08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Gerichtsbescheid vom 12.03.2001 – II 297/00
Ob ein gewerblicher Grundstückshandel einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, hängt von den individuellen Verhältnissen des Unternehmens ab. Werden nur einzelne wenige Geschäfte auch nach Bebauung der Grundstücke getätigt, ist dies regelmäßig nicht der Fall.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als gewerbliche Grundstückshändlerin ein Gewinnermittlungswahlrecht besaß.
Die Klägerin ist eine aus den Eheleuten D und E K bestehende GbR. Die Gesellschaft wurde am 18.3.1993 gegründet und war auf die Tätigkeiten Ankauf und Bebauung und Verkauf von Grundstücken gerichtet. In den Streitjahren kam es zu folgenden Grundstücksgeschäften:
1993 erwarb die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 18.3.1993 das mit einem Abbruchhaus bebaute Grundstück X-Straße in Hamburg. Nach Abbruch des alten Gebäudes und Neubau eines Mehrfamilienhauses mit acht Wohnungen veräußerte die Klägerin dieses Objekt mit notariellem Kaufvertrag vom 3.12.1993 an einen Käufer zum Kaufpreis von 1.390.000 DM. Von dieser Summe wurde ein Teilbetrag in Höhe von 300.000 DM noch in 1993 bezahlt, der Rest floss in 1994.
Im Jahr 1994 erwarb die Klägerin mit Kaufvertrag vom 11.7.1994 ein weiteres ca. 26.470 mqm großes Grundstück in Y in der Nähe von Berlin. Auf den vereinbarten Kaufpreis von 7,8 Mio. DM leistete die Klägerin 1994 eine Anzahlung in Höhe von 1 Mio. DM. Die Klägerin hatte das Grundstück in der Absicht erworben, es mit einem Wohnkomplex mit 15 Mehrfamilienhäusern und 264 Wohnungen zu bebauen. Der geplante Baubeginn war im Frühjahr 1997, die Fertigstellung sollte 1998 erfolgen. Am 13. August 1997 schlossen die Vertragsparteien einen gerichtlichen Vergleich, wonach das Vertragsverhältnis wegen Nichtdurchführbarkeit am 30.6.1996 einvernehmlich endete.
1995 erwarb die Klägerin das in Hamburg-... gelegene Grundstück X-Weg zum Preis von 580.000 DM.
Die Klägerin erklärte für die Streitjahre Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von - 349.210,28 DM in 1993, - 430.569,29 DM in 1994 und - 797.130,22 DM in 1995. Ihren Gewinn hatte die Klägerin, die in den Streitjahren lediglich Aushilfskräfte in geringem Umfang beschäftigte, durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 3 EStG wie folgt ermittelt:
Betriebseinnahmen | 1993 | 1994 | 1995 |
Erlöse | DM | DM | DM |
Verkauf „X-Straße” | 300.000,00 | 1.090.000,00 | 3.584,62 |
Summe d. BE: | 300.000,00 | 1.090.000,00 | 3.584,62 |
Betriebsausgaben | 1993 | 1994 | 1995 |
DM | DM | DM | |
Bezeichnung | |||
X-Straße | |||
Anschaffungskosten | 627.108,98 | 429.601,28 | - |
- laufende Kosten | 63,88 | 9,84 | 38.811,19 |
Geldbeschaffungskosten | 4.329,29 | - | - |
Zinsen | 17.708,13 | 16.413,03 | - |
Y Kaufpreis | 1.000.000,00 | - | |
Notar | 25.000,00 | - | |
Zeichnungen, Flurkarten | 18.977,64 | - | |
Zinsen, A-Bank | 30.567,50 | 81.986,11 | |
Herstellungskosten | 71.344,46 | ||
Sonstige Kosten | 7.705,00 | ||
Allg. Bürokosten | 2.078,30 | ||
X-Weg | |||
Anschaffungskosten | 580.000,00 | ||
Grunderwerbsteuer | 11.600,00 | ||
Div. kleine Ausgaben | 169,00 | ||
Zinsen und Gebühren | 1.333,40 | ||
Z-Straße | |||
Allgemeine Kosten | 730,30 | ||
B-Bank | 3.261,25 | ||
A-Bank | 1.695,83 | ||
Summe der BA: | 649.210,28 | 1.520.569,29 | 800.714,84 |
Gewinn/Verlust | - 349.210,28 | - 430.569,29 | - 797.130,22 |
Im Rahmen einer in der Zeit vom 23.2.-26.2.1999 durchgeführten Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die Klägerin sei nach § 140 AO in Verbindung mit § 2 HGB buchführungspflichtig, da das Ausmaß der geplanten Baumaßnahmen und die Vermarktung einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere. Da die Klägerin seiner Aufforderung, Bilanzen für die Streitjahre vorzulegen, nicht nachkam, schätzte der Prüfer die Besteuerungsgrundlagen, in dem er insbesondere die Anschaffungskosten der Grundstücke nicht mehr für abzugsfähig hielt, sondern entsprechendes Umlaufvermögen aktivierte:
1993 DM | 1994 DM | 1995 DM | |
X-Straße: | -300.000,00 | 300.000,00 | |
Anschaffungskosten | 627.108,98 | - 627.108.98 | |
Y: | |||
Grundstück | 1.000.000,00 | ||
Notar | 25.000,00 | ||
Zeichnungen, Flurkarten | 18.977,64 | ||
Herstellungskosten | 71.344,46 | ||
X-Weg: | |||
Anschaffungskosten | 580.000,00 | ||
Grunderwerbsteuer | 11.600,00 | ||
Mehr Gewinn: | 327.108,98 | 716.868,66 | 662.944,46 |
Unter Berücksichtigung geminderter Baukosten für das Bauvorhaben X-Straße in Höhe von insgesamt 12.290,98 DM ging der Prüfer für die Streitjahre von folgendem Gewinn aus Gewerbebetrieb aus:
1993 DM | 1994 DM | 1995 DM | |
Gewerbeertrag vor Bp: | - 349.210,00 | - 430.568,00 | - 797.130,00 |
Baukosten | 12.290,98 | ||
Gewinnermittlung | 327.108,98 | 716.868,66 | 66.944,46 |
Gewerbesteuerrückstellung | - 33.142,00 | ||
Gewerbeertrag nach Bp: | - 22.102,00 | 265.488,00 | - 134.186,00 |
Der Beklagte übernahm diese Gewinne/Verluste und legte sie in den Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1993-1995 zugrunde. Die Bescheide wurden am 15.9.1999 zur Post gegeben. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 18.10.1999 Einsprüche ein. Zur Begründung trug sie vor, eine Buchführungspflicht habe nicht bestanden, so dass die vorgenommenen Schätzungen des Finanzamtes unzulässig seien.
Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 27.6.2000 zurück, da sich die Verpflichtung der Klägerin, Bücher zu führen, unmittelbar aus dem Gesetz ergäbe. Die Klägerin habe von Beginn an ein gewerbliches Unternehmen geführt, das nach Art und Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere. Die Klägerin sei nicht Minderkaufmann, sondern als Sollkaufmann im Sinne des § 2 HGB anzusehen. Dies folge aus der Vielzahl der durchgeführten und beabsichtigten Verkäufe. Dabei seien nicht nur die Grundstückskäufe in den Streitjahren zu berücksichtigen, sondern in die Gesamtbetrachtung seien auch die Sanierungs-, Bebauungs- und Veräußerungsabsichten künftiger Zeiträume einzubeziehen. Allenfalls bei der Abwicklung überschaubarer Vorhaben (bis zu zehn Wohneinheiten) sei ein nach kaufmännischen Grundsätzen eingerichteter Geschäftsbetrieb entbehrlich. Diese Grenze sei im Streitfall jedoch überschritten, da die Planung sich bei dem Objekt „X-Straße” auf acht Wohneinheiten, bei dem Objekt „Y” auf 264 Wohneinheiten und bei dem Objekt „X-Weg” auf neun Wohneinheiten gerichtet habe.
Mit ihrer am 27.7.2000 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, sie habe im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit lediglich das Mehrfamilienhaus in der X-Straße errichtet und vertrieben. Weitere Vorhaben seien zwar geplant gewesen, hätten jedoch nicht durchgeführt werden können. Für die Abwicklung des ersten Objektes sei ein nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich gewesen. Auftragsvergabe, Abwicklung und Baubetreuung seien von dem Mitgesellschafter allein durchgeführt worden. Den Zahlungsverkehr und die Aufzeichnungen über Einnahmen und Ausgaben habe die Gesellschafterin erledigt, das Büro habe sich in dem Einfamilienhaus der Gesellschafter befunden. Der geringe Umfang ihres Geschäftsbetriebes sei anhand der vorgelegten Aufzeichnungen leicht nachzuvollziehen, so seien im Streitjahr 1993 monatlich lediglich ca. neun Geschäftsvorfälle angefallen. Der Beklagte könne auch nicht auf die Planungstätigkeiten für das Bauvorhaben in Y verweisen. Tatsächlich seien im Rahmen dieses Projektes in 1994 und 1995 insgesamt nur 25 Geschäftsvorfälle zu berücksichtigen gewesen. Rein planerische Tätigkeiten (Erstellen von Bauzeichnungen, statische Berechnungen und Anfertigung von Bauanträgen) habe ihr Gesellschafter selbst und ohne Mithilfe von Arbeitnehmern durchgeführt. Darüber hinausgehende Tätigkeiten im Rahmen des Bauvorhabens hätten einer Baugenehmigung bedürft, die jedoch nicht erteilt worden sei. Deshalb treffe es auch nicht zu, dass dieses Bauvorhaben über das reine Planungsstadium hinaus konkretisiert worden sei. Überlegungen des Beklagten, die spätere Veranlagungszeiträume beträfen und die noch dazu gar nicht eingetreten seien, könnten für die Streitjahre nicht zu einer Buchführungspflicht führen. Der Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, die Klägerin nach § 141 Abs. 2 AO zur Buchführungspflicht aufzufordern, das sei jedoch nicht geschehen.
Die Klägerin beantragt, die einheitlichen und gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1993 bis 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.6.2000 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte für die Jahre
1993 von -22.102 DM auf -349.210 DM,
1994 von 265.448 DM auf -418.278 DM und
1995 von -134.186 DM auf -797.130 DM
festgestellt werden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er wendet ein, es könne dahinstehen, ob die tatsächlich realisierten Geschäftsvorfälle einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderlich gemacht hätten. In die Beurteilung seien nämlich auch die nachweislich geplanten Vorhaben einzubeziehen, und zwar auch dann, wenn sie über die Streitjahre hinausgingen. Das Vorhaben in Y sei bereits über das reine Planungsstadium hinaus konkretisiert gewesen, da ein Kaufvertrag bereits geschlossen worden sei. Das Grundstück sei in der Absicht erworben worden, einen Wohnkomplex mit 15 Mehrfamilienhäusern und 264 Wohnungen zu errichten. Die Klägerin habe bereits in 1994 1 Mio. DM Anzahlung geleistet, im Streitjahr 1995 seien bereits Kosten in Höhe von 163.113 DM angefallen. Bei einem dermaßen bedeutsamen, kosten- und zeitintensiven Projekt sei aus Sicht eines normalen Unternehmers eine kaufmännische Organisation erforderlich. Allein die Bautätigkeit hätte eine solche Vielfalt von Geschäftstätigkeiten mit sich gebracht, dass der Betrieb ohne kaufmännische Buchführung und Ordnung nicht vorstellbar sei. Hinzu käme auch noch die beabsichtigte Vermarktung der Objekte. Die Klägerin hätte deshalb ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln müssen.
Dem Gericht haben die Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuerakten, die Betriebsprüfungs- und Betriebsprüfungsarbeitsakten, die Akte Allgemeines sowie die Rechtsbehelfsakte (StNr.: ...) vorgelegen.
Gründe
Der Senat entscheidet gemäß § 90 a Abs. 1 FGO durch Gerichtsbescheid.
Die Klage erweist sich als begründet, denn der Beklagte hat den Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb zu Unrecht nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) geschätzt. Die Klägerin war berechtigt, gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 EStG ihren Gewinn im Wege einer Einnahme-/Überschussrechnung zu ermitteln und sie hat ihr Wahlrecht in diesem Sinne ausgeübt.
1. Nach § 4 Abs. 3 S. 1 EStG können Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßige Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.
Die Klägerin hat weder freiwillig Bücher geführt und Abschlüsse gemacht, und es ist auch keine originäre Buchführungs- und Bilanzierungspflicht nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AO entstanden, denn die Klägerin ist nicht nach § 141 Abs. 2 S. 1 AO auf diese Verpflichtung hingewiesen worden.
2. Die Klägerin ist auch nicht nach §§ 2, 262 HGB a. F. zur Buchführung und Bilanzierung verpflichtet gewesen.
a) Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die Klägerin in den Streitjahren einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben und damit Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielt hat. Die Beteiligten sind davon zu Recht ausgegangen, denn die Klägerin beabsichtigte von vorn herein eine Anzahl bestimmter Objekte in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht zu erwerben und ging offensichtlich davon aus, die Objekte in engem zeitlichen Zusammenhang hiermit wieder zu veräußern. Die Grundstücksgeschäfte, die in einem solchen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen, ermöglichen den Schluss auf einen einheitlichen gewerblichen Betätigungswillen und sind damit als gewerblich zu beurteilen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. Dezember 1998 III R 62/97, BFH/NV 1999, 1067, HFR 1999, 646; BFH-Beschluss vom 31. Juli 1996 III B 38/96, BFH/NV 1997, 229).
b) Da ein gewerblicher Grundstückshändler kein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs. 2 HGB a. F. betreibt, ist er nur dann zur handelsrechtlichen Buchführung verpflichtet, wenn die Voraussetzungen eines sogenannten Sollkaufmanns (§ 2 HGB a. F.) vorliegen (vgl. § 262 HGB). Dass die Klägerin nicht in das Handelsregister eingetragen war, ist nicht entscheidend. Darüber, ob die Voraussetzungen des § 140 AO 1977 i.V.m. § 2 HGB vorliegen, ist im Finanzrechtsweg eigenständig zu entscheiden (BFH-Beschluss v. 21. April 1998 XI B 16/98, BFH/NV 1998, 1220), zudem treffen den Unternehmer die Rechnungslegungspflichten nach § 262 HGB nicht erst von der Eintragung an, sondern schon ab dem Zeitpunkt, zu dem die Verpflichtung zu Eintragung entstanden ist (vg. Canaris, Handelsrecht, 22. Aufl., S. 31).
Nach § 2 HGB a. F. gilt auch ein sonstiges gewerbliches Unternehmen, das nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HGB erfüllt, als Handelsgewerbe im Sinne des HGB, wenn dieses Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.
Dieses Erfordernis entsteht durch den Geschäftsgegenstand, die Betriebsweise und den Umfang des Unternehmens. Die Voraussetzungen werden im Allgemeinen dann bejaht, wenn zahlreiche Geschäftsbeziehungen mit den verschiedensten Personen, Inanspruchnahmen von Kredit, Wechselverkehr, Bankverbindung oder die Notwendigkeit von Inventuren vorliegen und wenn kaufmännisches Geschäftspersonal vorhanden sein muss. Es muss sich um ein Unternehmen größeren Umfangs handeln, bei dem der Zweck, die notwendige Übersicht und Ordnung zu erzielen, die kaufmännischen Mittel erfordert. Bei der Prüfung des Geschäftsumfanges werden das Anlage- und Betriebskapital, der Ertrag, die Höhe der Steuern, die benutzten Räume und Liegenschaften berücksichtigt (vgl. Baumbach/Duden/Hopt, HGB, Kommentar, 29. Aufl. Anm. 2 zu § 2 HGB). Der Umsatz spielt dagegen eine untergeordnete Rolle, denn auch ein verhältnismäßig geringer Umsatz kann eine kaufmännische Betriebsweise erforderlich machen (vgl. Hildebrandt in Schlegelberger, HGB, 5. Auflage, § 2, Rz 4).
c) Wann unter diesen Voraussetzungen speziell ein gewerblicher Grundstückshandel einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderlich macht, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass der gewerbliche Grundstückshandel grundsätzlich keine Buchführungspflicht mit sich bringe (vgl. Altfelder, FR 2000, 349, 364). Dies sei jedenfalls dann nicht der Fall, wenn nur wenig Personal beschäftigt und mit wenigen Objekten gehandelt werde (Kohlhaas DStR 2000, 1249). Zum Teil wird die Frage, ob ein Gewinnermittlungswahlrecht besteht, differenziert unter Berücksichtigung der konkreten Erscheinungsform des Grundstückshandels beurteilt. Bei einem Handel mit unbebauten Grundstücken, insbesondere bei kleinen Parzellen mit geringer Wertschöpfung, werden die Voraussetzungen des § 2 HGB a. F. eher verneint, während bei einem Grundstückshandel mit Großobjekten und Gebäudeherstellung die Existenz eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes für erforderlich gehalten wird. Abgestellt wird insoweit auf den beim gewerblichen Grundstücksgeschäft üblichen ständigen Wechsel von An- und Verkauf der Immobilien, die während der Besitzzeit stattfindenden erheblichen Bearbeitungen (Bebauung), die Komplexität der Beschaffungs- und Veräußerungsvorgänge (Marktbeobachtung, Akquisition von Kunden), die typischerweise vorliegende Kreditfinanzierung, die Gewährung von Zahlungszielen und den Bestand des Umlaufvermögens (vgl. Stork, DB, 2001, 115, 118). In der Rechtsprechung wurde die Notwendigkeit eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebes verneint, wenn die Abwicklung überschaubarer Vorhaben (etwa Bau und Verkauf von bis zu 10 Wohnungen) keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb voraussetzt (vgl. FG Hannover, Urteil vom 3. Februar 1998 VII 576/96, EFG 1999, 275; offengelassen in BFH-Urteil vom 1. Oktober 1996 VIII R 40/94, BFH NV 1997, 403).
d) Der Senat hält es wegen der Vielgestaltigkeit der Einzelfälle und der Vielzahl der zu berücksichtigenden Aspekte für geboten, nicht von einer typisierenden oder generellen Betrachtungsweise der Bilanzierungspflicht des gewerblichen Grundstückshändlers auszugehen, sondern die Voraussetzungen des § 2 HGB a. F. in dem konkreten Einzelfall zu prüfen. Im Streitfall erforderte der Betrieb der Klägerin weder in qualitativer Hinsicht, noch in quantitativer Hinsicht einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb.
aa) In qualitativer Hinsicht wird damit einmal an die Art des Unternehmens, also den Geschäftsgegenstand, angeknüpft und zum anderen auch auf die konkrete Art und Weise abgestellt, in der das Unternehmen betrieben wird (vgl. Hildebrandt in Schlegelberger, HGB, Kommentar, a.a.O. Rz. 3 zu § 2). Da der Geschäftsgegenstand wegen der Vielgestaltigkeit, mit der gewerbliche Grundstückshändler am Markt auftreten, für sich genommen nicht entscheidend sein kann, stellt der Senat maßgeblich auf die konkrete Unternehmensstruktur ab. Dabei fällt im Streitfall ins Auge, dass die Klägerin in jedem Jahr jeweils nur ein Grundstücksgeschäft in Angriff nahm und im Übrigen lediglich das des vergangenen Jahres abwickelte. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass es sich dabei jeweils insofern um Großprojekte handelte, als nicht lediglich ein unbebautes Grundstück verkauft, sondern dieses mit mehreren, im Falle des Grundstückes Y sogar einer Vielzahl von Wohneinheiten bebaut werden sollte. Sowohl im Falle des abgewickelten Geschäftes „X-Straße” wie auch nach den Planungen „Y” hatte es die Klägerin dabei aber nicht mit entsprechend vielen Abnehmern zu tun. Verkauft wurde das bebaute Grundstück an lediglich einen Kunden und auch im Fall „Y” war nach den von der Klägerin angeschriebenen Kunden offensichtlich beabsichtigt, das gesamte Projekt in einem Zuge an nur einen Abnehmer, beispielsweise eine Versicherung zu veräußern (vgl. die Angebotsliste auf Bl. 45 f. der Betriebsprüfungsarbeitsakten). Dies zeigt, dass der kaufmännische Anteil der Unternehmenstätigkeit der Klägerin gegenüber den bei ihr anfallenden planerischen und konzeptionellen Aufgaben wesentlich zurücktrat. Sie benötigte deshalb keinen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb und besaß auch keinen. Dies ist zumindest ein Indiz dafür, dass ein kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich war. Auch weitere Umstände, die dies erforderlich machen könnten, sind nicht gegeben. Zwar arbeitete auch die Klägerin mit Krediten, doch geschah dies in überschaubarem Umfang und Geschäftsbeziehungen, soweit ersichtlich, nur zu zwei Bankunternehmen. Auch Angestellte beschäftigte die Klägerin nicht in nennenswertem Umfang. Nach den Feststellungen des Betriebsprüfers sind in den Streitjahren Löhne lediglich für Aushilfen in Höhe von 2.830 DM (1993) und 3.350 DM für 1994 gezahlt worden.
bb) In quantitativer Hinsicht ist der Umfang des Unternehmens entscheidend. Auch hier spielt neben Anzahl und Wert der Geschäftsvorgänge, also dem Umsatz, auch Kreditausstattung, Größe des Maschinen- und des Fuhrparks, Zahl der Angestellten und etwa das Ausmaß der betätigten Werbung eine Rolle (vgl. Brüggemann in Großkommentar zum HGB, 4. Auflage, Rz 10 zu § 2). Bereits diese Aufzählung zeigt, dass die Klägerin für einen unbefangenen Betrachter offensichtlich noch nicht eine Größenordnung erreicht hat, nach der eine betriebliche Organisation, die nach kaufmännischen Grundsätzen geführt wurde, unabdingbar war. Hierauf könnte allenfalls die rein tatsächliche Höhe des erreichten Umsatzes hindeuten, doch ist dieses Merkmal gerade nicht von besonderer Bedeutung (vgl. Hildebrandt in Schlegelberger, a.a.O. Rz 5 zu § 2 ), denn einerseits kann auch bei verhältnismäßig geringem Umsatz wegen der Struktur des Unternehmens eine kaufmännische Betriebsweise erforderlich sein, während auf der anderen Seite auch ein Unternehmen mit hohem Umsatz nur einfache Geschäfte mit wenigen Kunden tätigt (vgl. Canaris, a.a.O.). Letzteres ist im Streitfall gegeben. Der Umsatz war hier nur wegen der erheblichen Werte der erworbenen und zum Teil wieder veräußerten Grundstücke hoch, was sich auf die An- und Verkaufspreise auswirkte. Einen Rückschluss auf die Unternehmensstruktur lässt die Umsatzhöhe deshalb gerade in einem derartigen Fall nicht zu. Die Klägerin konnte ihren Geschäftsbetrieb allein mit ihren beiden Gesellschaftern bewältigen, von denen der Mitgesellschafter sogar noch „hauptberuflich” als Bausachverständiger selbständig tätig war. Die übrigen Kennzahlen deuten ebenfalls auf einen geringen „Umfang” des Unternehmens hin: Kredite dienten nur zur Finanzierung der (wenigen) erworbenen Immobilien, ein Maschinen- oder Fuhrpark war nicht vorhanden und die Geschäfte konnten von dem „häuslichen Arbeitszimmer” der Gesellschafter aus geführt werden. Auch wurde Hilfspersonal nur in ganz begrenztem Umfang beschäftigt und abgesehen von individuellen Anschreiben an potentielle Kunden, ist eine Werbetätigkeit der Klägerin nicht erkennbar geworden. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse handelte es sich bei der Klägerin daher um einen einfach strukturierten und leicht überschaubaren Betrieb, der - jedenfalls in den Streitjahren - keine kaufmännische Organisation erforderte. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass dies bei einer Verwirklichung des geplante Vorhabens in Y anders zu beurteilen sein könnte, doch ist dieses Projekt über die Planungsphase nicht hinausgelangt. Erforderlich wäre ein kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb aber auch erst dann gewesen, wenn mit der konkreten Umsetzung der Bauplanungen begonnen worden wäre. Das wäre frühestens nach Erteilung der Baugenehmigung der Fall gewesen, wozu es jedoch nicht gekommen ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils auf § 151 Abs. 1 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe die Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich die hier zu beurteilende Streitfrage nach der am 1.7.1998 in Kraft getretenen Neuregelung des Unternehmensrechtes des HGB und der damit verbundenen branchenunabhängigen Vermutung eines Handelsgewerbes künftig in dieser Form nicht mehr stellen wird.