14.02.2011
Landesarbeitsgericht München: Urteil vom 13.10.2010 – 5 Sa 274/10
In dem Rechtsstreit
C. C-Straße, B-Stadt
- Klägerin, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. D. D-Straße, B-Stadt
gegen
E. AG A-Straße, A-Stadt
- Beklagte, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B. B-Straße, B-Stadt
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01. September 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Wanhöfer und die ehrenamtlichen Richter Böhrer und Ebel
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 18.02.2010 - Az. 22 Ca 9581/09 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für 2008 und 2009 (zeitanteilig) einen Bonus zu zahlen.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit 01.07.2006, zuletzt als Associate Director, beschäftigt und schied zum 31.03.2009 aufgrund einer Eigenkündigung bei einvernehmlich verkürzter Kündigungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Die Beklagte gehört zur G.-Gruppe. Diese besteht im Wesentlichen aus der Finanzholdinggesellschaft G. Holding AG als Muttergesellschaft und der Beklagten (vormals G. Bank AG) sowie der H., Irland, als operativ tätigen hundertprozentigen Tochtergesellschaften. Nachdem die US-amerikanische Investmentbank I. Holding Inc. am 15. September 2008 Gläubigerschutz beantragt hatte und der Interbankenmarkt fast vollständig zum Erliegen gekommen war, standen die Gesellschaften der G.-Gruppe vor der Insolvenz. Aufgrund ihrer Einstufung als systemrelevant wurden der G.-Gruppe zur Abwendung eines Zusammenbruchs ab Ende September 2008 - in erster Linie durch die F. - kurz- und mittelfristige Liquiditätshilfen in dreistelliger Milliardenhöhe zur Verfügung gestellt. Das erste Rettungspaket wurde am Wochenende des 27./28. September 2008 durch die F., die K. und ein Konsortium der deutschen Finanzindustrie verabschiedet.
Im zwischen den Parteien abgeschlossenen "Dienstvertrag für außertariflich vergütete Mitarbeiter" vom 08.03.2006 ist unter anderem folgendes geregelt:
"...
Vergütung
Sie erhalten ein jährliches Gesamtgehalt, das sich aus Grundgehalt, Sonderzahlung und Bonus zusammensetzt.
Grundgehalt
Ihr jährliches Grundgehalt beträgt € 58.800,00 brutto. Es wird in 12 monatlichen Teilbeträgen von € 4.900,00 brutto ausgezahlt.
Sonderzahlung
Zusätzlich mit dem Dezembergehalt erhalten Sie eine Sonderzahlung in Höhe eines monatlichen Grundgehaltes.
Bonus
Sie erhalten darüber hinaus einen Bonus. Dieser richtet sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank. Er wird jedes Jahr neu für das abgelaufene Jahr festgesetzt. Der Bonus wird derzeit mit dem Aprilgehalt eines Jahres für das zurückliegende Kalenderjahr gezahlt. Er kann zwischen 0 - 200 % des Basiswertes betragen, der zurzeit bei € 16.300,00 brutto liegt.
Gesamtgehalt
Je nach Höhe Ihres Bonus wird ihr Gesamtgehalt deshalb zwischen € 63.700,00 und € 96.300,00 brutto liegen.
Da das Gesamtgehalt außertariflich geregelt ist, bestehen keine Ansprüche auf Zulagen oder die Vergütung von Mehrarbeit.
Regelung im Eintritts- bzw. Austrittsjahr
Sie erhalten Ihr Grundgehalt, die Sonderzahlung und den Bonus anteilig für die Monate, die Sie in unserer Bank tätig sind.
...
Betriebsvereinbarungen
Es gelten die Arbeitsordnung und die übrigen Betriebsvereinbarungen der Bank in den jeweils gültigen Fassungen.
..." (zum Inhalt des Arbeitsvertrages vom 08.03.2006 im Übrigen wird auf Bl. 4 ff. d. A. Bezug genommen).
Bei der Beklagten gilt die mit ihrem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene "Betriebsvereinbarung zur flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch" vom 13.10.2005 (im folgenden Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005). Diese ersetzte die zuvor gültige "Betriebsvereinbarung flexibles Vergütungssystem" vom 05.09.2001, die "Betriebsvereinbarung zum Mitarbeitergespräch" vom 05.09.2001 und die "Betriebsvereinbarung zum Mitarbeitergespräch für Auszubildende" vom 18.12.2001. Die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 13.10.2005 enthält im Abschnitt B "Flexible Vergütung" unter anderem folgende Regelungen:
"Die Mitarbeiter erhalten ein Festgehalt und einen (Leistungs-) Bonus (im folgenden Bonus genannt).
...
2.
Außertariflich vergütete Mitarbeiter
Das Festgehalt außertariflich vergüteter Mitarbeiter besteht ebenfalls aus 12 Monatsgehältern und einer Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts. Die Sonderzahlung wird jedenfalls zusammen mit dem Dezembergehalt ausbezahlt.
Der Basiswert des Bonus wird dem Mitarbeiter jeweils einzelvertraglich zugesagt. Der Anteil am Gesamtjahresgehalt richtet sich insbesondere nach der Funktion und dem Verantwortungsbereich des Mitarbeiters.
Bei unterjährigem Eintreten oder Ausscheiden werden Sonderzahlung und Bonus zeitanteilig vergütet. Dies gilt auch bei einem unterjährigen Wechsel von bzw. in ein ruhendes Arbeitsverhältnis oder (bezogen auf den Bonus) bei erfolgter Freistellung.
Ein Anspruch auf etwaige Zulagen oder Mehrarbeitsvergütung besteht für außertariflich vergütete Mitarbeiter nicht. Diese sind durch das Gesamtjahresgehalt abgedeckt.
Eine Überprüfung und Anpassung des Gesamtjahresgehalts findet jährlich im Frühjahr rückwirkend zum 01.01. des Jahres statt."
Der Abschnitt C der Gesamtbetriebsvereinbarung befasst sich mit dem Mitarbeitergespräch. Unter V. "Festlegung der individuellen Höhe des Bonus" findet sich hier:
"Die Höhe des individuellen Bonus hängt zum Einen von der Höhe des jährlichen Bonustopfes ab. Dieser wird wiederum grundsätzlich vom Gesamtbankerfolg bestimmt.
Darüber hinaus honoriert der Bonus auch die Zielerreichung des Mitarbeiters. Die konkrete Höhe des individuellen Bonus ist damit - neben der Abhängigkeit vom Erfolg der Bank - auch abhängig von der durch die Führungskraft im Mitarbeitergespräch durchgeführten Gesamtbewertung.
..." (zum Inhalt der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 13.10.2005 im Einzelnen wird auf Blatt 12 ff. d. A. Bezug genommen).
Bei der Beklagten war es üblich, an unterjährig ausscheidende Mitarbeiter unabhängig davon, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein Bonustopf festgelegt war und die Auswertung der Mitarbeitergespräche nicht vorlag im Rahmen der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses einen zeitanteiligen Bonus zu zahlen. Mit E-Mail vom 29.09.2008 teilte die Konzernpersonalverantwortliche L. Personalverantwortlichen in der G.-Gruppe mit:
"Angesichts der jüngsten Entwicklungen möchte ich Sie bitten, dass Sie mit sofortiger Wirkung sicherstellen, dass Mitarbeiter, die nach einer (Eigen-) Kündigung ausscheiden bitte nicht mehr wie bislang 50% des Orientierungswertes pro rata bekommen, sondern mit einem 0%-Ansatz fahren. Eine Kommunikation an die Führungskräfte wird derzeit geprüft. Bitte geben Sie diese Information auch an die Personalberater weiter." (Bl. 347 d. A.).
In der Gesamtbetriebsratssitzung vom 01.12.2008 teilte Frau L. dem Gesamtbetriebsrat mit, dass der Bonusprozess um etwa vier Wochen verschoben werde, weil man noch höhere Transparenz über die finanzielle Situation des Unternehmens brauche; in jedem Fall sei mit einer drastischen Reduktion des Bonustopfes zu rechnen und es sei noch nicht entschieden, ob überhaupt und wenn ja in welcher Höhe eine variable Vergütung zur Auszahlung gelangen könne.
In einem am 27.01.2009 unterschriebenen Formular wurde das Mitarbeitergespräch mit der Klägerin für den Zeitraum vom 15.11.2007 bis 31.12.2008 dokumentiert. Hiernach erreichte die Klägerin durchwegs die beiden besten von vier Kategorien ("voll erfüllt / leicht übertroffen" und "weit übertroffen"; - zur Bewertung der Klägerin im Einzelnen wird auf Bl. 17 ff. d. A. Bezug genommen).
Am 10.03.2009 beschloss der Konzernvorstand, dass es für das Jahr 2008 in der G. - Gruppe keine Auszahlung von diskretionärer variabler Vergütung geben solle. Mit Schreiben vom 12.03.2009 wurde dies den Mitarbeitern mitgeteilt (Bl. 22 d. A.). Für 2009 entschied die Beklagte ebenfalls, keinen Bonustopf zur Verfügung zu stellen.
Die Klägerin hat ausgeführt, die schlechte wirtschaftliche Lage berechtige die Beklagte nicht, den aus drei Komponenten bestehenden Bonusanspruch komplett auf Null zu setzen. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass bei ihr, wie bei den anderen Mitarbeitern, die Zielvereinbarung zur Anwendung gelange und Grundlage für einen Bonus sei, zumal 2/3 der Ziele individuell bzw. vom Teamverhalten abhängig seien. Nach Ablauf von 3/4 des zu beurteilenden Zeitraums den Bonus willkürlich auf Null zu setzen, würde dessen Zweck konterkarieren. Vor allem sei der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, denn Mitarbeiter, die bis zum 30.09.2008 ausgeschieden seien, hätten einen anteiligen Bonus erhalten. Deshalb müsse auch ein Bonustopf existiert haben. Ein angeblicher Stichtag 29.09.2008 werde mit Nichtwissen bestritten. Der Bonus werde für ein ganzes Jahr gezahlt und könne nicht nachträglich über einen frei erfundenen und neu definierten Stichtag festgelegt werden. Die Beklagte gebe ja selbst zu, dass bei einem unterjährigen Austritt ein Anspruch auf anteilige Auszahlung des Bonus bestanden habe. Dem Vergütungsbericht 2008 der Beklagten sei zu entnehmen, dass sie über genügend Vermögen verfügt habe, um ihren drei neuen Vorständen Bonuszahlungen für drei Monate Tätigkeit in 2008 zu zahlen (zum erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 23.06.2009, Bl. 1 ff. d. A., und 15.09.2009, Bl. 78 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).
Die Klägerin hat beantragt
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 40.750,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.03.2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, die im Arbeitsvertrag aufgeführten Kriterien stünden nicht unabhängig nebeneinander. Vielmehr sei auf die Betriebsvereinbarung zur flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch abzustellen. Diese sei Grundlage der im Arbeitsvertrag erwähnten Bonusregelung. Nach der Betriebsvereinbarung sei der individuelle Bonus ausdrücklich von der Höhe des jährlichen Bonustopfes abhängig, der sich wiederum grundsätzlich nach dem Gesamtbankerfolg bestimme. In der ersten Stufe bestimme sich also anhand des Erfolges der Bank, inwieweit tatsächlich der Bonustopf gefüllt werde; erst in der zweiten Stufe sei die individuelle Leistung und Zielerreichung zu berücksichtigen und dann auf dieser Basis der individuelle Bonus zu berechnen. Bereits im Anstellungsvertrag sei ausgeführt, dass der Bonus zwischen null Prozent und zweihundert Prozent des Basiswertes betragen könne. Von einem Erfolg der Bank könne nicht gesprochen werden, da zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses 2008 ohne die erheblichen Unterstützungen des Staates ein doppelter Insolvenztatbestand, nämlich Illiquidität sowie Überschuldung, erfüllt gewesen wäre. Der Vorstand habe daher keine Möglichkeit gehabt, ein Budget für diskretionäre variable Vergütung zur Verfügung zu stellen. Den Gleichbehandlungsgrundsatz habe sie nicht verletzt. Sie habe alle Mitarbeiter, die nach dem 29.09.2008 einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen oder eine Eigenkündigung ausgesprochen hätten, gleichbehandelt. Denn als sich im September 2008 abgezeichnet habe, dass sich die Situation bei der Beklagten dramatisch schlechter darstelle als erwartet und damit auch ein Bonusbudget grundsätzlich in Frage gestellt werden müsse, sei nach mehreren Schritten der Reduzierung schließlich am 29. September 2008 entschieden und angewiesen worden, zukünftig bei unterjährig ausscheidenden Mitarbeitern keine diskretionäre variable Vergütung mehr festzusetzen und auszuzahlen. Der 29. September 2008 sei der erste Werktag nach dem ersten Rettungswochenende gewesen, an dem auch eine ad hoc Mitteilung nach § 15 Wertpapierhandelsgesetz veröffentlicht worden sei. Die Sachverhalte vor und nach dem 29. September 2008 seien deshalb nicht miteinander vergleichbar. Tatsächlich seien Vereinbarungen über anteilige Bonuszahlungen vor dem 29. September 2008 in Erwartung der späteren Zurverfügungstellung eines Bonustopfes erfolgt. Die Einstellung dieser Praxis sei aufgrund der Erkenntnis erfolgt, dass es einen solchen Bonustopf angesichts der Erforderlichkeit von Rettungsmaßnahmen des Bundes und anderer Banken zur Abwehr der ansonsten drohenden Insolvenz nicht geben werde. Sämtlichen in 2008 neu eingetretenen Vorstandsmitgliedern seien ausschließlich vertraglich vereinbarte und garantierte Vergütungsbestandteile ausbezahlt worden. Keines der Vorstandsmitglieder habe eine über die vertraglich garantierten Vergütungsbestandteile hinausgehende ermessensabhängige variable Vergütung erhalten (zum erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze vom 24.07.2009, Bl. 33 ff. d. A., 01.09.2009, Bl. 61 ff. d. A., und 08.01.2010, Bl. 99 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.02.2010 der Klage in Höhe von € 10.595,00 brutto stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Aufgrund des Arbeitsvertrages stehe der Klägerin auch für 2008 ein Bonus zu. Aufgrund der Auslegung des Dienstvertrages und der Dokumentation des Mitarbeitergesprächs vom 27.01.2009 sei die Kammer nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung der Auffassung, dass die Klägerin berechtigt sei, 65 % des Bonusbasiswertes zu verlangen. Individuelle Zielerreichung einschließlich des Teamverhaltens und der Erfolg der Bank seien gleichwertige Faktoren für die Bonusbemessung. Bei gleichrangiger Gewichtung beider Faktoren gelange man zu einem Bemessungsfaktor von 65 %, wobei die Kammer im Bereich der individuellen Ziele von einem Zielerreichungsgrad von 130 % ausgehe. Dem Arbeitsvertrag lasse sich nicht entnehmen, dass ein negatives Geschäftsergebnis zum Wegfall der Bonuszahlung führe oder dass diese von einem Vorstandsbeschluss, einen Bonustopf bereit zu stellen, abhängig sei. Auch der Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 sei nicht zu entnehmen, dass ein negatives Geschäftsergebnis zum Wegfall des jährlichen Bonus führen könne. Ein darüber hinausgehender Anspruch der Klägerin ergebe sich allerdings auch nicht aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Sie sei mit den vor dem 29.09.2008 ausscheidenden Mitarbeitern nicht vergleichbar und könne nicht verlangen, dass der ausgebliebene Erfolg der Bank bei der Bemessung des Bonus nicht berücksichtigt werde. Der Bonus 2009 sei noch nicht fällig (zur Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf das Urteil vom 18.02.2010, Bl. 161 ff. d. A., Bezug genommen).
Die Beklagte greift ihre Verurteilung mit Berufung an. Das Arbeitsgericht habe der Klägerin zu Unrecht einen Bonus für das Jahr 2008 auf der Grundlage des Dienstvertrages zugesprochen und für 2009 dem Grunde nach bejaht. Es habe den Dienstvertrag ohne Berücksichtigung der Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 ausgelegt und fehlerhafterweise als eigenständige vertragliche Regelung angesehen. Tatsächlich enthalte der Dienstvertrag nur eine Zusammenfassung der Regelungen der Betriebsvereinbarung. In jedem Falle sei aber die Betriebsvereinbarung bei der Auslegung der dienstvertraglichen Bonusregelungen heranzuziehen. Für die Arbeitnehmer sei erkennbar gewesen, dass sich die Bedingungen und Konditionen der Bonusregelung nach der Betriebsvereinbarung richteten, da keine eigenen Bedingungen und Konditionen in den Arbeits- und Dienstverträgen geregelt seien und in den jeweiligen Verträgen - hier Ziffer VI. des Dienstvertrages - auf die Geltung der Betriebsvereinbarungen verwiesen werde. Ebenso sei erkennbar gewesen, dass nicht zwei inhaltlich unterschiedliche und unabhängig nebeneinander bestehende Bonuszusagen gelten sollten. Nach der Betriebsvereinbarung sei sie (die Beklagte) grundsätzlich berechtigt, das Bonusbudget auf Null zu reduzieren und damit einen Bonusanspruch der Mitarbeiter zu verhindern. Der Vorstand sei nach der Betriebsvereinbarung dazu ermächtigt, das jährliche Bonusbudget nach billigem Ermessen entsprechend dem Gesamtbankerfolg festzulegen und habe im Rahmen der Ermessensentscheidung gar keine andere Entscheidung treffen können, als den Bonustopf für die Jahre 2008 und 2009 auf Null festzusetzen. Bereits aufgrund des nationalen Interesses an der Rettung der Bank ("Systemrelevanz") sei von einem vorher nie dagewesenen Notstand auszugehen, der die Interessen der Bank absolut in den Vordergrund stelle. Vor diesem Hintergrund müsse von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen werden, da man verpflichtet gewesen sei, alles zu tun, um die Bank zu retten und jede weitere Gefährdung abzuwenden. Die Ertragslage habe in keiner Weise eine Bonuszahlung zugelassen. Hilfsweise müsse man von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgehen, da Geschäftsgrundlage für einen etwaigen Bonusanspruch sei, dass die Ertragslage der Bank eine Bonuszahlung zulasse.
Die Beklagte beantragt
das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 18.02.2010 - Az. 22 Ca 9581/09 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt
1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen
2. im Wege der Anschlussberufung die Beklagte zu verurteilen, über den zugesprochenen Betrag in Höhe von € 10.595,00 brutto zuzüglich Zinsen hinaus weitere € 16.300,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 10.921,00 brutto für den Zeitraum 01.03.2009 bis 28.02.2010 und aus € 5.379,00 brutto seit dem 01.03.2010 zu zahlen.
Das Arbeitsgericht habe einen fehlerhaften Rechenweg zugrunde gelegt. Es erschließe sich nicht, weshalb das Arbeitsgericht den unteren Wert des Rahmens von 130 % bis 200 % gewählt habe. Das Urteil enthalte zudem den Denkfehler, die Faktoren "individuelle Zielerreichung einschließlich Teamverhalten" und "Geschäftsergebnis" gleichrangig mit jeweils 50 % zu betrachten. Der Arbeitsvertrag enthalte aber drei Faktoren und gewichte "individuelle Zielerreichung", "Teamverhalten" und "Unternehmenserfolg" gleichrangig. Beide rechnerischen Einwände zusammen würden statt des vom Arbeitsgericht für das Jahr 2008 zugesprochenen Betrages in Höhe von € 10.595,00 brutto einen Betrag in Höhe von € 21.516,00 brutto ergeben. Übertrage man die Rechenformel auf das Rumpfjahr 2009, ergebe sich ein Betrag in Höhe von € 5.379,00 brutto. Die Einschränkung "mangelnde Fälligkeit" sei zwischenzeitlich entfallen. Die Berufung der Beklagten sei zurückzuweisen, denn es könne nicht nachvollzogen werden, weshalb keine Vergleichbarkeit mit solchen Mitarbeitern gegeben sein sollte, die vor dem "Stichtag" 29.09.2008 ausgeschieden seien und denen Bonuszahlungen gewährt worden seien. Der von der Beklagten behauptete Stichtag müsse auch deswegen bestritten werden, weil ihre ehemalige Kollegin M. ebenfalls keinen Bonus erhalten habe, obwohl sie bereits am 15.09.2008 gekündigt habe. Eine Störung der Geschäftsgrundlage sei nicht im Ansatz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt
die Anschlussberufung zurückzuweisen
und führt aus, die von der Klägerin durchgeführte Bonusberechnung lasse völlig unberücksichtigt, dass in einem ersten Schritt über die Zurverfügungstellung eines Bonustopfes nach billigem Ermessen entschieden werden müsse. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin den maximal möglichen Betrag in Höhe von 200 % des Bonusbasiswertes ansetze. Schließlich sei im Dienstvertrag der Klägerin nicht geregelt, wie sich die Kriterien "individuelle Zielerreichung", "Teamverhalten" und "Erfolg der Bank" im Einzelnen zueinander verhielten. Es sei insbesondere nicht im Dienstvertrag geregelt, dass die drei Faktoren additativ zu verstehen seien. Bei richtigem Verständnis seien die genannten Kriterien als Multiplikatoren zu verstehen. Nicht nur im Falle eines Unternehmensmisserfolges, sondern auch im Falle einer vollständigen persönlichen Zielverfehlung sei es möglich, dass ein Mitarbeiter trotz Erfolges der Bank überhaupt keinen Bonus erhalte. Durch die Formulierung im Dienstvertrag, dass der Bonus zwischen 0 und 200 % des Basiswertes liegen könne, sei der Klägerin klar vor Augen geführt, dass sie nicht sicher mit einem bestimmten Bonusbetrag rechnen könne, sondern dieser sehr gering ausfallen oder auch völlig entfallen könne. Ein Bonusanspruch nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht gegeben, denn aus den geschilderten Gründen sei nach dem Stichtag des 29.09.2008 keinem ausscheidenden Mitarbeiter mehr eine (anteilige) Bonuszahlung für das Jahr 2008 zugesagt worden.
Ergänzend wird zum Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz auf ihre Schriftsätze vom 30.06.2010, Bl. 409 ff. d. A., und 28.09.2010, Bl. 540 ff. d. A., nebst Anlagen, und zum Vortrag der Beklagten auf deren Schriftsätze vom 10.05.2010, Bl. 177 ff. d. A., und vom 16.08.2010, Bl. 457 ff. d. A. sowie vom 07.09.2010, Bl. 519 ff. d. A., nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin bleibt erfolglos.
Die Klägerin hat für die Jahre 2008 und 2009 weder aus einer Betriebsvereinbarung, noch aus Arbeitsvertrag oder aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen Bonusanspruch. Ihre Klage ist deshalb abzuweisen.
1. Ein Bonusanspruch der Klägerin ergibt sich für 2008 und 2009 nicht aus der "Betriebsvereinbarung zur flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch" vom 13.10.2005.
Zwar sieht die Betriebsvereinbarung auch für die Klägerin als außertarifliche Angestellte grundsätzlich einen Bonus vor. Voraussetzung für eine Bonuszahlung ist aber, - wie sich aus der Auslegung der Betriebsvereinbarung ergibt -, dass überhaupt ein Bonustopf zur Verfügung gestellt wird.
Bereits der erste Absatz des Abschnittes C Ziffer V der Betriebsvereinbarung macht deutlich, dass die Höhe des individuellen Bonus "von der Höhe des jährlichen Bonustopfes" abhängt, der wiederum vom Gesamtbankerfolg bestimmt wird. Von der "Höhe des (jährlichen) Bonustopfes" ist im 4. Absatz derselben Ziffer noch zweimal die Rede.
Zwar honoriert der Bonus nach dem 2. Absatz auch die Zielerreichung des Mitarbeiters, zugleich wird dort aber wieder betont, dass die Höhe des individuellen Bonus auch vom Erfolg der Bank abhängt. Es gibt in Ziffer V keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass den Mitarbeitern außerhalb des mehrfach angesprochenen Bonustopfes ein allein nach Leistungsgesichtspunkten zu verteilendes Budget zur Verfügung stehen soll.
Nach dem Gesamtzusammenhang sind die Regelung in Ziffer V unter der Überschrift "Festlegung der individuellen Höhe des Bonus" so zu verstehen, dass hier das Verfahren für die Bestimmung der, auf den einzelnen Mitarbeiter bezogenen, individuellen Höhe des Bonus geregelt ist, wobei der Ausgangspunkt die Höhe des zur Verfügung stehenden Bonustopfes ist, der wiederum vom Gesamtbankerfolg bestimmt wird. Voraussetzung für eine Verteilung von Boni nach der Betriebsvereinbarung ist also, dass überhaupt ein Bonustopf zur Verfügung steht. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Bonustopf nicht auf Null gesetzt werden könnte, wenn kein Erfolg der Bank vorliegt (zur im Ergebnis hiermit übereinstimmenden Auslegung der Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 vgl. auch ArbG München vom 29.04.2010 - 36 Ca 11452/09 und vom 26.11.2009 - 26 Ca 11272/09; jetzt auch LAG München vom 28.10.2010 - 3 Sa 235/10; - vgl. ebenfalls die im Verfahren vorgelegte und für den Betriebsrat erstellte gutachterliche Stellungnahme der Rechtsanwälte N. vom 06.04.2009, Bl. 332 ff. d. A.).
Das Verständnis der Klägerin würde demgegenüber unabhängig voneinander bestehende und gesondert zu dotierende Säulen eines Bonusanspruches, einerseits bezogen auf den Bankerfolg und andererseits auf die individuelle Zielerreichung, voraussetzen. Hierfür bestehen in der Betriebsvereinbarung keine Anhaltspunkte.
Dass die Festlegung eines Bonustopfes "vor die Klammer" zu ziehen ist, entspricht offensichtlich auch dem gemeinsamen Verständnis der Betriebsparteien, denn nach dem bisherigen Prozedere wurde die Höhe des Bonustopfes vom Vorstand beschlossen und dem Gesamtbetriebsrat mitgeteilt. Da der örtliche Betriebsrat bei der Festlegung und Verteilung des Bonus beratend zu beteiligen ist, erhält er hierfür nach Ziffer VI der Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 auch "Informationen über das Bonus-Budget, das für die Einheit, für die der örtliche Betriebsrat zuständig ist, zur Verfügung gestellt wird". Womöglich hat zwar kein Beteiligter mit derart desaströsen Ergebnissen der Beklagten und deshalb auch nicht damit gerechnet, dass der Bonustopf auf Null gesetzt werden könnte. Das kann bei der Auslegung der Betriebsvereinbarung aber keine Rolle spielen.
2. Die Klägerin hat auf den eingeklagten Bonus auch keinen einzelvertraglichen Anspruch.
Zwar teilt die Berufungskammer nicht die Auffassung der Beklagten, bei der auf den Bonus bezogenen Regelung im Arbeitsvertrag der Klägerin handle es sich letztlich nur um eine Zusammenfassung und Bezugnahme auf die Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 ohne eigenen Anspruchscharakter. Der Klägerin sollte in Ziffer II des Arbeitsvertrages neben dem Grundgehalt und der Sonderzahlung ein arbeitsvertraglicher Bonusanspruch zugesagt werden.
Beim Verständnis dessen, was der Klägerin inhaltlich, insbesondere was die Ermittlung der Bonushöhe angeht, zugesagt wurde, ist die Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 aber mit heranzuziehen. Es handelt sich zwar um einen arbeitsvertraglichen Anspruch, bezüglich dessen Inhalts die Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 aber mitgelesen werden muss.
a) Ganz offensichtlich handelt es sich bei den zur Bonuszahlung zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 ff. BGB. Identisch oder weitestgehend übereinstimmend formulierte Vertragsklauseln der Beklagten finden sich in zahlreichen Verträgen, die die Beklagte mit Mitarbeitern abgeschlossen hat.
b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - abweichend von der einzelfallbezogenen Auslegung von Individualverträgen - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen des konkreten Vertragspartners zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG vom 20.01.2010 - 10 AZR 914/08, NZA 2010, Seite 445 und vom 10.12.2008 - 10 AZR 1/08, NZA-RR 2009, Seite 576).
c) Die Regelung des Bonusanspruches in Ziffer 2 des Arbeitsvertrages ist für sich genommen ersichtlich unvollständig. Zwar wird ein Bonusbasiswert festgelegt und eine hierauf bezogene Bandbreite (0 bis 200 %) bestimmt. Wie der Bonusbetrag aber zu ermitteln ist, wird hier nicht geregelt. Es erfolgt lediglich eine grobe Angabe, dass sich der Bonus nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank richtet.
Die in jeder Hinsicht dürftige arbeitsvertragliche Regelung ergibt erst einen Sinn und ist erst dann handhabbar, wenn man sie zusammen mit dem Inhalt der Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 liest. Erst dort sind die genaueren prozesstechnischen Bestimmungen zur Ermittlung der konkreten jährlichen Bonushöhe enthalten. So ist in der Betriebsvereinbarung als Voraussetzung des Bonusanspruchs erstmals die Gesamtbewertung auf der Grundlage des zu führenden Mitarbeitergesprächs erwähnt, sowie der Aufbau des Mitarbeitergesprächs und ferner die Bewertungsstufen, welche für die Bonushöhe ebenfalls maßgeblich sind. Betriebsvereinbarungen werden in Ziffer V des Arbeitsvertrages in den arbeitsvertraglichen Regelungskontext einbezogen.
Umgekehrt wird die Verknüpfung dadurch hergestellt, dass die Betriebsvereinbarung unter B II 2 regelt, dass der Basiswert des Bonus dem Mitarbeiter jeweils einzelvertraglich zugesagt wird. Genau diese Zusage enthält die Bonusregelung im Arbeitsvertrag der Klägerin.
Die beschriebene inhaltliche Verknüpfung zwischen der Bonusregelung des Arbeitsvertrags und der Betriebsvereinbarung vom 13.10.2005 bedeutet gleichzeitig, dass bei der Bestimmung des Umfangs des arbeitsvertraglichen Anspruchs die Betriebsvereinbarung nicht ausgeblendet werden kann. Da die arbeitsvertragliche Regelung die Ermittlung des Bonusanspruchs nicht regelt, sondern nur in die Ermittlung einfließende Faktoren benennt, sind die nach der Betriebsvereinbarung geltenden Anspruchsvoraussetzungen in die Prüfung auch des individualrechtlichen Anspruchs einzubeziehen. Der Arbeitsvertrag enthält gerade keine von der Systematik der Betriebsvereinbarung entkoppelte Regelung, wonach ohne Rücksicht auf ein bei Anwendung der Betriebsvereinbarung gefundenes Ergebnis, die Säulen "individuelle Zielerreichung", "Teamverhalten" und "Erfolg der Bank" unabhängig voneinander danebenstehen.
Dass andernfalls, also bei einer inhaltlichen Trennung des Arbeitsvertrages einerseits und der Betriebsvereinbarung andererseits, die Gefahr besteht, dass man sich nicht mehr im Bereich der Auslegung bewegt, sondern frei schöpferisch in den Vertrag hineininterpretiert, zeigt das Ergebnis des Arbeitsgerichts, wonach - ohne nähere Begründung - "die individuelle Zielerreichung einschließlich des Teamverhaltens und Erfolg der Bank gleichwertige Faktoren für die Bemessung des Bonus sind". Es gibt im Arbeitsvertrag keinen Anhaltspunkt dafür, zwei der genannten Faktoren zusammenzufassen und diese mit jeweils 50 % zu bewerten. Überdies hätte ein solches Verständnis zur Folge, dass auch ein Mitarbeiter, der alle individuellen Ziele "meilenweit" verfehlt, bei gutem Bankerfolg ausgehend von der Spanne von 0 bis 200 % einen Bonusanspruch in Höhe von 100 % des Basiswertes erlangen könnte.
Nach Auffassung der Kammer deutlich schlüssiger ist es da schon, auch im Bereich des arbeitsvertraglichen Anspruchs nach der Systematik der Betriebsvereinbarung vorzugehen, nämlich den Gesamtbankerfolg in die Festlegung des Bonustopfes einfließen und die individuelle Zielerreichung verbunden mit dem Basiswert über die Höhe des auf den Einzelnen entfallenden Bonus entscheiden zu lassen. Dass im Arbeitsvertrag drei Kriterien genannt werden und sich die Betriebsvereinbarung lediglich auf den "Gesamtbankerfolg" und die "Zielerreichung des Mitarbeiters" bezieht, stellt dabei keinen Widerspruch dar. Die arbeitsvertraglichen Parameter "individuelle Zielerreichung" und "Teamverhalten" stellen die "Zielerreichung des Mitarbeiters" im Sinne der Betriebsvereinbarung dar.
Nach dieser Auslegung entfällt auch der arbeitsvertragliche Anspruch, wenn kein Bonustopf zur Verfügung steht. Dass der Bonusanspruch Null betragen kann, ist der arbeitsvertraglichen auch zu entnehmen und beruht deshalb nicht ausschließlich auf einer Einbeziehung der Inhalte der Betriebsvereinbarung. Auf der Ebene des individuellen Anspruchs kann dies daraufhin überprüft werden, ob dies billigem Ermessen entspricht, § 315 Abs. 3 BGB. Angesichts von Milliardenverlusten der Beklagten in 2008 und 2009 und der Tatsache, dass die Beklagte im September 2008 ohne massive und jeden bislang bekannten Maßstab sprengende Intervention von staatlicher Seite unmittelbar vor der Insolvenz stand, ist die Entscheidung der Beklagten, den Bonustopf auf Null zu setzen, jedenfalls auch nicht ermessenfehlerhaft.
d) Darauf, dass die arbeitsvertragliche Regelung gegen §§ 305 ff. BGB verstößt, beruft sich die Klägerin nicht. Die arbeitsvertragliche Regelung würde einer AGB-Kontrolle auch standhalten. Insbesondere geht es nicht um Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalte, sondern um die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen, an die der Bonusanspruch geknüpft ist.
Selbst wenn man einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB annehmen wollte, etwa wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot, ist nicht ersichtlich, inwiefern dies für die Klägerin zu einem Anspruch führen sollte. Rechtsfolge wäre die Unwirksamkeit der Bonusklausel. Eine Teilbarkeit der Klausel mittels der Streichung des sich aus der Bezugnahme auf die Betriebsvereinbarung ergebenden Teils ("bluepencil-Test") ist nicht gegeben, denn der im Arbeitsvertrag niedergelegte Textteil ist - wie ausgeführt - isoliert nicht handhabbar. Für eine Lückenfüllung in Betracht kommende gesetzliche Vorschriften (§ 306 Abs. 2 BGB) bestehen nicht.
Die fehlende Anwendbarkeit einer isoliert stehenbleibenden Regelung im Arbeitsvertrag steht auch einer Anwendung der Unklarheitenregelung nach § 305 c Abs. 2 BGB entgegen. Ohnehin kommt diese Vorschrift nur dann zur Anwendung, wenn die Auslegung einer einzelnen Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen mindestens zwei Ergebnisse vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient (vgl. BAG vom 20.01.2010 - 10 AZR 914/08, NZA 2010, S. 445). Die Kammer steht hier - wie ausgeführt - auf dem Standpunkt, dass eine Auslegung des Arbeitsvertrages in Verbindung mit den inhaltlichen Konkretisierungen der Betriebsvereinbarung klar den Vorzug verdient.
3. Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung seiner selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Verstößt der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (ständige Rechtssprechung vgl. etwa BAG vom 15.04.2008 - 9 AZR 111/07, NZA-RR 2008, S. 547).
Der von der Klägerin geltend gemachte Bonusanspruch ist zunächst einmal keine freiwillige Leistung der Beklagten, sondern ein arbeitsvertraglicher Anspruch, bei dem zu prüfen ist, ob die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Der Gesichtspunkt der freiwilligen Leistung spielt nur insoweit eine Rolle, als die Beklagte im laufenden Jahr ausscheidenden Arbeitnehmern bereits einen anteiligen Bonus ausbezahlt hat, obwohl die oben beschriebene Grundvoraussetzung des Bonusanspruchs, nämlich die Festsetzung eines Bonustopfes, noch gar nicht gegeben war.
Daraus, dass die Beklagte bis Ende September 2008 ausscheidenden Mitarbeitern einen anteiligen Bonus gezahlt hat, obwohl noch keine Entscheidung über den Bonustopf vorlag, kann die Klägerin auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten dennoch keinen Anspruch ableiten. Weder ist die Klägerin bis Ende September ausgeschieden, noch liegt in der anderen Behandlung der später ausscheidenden Mitarbeiter eine sachfremde Gruppenbildung. Die Beklagte konnte ab dem von ihr nachvollziehbar gemachten Zeitpunkt am 29.09.2008 die nachfolgend ausscheidenden Mitarbeiter anders behandeln, also nicht mehr vorgezogen einen Bonus auszahlen, obwohl über die Zurverfügungstellung eines Bonustopfes noch gar nicht entschieden war. Dass die Beklagte auch nach diesem Zeitpunkt an Arbeitnehmer noch Boni für 2008 gezahlt hat, hat die Klägerin nicht konkret behauptet.
Eine von einem Arbeitgeber nach einem generalisierenden Prinzip gewährte freiwillige Leistung kann von ihm grundsätzlich auch nach einer Stichtagsregelung wieder entzogen werden. Entscheidend für die Zulässigkeit einer dadurch bewirkten Gruppenbildung sind dabei die hinter der Stichtagsregelung stehenden Sachgründe, die die Differenzierung rechtfertigen müssen. Die Differenzierungsgründe, d. h. die Gründe für die Ungleichbehandlung, müssen auf vernünftigen einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen verfassungsrechtliche oder sonstige übergeordnete Wertentscheidungen verstoßen. Die Grenze zur Willkür wird durch eine Regelung allerdings nicht schon dann überschritten, wenn die getroffene Lösung nicht die zweckmäßigste und vernünftigste ist, sondern erst dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für die Regelung nicht finden lässt (BAG vom 16.06.2010 - 4 AZR 928/08).
Die vorzeitigen Bonuszahlungen wurden jahrelang zur Abwicklung der Arbeitsverhältnisse ausscheidender Mitarbeiter erbracht, weil die Beklagte davon ausging, dass später ohnehin ein Bonustopf festgesetzt werden und die Arbeitnehmer einen Bonusanspruch erlangen würden. Der Beklagten kann ein sachgerechter Grund für ihre Entscheidung, diese Praxis bei der Auszahlung der Boni einzustellen, nicht abgesprochen werden, als Ende September 2008 die desaströse Situation der Beklagten offenbar wurde und eine Insolvenz nur durch eine massive Intervention insbesondere der F. abgewendet werden konnte. Dass die Entscheidung, die Auszahlung von Boni einzustellen, bevor grundsätzlich eine Entscheidung darüber gefallen ist, ob für 2008 überhaupt ein Bonustopf zur Verfügung steht, auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruht, liegt auf der Hand.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits und auch ihrer erfolglosen Anschlussberufung, §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Eine Revisionszulassung ist nicht veranlasst. Auf die Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben, wird hingewiesen.
Wanhöfer
Böhrer
Ebel