30.04.2024 · IWW-Abrufnummer 241250
Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 02.06.2023 – 10 Sa 690/22
Tenor: I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.09.2022 - 19 Ca 7154/21 - wird zurückgewiesen. II. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.09.2022 - 19 Ca 7154/21 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.273,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 13.538,34 € seit 11.01.2022 und aus weiteren 3.734,92 € seit 16.08.2022 zu zahlen. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 2.334,20 € zu zahlen nebst Zinsen aus 466,84 € seit 28.09.2022, aus 933,68 € seit 28.10.2022, aus 1.400,52 € seit 28.11.2022, aus 1.867,36 € seit 28.12.2022 und aus 2.334,20 € seit 28.01.2023. 3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger keine Ansprüche auf Zins- und Tilgungsleistungen aus dem am 05.06.2009 zwischen der Beklagten und dem Kläger geschlossenen "Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag" zustehen. 4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen von Berufung und Anschlussberufung über die Berechtigung zum Einbehalt der Vergütung wegen Rückforderungsansprüchen aus einem im Zusammenhang mit der Pilotenausbildung des Klägers geschlossenen Darlehensvertrag.
Seine fliegerische Grundschulung zum Flugzeugführer begann der Kläger im Jahr 2009. Hierzu schloss der Kläger einen Schulungsvertrag mit der L F T GmbH (LFT), der Rechtsvorgängerin der L A T GmbH (LAT). Die vereinbarte Schulung umfasst die Grundausbildung (Core Phase, bestehend aus Ground Training und Flight Training) sowie die Aufbaustufe (Flight Training, Basic Phase) und dauert i. d. R. 23 Monate. Die weiteren, zum Erwerb der Multi-Crew Pilot Licence (MPL) erforderlichen Schulungen betreffen Phase 3 (Flight Training, Intermediate Phase) und Phase 4 (Flight Training, Advanced). Für den vollständigen Abschluss der Ausbildung zum Erwerb der MPL muss sich - regelmäßig im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses - noch das sog. Line Flying Under Supervision (LIFUS) anschließen. Wegen der Einzelheiten des Schulungsvertrages vom 05.06.2009 wird auf die Kopie gemäß Bl. 20 ff d. A. verwiesen.
Ebenfalls am 05.06.2009 schloss der Kläger mit der Beklagten einen Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag (s. Kop. Bl. 32 ff d. A.).
Am 25.04.2012 vereinbarten die Parteien einen weiteren Schulungsvertrag zur Vermittlung der theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten zum Erwerb der Multi-Crew Pilot Licence MPL (A) (s. Kop. Bl. 190 ff d. A.).
Im Oktober 2013 begründete der Kläger ein Arbeitsverhältnis mit der G GmbH und erbrachte seither Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von monatlich zunächst 255,65 € und seit Juli 2021 in Höhe von monatlich 466,54 €. Seit dem 19.06.2017 ist der Kläger als Flugzeugführer bei der Beklagten tätig.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der Darlehensvertrag vom 05.06.2009 sei nach §§ 307 Abs. 1, 306 Abs. 1, 139 BGB unwirksam. Die vereinbarte Kostenbeteiligung des Klägers sei unangemessen, da ihm gemäß den Regelungen in §§ 1, 13 Abs. 2 des Schulungsvertrages vom 05.06.2009 das Risiko einer letztendlich wertlosen Teilschulung aufgebürdet worden sei. Dem Kläger sei nämlich das Risiko auferlegt worden, im Falle der Nichtfortsetzung der erforderlichen weiteren Schulung wegen mangelnden Bedarfs an Piloten nur eine wertlose Teilschulung erhalten und hierfür nicht nur Zeit von mehr als anderthalb Jahren investiert zu haben, sondern sich auch an den Kosten beteiligen zu müssen. Zudem führe die Kostentragungsregelung im Darlehensvertrag zu einer unzulässigen Bindung des Klägers an das Vertragsverhältnis mit der Beklagten bzw. ihrer Konzernunternehmen.
Hierzu hat die Beklagte erstinstanzlich erwidert, sie habe den gemäß § 10 des Schulungsvertrages vorgesehenen Eigenanteil des Klägers an den Schulungskosten für den Kläger an die LFT geleistet. Jedenfalls sei der Kläger von der entsprechenden Verpflichtung gegenüber der LFT befreit worden. Der Darlehensvertrag sei weder intransparent noch unangemessen. Der Kläger habe durch die von der Beklagten finanzierte bzw. vorfinanzierte Schulung ganz erhebliche Vorteile erworben. Vergleichbare Schulungen seien auf dem freien Markt zu einem Betrag von deutlich mehr als 60.000 € angeboten. Bei der vorliegenden Schulung des Klägers handele es sich nicht um eine wertlose Teilschulung. Ein Wechsel des Ausbilders sei jederzeit möglich gewesen, da in den ersten drei Schulungsphase noch keine Prägung auf die Arbeitsstandards einer bestimmten Airline erfolge. Das Luftfahrtbundesamt sei verpflichtet gewesen, die entsprechenden Schulungsabschnitte anzuerkennen. Zudem hätten Kooperationsverträge mit weiteren Airlines bestanden; die Flugschüler wie der Kläger seien während des Einstellungsstopps bei der Beklagten aktiv weitervermittelt worden. Die theoretische ATPL (A) - Schulung unterliege keiner Operator-Bindung und sei Grundlage für einen Luftfahrerschein für Berufspiloten mit Instrumentenflugberechtigung (CPL (A) / IR).
Wegen des weiteren erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 02.09.2022 - 19 Ca 7154 / 21 - Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage teilweise für zulässig und begründet und im Übrigen für unzulässig gehalten. Dem Kläger stehe ein Anspruch für den Zeitraum 2017 bis Dezember 2021 als restliches Entgelt zu, da die Beklagte nicht wirksam mit Rückzahlungsansprüchen aus dem Darlehensvertrag vom 05.06.2009 aufgerechnet habe. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe nicht hinreichend dazu vorgetragen, dass sie den Darlehensbetrag tatsächlich an die L F T GmbH zur Auszahlung gebracht habe. Zudem benachteiligten die Vereinbarung über die Kostenbeteiligung des Klägers an den Schulungskosten gemäß § 10 Abs. 1 des Schulungsvertrages und die im Darlehensvertrag vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, so dass sie nach § 307 Abs. S. BGB unwirksam seien. Dementsprechend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Beklagte keine Ansprüche auf Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Darlehensvertrag vom 05.06.2006 herleiten könne. Unzulässig sei allerdings der weitere Feststellungsantrag des Klägers, der gerichtet ist auf die Feststellung, dass der Beklagten keine sonstigen Zahlungsansprüche wegen der in § 1 des Schulungsvertrags vom 05.06.2009 zwischen dem Kläger und der L F T GmbH bezeichneten fliegerischen Ausbildung wegen der Kosten der Ausbildung zustünden. Insofern sei der Umfang des Feststellungsbegehrens nicht hinreichend eindeutig erkennbar Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Bl. 309 ff. d. A.) Bezug genommen. Gegen dieses ihr am 09.09.2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.10.2022 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 09.01.2023 am 09.01.2023 begründet. Der Kläger hat nach Zustellung der Berufung am 12.02.2023 seine Anschlussberufung am 10.03.2023 eingelegt und zugleich begründet.
Die Beklagte wendet gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung ein, tatsächlich sei das Darlehen gegenüber dem Kläger auch valutiert worden. Die Darlehensgewährung sei erfolgt durch die Befreiung einer entsprechenden Schuld gegenüber einem Dritten - hier der LFT. Ohnehin sei durch das Vertragskonstrukt des Darlehens- und Schulungsvertrages selber eine Schuldbefreiung des Klägers eingetreten. Durch Abschluss des Darlehensvertrages sei der Kläger von der Rückzahlung des geschuldeten Betrages gegenüber der LFT befreit. Entgegen der Auffassung des Klägers finde das Berufsbildungsgesetz im vorliegenden Fall keine Anwendung, da der Kläger im Rahmen seiner Ausbildung nicht in den Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen sei. Der abgeschlossene Darlehensvertrag mit dem Kläger sei wirksam. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts handele es sich bei der Zahlung des Eigenanteils um eine Hauptleistungspflicht des Klägers. Diese Vereinbarung weiche nicht von gesetzlichen Vorschriften ab, sodass eine Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff BGB nicht durchzuführen sei. Insoweit käme allenfalls eine Billigkeitskontrolle in Betracht. Für die schon nach Maßgabe des ersten Schulungsvertrages zu leistenden Schulungen sei der Betrag von 60.000 € als Rückzahlungsbetrag jedoch sehr günstig für den Kläger. Eine unangemessene Benachteiligung liege durch den Darlehensvertrag nicht vor. Die Regelungen in § 3 des Darlehensvertrages seien nicht intransparent. Zunächst sei hierbei festzuhalten, dass eine Vereinbarung darüber, dass die Verzinsung variabel sei, sowie die Vereinbarung über die Höhe des Ausgangszinssatzes nicht der AGB-Inhaltskontrolle unterfielen. Vermeidbare Spielräume hinsichtlich der zu erstattenden Kosten ergäben sich hier gerade nicht, da sich die Beklagte keine Spielräume hinsichtlich der Höhe vorbehalten habe, sondern genau benenne, wann und wie die Zinshöhe anzupassen sei. Zudem könne der Kläger auch sein Rückzahlungsrisiko genau einschätzen. § 3 Abs. 4 des Darlehensvertrages setze klar verständlich fest, wann sich die Laufzeit des Darlehens ändere. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts überschritten die Regelungen in den §§ 5, 6 des Darlehensvertrages auch keine zulässigen Bindungsfristen. Dem Kläger habe es freigestanden, einen Anstellungsvertrag mit einer anderen Fluggesellschaft abzuschließen. Die sich daran anknüpfende Kostenbeteiligung gemäß § 5 Abs. 7 des Darlehensvertrages sei nicht unangemessen. Das Interesse der Beklagten an einer entsprechenden Bindung der Klägerseite, ohne dass ein Mindestverbleib der Klägerseite vorgesehen sei, wiege gegenüber dem Interesse der Klägerseite, durch die Schulung zum Verkehrsflugzeugführer ausgebildet zu werden und mit erfolgreichem Abschluss eine Anstellung zu attraktiven Bedingungen bei der Beklagten einzugehen und nur in einem zumutbaren Umfang an den Schulungskosten beteiligt zu sein, gleich. Auch § 6 Abs. 2 des Darlehensvertrages sei wirksam vereinbart worden. Da die Rückzahlung des Eigenanteils grundsätzlich monatlich von der Vergütung abgezogen werde, sei es für die Beklagte erforderlich, den Fall zu regeln, in dem das Arbeitsverhältnis ende und keine Vergütung mehr gezahlt werde, um die Rückzahlung des Eigenanteils zu sichern. Das Arbeitsgericht verkenne hier, dass die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Rückzahlungsklauseln vorliegend nicht anzuwenden seien. Ebenfalls bleibe im Rahmen der erstinstanzlichen Entscheidung außer Acht, dass die Beklagte bereits über die Hälfte der tatsächlichen Kosten der Ausbildung übernehme. Daher bedürfe es auch keiner weiteren Staffelung bezüglich des zurückzuzahlenden Eigenanteils. Bei dem Eigenanteil seien die tatsächlichen Kosten bereits reduzierend berücksichtigt. Ohnehin sei der Kläger verpflichtet, seinen Eigenanteil zu zahlen, unabhängig davon, ob er ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingehe oder nicht, was dem Kläger bereits bei Abschluss des Darlehensvertrages bekannt gewesen sei. Ein Bleibedruck für den Kläger sei dadurch nie entstanden. Jedenfalls habe der Kläger Wertersatz gemäß § 812, 818 Abs. 2 BGB zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.09.2022- 19 Ca 7154/21 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
1. unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu Ziff. 1 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 17.273,26 € zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 13.538,34 € seit Rechtshängigkeit der Klage, aus einem weiteren Betrag von 3.734,92 € seit dem 16.08.2022; 2. (klageerweiternd) die Beklagte ferner zu verurteilen, an den Kläger weitere 2334,20 € zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, aus einem Betrag von 466,84 € seit dem 28.09.2022, aus einem Betrag von 933,68 € seit dem 28.10.2022, aus einem Betrag von 1.400,52 € seit dem 28.11.2022, aus einem Betrag von 1.867,36 € seit dem 28.12.2022, aus einem Betrag von 2.334,20 € seit dem 28.01.2023.Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Zu Recht habe das Arbeitsgericht angenommen, dass die von den Parteien geschlossene Vereinbarung über die Rückzahlung und Verzinsung der Schulungskosten einen auszubildenden Piloten entgegen § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteilige. Die Kostentragungslast verstoße zum einen gegen das Transparenzgebot. In § 10 des Schulungsvertrages sei zudem eine unzulässige Bindung des späteren Flugschülers geregelt, die gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoße. Der Bleibedruck für den Kläger entstehe vorliegend deshalb, weil im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Gesamtsumme sofort fällig gestellt gewesen sei. Ohnehin habe die Beklagte lediglich wiederholt ins Blaue hinein die Behauptung aufgestellt, den überwiegenden Anteil der Schulungskosten getragen zu haben. Von einer fehlenden Auszahlung des Darlehensbetrages durch die Beklagte an die LFT sei auszugehen. Das Berufsbildungsgesetz sei auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, da es sich um eine berufliche Erstausbildung und nicht um eine Fortbildung handele.
Zur Begründung seiner Anschlussberufung beruft sich der Kläger darauf, dass der Zinstenor antragsgemäß zu erweitern sei, nachdem das Arbeitsgericht in der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in erstinstanzlich beantragter Höhe tenoriert habe. Der Kläger habe den Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit beantragt, wobei zu berücksichtigen sei, dass der ursprüngliche Zahlungsbetrag (13.538,34 €) bereits länger als tenoriert rechtshängig gewesen sei. Nur der weitere Betrag aus der Klageerweiterung (3734,92 €) sei erst ab dem 16.08.2022 rechtshängig gewesen. Die im Rahmen der Anschlussberufung unter Ziff. 2 geltend gemachte Klageerweiterung erstrecke sich auf die Vergütungsdifferenzbeträge für den anschließenden Zeitraum von September 2022 bis Januar 2023 in Höhe der geltend gemachten 2334,20 € nebst Zinsen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). Ebenso zulässig ist die Anschlussberufung des Klägers. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht innerhalb der verlängerten Berufungsbeantwortungsfrist eingelegt und begründet worden (§ 524 ZPO).
Die Klageerweiterung in der Anschlussberufung unter deren Ziff. 2 hinsichtlich der weiteren Differenzansprüche für den Folgezeitraum von September 2022 bis Januar 2023 ist gemäß den §§ 524, 533 ZPO zulässig.
II. Die der Berufung der Beklagten bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat Zahlungsansprüche des Klägers für den Zeitraum ab Januar 2018 bis August 2022 i.H.v. 17.273,26 € nebst Zinsen zu Recht für begründet erachtet. Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger keine Ansprüche auf Zins-und Tilgungsleistungen aus dem am 05.06.2009 geschlossenen Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag zustehen.
Die Anschlussberufung des Klägers erweist sich hingegen als begründet, da dem Kläger die unter Ziff. 1 der Anschlussberufung geltend gemachten weiteren Zinsen zustehen. Zudem kann der Kläger die gemäß Ziff. 2 seiner Anschlussberufung in Bezug genommenen weiteren Vergütungsdifferenzbeträge für den Zeitraum September 2022 bis einschließlich Januar 2023 in Höhe von weiteren 2334,20 € nebst Zinsen beanspruchen.
1. Hinsichtlich der Berufung ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch hinsichtlich der für die Monate ab Januar 2018 bis einschließlich August 2022 in Höhe von insgesamt 17.273,36 Euro besitzt. Dieser folgt aus § 611a BGB, da die Beklagte mangels eines Rückzahlungsanspruchs aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB i. V. m. mit dem Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag vom 05.06.2009 kein Recht zum teilweisen Einbehalt des vereinbarten Entgelts herleiten kann. Der Zinsanspruch ist gemäß den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 BGB begründet.
a. Dem Einbehalt der streitgegenständlichen Vergütung steht allerdings nicht ein Verstoß der im Schulungsvertrag geregelten Kostenbeteiligung und der im Darlehensvertrag vereinbarten Rückzahlungspflicht gegen Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes entgegen. Bei der Schulung zum Verkehrsflugzeugführer handelt es sich nicht um eine anerkannte Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes, sodass dessen Abschnitt 2 und damit die §§ 12, 14 BBiG vorliegend keine Anwendung finden. Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes ist die geordnete Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf nach einer in einer Ausbildungsordnung vorgegebenen inhaltlichen, sachlichen und zeitlichen Gliederung. Diese Anerkennung obliegt dem zuständigen Fachministerium und ergeht in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Von einer solchen Anerkennung der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als Ausbildungsberuf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes ist nicht auszugehen.
Die Anwendbarkeit der §§ 12, 14 BBiG ist vorliegend auch nicht aus § 26 BBiG a. F. herzuleiten. Die dabei erforderliche betriebliche Ausbildung ist im Fall des Klägers nicht gegeben, da der Kläger eine schulische Ausbildung von der LFT erhalten hat nicht in den Betrieb der Beklagten eingegliedert war (vergleiche Hessisches LAG, Urteil vom 09.06.2022 - 11 Sa 1543/20, Rz. 77 ff).
b. Der Einbehalt der Vergütung in dem Zeitraum ab Januar 2018 ist jedoch deswegen nicht rechtswirksam erfolgt, weil eine Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der von der Beklagten geltend gemachten Darlehensraten nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. mit dem Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag nicht herzuleiten ist. Die in§ 10 Abs. 1 des Schulungsvertrages geregelte Kostenbeteiligung des Klägers und die in seinem Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung stellen eine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar und halten aus diesem Grund einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nicht stand. Sie sind daher unwirksam.
aa. Der Schulungsvertrag und der Darlehensvertrag - jeweils vom 05.06.2009 - sind jeweils Formularverträge, deren Bestimmungen nach den Regeln über Allgemeine Geschäftsbedingungen zu prüfen sind. Das äußere Erscheinungsbild und die vertragliche Ausführung, die außer den persönlichen Daten des Klägers keine individuellen Besonderheiten aufweist, begründen eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Hessisches LAG, Urteil vom 09.06.2022 - 11 Sa 1543/20, Rz. 82).
bb. Der Schulungsvertrag und der Darlehensvertrag vom 05.06.2009 sind als einheitliches Rechtsgeschäft bzw. einheitlicher Vertrag der Kontrolle nach § 307 BGB zu unterziehen. Die Kammer folgt hierbei den Ausführungen des Hessischen Landesarbeitsgericht 09.06.2022 (11 Sa 1543/20, Rz. 83 ff). Die Einheitlichkeit ergibt sich aus der inhaltlichen Verknüpfung der im zeitlichen Zusammenhang vor Beginn der Schulung des Klägers unterzeichneten Verträge. Die beiden Verträge nehmen aufeinander Bezug und wären nicht unabhängig voneinander abgeschlossen worden. Grundlage des Darlehensvertrages ist die in dem Schulungsvertrag vereinbarte Kostenbeteiligung des Klägers. Zudem regelt der Schulungsvertrag nicht nur Rechte und Pflichten der LFT, sondern auch der Beklagten. In § 10 des Schulungsvertrages wird auf den Darlehensvertrag und die Kostentragungspflicht der Beklagten Bezug genommen. Zudem ist in § 13 des Schulungsvertrages die Pflicht geregelt, dem Kläger einen weiteren Schulungsvertrag bei einer unter den Konzerntarifvertrag fallenden Gesellschaften anzubieten. Weiterhin sind in beiden Verträgen Ausnahmen von der Kostenbeteiligung des Klägers bzw. der Rückzahlungspflicht geregelt (§ 10 Abs. 3 des Schulungsvertrages, § 5 des Darlehensvertrages).
cc. Der Inhaltskontrolle des einheitlichen Vertragswerkes des Schulung-bzw. Darlehensvertrages nach den § 307 BGB steht die Vorschrift des § 307 Abs. 2 S. 1 BGB nicht entgegen. Nach der letztgenannten Vorschrift gelten die Abs. 1 und 2 des § 307 BGB sowie die §§ 308, 309 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzenden Regelungen vereinbart werden. Dazu gehören auch Regelungen, die die Umstände des vom Verwender gemachten Hauptleistungsversprechen ausgestalten und damit der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen, weil sie im Allgemeinen von Vorschriften des dispositiven Gesetzesrechtes abweichen oder ihr Regelungsgehalt nach §§ 157, 242 BGB ermittelt werden könnte. Die unmittelbare Festlegung der Hauptleistungspflichten unterliegt hingegen nicht der Inhaltskontrolle, sondern gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB nur der Transparenzkontrolle (Hessisches LAG, Urteil vom 09.06.2022 - 11 Sa 1543/20, Rz. 87 m. w. N.).
Die Beteiligung des Klägers an den Schulungskosten und die Rückzahlung des im Rahmen des Darlehensvertrages vereinbarten Betrages betreffen nicht die Hauptleistungspflicht des Klägers aus dem Schulungsvertrag und dem in Bezug dazu abgeschlossenen Darlehensvertrag. Die Kostenbeteiligungsregelung und die Rückzahlungsregelung im Darlehensvertrag regeln keine Hauptleistungspflichten des eigentlichen Vertrages, sondern gestalten vielmehr, unter welchen Voraussetzungen bzw. in welchem Umfang der Kläger für die von der Beklagten finanzierte Schulung verpflichtet sein sollte. Zwar ist eine grundsätzlich unbedingte Kostenbeteiligung vorgesehen, die jedoch unter den im Darlehensvertrag geregelten Bedingungen des Verzichts und der Rückzahlung in besonderen Fällen (§ 5 des Darlehensvertrages) gänzlich entfallen oder aber höher ausfallen soll. Damit werden letztendlich die Umstände der Verpflichtung der von der Beklagten finanzierten Schulung als Hauptleistungspflicht aus dem einheitlichen Vertrag gestattet. Als solche besteht auf Seiten des Klägers nicht die Leistung eines Entgelts. Der Kläger ist gerade nicht frei darin, eine von ihm zu bezahlenden Schulungsleistung in Anspruch zu nehmen, sondern unterliegt den in dem einheitlichen Vertrag geregelten und dem Interesse der Beklagten zur Ausbildung und Heranziehung von Flugzeugführern dienenden Pflichten. Auch die vertraglichen Verpflichtungen gemäß § 5 Abs. 3 des Schulungsvertrages zur Teilnahme an den Schulungsveranstaltungen, Prüfungen und Kontrollen des Lernfortschritts sowie die geregelten Anzeige-und/oder Nachweispflichten bei Erkrankung oder einer sonstigen Verhinderung sprechen dafür, dass der Auszubildende (hier der Kläger) Pflichten wie in einem Arbeitsverhältnis hat, deren wiederholte und schwerwiegende Verletzung gegebenenfalls einen wichtigen Grund gemäß § 12 des Schulungsvertrages darstellen und damit eine Kündigung des Vertragsverhältnisses zur Folge haben kann. Die Hauptleistungspflicht des Klägers ist daher nicht die Bezahlung von Dienstleistungen, sondern dessen Pflicht zur Wahrnehmung der Ausbildung, d. h. zu einer eigenen Dienstleistung (Hessisches LAG, Urteil vom 09.06.2022 - 11 Sa 1543/20, Rz. 88).
dd. Die Klauseln über die Kostenbeteiligung des Klägers gemäß § 10 Abs. 1 des Schulungsvertrages und des zu diesem Zweck getroffenen Darlehensvertrages mit der darin vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung des Klägers sind gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das ist der Fall, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei sind auch grundrechtlich geschützte Positionen zu beachten. Es ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Art, Gegenstand, Zweck und besondere Eigenarten des jeweiligen Geschäfts sind zu berücksichtigen (vgl. BAG Urteil vom 18. März 2008 - 9 AZR 186/07- Rn. 19, AP Nr. 12 zu § 310 BGB). Soweit den Interessen des Vertragspartners angemessen Rechnung getragen wird, bestehen grundsätzlich keine Bedenken, wenn ein Arbeitgeber die Kosten einer beruflichen Aus- oder Fortbildung, die die Arbeitsmarktchancen des Arbeitnehmers deutlich erhöhen, in wirtschaftlich angemessener Weise auf den Arbeitnehmer ohne weitere Bedingungen abwälzt (vgl. BAG Urteil vom 18. November 2008 - 3 AZR 192/07 - Rn. 34 mwN., NZA 2009, 434, 438 [BAG 30.10.2008 - 8 AZR 54/07] ). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn es sich bei den vom Arbeitgeber vorgeschossenen Aus- oder Fortbildungskosten der Sache nach um eine Investition im Interesse des Unternehmens handelt, es also letztlich um einen Teil seiner Personalpolitik geht. In diesem Fall bringt der Arbeitgeber die Kosten auf, um die später vom Arbeitnehmer erworbenen Kenntnisse für seinen Geschäftsbetrieb nutzbar zu machen (BAG Urteil vom 18. November 2008 - 3 AZR 192/07 - aaO. mwN.). Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob die Vertragspartner mit Abschluss des Schulungsvertrages schon in einem Arbeitsverhältnis standen oder ob ein solches nach Abschluss der Schulung erst begründet werden soll (BAG Urteil vom 18. November 2008 - 3 AZR 192/07 - Rn. 36, aaO.).
Als Ergebnis der wechselseitigen Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen der Vertragspartner ergibt sich die Unangemessenheit der zu Lasten des Klägers vereinbarten Kostenbeteiligung bzw. seiner Rückzahlungsverpflichtung nicht bereits aus der Abhängigkeit der im Schulungsvertrag vom 05.06.2009 vereinbarten(Teil-)Schulung betreffend die Grundausbildung (Core Phase, bestehend aus Ground Training und Flight Training) sowie die Aufbaustufe (Flight Training, Basic Phase) zum Erwerb der Multi-Crew Pilot Licence (MPL) von der Absolvierung der weiteren, erforderlichen Schulungen Phase 3 (Flight Training, Intermediate Phase) und Phase 4 (Flight Training, Advanced). Für den vollständigen Abschluss der Ausbildung zum Erwerb der MPL muss sich - regelmäßig im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses - noch das sog. Line Flying Under Supervision (LIFUS) anschließen. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass der Schulungsvertrag vom 05.06.2009 zwar eine unbedingte, nicht durch Betriebstreue zu vermeidende Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers beinhaltet,
ein Bleibedruck jedoch durch die diversen Verzichtstatbestände im Darlehensvertrag und insbesondere durch die sofortige Fälligstellung des noch nicht getilgten Teils des Darlehens zur Rückzahlung gemäß § 6 Abs. 2 des Darlehensvertrages vom 05.06.2009 erzeugt, der auch unter Berücksichtigung der Beklagteninteressen und der beruflichen Nutzbarkeit der erlangten Ausbildung für den Kläger die Bindung über einen Zeitraum von fünf Jahren als unangemessen erscheinen lässt.
(1) Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass ausgehend von dem für die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach Absolvierung der im Schulungsvertrag vom 05.06.2009 geregelten Ausbildung das vertraglich geschuldete Ziel der MPL-Schulung nicht erreicht bzw. gesichert war. In § 13 des Schulungsvertrages vom 05.06.2009 ist die Fortsetzung der Schulung in dem verbleibenden Ausbildungsabschnitt geregelt, nicht aber eine Verpflichtung zu einer - mangels Lizenz - noch nicht möglichen Einstellung als Flugzeugführer. Dementsprechend soll nach § 13 Abs. 1 des Schulungsvertrages ein weiterer Schulungsvertrag für die Intermediate und Advanced Phase der MPL-Ausbildung angeboten werden. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Schulungsvertrages waren als Rechtsgrundlage für die Durchführung der MTL (A) Ausbildung die gesetzlichen Regelungen des§ 20 Abs. 2 Nr. 1 LuftZO i. V. m. den Bestimmungen über die Lizenzierung von Piloten von Flugzeugen (JAR-FCL 1 deutsch) vom 17.11.2008 zu beachten, die durch die allgemeinen Vorschriften in Abschnitt A des Anhangs I (Teil-FCL) der ab dem 15.12.2011 gültigen Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 abgelöst wurden. Nach deren Vorgaben war eine Operatorbindung zu beachten, nach der die Genehmigung für die Durchführung eines MPL (A)-Lehrgangs bis zum Abschluss des Umwandlungslehrgangs auf den Ausbildungsbetrieb (ATO) beschränkt war, dem die Lizenz erteilt worden ist. Die Aufhebung der Operette Verbindung durch eine spätere Änderung der betreffenden Bestimmungen der EU-Verordnung, ist für das Ergebnis der Inhaltskontrolle im vorliegenden Fall irrelevant, da maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Unangemessenheit grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse und die Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist (Hess. Landesarbeitsgericht, Urteil vom 09.06.2022 - 11 Sa 1543/20, Rz. 98). Hinsichtlich einer anderweitigen Nutzung des auf der Grundlage des ersten Schulungsvertrages erworbenen Wissens mit Zustimmung des Luftfahrtbundesamtes (LBA) im Rahmen einer weiteren Schulung bei einer anderen Flugschule oder bei einem anderen Flugunternehmen ist zu berücksichtigen, dass diese eine eingeschränkte Möglichkeit darstellt, da die in Betracht kommende Verwertungsmöglichkeit etwa im Rahmen einer ATPL- Schulung nur unter der Bedingung der Genehmigung durch das LBA stand und es zusätzlich eines "aufnehmenden" Unternehmens zur Fortsetzung und zum Abschluss der Schulung bedurft hätte.
(2) Die Klauseln über die Kostenbeteiligung und Rückzahlungsverpflichtung des Klägers sind nicht wegen der in § 5 des Darlehensvertrages geregelten Tatbestände eines Verzichts auf die Darlehensforderung als angemessen anzusehen. Ein ohne weitere Voraussetzungen anzunehmender Wegfall der Rückzahlungsverpflichtung ergibt sich aus diesen Regelungen auch nicht mittelbar für den Fall, dass dem Vertragspartner keine Folgeschulungsvereinbarung gemäß § 13 Abs. 1 des Schulungsvertrages angeboten werden kann (Hess. Landesarbeitsgericht, Urteil vom 09.06.2022 - 11 Sa 1543/20, Rz. 100).
(3) Wird - wie vorliegend - nicht lediglich eine Kostenbeteiligung des Flugschülers vereinbart, sondern letztlich eine Kostenbeteiligung nur unter bestimmten Bedingungen, die regelmäßig der Bindung des dann ausgebildeten Flugschülers an das Unternehmen dienen, so sind gesteigerte Anforderungen an die Ausgestaltung der Kostenbeteiligung zu stellen. Zwar haben die Parteien vorliegend keine Rückzahlungsklausel vereinbart, sondern einen den Schulungsvertrag ergänzenden Darlehensvertrag geschlossen. Im vorliegenden Fall sprechen die zahlreichen Verzichtstatbestände dafür, dass dem formal abgeschlossenen Darlehensvertrag die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung der für die Ausbildung aufgewandten Kosten innewohnen sollte. Der Erstattung von Ausbildungskosten sind bei der Vereinbarung eines Darlehens mit Stundungs- und Verzichtsregelungen die Grenzen zu setzen wie bei einer unmittelbaren Kostentragung durch den Arbeitgeber, wenn ihre Bindungsintensität und Bindungsfolge denen einer typischen Rückzahlungsvereinbarung entspricht. Im Hinblick auf die Interessenlage der Parteien, die der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, 2 BGB zugrunde zu legen ist, unterscheiden sich die Vertragskonstellationen nicht. In beiden Fällen kommt tatsächlich zunächst der Arbeitgeber bzw. Ausbilder für Ausbildungskosten auf, deren spätere Rückzahlung insbesondere von der Betriebstreue des ausgebildeten abhängig gemacht wird.
Unangemessen ist die Regelung in § 6 Abs. 2 des Darlehensvertrages, wonach der noch nicht getilgte Teil des Darlehens sofort zur Rückzahlung fällig wird, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von fünf Jahren vom Arbeitnehmer unabhängig vom Auflösungsgrund beendet wird oder der Auszubildende (Darlehensnehmer) ein Angebot über ein Cockpit-Arbeitsverhältnis innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren nach Beendigung des Schulungsverhältnisses nicht annimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich an den Abschluss der streitgegenständlichen Schulungsmaßnahme gemäß dem Schulungsvertrag vom 05.06.2009 noch weitere Ausbildungsphasen anschließen sollen, bevor ein Arbeitsverhältnis als Flugzeugführer aufgenommen werden kann. Die Bindungsfrist übersteigt mithin die höchstzulässige Bindungsdauer von fünf Jahren, zumal die Schulungsdauer (regelmäßig 23 Monate) zwei Jahre nicht übersteigt. Zudem sehen weder der Darlehensvertrag noch der Schulungsvertrag eine Staffelung des Rückzahlungsbetrages vor. Beendet der Kläger das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten einen Monat vor Ablauf der Bindungsdauer - etwa vier Jahre und elf Monate nach Beginn seiner Tätigkeit als Flugzeugführer für die Beklagte-, muss er genauso viel zurückzahlen, wie wenn er nur einen Monat lang für die Beklagte tätig war. Dies stellt keinen angemessenen Ausgleich der wechselseitigen Interessen dar. Es tritt keine Degression/Staffelung im Rahmen der Rückzahlungsverpflichtung des Klägers ein, wenn nach der Ausbildung längere Zeit ein Arbeitsplatzangebot aus einem Konzernunternehmen der Beklagten ausbleibt. Dies erweist sich mit Rücksicht darauf als unangemessen, dass der von der Rückzahlungsverpflichtung betroffene Auszubildende - hier der Kläger - wegen des Rückzahlungsrisikos anderweitigen Zwischenverdienst nicht erzielt. Mit Rücksicht auf das Rückzahlungsrisiko bei Ausschlagen eines dann doch eingehenden Angebots liegt es im Interesse des Betroffenen, sich ständig - bis zur Dauer von fünf Jahren - bereitzuhalten, um dann gegebenenfalls ein doch noch ein treffendes Angebot ohne weiteres annehmen zu können. Nach Auffassung der Kammer zutreffend hat der Kläger auch auf den durch § 6 Abs. 2 des Darlehensvertrages unangemessenen Bleibedruck hingewiesen. Der Bleibedruck entsteht durch die Bindungsklausel vorliegend deshalb, weil im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Gesamtsumme der Darlehensrückzahlungsverpflichtung sofort fällig gestellt wird, nachdem zuvor eine monatlich ratierliche Tilgung vertragsgemäß war. Hierbei sind zu berücksichtigen die Kosten des vorliegenden Schulungsvertrages i. H. v. 110.000 € (§ 5 Abs. 7 des Darlehensvertrages) sowie die Kosten in Höhe von weiteren 55.000 € gemäß § 9 Abs. 1, 2 des Type-Rating-Schulungsvertrags Nr. 2 mit der Beklagten dem Kläger ist mit Rücksicht auf den Umfang der in Aussicht gestellten offenen Verbindlichkeiten eine unzumutbare Hürde entstanden, eine andere Tätigkeit bei einem anderen Unternehmen in Betracht zu ziehen. Daher ist dem Kläger zuzustimmen, dass über diese Forderungsansammlung ein unangemessener Bleibedruck entsteht, der auch nicht unter Berücksichtigung der durch die gewährte Ausbildung erworbenen Flugzeugführerkenntnisse und Qualifikationen gerechtfertigt ist.
ee) Die Unwirksamkeit der §§ 5 Abs. 7, 6 Abs. 2 des Darlehensvertrages führt zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung des Klägers. Die Verstöße gegen die vorgenannten Vorschriften führen bereits jeweils einzeln, jedenfalls aber in ihrem Zusammenhang zu einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers durch die Rückzahlungsverpflichtung in ihrer Ausgestaltung durch den Darlehensvertrag.
2. Ein Anspruch auf Erstattung der Fortbildungskosten kann die Beklagte ebenfalls nicht aus den §§ 812 ff BGB herleiten. Ein rechtsgrundloser Erwerb auf Seiten des Klägers liegt nicht vor. Der rechtliche Grund besteht in dem grundsätzlich wirksamen Schulungsvertrag. Die Unwirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung lässt diesen Rechtsgrund nicht entfallen. Ein Festhalten an der Fortbildungsvereinbarung ohne die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers stellt für die Beklagte auch keine unzumutbare Härte im Sinne des § 306 Abs. 3 BGB dar. Im Übrigen stehen auch Sinn und Zweck des Rechtsfolgensystems des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereicherungsrechtlichen Ansprüchen entgegen. Der Zweck der Inhaltskontrolle würde unterlaufen, wenn der Klauselverwender einen vertraglich vereinbarten Rückzahlungsanspruch infolge einer unwirksamen Vertragsgestaltung verlieren, anschließend aber über den Bereicherungsausgleich das nach §§ 305 ff BGB missbilligte Ziel erreichen würde. Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verfolgt mit dem beim Klauselverwender eintretenden Rechtsverlust den Zweck, die erfolgte Vermögensverschiebung bestehen zu lassen. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB kommt ein Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB in Betracht (BAG, Urteil vom 21.08.2012 - 3 AZR 698 / 10).
II. Die Anschlussberufung des Klägers ist in vollem Umfang begründet.
1. Der Kläger kann die von ihm gemäß Ziff. 1 der Anschlussberufung geltend gemachten Zinsen aus dem Betrag von 17.273,26 € in der zeitlichen Staffelung für Zinsen i. H. v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 13.538,34 € seit Rechtshängigkeit der Klage - also seit 11.01.2022 - und aus weiteren 3734,92 € seit dem 16.08.2022 gegen die Beklagte geltend machen. Der Kläger hat insoweit zutreffend im Rahmen der Ausführung zur Anschlussberufungsbegründung darauf verwiesen, dass mit der Klage der Betrag von 13.538,34 € rechtshängig geworden ist und insoweit der Zeitpunkt für den Zinsbeginn mit Rechtshängigkeit der Klage zu bemessen ist. Lediglich hinsichtlich des klageerweiternden Betrages i. H. v. 3734,92 € gemäß Klageerweiterung vom 15.08.2022 ist von dem späteren Zinsbeginn am 16.08.2022 mit deren Rechtshängigkeit auszugehen.
2. Ebenfalls stehen dem Kläger die im Rahmen der Anschlussberufung unter dem Antrag zu Ziff. 2 geltend gemachten Ansprüche auf restliches Arbeitsentgelt für die Monate September 2022 bis einschließlich Januar 2023 in Höhe von jeweils 466,84 € nebst den entsprechenden Zinsen zu. Auch für diesen Zeitraum liegt eine unwirksame Aufrechnung durch die Beklagtenseite mit den von ihr geltend gemachten Rückzahlungsansprüchen bzw. ein entsprechender unwirksamer Einbehalt von der monatlichen Vergütung vor. Hinsichtlich der Begründung hierfür wird auf die Ausführungen zu I. 1 f verwiesen.
III. Nach allem trägt die Beklagte als unterliegende Partei gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.