12.03.2025 · IWW-Abrufnummer 247033
Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 05.02.2024 – 10 W 9/24
Versäumt es der Aufhebungskläger vor Veranlassung der Zustellung der Antragsschrift den Aufhebungsbeklagten zum vorgerichtlichen Verzicht auf die Rechte aus einer einstweiligen Verfügung und zur Titelherausgabe aufzufordern, hat er den Aufhebungsbeklagten die Möglichkeit genommen, durch einen Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung die Inanspruchnahme des Gerichts mit den damit verbundenen Kosten zu vermeiden.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 05.02.2024, Az. 10 W 9/24
Die sofortige Beschwerde des Aufhebungsklägers gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts Bielefeld aus dem Anerkenntnisurteil vom 26. Dezember 2023 (Az.: 1 O 107/20) wird zurückgewiesen.
Der Aufhebungskläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse des Aufhebungsklägers.
1
Gründe:
2
I.
3
Der Aufhebungskläger wendet sich im Rahmen eines Aufhebungsverfahrens betreffend eine einstweilige Verfügung gegen die Kostengrundentscheidung im Anerkenntnisurteil des Landgerichts Bielefeld vom 26. Dezember 2023 (Az.: 1 O 107/20).
4
Die Aufhebungsbeklagten sind die unbekannten Erben der am 00.00.2022 verstorbenen Frau J. U.. Frau J. U. erwirkte als Verfügungsklägerin gegen den Aufhebungskläger als Verfügungsbeklagten eine durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 05. Juni 2020 erlassene einstweilige Verfügung (Az.: 1 O 107/20). Der Tenor dieser einstweiligen Verfügung lautete auszugsweise wie folgt:
5
„1.
6
Im Grundbuch des Amtsgerichts Bielefeld, Grundbuch von Q., Blatt N01, Gemarkung Q., Flur N02, Flurstück N03, Raumeinheit Nr. N04, K.-straße 00, Q. wird zu Gunsten der Verfügungsklägerin ein Widerspruch gegen das Eigentumsrecht des Verfügungsbeklagten eingetragen.
7
2.
8
Im Grundbuch des Amtsgerichts Bielefeld, Grundbuch von Q., Blatt N06, Gemarkung Q., Flur N02, Flurstück N03, Raumeinheit Nr. N05, K.-straße 00, Q. wird zugunsten der Verfügungsklägerin ein Widerspruch gegen das Eigentumsrecht des Verfügungsbeklagten eingetragen.“
9
In der Folgezeit wurden die Widersprüche gegen das Eigentumsrecht des Aufhebungsklägers im tenorierten Umfang in das Grundbuch des Amtsgerichts Bielefeld eingetragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf den Grundbuchauszug vom 20. Juli 2020 (Bl. 162 der Akte erster Instanz) Bezug genommen. Die damalige Verfügungsklägerin, Frau J. U., erhob im August 2020 in der Hauptsache Klage vor dem Landgericht Bielefeld (1 O 195/20).
10
Am 00.00.2022 verstarb Frau J. U.. Das Amtsgericht ‒ Nachlassgericht ‒ Bielefeld erteilte ihrem Ehemann, Herrn L. U., am 11. Januar 2023 einen Erbschein, der ihn als Alleinerben auswies. Nach dem Tod der Frau J. U. trat ihr vermeintlicher Erbe, Herr L. U., in dem Hauptsacherechtsstreit als ihr Rechtsnachfolger auf. In der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Hamm (Az.: I-22 U 30/22) vom 30. März 2023 erklärte er ‒ anwaltlich vertreten ‒, er werde auf die Geltendmachung eines Grundbuchberichtigungsanspruchs gegen den jetzigen Aufhebungskläger verzichten. Weiter erklärte er, die Klage zurückzunehmen. Der jetzige Aufhebungskläger stimmte ‒ ebenfalls anwaltlich vertreten ‒ der Klagerücknahme zu. Wegen der weiteren Einzelheiten wird diesbezüglich auf das Sitzungsprotokoll vom 30. März 2023 Bezug genommen (Bl. 223 ff. der Akte erster Instanz).
11
In der Folge begehrte der Aufhebungskläger die Löschung der oben genannten Widersprüche aus dem Grundbuch. Zu diesem Zwecke forderte er Herrn L. U. mit Schreiben vom 25. April 2023 auf, auf die Ansprüche aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten und den Vollstreckungstitel an ihn herauszugeben.
12
Mit Schreiben vom 03. Mai 2023 erklärte Herr L. U. gegenüber dem Aufhebungskläger, er beabsichtige, die Annahme der Erbschaft anzufechten. Weiter werde er aufgrund der Klagerücknahme in der Hauptsache aus der einstweiligen Verfügung keine Rechte mehr herleiten. Der Aufhebungskläger könne die Löschung der Grundbucheinträge aufgrund der vor dem Oberlandesgericht Hamm abgegebenen Erklärungen vollziehen. Sodann erklärte Herr L. U. gegenüber dem Amtsgericht ‒ Nachlassgericht ‒ Bielefeld die Anfechtung der Annahme der Erbschaft. Dabei stützte er die Anfechtung auf einen Irrtum über den Bestand von Nachlassgegenständen. Am 15. Mai 2023 zog das Amtsgericht ‒ Nachlassgericht ‒ Bielefeld den Herrn L. U. als Alleinerben der Frau J. U. ausweisenden Erbschein ein.
13
Weiter teilte das Amtsgericht ‒ Grundbuchamt ‒ Bielefeld dem Aufhebungskläger am 12. Juli 2023 mit, es bedürfe für die erstrebte Löschung der Widersprüche aus dem Grundbuch entweder der Vorlage von Löschungsbewilligungen durch die Erben der Berechtigten bzw. einer Löschungsbewilligung durch einen Pfleger für die unbekannten Erben nebst gerichtlicher Genehmigung oder der Vorlage einer Entscheidung über die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils vom 15. Juli 2020 in Ausfertigung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf das Schreiben des Grundbuchamtes vom 12. Juli 2023 (Bl. 264 der Akte erster Instanz) Bezug genommen.
14
Daraufhin hat der Aufhebungskläger bei dem Landgericht Bielefeld mit Schriftsatz vom 30. August 2023 beantragt, die oben genannte einstweilige Verfügung aufzuheben. Der Aufhebungskläger hat seinen Aufhebungsantrag zunächst gegen Herrn L. U. gerichtet; der entsprechende Schriftsatz ist auch an diesen zugestellt worden.
15
Mit Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 13. November 2023 (Az.: 118 VI 243/23) ist Frau Rechtsanwältin Y. als Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben der Frau J. U. bestellt worden. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht den Aufhebungskläger mit Verfügung vom 28. November 2023 um Mitteilung gebeten, ob die Rechtsnachfolger der Frau J. U. ‒ und nicht Herr L. U. ‒ die Aufhebungsbeklagten sein sollen und ob daher der Aufhebungsantrag an die Nachlasspflegerin zugestellt werden soll. Daraufhin hat der Aufhebungskläger erklärt, dass der Aufhebungsantrag an die Nachlasspflegerin zugestellt werden soll. Am 07. Dezember 2023 ist der Aufhebungsantrag Frau Rechtsanwältin Y. als Nachlasspflegerin zugestellt worden. Mit bei dem Landgericht am 11. Dezember 2023 eingegangenem Schriftsatz hat Frau Rechtsanwältin Y. als Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben der Frau J. U. den Anspruch auf Aufhebung der einstweiligen Verfügungen unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt.
16
Mit Anerkenntnisurteil vom 26. Dezember 2023 (1 O 107/20), welches dem Aufhebungskläger am 27. Dezember 2023 und den Aufhebungsbeklagten am 05. Januar 2024 zugestellt worden ist, hat das Landgericht Bielefeld die einstweilige Verfügung vom 05. Juni 2020 aufgehoben und die Kosten des Aufhebungsverfahrens dem Aufhebungskläger auferlegt. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, es handele sich um ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO. Die Aufhebungsbeklagte habe auch durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Stellung des Aufhebungsantrages gegeben.
17
Mit am 03. Januar 2024 bei dem Landgericht eingegangener Beschwerdeschrift hat der Aufhebungskläger Beschwerde gegen das oben genannte Anerkenntnisurteil eingelegt. Zur Begründung trägt er ‒ zusammengefasst ‒ vor, die Kosten des Aufhebungsverfahren könnten ihm nicht auferlegt werden. Er meint, er habe der Nachlasspflegerin nicht außergerichtlich Gelegenheit geben können, den Aufhebungsanspruch anzuerkennen, da die Nachlasspflegerin erst bestellt worden sei, als das Aufhebungsverfahren bereits gelaufen sei. Auch sei nach den Angaben des Grundbuchamtes für die Löschung der Widersprüche eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht erforderlich gewesen. Außergerichtliche Erklärungen der Nachlasspflegerin hätten danach nicht gereicht.
18
Das Landgericht hat die Beschwerde dem Oberlandesgericht Hamm als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Abhilfe sei in Anbetracht der in einem Endurteil getroffenen Kostenentscheidung ausgeschlossen.
19
Den Aufhebungsbeklagten ist vor der Entscheidung über die Beschwerde rechtliches Gehör gewährt worden.
20
II.
21
Die nach § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
22
1.
23
Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
24
Sie ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthaft, da sie sich gegen die Kostenentscheidung in einem Anerkenntnisurteil wendet.
25
Der Streitwert in dem Aufhebungsverfahren, in dem die angegriffene Kostenentscheidung ergangen ist, übersteigt mit 99.408,75 € den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO genannten Betrag von 600,00 € (§ 99 Abs. 2 S. 2 ZPO).
26
Auch der besondere Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 ZPO wird überschritten, da bei einer abweichenden Kostenentscheidung im begehrten Sinne der Aufhebungskläger in Höhe von mehr als 200,00 € nicht mit Kosten belastet wird. Er begehrt nämlich, dass die im Aufhebungsverfahren nach §§ 936, 927 ZPO aus einem Streitwert von 99.408,75 € entstandenen Kosten anders als im angegriffenen Anerkenntnisurteil nicht ihm, sondern den Aufhebungsbeklagten auferlegt werden.
27
Die sofortige Beschwerde wurde form- und fristgerecht gemäß § 569 Abs. 1, 2 ZPO bei dem Landgericht Bielefeld als dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, eingelegt. Das Landgericht hat auch zutreffend angenommen, dass eine Abhilfe durch die Kammer nach § 572 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 318 ZPO ausgeschlossen ist. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO regelt die Abhilfebefugnis des Ausgangsgerichts im Beschwerdeverfahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift bleibt allerdings § 318 ZPO unberührt. Danach ist ein Gericht an Entscheidungen in von ihm erlassenen Endurteilen gebunden. Vor diesem Hintergrund hat ein Gericht, welches ‒ wie hier ‒ in einem Endurteil eine Kostenentscheidung getroffen hat, keine Befugnis, einer nach § 99 Abs. 2 ZPO statthaften isolierten Beschwerde gegen diese Kostenentscheidung abzuhelfen (vgl. KG, Beschluss vom 30. November 2020 ‒ 5 W 1120/20 ‒, Rn. 12, juris; Zöller/Feskorn, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 572 ZPO Rn. 1,3).
28
2.
29
Die sofortige Beschwerde hat allerdings in der Sache keinen Erfolg.
30
Die Kostengrundentscheidung in dem Anerkenntnisurteil des Landgerichts Bielefeld vom 26. Dezember 2023 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kosten des Aufhebungsverfahrens nach § 93 ZPO dem Aufhebungskläger zur Last fallen. Hat der Beklagte nach dieser Norm nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
31
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
32
a)
33
Die Aufhebungsbeklagten haben durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Aufhebungsklage nach §§ 936, 927 ZPO gegeben.
34
aa) In Anwendung der von der Rechtsprechung zu § 93 ZPO entwickelten Grundsätze gibt der Verfügungsgläubiger dann Anlass zur Einleitung eines Aufhebungsverfahrens gemäß § 927 ZPO durch den Verfügungsschuldner, wenn sein vorangegangenes Verhalten den Verfügungsschuldner bei vernünftiger Würdigung zu dem Schluss berechtigt, er werde trotz veränderter, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung begründender Umstände ohne Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens nicht zu seinem Recht kommen. Der Schuldner in einem einstweiligen Verfügungsverfahren muss daher ‒ will er eine ihm nachteilige Kostenfolge vermeiden ‒ dem Gläubiger vor Stellung des Aufhebungsantrags nach § 927 ZPO Gelegenheit geben, das Aufhebungsverlangen anzuerkennen bzw. auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten und den Vollstreckungstitel herauszugeben (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. März 2018 ‒ 6 W 23/18 ‒, Rn. 4, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 22. März 2011 ‒ 14 W 508/11 ‒, Rn.17 f., juris; Zöller/G. Vollkommer, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 927 ZPO Rn. 12).
35
bb)
36
Diesen Anforderungen hat der Aufhebungskläger nicht genügt.
37
Denn er hat den Aufhebungsbeklagten, vertreten durch die Nachlasspflegerin, nicht die Möglichkeit gegeben, auf ihre Rechte aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten und den Vollstreckungstitel an ihn herauszugeben, bevor er die Zustellung der Antragsschrift des Aufhebungsverfahrens an die Nachlasspflegerin veranlasste. Dies wäre ihm nach den Umständen des Streitfalls ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen: Die Nachlasspflegerin ist nämlich ‒ auf Antrag des Aufhebungsklägers (§ 1961 BGB) ‒ mit Beschluss vom 13. November 2023 bestellt worden. Mit Schriftsatz vom 05. Dezember 2023 hat der Aufhebungskläger auf Nachfrage des Landgerichts gegenüber diesem ausdrücklich erklärt, sein Aufhebungsantrag solle an die Nachlasspflegerin zugestellt werden. Erst durch die am 07. Dezember 2023 erfolgte Zustellung dieser Antragsschrift ist die gegen die jetzigen Aufhebungsbeklagten gerichtete Aufhebungsklage gemäß §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO rechtshängig geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand zwischen den Parteien kein Prozessrechtsverhältnis im Rahmen des selbständigen Aufhebungsverfahrens nach §§ 936, 927 ZPO. Vielmehr war bis dahin lediglich eine gegen den vermeintlichen Erben, Herrn L. U., gerichtete Aufhebungsklage rechtshängig. Vor der Veranlassung der Zustellung der Antragsschrift an die Nachlasspflegerin hätte der Aufhebungskläger die Aufhebungsbeklagten, vertreten durch die Nachlasspflegerin, zum vorgerichtlichen Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung und zur Titelherausgabe auffordern können. Indem er dies versäumte, hat er den Aufhebungsbeklagten die Möglichkeit genommen, durch einen Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung die Inanspruchnahme des Gerichts mit den damit verbundenen Kosten zu vermeiden.
38
Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Grundbuchamt habe darauf hingewiesen, dass die erstrebte Löschung der Widersprüche aus dem Grundbuch nur aufgrund einer gerichtlichen Aufhebung der einstweiligen Verfügung erreicht werden könne. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, warum ein Hinweis des Grundbuchamtes die Annahme rechtfertigen sollte, die Aufhebungsbeklagten hätten durch ihr Verhalten Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben. Denn für die Anwendung des § 93 ZPO kommt es im hier relevanten Aufhebungsverfahren nicht auf das Verhalten des Grundbuchamtes, sondern auf das der Aufhebungsbeklagten an.
39
Ferner ist der Einwand deswegen unzutreffend, weil er die Erklärung des Grundbuchamtes vom 12. Juli 2023 unvollständig wiedergibt. Dieses hat nämlich erklärt, es bedürfe für die erstrebte Löschung der Widersprüche aus dem Grundbuch entweder der Vorlage von Löschungsbewilligungen durch die Erben der Berechtigten bzw. einer Löschungsbewilligung durch einen Pfleger für die unbekannten Erben nebst gerichtlicher Genehmigung oder der Vorlage einer Entscheidung über die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils vom 15. Juli 2020 in Ausfertigung. Der Hinweis auf die Möglichkeit der Vorlage von Löschungsbewilligungen durch einen Nachlasspfleger für die unbekannten Erben zeigt auf, dass ‒ auch nach Ansicht des Grundbuchamtes ‒ die Vorlage eines Aufhebungsurteils nach §§ 936, 927 ZPO nicht zwingend erforderlich war. Selbst wenn sich das Grundbuchamt auf den Standpunkt gestellt hätte, ein Aufhebungsurteil sei für die begehrte Löschung der Widersprüche zwingend erforderlich, hätte die Möglichkeit bestanden, es darauf hinzuweisen, dass für ein Aufhebungsverfahren nach §§ 936, 927 ZPO das notwendige Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn weitere Auswirkungen der einstweiligen Verfügung nicht mehr drohen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Gläubiger auf seine Rechte aus der einstweiligen Verfügung verzichtet und den Titel ausgehändigt hat (vgl. mit weiteren Nachweisen Zöller/G. Vollkommer, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 927 ZPO Rn. 3). Es ist nicht erkennbar, dass und warum das Grundbuchamt im Falle eines solchen Hinweises auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis für das Aufhebungsverfahren zwingend eine gerichtliche Aufhebung der einstweiligen Verfügung gefordert hätte. Im Übrigen wäre es auch naheliegend gewesen, die Aufhebungsbeklagten ‒ vertreten durch die Nachlasspflegerin ‒ vor der Stellung eines Aufhebungsantrages zur Bewilligung der Löschung der Widersprüche aus dem Grundbuch aufzufordern. Auf die Möglichkeit der Vorlage solcher Löschungsbewilligungen als Alternative zu der Vorlage eines Aufhebungsurteils hat das Grundbuchamt den Aufhebungskläger sogar ausdrücklich hingewiesen.
40
b)
41
Die Aufhebungsbeklagten haben den mit der Aufhebungsklage geltend gemachten Anspruch auch sofort im Sinne von § 93 ZPO anerkannt. Denn sie sind dem Aufhebungsanspruch zu keinem Zeitpunkt entgegengetreten, sondern haben diesen nach der Zustellung der Aufhebungsklage am 07. Dezember 2023 bereits am 11. Dezember 2023 im Sinne von § 307 Satz 1 ZPO sofort anerkannt.
42
III.
43
1.
44
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
45
2.
46
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
47
3.
48
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den §§ 62, 63 GKG. Sie orientiert sich an den im Rahmen des Aufhebungsverfahrens entstandenen Kosten des Rechtsstreits, da der Aufhebungskläger mit der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Aufhebungsurteils vorgeht und begehrt, die Kosten des Aufhebungsverfahrens nicht ihm, sondern den Aufhebungsbeklagten aufzuerlegen.
Tenor:
Der Aufhebungskläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse des Aufhebungsklägers.
1
Gründe:
2
I.
3
Der Aufhebungskläger wendet sich im Rahmen eines Aufhebungsverfahrens betreffend eine einstweilige Verfügung gegen die Kostengrundentscheidung im Anerkenntnisurteil des Landgerichts Bielefeld vom 26. Dezember 2023 (Az.: 1 O 107/20).
4
Die Aufhebungsbeklagten sind die unbekannten Erben der am 00.00.2022 verstorbenen Frau J. U.. Frau J. U. erwirkte als Verfügungsklägerin gegen den Aufhebungskläger als Verfügungsbeklagten eine durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 05. Juni 2020 erlassene einstweilige Verfügung (Az.: 1 O 107/20). Der Tenor dieser einstweiligen Verfügung lautete auszugsweise wie folgt:
5
„1.
6
Im Grundbuch des Amtsgerichts Bielefeld, Grundbuch von Q., Blatt N01, Gemarkung Q., Flur N02, Flurstück N03, Raumeinheit Nr. N04, K.-straße 00, Q. wird zu Gunsten der Verfügungsklägerin ein Widerspruch gegen das Eigentumsrecht des Verfügungsbeklagten eingetragen.
7
2.
8
Im Grundbuch des Amtsgerichts Bielefeld, Grundbuch von Q., Blatt N06, Gemarkung Q., Flur N02, Flurstück N03, Raumeinheit Nr. N05, K.-straße 00, Q. wird zugunsten der Verfügungsklägerin ein Widerspruch gegen das Eigentumsrecht des Verfügungsbeklagten eingetragen.“
9
In der Folgezeit wurden die Widersprüche gegen das Eigentumsrecht des Aufhebungsklägers im tenorierten Umfang in das Grundbuch des Amtsgerichts Bielefeld eingetragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf den Grundbuchauszug vom 20. Juli 2020 (Bl. 162 der Akte erster Instanz) Bezug genommen. Die damalige Verfügungsklägerin, Frau J. U., erhob im August 2020 in der Hauptsache Klage vor dem Landgericht Bielefeld (1 O 195/20).
10
Am 00.00.2022 verstarb Frau J. U.. Das Amtsgericht ‒ Nachlassgericht ‒ Bielefeld erteilte ihrem Ehemann, Herrn L. U., am 11. Januar 2023 einen Erbschein, der ihn als Alleinerben auswies. Nach dem Tod der Frau J. U. trat ihr vermeintlicher Erbe, Herr L. U., in dem Hauptsacherechtsstreit als ihr Rechtsnachfolger auf. In der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Hamm (Az.: I-22 U 30/22) vom 30. März 2023 erklärte er ‒ anwaltlich vertreten ‒, er werde auf die Geltendmachung eines Grundbuchberichtigungsanspruchs gegen den jetzigen Aufhebungskläger verzichten. Weiter erklärte er, die Klage zurückzunehmen. Der jetzige Aufhebungskläger stimmte ‒ ebenfalls anwaltlich vertreten ‒ der Klagerücknahme zu. Wegen der weiteren Einzelheiten wird diesbezüglich auf das Sitzungsprotokoll vom 30. März 2023 Bezug genommen (Bl. 223 ff. der Akte erster Instanz).
11
In der Folge begehrte der Aufhebungskläger die Löschung der oben genannten Widersprüche aus dem Grundbuch. Zu diesem Zwecke forderte er Herrn L. U. mit Schreiben vom 25. April 2023 auf, auf die Ansprüche aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten und den Vollstreckungstitel an ihn herauszugeben.
12
Mit Schreiben vom 03. Mai 2023 erklärte Herr L. U. gegenüber dem Aufhebungskläger, er beabsichtige, die Annahme der Erbschaft anzufechten. Weiter werde er aufgrund der Klagerücknahme in der Hauptsache aus der einstweiligen Verfügung keine Rechte mehr herleiten. Der Aufhebungskläger könne die Löschung der Grundbucheinträge aufgrund der vor dem Oberlandesgericht Hamm abgegebenen Erklärungen vollziehen. Sodann erklärte Herr L. U. gegenüber dem Amtsgericht ‒ Nachlassgericht ‒ Bielefeld die Anfechtung der Annahme der Erbschaft. Dabei stützte er die Anfechtung auf einen Irrtum über den Bestand von Nachlassgegenständen. Am 15. Mai 2023 zog das Amtsgericht ‒ Nachlassgericht ‒ Bielefeld den Herrn L. U. als Alleinerben der Frau J. U. ausweisenden Erbschein ein.
13
Weiter teilte das Amtsgericht ‒ Grundbuchamt ‒ Bielefeld dem Aufhebungskläger am 12. Juli 2023 mit, es bedürfe für die erstrebte Löschung der Widersprüche aus dem Grundbuch entweder der Vorlage von Löschungsbewilligungen durch die Erben der Berechtigten bzw. einer Löschungsbewilligung durch einen Pfleger für die unbekannten Erben nebst gerichtlicher Genehmigung oder der Vorlage einer Entscheidung über die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils vom 15. Juli 2020 in Ausfertigung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf das Schreiben des Grundbuchamtes vom 12. Juli 2023 (Bl. 264 der Akte erster Instanz) Bezug genommen.
14
Daraufhin hat der Aufhebungskläger bei dem Landgericht Bielefeld mit Schriftsatz vom 30. August 2023 beantragt, die oben genannte einstweilige Verfügung aufzuheben. Der Aufhebungskläger hat seinen Aufhebungsantrag zunächst gegen Herrn L. U. gerichtet; der entsprechende Schriftsatz ist auch an diesen zugestellt worden.
15
Mit Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 13. November 2023 (Az.: 118 VI 243/23) ist Frau Rechtsanwältin Y. als Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben der Frau J. U. bestellt worden. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht den Aufhebungskläger mit Verfügung vom 28. November 2023 um Mitteilung gebeten, ob die Rechtsnachfolger der Frau J. U. ‒ und nicht Herr L. U. ‒ die Aufhebungsbeklagten sein sollen und ob daher der Aufhebungsantrag an die Nachlasspflegerin zugestellt werden soll. Daraufhin hat der Aufhebungskläger erklärt, dass der Aufhebungsantrag an die Nachlasspflegerin zugestellt werden soll. Am 07. Dezember 2023 ist der Aufhebungsantrag Frau Rechtsanwältin Y. als Nachlasspflegerin zugestellt worden. Mit bei dem Landgericht am 11. Dezember 2023 eingegangenem Schriftsatz hat Frau Rechtsanwältin Y. als Nachlasspflegerin für die unbekannten Erben der Frau J. U. den Anspruch auf Aufhebung der einstweiligen Verfügungen unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt.
16
Mit Anerkenntnisurteil vom 26. Dezember 2023 (1 O 107/20), welches dem Aufhebungskläger am 27. Dezember 2023 und den Aufhebungsbeklagten am 05. Januar 2024 zugestellt worden ist, hat das Landgericht Bielefeld die einstweilige Verfügung vom 05. Juni 2020 aufgehoben und die Kosten des Aufhebungsverfahrens dem Aufhebungskläger auferlegt. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, es handele sich um ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO. Die Aufhebungsbeklagte habe auch durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Stellung des Aufhebungsantrages gegeben.
17
Mit am 03. Januar 2024 bei dem Landgericht eingegangener Beschwerdeschrift hat der Aufhebungskläger Beschwerde gegen das oben genannte Anerkenntnisurteil eingelegt. Zur Begründung trägt er ‒ zusammengefasst ‒ vor, die Kosten des Aufhebungsverfahren könnten ihm nicht auferlegt werden. Er meint, er habe der Nachlasspflegerin nicht außergerichtlich Gelegenheit geben können, den Aufhebungsanspruch anzuerkennen, da die Nachlasspflegerin erst bestellt worden sei, als das Aufhebungsverfahren bereits gelaufen sei. Auch sei nach den Angaben des Grundbuchamtes für die Löschung der Widersprüche eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht erforderlich gewesen. Außergerichtliche Erklärungen der Nachlasspflegerin hätten danach nicht gereicht.
18
Das Landgericht hat die Beschwerde dem Oberlandesgericht Hamm als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Abhilfe sei in Anbetracht der in einem Endurteil getroffenen Kostenentscheidung ausgeschlossen.
19
Den Aufhebungsbeklagten ist vor der Entscheidung über die Beschwerde rechtliches Gehör gewährt worden.
20
II.
21
Die nach § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
22
1.
23
Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
24
Sie ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthaft, da sie sich gegen die Kostenentscheidung in einem Anerkenntnisurteil wendet.
25
Der Streitwert in dem Aufhebungsverfahren, in dem die angegriffene Kostenentscheidung ergangen ist, übersteigt mit 99.408,75 € den in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO genannten Betrag von 600,00 € (§ 99 Abs. 2 S. 2 ZPO).
26
Auch der besondere Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 ZPO wird überschritten, da bei einer abweichenden Kostenentscheidung im begehrten Sinne der Aufhebungskläger in Höhe von mehr als 200,00 € nicht mit Kosten belastet wird. Er begehrt nämlich, dass die im Aufhebungsverfahren nach §§ 936, 927 ZPO aus einem Streitwert von 99.408,75 € entstandenen Kosten anders als im angegriffenen Anerkenntnisurteil nicht ihm, sondern den Aufhebungsbeklagten auferlegt werden.
27
Die sofortige Beschwerde wurde form- und fristgerecht gemäß § 569 Abs. 1, 2 ZPO bei dem Landgericht Bielefeld als dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, eingelegt. Das Landgericht hat auch zutreffend angenommen, dass eine Abhilfe durch die Kammer nach § 572 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 318 ZPO ausgeschlossen ist. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO regelt die Abhilfebefugnis des Ausgangsgerichts im Beschwerdeverfahren. Nach Satz 2 dieser Vorschrift bleibt allerdings § 318 ZPO unberührt. Danach ist ein Gericht an Entscheidungen in von ihm erlassenen Endurteilen gebunden. Vor diesem Hintergrund hat ein Gericht, welches ‒ wie hier ‒ in einem Endurteil eine Kostenentscheidung getroffen hat, keine Befugnis, einer nach § 99 Abs. 2 ZPO statthaften isolierten Beschwerde gegen diese Kostenentscheidung abzuhelfen (vgl. KG, Beschluss vom 30. November 2020 ‒ 5 W 1120/20 ‒, Rn. 12, juris; Zöller/Feskorn, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 572 ZPO Rn. 1,3).
28
2.
29
Die sofortige Beschwerde hat allerdings in der Sache keinen Erfolg.
30
Die Kostengrundentscheidung in dem Anerkenntnisurteil des Landgerichts Bielefeld vom 26. Dezember 2023 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Kosten des Aufhebungsverfahrens nach § 93 ZPO dem Aufhebungskläger zur Last fallen. Hat der Beklagte nach dieser Norm nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
31
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
32
a)
33
Die Aufhebungsbeklagten haben durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Aufhebungsklage nach §§ 936, 927 ZPO gegeben.
34
aa) In Anwendung der von der Rechtsprechung zu § 93 ZPO entwickelten Grundsätze gibt der Verfügungsgläubiger dann Anlass zur Einleitung eines Aufhebungsverfahrens gemäß § 927 ZPO durch den Verfügungsschuldner, wenn sein vorangegangenes Verhalten den Verfügungsschuldner bei vernünftiger Würdigung zu dem Schluss berechtigt, er werde trotz veränderter, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung begründender Umstände ohne Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens nicht zu seinem Recht kommen. Der Schuldner in einem einstweiligen Verfügungsverfahren muss daher ‒ will er eine ihm nachteilige Kostenfolge vermeiden ‒ dem Gläubiger vor Stellung des Aufhebungsantrags nach § 927 ZPO Gelegenheit geben, das Aufhebungsverlangen anzuerkennen bzw. auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten und den Vollstreckungstitel herauszugeben (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. März 2018 ‒ 6 W 23/18 ‒, Rn. 4, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 22. März 2011 ‒ 14 W 508/11 ‒, Rn.17 f., juris; Zöller/G. Vollkommer, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 927 ZPO Rn. 12).
35
bb)
36
Diesen Anforderungen hat der Aufhebungskläger nicht genügt.
37
Denn er hat den Aufhebungsbeklagten, vertreten durch die Nachlasspflegerin, nicht die Möglichkeit gegeben, auf ihre Rechte aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten und den Vollstreckungstitel an ihn herauszugeben, bevor er die Zustellung der Antragsschrift des Aufhebungsverfahrens an die Nachlasspflegerin veranlasste. Dies wäre ihm nach den Umständen des Streitfalls ohne Weiteres möglich und zumutbar gewesen: Die Nachlasspflegerin ist nämlich ‒ auf Antrag des Aufhebungsklägers (§ 1961 BGB) ‒ mit Beschluss vom 13. November 2023 bestellt worden. Mit Schriftsatz vom 05. Dezember 2023 hat der Aufhebungskläger auf Nachfrage des Landgerichts gegenüber diesem ausdrücklich erklärt, sein Aufhebungsantrag solle an die Nachlasspflegerin zugestellt werden. Erst durch die am 07. Dezember 2023 erfolgte Zustellung dieser Antragsschrift ist die gegen die jetzigen Aufhebungsbeklagten gerichtete Aufhebungsklage gemäß §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO rechtshängig geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand zwischen den Parteien kein Prozessrechtsverhältnis im Rahmen des selbständigen Aufhebungsverfahrens nach §§ 936, 927 ZPO. Vielmehr war bis dahin lediglich eine gegen den vermeintlichen Erben, Herrn L. U., gerichtete Aufhebungsklage rechtshängig. Vor der Veranlassung der Zustellung der Antragsschrift an die Nachlasspflegerin hätte der Aufhebungskläger die Aufhebungsbeklagten, vertreten durch die Nachlasspflegerin, zum vorgerichtlichen Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung und zur Titelherausgabe auffordern können. Indem er dies versäumte, hat er den Aufhebungsbeklagten die Möglichkeit genommen, durch einen Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung die Inanspruchnahme des Gerichts mit den damit verbundenen Kosten zu vermeiden.
38
Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, das Grundbuchamt habe darauf hingewiesen, dass die erstrebte Löschung der Widersprüche aus dem Grundbuch nur aufgrund einer gerichtlichen Aufhebung der einstweiligen Verfügung erreicht werden könne. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, warum ein Hinweis des Grundbuchamtes die Annahme rechtfertigen sollte, die Aufhebungsbeklagten hätten durch ihr Verhalten Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben. Denn für die Anwendung des § 93 ZPO kommt es im hier relevanten Aufhebungsverfahren nicht auf das Verhalten des Grundbuchamtes, sondern auf das der Aufhebungsbeklagten an.
39
Ferner ist der Einwand deswegen unzutreffend, weil er die Erklärung des Grundbuchamtes vom 12. Juli 2023 unvollständig wiedergibt. Dieses hat nämlich erklärt, es bedürfe für die erstrebte Löschung der Widersprüche aus dem Grundbuch entweder der Vorlage von Löschungsbewilligungen durch die Erben der Berechtigten bzw. einer Löschungsbewilligung durch einen Pfleger für die unbekannten Erben nebst gerichtlicher Genehmigung oder der Vorlage einer Entscheidung über die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils vom 15. Juli 2020 in Ausfertigung. Der Hinweis auf die Möglichkeit der Vorlage von Löschungsbewilligungen durch einen Nachlasspfleger für die unbekannten Erben zeigt auf, dass ‒ auch nach Ansicht des Grundbuchamtes ‒ die Vorlage eines Aufhebungsurteils nach §§ 936, 927 ZPO nicht zwingend erforderlich war. Selbst wenn sich das Grundbuchamt auf den Standpunkt gestellt hätte, ein Aufhebungsurteil sei für die begehrte Löschung der Widersprüche zwingend erforderlich, hätte die Möglichkeit bestanden, es darauf hinzuweisen, dass für ein Aufhebungsverfahren nach §§ 936, 927 ZPO das notwendige Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn weitere Auswirkungen der einstweiligen Verfügung nicht mehr drohen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Gläubiger auf seine Rechte aus der einstweiligen Verfügung verzichtet und den Titel ausgehändigt hat (vgl. mit weiteren Nachweisen Zöller/G. Vollkommer, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 927 ZPO Rn. 3). Es ist nicht erkennbar, dass und warum das Grundbuchamt im Falle eines solchen Hinweises auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis für das Aufhebungsverfahren zwingend eine gerichtliche Aufhebung der einstweiligen Verfügung gefordert hätte. Im Übrigen wäre es auch naheliegend gewesen, die Aufhebungsbeklagten ‒ vertreten durch die Nachlasspflegerin ‒ vor der Stellung eines Aufhebungsantrages zur Bewilligung der Löschung der Widersprüche aus dem Grundbuch aufzufordern. Auf die Möglichkeit der Vorlage solcher Löschungsbewilligungen als Alternative zu der Vorlage eines Aufhebungsurteils hat das Grundbuchamt den Aufhebungskläger sogar ausdrücklich hingewiesen.
40
b)
41
Die Aufhebungsbeklagten haben den mit der Aufhebungsklage geltend gemachten Anspruch auch sofort im Sinne von § 93 ZPO anerkannt. Denn sie sind dem Aufhebungsanspruch zu keinem Zeitpunkt entgegengetreten, sondern haben diesen nach der Zustellung der Aufhebungsklage am 07. Dezember 2023 bereits am 11. Dezember 2023 im Sinne von § 307 Satz 1 ZPO sofort anerkannt.
42
III.
43
1.
44
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
45
2.
46
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
47
3.
48
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den §§ 62, 63 GKG. Sie orientiert sich an den im Rahmen des Aufhebungsverfahrens entstandenen Kosten des Rechtsstreits, da der Aufhebungskläger mit der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Aufhebungsurteils vorgeht und begehrt, die Kosten des Aufhebungsverfahrens nicht ihm, sondern den Aufhebungsbeklagten aufzuerlegen.