2010 bis einschließlich Dezember 2010 zu korrigieren bzw. neu zu berechnen und es dabei insbesondere zu unterlassen, einen angeblichen zu versteuernden geldwerten Vorteil in Höhe von 73,81 Euro monatlich in Ansatz zu bringen;

    3.

    die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, bei künftigen Gehaltsabrechnungen zu Lasten der Klägerin ab dem Monat Januar 2011 einen monatlichen geldwerten Vorteil in Höhe von 73,81 Euro zu berücksichtigen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Vergleichsmiete 624,10 Euro betrage, so dass die Differenz zum Mietzins in Höhe von 73,81 Euro ausweislich der Anrufungsauskunft des Finanzamts als geldwerter Vorteil behandelt werden müsse. Ein Abzug für Dienst- und Werkmietwohnungen sei nicht zu berücksichtigen, weil ein Nachlass gemäß § 63 Abs. 5 Landeshaltsordnung (LHO) ausgeschlossen sei. Die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wirke sich auf die Höhe der Aufstockungsbeträge aus.

    Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch Urteil vom 18. Januar 2011 - 10 Ca 5286/10 - stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, es handele sich bei den geltend gemachten Ansprüchen um solche aus dem Arbeitsverhältnis, so dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet sei. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den Betrag von 349,75 Euro vom Entgelt einzubehalten. Dem Einbehalt sozialversicherungsrechtlicher Beiträge für die Monate Oktober 2009 bis März 2010 stehe § 28 g SGB IV entgegen, weil die Beklagte nicht dargelegt habe, dass der Abzug ohne ihr Verschulden unterblieben sei. Die Abrechnung sei nicht nachvollziehbar, weil der Betrag von 73,81 Euro separat, also ohne Berücksichtigung der weiteren Zahlungen abgerechnet worden sei. Ferner sei die Berechnung der Abzüge für die Aufstockungsleistungen nicht dargelegt. Ein geldwerter Vorteil bestehe jedenfalls nicht in Höhe von 73,81 Euro, weil der Aufschlag für die Breite des Bads nicht gerechtfertigt sei, so dass der geldwerte Vorteil allenfalls 47,56 Euro betragen könne. Da der Berechnung der Beklagten nicht gefolgt werden könne, könne es dahinstehen, ob ein Abschlag für Dienst- und Werkmietwohnungen vorzunehmen sei. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Korrektur der Gehaltsabrechnungen für die Monate Juli bis Dezember 2010 und einen Anspruch darauf, dass in Zukunft bei Gehaltsabrechnungen nicht ein geldwerter Vorteil von 73,81 Euro berücksichtigt werde.

    Das Urteil ist der Beklagten am 21. März 2011 zugestellt worden. Die Berufung der Beklagten ist am 18. April 2011 und die Berufungsbegründung nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 6. Juni 2011 am 6. Juni 2011 beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen.

    Die Beklagte, die nach der Drohung der Klägerin, aus dem Urteil zu vollstrecken, unstreitig im April 2011 zur Abwendung der Zwangsvollstreckung an die Klägerin 349,75 Euro netto zahlte, die Gehaltsabrechnungen für die Monate Oktober 2009 bis März 2011 korrigierte - insoweit wird auf Bl. 362 - 376 d.A. Bezug genommen - und ab April 2011 keinen Sachbezug mehr berücksichtigte, ist der Auffassung, dass die Klägerin durch die verbilligte Kaltmiete einen geldwerten Vorteil in Höhe von 47,56 Euro brutto monatlich erhalte, so dass die Beklagte berechtigt gewesen sei, zumindest für die Monate April bis Juni 2010 und die Zeit danach einen Betrag in Höhe von 28,28 Euro ausweislich der Testabrechnungen einzubehalten und bei den Abrechnungen zu berücksichtigen. Sie behauptet, dass sie die auf den Sachbezug entfallenden Steuern und Sozialversicherungen für die Monate April 2010 bis Juni 2010 zunächst abgeführt habe; Zahlungsnachweise habe sie nicht. Die Beträge seien aufgrund des erstinstanzlichen Urteils von der Beklagten zurück überwiesen worden. Nach Testabrechnungen stehe der Beklagten bei Berücksichtigung des geldwerten Vorteils für die Monate Oktober bis Dezember 2009 ein Anspruch in Höhe von 142,68 Euro und für die Monate Januar 2010 bis Juli 2011 ein Anspruch in Höhe von 418,39 Euro zu; dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin stehe insoweit der "dolo agit" - Einwand entgegen. Der Klageantrag zu 3) sei unbegründet, weil nicht auszuschließen sei, dass ein solcher geldwerter Vorteil zukünftig aus anderen Gründen zu berücksichtigen sein könnte.

    Der Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2011 - 10 Ca 5286/10 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie meint, dass der Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils die fehlende Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung entgegen stehe, weil ein zivilrechtlich nicht mehr durchsetzbares Mieterhöhungsverlangen nicht als geldwerter Vorteil behandelt werden könne. Der Abschlag für Dienst- und Werkmietwohnungen sei zu berücksichtigen, weil die Überlassung einer verbilligten Werkmietwohnung für die Beklagte im Hinblick auf Erreichbarkeit der Arbeitnehmer für Bereitschaftsdienste von Vorteil sei. Da aufgrund der Umstände eindeutig erkennbar gewesen sei, dass eine Verpflichtung zum Abzug nicht bestanden habe, komme einer etwaigen Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen keine Erfüllungswirkung zu. Den Vortrag der Beklagten zur Abführung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge mache sie sich zu eigen, so dass mangels Vortrags zur Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen in den Monaten Oktober 2009 bis März 2010 der Beklagten der Erfüllungseinwand jedenfalls für diese Monate nicht zustehen könne. Hilfsweise stütze sie den Zahlungsanspruch auf Schadensersatz, weil die Beklagte bei der Abrechnung Nebenpflichten verletzt habe. Sie habe einen Anspruch auf Korrektur der Abrechnungen für die Monate Juli 2010 bis Dezember 2010, zumal sie die Gehaltshöhe nicht selbst errechnen könne. Die Zulässigkeit des Antrags zu 3) folge aus der Ankündigung der Beklagten, auch in Zukunft einen geldwerten Vorteil berücksichtigen zu wollen.

    Wegen des weiteren Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze vom 6. Juni 2011 (Bl. 188 - 206 d.A.), vom 11. Juli 2011 (Bl. 215 - 219 d.A.), vom 10. August 2011 (Bl. 233 - 241 d.A.), vom 10. August 2011 (Bl. 249 f. d.A.), vom 15. August 2011 (Bl. 263 - 343 d.A.), vom 16. August 2011 (Bl. 360 - 376 d.A.), vom 19. August 2011 (Bl. 392 - 342 d.A.) und vom 22. August 2011 (Bl. 359 - 371 d.A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 23. August 2011 (Bl. 356 f. d.A.) Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I.
    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts B vom 18. Januar 2011 - 10 Ca 5286/10 - ist zulässig. Das Rechtsmittel ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 2 b, 8 Abs. 2 ArbGG). Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet (§§ 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).

    II.
    Die Berufung ist nur teilweise begründet, soweit die Beklagte sich damit gegen den Klageantrag zu 3) richtet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Klageanträgen 1) und 2) zu Recht stattgegeben.

    1.
    Der Klageantrag zu 1) ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung des Betrags in Höhe von 349,75 Euro netto, den die Beklagte im Juli 2010 vom Nettogehalt abgezogen hat. Der Anspruch ist nicht durch die Zahlung im April 2011 erfüllt. Die Geltendmachung des Anspruchs ist nicht treuwidrig.

    a)
    Die Klägerin kann die Erstattung des Betrags verlangen, den die Beklagte im Juli 2010 vom Nettoentgelt im Hinblick auf einen "Sachbezug Miete" rückwirkend für die Monate Oktober 2009 bis Juni 2010 einbehalten hat. Die Beklagte hat die Voraussetzungen für den Einbehalt von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen für einen Sachbezug und einen Anspruch auf Rückzahlung der Aufstockungsbeiträge nicht dargelegt.

    aa)
    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 30. April 2008 - 5 AZR 725/07 -, Rn. 20 f., BAGE 126, 325 = AP SGB IV § 28g Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 611 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 3), der die Kammer folgt, sind die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich nicht befugt, die Berechtigung der Abzüge für Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge zu überprüfen. Legt der Arbeitgeber nachvollziehbar dar, dass er bestimmte Beträge für Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abgeführt hat, kann der Arbeitnehmer die nach seiner Auffassung unberechtigt einbehaltenen und abgeführten Beträge grundsätzlich nicht erfolgreich mit einer Vergütungsklage geltend machen. Die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen begründet einen besonderen Erfüllungseinwand, den der Arbeitgeber einem Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entgegenhalten kann. Der Arbeitnehmer ist dann auf die steuer- und sozialrechtlichen Rechtsbehelfe beschränkt. So kann er die Anmeldung der Lohnsteuer und den Einkommensteuerbescheid anfechten und die Rückerstattung erhöhter Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 26 SGB IV fordern. Etwas anderes gilt allerdings, wenn für den Arbeitgeber auf Grund der für ihn zum Zeitpunkt des Abzugs bekannten Umstände eindeutig erkennbar gewesen ist, dass eine Verpflichtung zum Abzug nicht bestand. Nach § 28 Satz 3 SGB IV darf ein unterbliebener Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist.

    Allerdings haftet der Arbeitgeber gemäß § 280 BGB dem Arbeitnehmer auf Schadensersatz, wenn er bei der Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge schuldhaft Nebenpflichten verletzt, dadurch Schäden des Arbeitnehmers verursacht und dem Arbeitnehmer kein Mitverschulden zur Last gelegt werden kann. Dabei hat der Arbeitgeber für die verkehrsübliche Sorgfalt einzustehen (§ 276 BGB). Dies zieht bei unklarer Rechtslage regelmäßig die Notwendigkeit nach sich, eine Anrufungsauskunft beim Betriebsstättenfinanzamt einzuholen (§ 42e EStG).

    bb)
    Nach diesen Gründsätzen steht der Klägerin der geltend gemachte Vergütungsanspruch für den Monat Juli 2010 in Höhe von 349,75 Euro netto zu. Die Beklagte kann dem Anspruch nicht den besonderen Erfüllungseinwand der Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen entgegenhalten. Sie hat auch nicht dargelegt, dass ihr ein Anspruch auf Rückzahlung von Aufstockungsbeiträgen zusteht.

    (1)
    Der besondere Erfüllungseinwand der Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen besteht nicht, weil die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen hat, dass die für Steuern und den Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung einbehaltenen Beträge in Höhe von 255,85 Euro netto abgeführt sind.

    (a)
    Für die Zeit von Oktober 2009 bis März 2010 fehlt es an jeglichem Vortrag zur Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Die vorgelegten Abrechnungen weisen den Betrag zwar aus; daraus ergibt sich eine Abführung jedoch nicht. Einen solchen Vortrag hat die Beklagte auch nach dem Hinweis des Gerichts vom 2. August 2011 nicht gehalten.

    Dem Abzug der Sozialversicherungsbeiträge für diese Zeit steht zudem § 28 g SGB IV entgegen. Dass der Abzug ohne Verschulden der Beklagten unterblieben ist, ist nicht dargelegt. Darauf hat schon das Arbeitsgericht hingewiesen.

    (b)
    Für die Monate April 2010 bis Juni 2010 hat die Beklagte die Abführung der abgerechneten Beträge für Steuern und Sozialversicherungen in Höhe von insgesamt 35,44 Euro monatlich behauptet, die Klägerin hat diesen Vortrag nicht bestritten. Damit ist davon auszugehen, dass die Abführung zunächst erfolgt ist. Allerdings steht fest, dass die Beklagte erkennbar zu hohe Beiträge abgeführt hat, weil sie bei der Berechnung des geldwerten Vorteils einen unberechtigten Zuschlag für die Breite des Bads berücksichtigt hat; als Vermieterin musste sie die Maße der Wohnung kennen und damit erkennen, dass der Zuschlag nicht zu berücksichtigen war. In welcher Höhe Abzüge von Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bei einem geldwerten Vorteil von 47,56 Euro gerechtfertigt wären, hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Die Behauptung, es sei dann ein Abzug von 28,28 Euro gerechtfertigt, ist nicht nachvollziehbar, zumal nicht zwischen Steuern, Arbeitnehmeranteilen an der Sozialversicherung und Aufstockungsbeiträge unterschieden wird. Der Verweis auf die als Anlage B 1 beigefügten Testabrechnungen ersetzt den Vortrag nicht.

    Zudem steht nicht fest, dass und in welcher Höhe die abgeführten Beträge tatsächlich nach wie vor abgeführt sind. Vielmehr ist von der Rückabwicklung im Zuge der Zahlung im April 2011 auszugehen. Dem hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. Die eingereichten Korrekturabrechnungen (Bl. 362 - 376 d.A.) weisen die Rückberechnungen der Sozialversicherungsbeiträge aus. Das bedeutet, dass die ursprünglich abgeführten Beträge mit den zu zahlenden Beträgen verrechnet worden sind, so dass im Ergebnis keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind. Damit kann die Beklagte, die für die Voraussetzungen und die Höhe des Erfüllungseinwands darlegungs- und beweisbelastet ist, sich nicht auf den Erfüllungseinwand berufen. Die Beklagte kann dem nicht entgegen halten, die Rückabwicklung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung vorgenommen zu haben. Einerseits war die Rückabwicklung der Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem auf Zahlung an die Klägerin, Korrektur der Abrechnungen und Unterlassung gerichteten Urteil nicht erforderlich. Andererseits hat die Beklagte mit der Berufung eingeräumt, den Sachbezug zu hoch angesetzt zu haben, so dass die Abzüge für Steuern und Sozialversicherungen jedenfalls in der Höhe unberechtigt waren. Da die Beklagte an der Höhe der Abzüge nicht festhält, steht fest, dass die vorgenommene Abführung rückgängig zu machen ist. Wird die Abführung rückgängig gemacht, hat die Klägerin nicht mehr die Möglichkeit, die Anmeldung der Lohnsteuer oder den Einkommensteuerbescheid anfechten und die Rückerstattung erhöhter Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 26 SGB IV fordern; das muss zum Wegfall des erfüllungsgleichen Einwands führen.

    (2)
    Die Beklagte hat vom Gehalt der Klägerin für den Monat Juli 2010 einen Betrag in Höhe von 93,90 Euro netto für Aufstockungsbeiträge abgezogen. Dieser Abzug ist als konkludente Aufrechnung mit einem Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Aufstockungsbeträge zu verstehen (§ 388 BGB). Durch diese Aufrechnung ist der Entgeltanspruch der Klägerin nicht erloschen (§ 389 BGB). Es ist nicht dargelegt, dass und ggfs. in welcher Höhe der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung von Aufstockungsbeiträgen zusteht. Die Beklagte hat den Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Aufstockungsbeträge nicht substantiiert, nachvollziehbar dargelegt. Darauf hat schon das Arbeitsgericht in seinem Urteil hingewiesen, so dass es eines weiteren Hinweises im Berufungsrechtszug nicht bedurfte.

    b)
    Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 349,75 Euro netto ist nicht durch die Zahlung dieses Betrags im April 2011 erfüllt. Diese Zahlung erfolgte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung.

    aa)
    Zahlungen, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem nur vorläufig vollstreckbaren Urteil geleistet werden, bewirken zunächst grundsätzlich noch keine Erfüllung (BGH, ständige Rechtsprechung, vgl. etwa 22. Mai 1990 - IX ZR 229/89 - NJW 1990, 2756, zu II der Gründe, m.w.N.). Sie stehen unter dem Vorbehalt, dass das Bestehen der Schuld rechtskräftig festgestellt wird. Die Erfüllungswirkung tritt dann erst nach der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess ein, sodass der Schuldner mit einer darauf gestützten Einwendung nicht nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist. In diesem Fall bleibt die Tilgung der Schuld bis zur Rechtskraft des Titels in der Schwebe. Eine ausdrückliche Bestimmung, dass die Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolge, ist nicht notwendig erforderlich, sondern es genügt, dass der Schuldner angesichts drohender Zwangsvollstreckung erkennbar nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung leistet (vgl. BAG 9. Dezember 1987 - 4 AZR 561/87 - AP ArbGG 1979 § 62 Nr. 4).

    bb)
    Die Beklagte hat die Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet. Sie hat die Zahlung erst erbracht, nachdem die Klägerin nach der erstinstanzlichen Entscheidung die Zahlung verlangt und mit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil gedroht hat.

    c)
    Entgegen der Ansicht der Beklagten ist weder die Klage auf Zahlung des einbehaltenen Betrags noch das Festhalten an der Klage treuwidrig.

    aa)
    Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verhält sich derjenige treuwidrig, der einen Leistungsanspruch durchsetzt, obwohl er verpflichtet ist, das Erlangte sofort wieder herauszugeben: dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est.

    bb)
    Weder die Erhebung der Klage noch das Festhalten an der Klage ist treuwidrig, weil die Klägerin nicht verpflichtet war und ist, das Erlangte sofort wieder herauszugeben. Die Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, einen Gegenanspruch gegen die Klägerin zu haben. Die Beklagte ist der Ansicht, dass ihr bei Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils von 47,56 Euro brutto monatlich für die Monate Oktober bis Dezember 2009 ein Anspruch in Höhe von 142,68 Euro für die Monate Januar 2010 bis Juli 2011 ein Anspruch in Höhe von 418,39 Euro zustehe. Dieser Ansicht ist unabhängig von der Frage, ob ein geldwerter Vorteil besteht und Abzüge in der von der Beklagten genannten Höhe rechtfertigte, nicht zu folgen. Ein Anspruch der Beklagten auf Erstattung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen setzt weiter die Abführung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge voraus, die bisher nicht erfolgt ist.

    2.
    Der auf Korrektur der Abrechnung für die Monate Juli bis Dezember 2010 gerichtete Klageantrag zu 2) ist zulässig und begründet.

    a)
    Der Klageantrag zu 2) ist zulässig. Die Klägerin richtet sich gegen die Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils für die Miete bei der Berechnung des Gehalts und der Aufstockungsbeträge. Die Klägerin begehrt eine Korrektur der erteilten Abrechnungen dahingehend, dass unter Beibehaltung der sonstigen Abrechnungsfaktoren die Berücksichtigung des geldwerten Vorteils, gleich welche Höhe, unterbleibt. Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

    b)
    Der Klageantrag zu 2) ist begründet. Die Klägerin konnte die Korrektur der Abrechnungen zunächst nach § 242 BGB verlangen. Nach der Zahlung vom April 2011 folgt der Anspruch aus § 108 GewO. Die Abrechnungspflicht ist nicht durch die Erteilung der Abrechnungen im April 2011 erfüllt.

    aa)
    Nach § 108 Satz 1 GewO ist dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung zu erteilen. Die Abrechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Dagegen regelt § 108 GewO keinen selbständigen Abrechnungsanspruch zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs. (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 -, Rn. 13, BAGE 119, 62 = AP BGB § 611 Lohnabrechnung Nr. 1). Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer nach allgemeinen Grundsätzen Auskunft über die Grundlagen seines Vergütungsanspruchs verlangen, wenn er hierüber unverschuldet keine Kenntnis hat. Das schließt den Anspruch auf eine Abrechnung mit ein, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf die Zahlung konkret verfolgen zu können (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 -, Rn. 15, BAGE 119, 62 = AP BGB § 611 Lohnabrechnung Nr. 1).

    bb)
    Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin ein Abrechnungsanspruch zu.

    (1)
    Die Klägerin konnte zunächst die Abrechnung vor Zahlung von § 242 BGB verlangen, weil sie einer Abrechnung bedurfte, um den Anspruch auf Zahlung konkret zu verfolgen. Ohne eine Abrechnung war es ihr insbesondere nicht möglich, die Aufstockungsbeiträge zu beziffern.

    (2)
    Nach der im April 2011 erbrachten Zahlung folgt der Abrechnungsanspruch aus § 108 GewO. Mit der Zahlung im April 2011 hat die Beklagte die durch die Berücksichtigung des geldwerten Vorteils verursachten Gehaltsdifferenzen ausgeglichen, so dass das Gehalt insgesamt ohne Berücksichtigung des geldwerten Vorteils gezahlt ist. Diese Zahlung hat die Beklagte nicht zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil erbracht, denn das Urteil spricht eine Zahlungspflicht für diese Monate nicht aus. Mit der Zahlung besteht daher die Pflicht zur Korrektur der Abrechnungen.

    cc)
    Die Abrechnungspflicht ist nicht durch die Erteilung der Abrechnungen im April 2011 erfüllt. Die Abrechnungen der Monate Juli 2010 bis Dezember 2010 hat die Beklagte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erteilt. Für die Gehaltsabrechnung, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erteilt werden, gelten ebenso wie für eine Auskunft die für die Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geltenden Grundsätze (vgl. BAG in AP Nr. 23 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau = BB 1975, 842; BGH 8. Mai 1995 - IVa ZR 138/83 -, NJW 1985, 2405).

    3.
    Die Klägerin kann dagegen nicht verlangen, dass die Beklagte in Zukunft bei den Gehaltsabrechnungen einen geldwerten Vorteil unberücksichtigt lässt.

    a)
    Der Klageantrag ist als Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, bei der Berechnung und Zahlung des Gehalts einen geldwerten Vorteil - gleich in welcher Höhe - für einen Sachbezug Miete zu berücksichtigen, zu verstehen und als solcher zulässig.

    aa)
    Nach der Formulierung ist der Antrag zwar auf künftige Abrechnungen, und damit auf eine künftige Leistung gerichtet. Dieser wäre zwar gemäß § 259 ZPO zulässig, weil die für eine Klage auf künftige Leistung gem. § 259 ZPO erforderliche Besorgnis der künftigen Nichterfüllung des erhobenen Anspruchs aus der Ankündigung der Beklagten folgt, in Zukunft einer geldwerten Vorteil zu berücksichtigen.

    bb)
    Ein solches Verständnis des Klagebegehrens erfasst aber das Prozessziel der Klägerin nicht richtig. Ein Abrechnungsanspruch nach § 108 GewO besteht erst nach erfolgter Zahlung. Ein Abrechnungsanspruch nach § 242 BGB setzte voraus, dass die Klägerin die Abrechnung zur Vorbereitung einer Zahlungsklage benötigt. Hierzu hat die Klägerin im Hinblick auf den Klageantrag zu 3) keinen Vortrag gehalten. Der Sache nach geht es der Klägerin mit dem Antrag zu 3) vielmehr um die Klärung, ob die Beklagte in Zukunft bei der Gehaltszahlung und der Gehaltsabrechnung einen geldwerten Vorteil für einen Sachbezug Miete berücksichtigen darf. Das ergibt sich schon aus ihrer Klage, in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dies noch einmal klargestellt.

    cc)
    Ein solcher Feststellungsantrag ist zulässig.

    Eine allgemeine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 22 EzA GewO § 106 Rn. 4).

    Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO. Der Vorrang der Leistungsklage gilt nicht uneingeschränkt; vielmehr ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen den Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 13. Juli 2010 - 9 AZR 264/09 -, Rn. 23, zitiert nach [...]). Hier ist ein Feststellungsurteil geeignet, den Konflikt zu lösen und weitere Prozesse zu vermeiden. Im Übrigen ist zu erwarten, dass die Beklagte als öffentlich-rechtliche Arbeitgeberin einer gerichtlichen Feststellung nach kommen wird.

    Das Feststellungsinteresse ist nicht dadurch entfallen, dass die Stadt inzwischen einen Mietspiegel 2010 herausgegeben hat und dass die Beklagte angekündigt hat, ein neues Mieterhöhungsverlangen zu stellen.

    b)
    Der Klageantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, in Zukunft bei der Berechnung und Zahlung des Gehalts der Klägerin einen geldwerten Vorteil unberücksichtigt zu lassen.

    aa)
    Allerdings handelt es sich nicht deshalb um einen unbegründeten Globalantrag, weil die Leistung weder zeitlich noch im Hinblick auf das Fortbestehen der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen begrenzt ist, denn die materielle Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen mit Dauerwirkung besteht nur so lange, wie sich die entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nicht wesentlich ändern (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 838/09 - Rn. 12, zitiert nach [...]). Der Einwand der Beklagten, dass ein solcher geldwerter Vorteil zukünftig aus anderen Gründen zu berücksichtigen sein könnte, ist daher nicht relevant.

    bb)
    Der Feststellungsantrag ist aber nach den derzeitigen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen nicht begründet.

    (1)
    Ein solcher Anspruch wäre, der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 30. April 2008 - 5 AZR 725/07 -, Rn. 20 f., BAGE 126, 325 = AP SGB IV § 28g Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 611 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 3) folgend nur dann gegeben, wenn für den Arbeitgeber auf Grund der bekannten Umstände eindeutig erkennbar ist, dass eine Verpflichtung zum Abzug nicht besteht oder wenn der Abzug aus sachwidrigen Erwägungen vorgenommen wird. Im Übrigen bleibt es bei dem Grundsatz, dass die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich nicht befugt sind, die Berechtigung der Abzüge für Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge zu überprüfen.

    (2)
    Nach diesen Grundsätzen besteht der geltend gemachte Anspruch nicht.

    (a)
    Es ist nach den Umständen nicht eindeutig erkennbar, dass eine Verpflichtung zum Abzug nicht besteht.

    Es ist nicht offensichtlich, dass der Mietzins, den die Klägerin zahlt, nicht unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und dass bei Werkmietwohnungen ein Abzug vorzunehmen ist. Das gilt auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin unwidersprochen vorgetragenen Stellungnahme des Wohnungsamtes, es sei an Abzug für Werkmietwohnungen in Höhe von 0,57 Euro/qm vorzunehmen, und der entsprechenden Empfehlung des Gutachters. Die Beklagte hat immerhin eine Anrufungsauskunft des Finanzamts eingeholt, welche ihre Ansicht stützt. Da das Steuerrecht nicht darauf abstellt, aus welchem Grund eine Leistung verbilligt abgegeben wird, kommt es für die steuerrechtliche Behandlung auch nicht darauf an, ob ein Mieterhöhungsverlangen nicht mehr durchgesetzt werden kann und ob eine Durchsetzung aufgrund fehlender Zustimmung des Personalrats nicht möglich gewesen wäre. Der Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils steht schließlich nicht entgegen, dass dieser nur bei Arbeitnehmern, nicht aber bei Dritten vorgenommen werden kann.

    (b)
    Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Beklagte den Abzug aus sachwidrigen Erwägungen vorgenommen hat. Aus der Verknüpfung des Mieterhöhungsverlangens und der Ankündigung, andernfalls einen geldwerten Vorteil berücksichtigen zu müssen, folgt nicht, dass der Abzug vorgenommen wurde, um die Klägerin zu maßregeln (§ 612 a BGB).

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Eine Veranlassung, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

    Verkündet am: 23. August 2011