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  • 21.06.2022 · IWW-Abrufnummer 229842

    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Urteil vom 19.05.2021 – 9 U 39/21

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Schleswig

    Urteil vom 19.05.2021


    Tenor:

    Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 9. März 2021, Az. 4 O 43/21 (1), wird zurückgewiesen.

    Der Verfügungskläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

    Gründe

    I.

    Der Verfügungskläger verlangt vom Verfügungsbeklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes das Unterlassen einer behaupteten ehrverletzenden Äußerung.

    Beide Parteien sind Rechtsanwälte und als Insolvenzverwalter tätig. Das zuständige Amtsgericht bestellte den Verfügungsbeklagten in einem Insolvenzverfahren zum Insolvenzverwalter. Der Verfügungskläger war in diesem Insolvenzverfahren als Verfahrensbevollmächtigter des Schuldners tätig.

    In einem Gespräch zwischen dem Verfügungsbeklagten und dem Schuldner im Januar 2021, an dem der Verfügungskläger teilnahm, wurden die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners erörtert. Dabei wurden die Verwertungsmöglichkeiten eines zeitweilig vom Schuldner genutzten Kraftfahrzeugs angesprochen, das an ... sicherungsübereignet und bei diesem abgestellt war. Zwischen dem Verfügungskläger und dem Verfügungsbeklagten entstand Streit über das Bestehen eines Verwertungsrechts des Verfügungsbeklagten an dem Fahrzeug. Es entwickelte sich ein Wortwechsel, dessen Einzelheiten zwischen den Parteien umstritten sind. Unstreitig forderte der Verfügungskläger den Verfügungsbeklagten in der Folge schriftlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Inhalts auf, sich zu verpflichten, zukünftig die Behauptung zu unterlassen, der Verfügungskläger sei "doch gar kein Insolvenzverwalter". Der Verfügungsbeklagte lehnte die Abgabe der begehrten Unterlassungserklärung ab.

    Der Verfügungskläger hat behauptet, er sei im Gespräch vom Januar 2021 bewusst ruhig und sachlich geblieben. Demgegenüber habe sich der Verfügungsbeklagte maximal respektlos verhalten, sei mehr oder weniger ausgeflippt und habe zu ihm gesagt: "Ich kenne ihre Vita, Sie sind doch gar kein Insolvenzverwalter". Der Verfügungsbeklagte hat demgegenüber behauptet, im Termin vom Januar 2021 sei der Verfügungskläger aggressiv und laut aufgetreten und habe von "Täuschung" und "Betrug" gesprochen. Der Verfügungsbeklagte habe sich dazu hinreißen lassen, im Zusammenhang mit der Verwertung des Kraftfahrzeugs die Frage zu stellen, ob der Verfügungskläger selbst noch als Insolvenzverwalter tätig sei. Er habe dies nicht herabsetzend gemeint und auch keine Zweifel an der Qualifikation des Verfügungsklägers ausdrücken wollen.

    Den auf Untersagung der behaupteten Äußerung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gerichteten Antrag des Verfügungsklägers hat das Landgericht zurückgewiesen. Auf der Grundlage der vorgelegten Versicherungen an Eides statt könne schon nicht festgestellt werden, dass der Verfügungsbeklagte die beanstandete Äußerung getätigt habe. Zudem bestehe die für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit nicht, weil der Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt habe, die Insolvenzverwaltereigenschaft des Verfügungsbeklagten zukünftig nicht mehr zu thematisieren. Da auch kein Anhaltspunkt dafür bestehe, dass es in absehbarer Zeit zu einem weiteren Aufeinandertreffen kommen werde, sei der Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung nicht notwendig, um Nachteile oder Schaden vom Verfügungskläger abzuwehren.

    Gegen dieses Urteil wendet sich der Verfügungskläger mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Die der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Beweiswürdigung hält er für lebensfremd. Das Landgericht habe die Versicherungen an Eides statt unzureichend gewürdigt und sich mit dem weiteren, aus Sicht des Verfügungsklägers unstreitigen Verlauf des Gesprächs vom Januar 2021 unzureichend auseinandergesetzt. Widersprüchlich sei es zudem, eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, zugleich aber eine Dringlichkeit zu verneinen. Nicht nachvollziehbar seien angesichts der im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners weiterhin anstehenden Termine schließlich die Erwägungen des Landgerichts, angesichts lediglich zweier Begegnungen zwischen den Parteien sei zukünftig mit vergleichbaren Auseinandersetzungen nicht zu rechnen.

    Der Verfügungsbeklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.

    II.

    Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Verfügungskläger steht der für den Erlass der von ihm begehrten Leistungsverfügung im Sinne von § 940 ZPO notwendige Verfügungsanspruch schon auf der Grundlage seines Vortrags unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere ergibt sich der Verfügungsanspruch nicht aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers oder dessen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zwar kann der Verletzte bei einer Verletzung eines absoluten Rechts in entsprechender Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB vom Störer Unterlassung der Beeinträchtigung verlangen. Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor.

    1. Die behauptete Äußerung greift nicht rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers ein. Insoweit muss der Verfügungskläger die behauptete Äußerung des Verfügungsbeklagten gemäß § 1004 Abs. 2 BGB als rechtmäßige Beeinträchtigung dulden.

    a) Das durch die Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG sowie Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist grundsätzlich ein durch die §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht (BGH, Urteil vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, juris Rn. 14 ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2020, 16 W 37/20, juris Rn. 54). Es ist, in seinen durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung herausgearbeiteten Ausprägungen, in gerichtlichen Entscheidungen über kollidierende Interessen nach den Vorschriften des Privatrechts zu beachten (BGH, Urteile vom 26. November 2019 - VI ZR 20/19, NJW-RR 2020, S. 367, 368 Rn. 13; vom 5. November 2013 - VI ZR 304/12, NJW 2014, S. 768 Rn. 10; OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2020 - 4 U 54/20, juris Rn. 64).

    b) Soweit die behauptete Äußerung des Verfügungsbeklagten in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers eingreift, ist dieser Eingriff nicht rechtswidrig.

    aa) Der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als offenem Rahmenrecht entspricht es, dass sein Inhalt nicht abschließend umschrieben ist, sondern seine Ausprägungen jeweils anhand des zu entscheidenden Falles herausgearbeitet werden müssen. Insoweit ist die Reichweite des Schutzes anhand abgestufter Sphären zu beurteilen, in denen sich die Persönlichkeit des Einzelnen verwirklicht (BGH, Urteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 261/10, GRUR 2012, S. 425, 426 Rn. 13; vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08, NJW 2009, 2888, 2891 Rn. 30). Soweit hier von Interesse, ist als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Sozialsphäre einer Person anerkannt (BVerfG, Beschlüsse vom 17. September 2012 - 1 BvR 2979/10, NJW 2012, S. 3712, 3713 Rn. 35; vom 7. Mai 1997 - 1 BvR 1974/93 u.w., NJW 1997, S. 2669, 2670; BGH, Urteile vom 27. Juni 2016 - VI ZR 250/13, NJW 2017, S. 482, 484 [BGH 27.09.2016 - VI ZR 250/13] Rn. 21; vom 20. Dezember 2011 - a.a.O.; vom 23. Juni 2009 - a.a.O.). Zur Sozialsphäre einer Person gehört derjenige Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung der Person von vorneherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2002 - 1 BvR 755/99, NJW 2003, S. 1109, 1110; BGH, Urteile vom 27. Juni 2016 - a.a.O.; vom 23. Juni 2009 - a.a.O. Rn. 31). Darunter fällt der bewusste Kontakt mit der Öffentlichkeit wie etwa im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit (BGH, Urteil vom 27. Juni 2016 - a.a.O.; OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2020 - 4 U 54/20, juris Rn. 65; OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. November 2019 - 16 U 161/18, juris Rn. 20).

    bb) Soweit die vom Verfügungskläger behauptete Äußerung des Verfügungsbeklagten in die Sozialsphäre des Verfügungsklägers eingreift, ist dieser Eingriff gerechtfertigt.

    (1) Ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist gerechtfertigt, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen im Einzelfall hinter den Belangen des Eingreifenden zurückstehen muss (BGH, Urteile vom 27. Juni 2016 - VI ZR 250/13, NJW 2017, S. 482, 484 [BGH 27.09.2016 - VI ZR 250/13] Rn. 19; vom 4. April 2017 - VI ZR 123/16, NJW 2017, S. 2029, 2031, Rn. 23; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. November 2019 - 16 U 161/18, juris Rn. 20).

    (2) Vorliegend hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit des Verfügungsbeklagten zurückzustehen.

    (a) Die behauptete Äußerung des Verfügungsbeklagten ist durch die Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 10 EMRK geschützt.

    (aa) Ihr Schutz umfasst zunächst die Äußerung von Meinungen im Sinne einer wertenden Stellungnahme. Er erstreckt sich darüber hinaus auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit diese Dritten zur Meinungsbildung dienen können (BVerfG, Beschlüsse vom 9. Dezember 2020 - 1 BvR 704/18, K&R 2021, S. 194, 196 Rn. 20 f.; vom 10. November 1996 - 1 BvR 1531/96, BVerfGE 99, S. 185, 197 [BVerfG 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96]; BGH, Urteile vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17, juris Rn. 23; vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, S. 1516, 1517 Rn. 24). Grundsätzlich ist dabei von einem weiten Verständnis des Meinungsbegriffs auszugehen. Sofern eine Äußerung durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, fällt sie in den Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit. Dies gilt auch dann, wenn sich diese Elemente, wie häufig, mit Elementen einer Tatsachenbehauptung verbinden oder vermischen, jedenfalls dann, wenn beide sich nicht trennen lassen und der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung in den Hintergrund tritt (BVerfG, Beschlüsse vom 9. Dezember 2020 - a.a.O. Rn. 21; vom 4. August 2016 - 1 BvR 2619/13, juris Rn. 13; vom 13. April 1994 - 1 BvR 23/94, BVerfGE 90, S. 241, 248).

    (bb) Danach fällt die behauptete Äußerung des Verfügungsbeklagten in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Sie enthält eine wertende Stellungnahme des Verfügungsbeklagten, die vom Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst ist.

    Zwar handelt es sich bei der Aussage, der Verfügungskläger sei "doch überhaupt kein Insolvenzverwalter", vordergründig um eine Tatsachenbehauptung. Ein solches Verständnis erfasst aber nicht den gesamten Aussagegehalt der Äußerung. Für die Ermittlung des maßgebenden Inhalts einer Äußerung ist auf deren objektiven Sinn aus der Sicht unvoreingenommener und verständiger Adressaten abzustellen. Maßgebend sind das Verständnis eines unbefangenen Durchschnittshörers und der allgemeine Sprachgebrauch. Der Äußerungsinhalt darf nicht aus dem ihn betreffenden Kontext herausgelöst und einer isolierten Betrachtung zugeführt werden (BGH, Urteile vom 16. Januar 2018 - VI ZR 498/16, juris Rn. 20; vom 4. April 2017 - VI ZR 123/16, juris Rn. 30; vom 12. April 2016 - VI ZR 505/14, juris Rn. 11). Gemessen daran hat der Verfügungsbeklagte mit seiner Äußerung nicht die Tätigkeit des Verfügungsklägers als Insolvenzverwalter oder die Anzahl seiner bisherigen Bestellungen in ein solches Amt verneinen, sondern die mit dem Amt des Insolvenzverwalters typischerweise in der Öffentlichkeit verbundene Sachkunde in Abrede stellen wollen. Zwar soll der Verfügungsbeklagte sich nach dem Vortrag des Verfügungsklägers ausdrücklich auf dessen Vita bezogen haben. Auch aus dieser Bezugnahme ergibt sich aber nicht, dass der Verfügungsbeklagte etwaige Bestellungen des Verfügungsklägers als Insolvenzverwalter hat in Frage stellen wollen. Vielmehr haben die Parteien nach ihrem unstreitigen Vorbringen vor der behaupteten Äußerung des Verfügungsbeklagten über das Bestehen eines Verwertungsrechts an einem zeitweilig vom Schuldner genutzten Kraftfahrzeug gestritten. In diesem Zusammenhang ist die behauptete Äußerung des Verfügungsbeklagten aus der Sicht eines objektiven Durchschnittshörers dahingehend zu verstehen, dass dem Verfügungskläger infolge nicht ausreichender Tätigkeit als Insolvenzverwalter und damit aufgrund unzureichender Erfahrung das rechtliche Wissen fehlen soll, um die umstrittene Frage des Verwertungsrechts zutreffend beantworten zu können. Auch der Verfügungskläger hat, wie er dem Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, die Äußerung dahingehend verstanden, er habe als "dummer August" dargestellt werden sollen, dem die notwendige Kompetenz im Insolvenzrecht fehle.

    Der Schwerpunkt der so verstandenen Äußerung bildet eine wertende Stellungnahme des Verfügungsbeklagten betreffend die rechtliche Sachkunde des Verfügungsklägers. Aus den übrigen unstreitigen Gesprächsumständen ergibt sich, dass die in der Äußerung ebenfalls enthaltene Tatsachenbehauptung gegenüber dem wertenden Teil der Äußerung in den Hintergrund tritt. Dem Verfügungsbeklagten ist es ersichtlich nicht darauf angekommen, ob und in welchem Umfang der Verfügungskläger tatsächlich als Insolvenzverwalter tätig ist. Einen unmittelbaren Bezug zum vorangegangenen Streit über das Bestehen eines Verwertungsrechts weist der Umfang der Tätigkeit des Verfügungsklägers, anders als dessen Sachkunde, nicht auf.

    (b) Die Meinungsäußerungsfreiheit des Verfügungsbeklagten tritt nicht bereits deshalb gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers zurück, weil in der behaupteten Äußerung eine Schmähung oder Schmähkritik zu sehen wäre. Zwar tritt die Meinungsäußerungsfreiheit ausnahmsweise bei herabsetzenden Äußerungen zurück, ohne dass es einer Einzelfallabwägung bedarf, wenn sich die Äußerungen als Schmähung darstellen (BVerfG, Beschlüsse vom 2. November 2020 - 1 BvR 2727/19, MDR 2021, S. 41, 42 Rn. 12; vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19, NJW 2020, S. 2622, 2623 Rn. 15; vom 10. November 1998 - 1 BvR 1531/96, BVerfGE 99, S. 185, 196; vom 13. April 1994 - 1 BvR 23/94, BVerfGE 90, S. 241, 248). Eine Schmähung oder Schmähkritik liegt aber nur vor, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (BVerfG, Beschlüsse vom 2. November 2020 - a.a.O. Rn. 13; vom 19. Mai 2020 - a.a.O. S. 2624 Rn. 18). Auch überzogene, völlig unverhältnismäßige oder sogar ausfällige Kritik ist noch keine Schmähung, denn gerade Kritik darf auch grundlos, pointiert, polemisch und überspitzt ausfallen. Zur Schmähung oder Schmähkritik wird die Äußerung erst, wenn sie ohne jeden Sachbezug letztlich nur die Person grundlos und gravierend verletzt (BVerfG, Beschlüsse vom 2. November 2020 - a.a.O. Rn. 13; vom 19. Mai 2020 - a.a.O. S. 2624 Rn. 18). Das ist bei der behaupteten Äußerung des Verfügungsbeklagten bereits nach den unstreitigen Umständen des vorangegangenen Gesprächs nicht der Fall.

    (c) Die danach gebotene Abwägung der betroffenen Belange ergibt, dass das Schutzinteresse des Verfügungsklägers hinter den Interessen des Verfügungsbeklagten zurückstehen muss. Unterstellt, dass der Verfügungsbeklagte die behauptete Äußerung getätigt hat, überwiegen unter Berücksichtigung der im Übrigen feststehenden Umstände gleichwohl seine Belange die im Einzelfall schutzbedürftigen Interessen des Verfügungsklägers.

    Wird eine Äußerung im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit abgegeben, gehört zu den wesentlichen Abwägungsgesichtspunkten zunächst die Funktion, in welcher der sich Äußernde seine ehrkränkende Behauptung aufgestellt hat (BVerfG, Beschluss vom 16. März 1999 - 1 BvR 734/98, NJW 2000, S. 199, 200). So darf ein Rechtsanwalt im Rahmen seiner Berufsausübung auch starke und eindringliche Ausdrücke benutzen und nicht allein in der Sache, sondern auch gegen die Person argumentieren (BVerfG, Beschlüsse vom 16. März 1999 - a.a.O.; vom 14. Juli 1987 - 1 BvR 537/81 u.w., NJW 1988, S. 191, 193 f.; MüKo-BGB/Rixecker, 8. Aufl., Anh. § 12 Rn. 106). Vergleichbares gilt für die hier behauptete Äußerung eines Insolvenzverwalters. Unterstellt, dass der Verfügungsbeklagte sich wie behauptet geäußert hat, ist dies im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zur Durchsetzung der ihm als Insolvenzverwalter im Rahmen seines Masseverwaltungsrechts gemäß § 80 Abs. 1 InsO obliegenden Aufgaben geschehen. Zwar können auch in diesem Fall die Belange des Äußernden nicht schutzwürdig sein, wenn die Äußerungen nach Form oder Inhalt als strafbare Beleidigungen zu beurteilen sind (BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1987 - a.a.O. S. 194). Ob dies auf die behauptete Äußerung des Verfügungsbeklagten zutrifft, muss hier aber nicht abschließend entschieden werden. Denn jedenfalls stellt sich die behauptete Äußerung als Wahrnehmung berechtigter Interessen dar. Als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners ist er zur Prüfung berechtigt gewesen, ob die Voraussetzungen für das zwischen den Parteien umstrittene Verwertungsrecht an dem Kraftfahrzeug des Schuldners vorliegen. Stellt der Verfügungskläger als Verfahrensbevollmächtigter des Schuldners in einem Gespräch das Bestehen eines solchen Verwertungsrechts und damit die ordnungsgemäße Ausübung der Befugnisse des Verfügungsbeklagten in Frage, entspricht es noch berechtigten Interessen des Verfügungsbeklagten, seinerseits die Sachkunde des Verfügungsklägers anzuzweifeln. Dazu darf er sich in der konkreten Situation auch deutlicher Worte bedienen, wie dies nach der Behauptung des Verfügungsklägers der Fall gewesen ist.

    Zu berücksichtigen sind darüber hinaus die unstreitigen Umstände der behaupteten Äußerung, aus denen eine lediglich geringe Beeinträchtigung der Sozialsphäre des Verfügungsklägers folgt. Unterstellt, dass sich der Verfügungsbeklagte wie behauptet geäußert hat, ist dies in einem Gespräch zwischen drei Personen in den Büroräumen des Verfügungsbeklagten geschehen, das von Unbeteiligten nicht hat gehört werden können. Die vom Verfügungskläger angeführte Verächtlichmachung, Herabwürdigung und Kreditgefährdung kann ihre Wirkung also allenfalls gegenüber dem beim Gespräch anwesenden Schuldner entfaltet haben. Eine daraus folgende Beeinträchtigung des Verfügungsklägers wäre aber gering. Dass sich die Parteien hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens des umstrittenen Verwertungsrechts wechselseitig fehlender Sachkunde bezichtigt haben, muss dem Schuldner bereits aus dem der behaupteten Äußerung vorangegangenen Wortwechsel deutlich geworden sein. Danach wird der Schuldner der behaupteten Äußerung mit Blick auf den Verfügungskläger nur eine geringe ehrverletzende Wirkung beigemessen haben. Vielmehr muss ihm aus dem Wortwechsel, aber auch aus dem Anlass des Gesprächs und der Funktion der Parteien im Insolvenzverfahren, von vorneherein deutlich gewesen sein, dass diese gegensätzliche Interessen durchzusetzen versuchen. Auch ohne vertiefte juristische Kenntnisse muss der Schuldner erkannt haben, dass der Verfügungsbeklagte als Insolvenzverwalter versuchen wird, dem Schuldner zuzuordnende Vermögensgegenstände zur Masse zu ziehen und zu verwerten, und dass der Verfügungskläger seinerseits als Verfahrensbevollmächtigter des Schuldners dies in dessen Interesse zu verhindern versucht. Dann aber kann der der behaupteten Äußerung zu entnehmende Vorwurf unzureichender Sachkunde des Verfügungsklägers das Vertrauen des Schuldners in dessen Tätigkeit als Verfahrensbevollmächtigter nicht nachhaltig erschüttern.

    Schließlich spricht auch das Ausmaß der aus der behaupteten Äußerung folgenden Beeinträchtigung gegen ein Schutzbedürfnis des Verfügungsklägers. Zwar stellt die Äußerung ihrem Inhalt nach die Sachkunde des Verfügungsklägers in Abrede, darüber hinaus enthält sie aber keinen unsachlichen oder herabsetzenden Inhalt. Zudem weist der Vorwurf fehlender Sachkunde, wie er der behaupteten Äußerung zu entnehmen ist, zumindest einen inhaltlichen Bezug zum vorausgegangenen Gespräch auf.

    2. Die behauptete Äußerung verletzt den Verfügungskläger auch nicht in seinem durch die Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 3 GG geschützten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

    Schutz gegen Beeinträchtigungen dieses Rechts wird gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitsbereich darstellt. Dazu muss die Störung betriebsbezogen sein und darf keine vom Betrieb ohne weiteres ablösbaren Rechte betreffen. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt werden. Dementsprechend muss sich die Verletzungshandlung gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen (BGH, Urteile vom 26. November 2019 - VI ZR 20/19, NJW-RR 2020, S. 367 369 Rn. 29; vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17, NJW 2019, S. 781, 783 f. Rn. 16).

    An einem solcherart betriebsbezogenen Eingriff durch die behauptete Äußerung fehlt es hier ungeachtet der weiteren Voraussetzungen bereits deshalb, weil ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der behaupteten Äußerung und der Organisation oder Durchführung der Insolvenzverwaltertätigkeit des Verfügungsklägers nicht dargelegt ist.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

    Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Verfügungsklägers vom 14. Mai 2021 lag dem Senat vor und bot keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

    RechtsgebietEinstweiliger RechtsschutzVorschriften§ 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 823 Abs. 1 BGB