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  • 24.04.2014

    Landesarbeitsgericht: Urteil vom 12.04.2013 – 22 Sa 2170/12


    In Sachen

    pp.

    hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 22. Kammer,

    auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2013

    durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht K. als Vorsitzende

    sowie die ehrenamtliche Richterin H. und den ehrenamtlichen Richter L.

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    I. Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27.09.2012 - 58 Ca 3005/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger im Zeitraum vom 01.02.2010 bis 30.06.2011 nach Tätigkeitsebene V Entwicklungsstufe 3 des Tarifvertrages für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) sowie seit dem 01.02.2013 nach Tätigkeitsebene V Entwicklungsstufe 4 des TV-BA zu vergüten und die nachzuzahlenden Unterschiedsbeträge mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Ersten des jeweiligen Folgemonats zu verzinsen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    II. Von den Kosten des Rechtstreits haben bei einem Kostenstreitwert von 7.380,00 EUR der Kläger 62 % und die Beklagte 38 % zu tragen.

    III. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die maßgebliche Entwicklungsstufe der Tätigkeitsebene V nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vom 28.03.2006 im Zusammenhang mit der Einstellung des Klägers zum 17.07.2009.

    Der 1978 geborene Kläger war zuvor aufgrund mehrerer befristeter Verträge bei der Beklagten wie folgt beschäftigt:

    Zeitraum

    Dauer

    Ort

    Beschäftigungsart

    Vergütungsgr.

    01.07.2001 - 31.12.2001

    6 Mo.

    AA Eberswalde

    Bearbeiter Mitarbeiterteam für AN-bezogene und allgemeine AG-bezogene Aufgaben für die Kundengruppe Arbeitsmarktpartner

    VII
    MTA-O

    01.01.2002 - 30.06.2002

    6 Mo.

    unverändert

    unverändert

    unverändert

    29.10.2003 - 31.01.2004

    3 Mo. + 2 T

    unverändert

    unverändert

    unverändert

    27.06.2005 - 30.06.2006

    12 Mo. + 4 T

    AA Berlin Mitte

    Bearbeiter für Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Weiterbildung

    ab 15.10.2005 Fachassistent Eingangszone/SIE

    VII
    MTA
    TE V
    TV-BA

    01.07.2006 - 31.08.2006

    2 Mo.

    unverändert

    unverändert

    unverändert

    Im Zeitraum vom 01.09.2006 bis zum 16.06.2009 absolvierte der Kläger eine Ausbildung zum Fachangestellten für Arbeitsplatzförderung bei der Beklagten. Am 16.06.2009 schlossen die Parteien wiederum einen - zunächst auf ein Jahr befristeten - Arbeitsvertrag ab, nach dem dem Kläger eine Tätigkeit als Telefon-Service-Berater im Service-Center der Agentur für Arbeit in Berlin-Mitte zugewiesen wurde, die ebenfalls der Tätigkeitsebene V des - arbeitsvertraglich in Bezug genommenen - TV-BA zugeordnet ist. Im Gegensatz zum letzten Arbeitsverhältnis, innerhalb dessen der Kläger in den neuen Tarifvertrag übergeleitet wurde in die Tätigkeitsebene V Entwicklungsstufe 3, sollte nunmehr die Entwicklungsstufe 2 maßgeblich sein. Unter Hinweis auf eine Unterbrechung von weniger als drei Jahren machte der Kläger mit seinem Schreiben vom 16.07.2009 die Vergütung nach der Entwicklungsstufe 3 ab dem 17.07.2009 geltend. Mit dem weiteren Schreiben vom 10.10.2011 machte der die Zuordnung zur Entwicklungsstufe 4 ab dem 01.10.2011 geltend. Die Beklagte vergütet den Kläger seit dem 01.07.2011 nach der Entwicklungsstufe 3.

    Zu den Entwicklungsstufen finden sich im TV-BA folgende Regelungen:

    "§ 18

    Entwicklungsstufen

    (1) 1Die acht Tätigkeitsebenen umfassen jeweils sechs Entwicklungsstufen.

    (2) 1Bei Einstellung werden die Beschäftigten grundsätzlich der Entwicklungsstufe 1 zugeordnet.

    2Bei Übernahme von Auszubildenden und Beratungsanwärterinnen/Beratungsanwärtern in ein Arbeitsverhältnis nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung erfolgt die Zuordnung zu Entwicklungsstufe 2 der Tätigkeitsebene. 3Satz 2 gilt entsprechend bei Übernahme von Trainees in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach Abschluss des Traineeprogramms.

    (3) 1Beschäftigte werden bei der Einstellung einer höheren Entwicklungsstufe zugeordnet, wenn eine mindestens einjährige einschlägige Berufserfahrung aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis mit der BA vorliegt. 2Die Zuordnung richtet sich nach Abs. 6.

    Protokollerklärungen zu Absatz 3:

    1. Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass die Voraussetzung der "einschlägigen Berufserfahrung bei der BA" eng auszulegen ist.

    2. Es besteht Einvernehmen zwischen den Tarifvertragsparteien, dass eine Zuordnung zu einer höheren Entwicklungsstufe auch dann erfolgt, wenn eine einschlägige Berufserfahrung i.S. des § 18 Abs. 3 TV-BA aus einer Tätigkeit in einer ARGE nur deswegen nicht berücksichtigt werden könnte, weil das zugrundeliegende vorherige Arbeitsverhältnis nicht mit der BA begründet war.

    (4) 1Beschäftigte, die über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren verfügen, werden bei Neueinstellung in die Tätigkeitsebenen VI bis VIII nach dem 31. Dezember 2008 in der Regel der Entwicklungsstufe 3 zugeordnet. 2Ansonsten wird die/der in die Tätigkeitsebenen VI bis VIII neu eingestellte Beschäftigte bei entsprechender Berufserfahrung von mindestens einem Jahr der Stufe 2 zugeordnet.

    (5) 1Verfügt die/der Beschäftigte über eine mindestens zweijährige einschlägige Berufserfahrung aus einem Arbeitsverhältnis außerhalb der BA und ist diese Berufserfahrung als Voraussetzung im entsprechenden Tätigkeits- und Kompetenzprofil ausdrücklich gefordert, erfolgt bei der Einstellung die Zuordnung zu Entwicklungsstufe 3. 2Satz 1 gilt entsprechend für eine mindestens dreijährige einschlägige Berufserfahrung mit der Maßgabe, dass die Zuordnung zu Entwicklungsstufe 4 erfolgt.

    Protokollerklärung zu den Absätzen 3 bis 5 :

    Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.

    (6) 1Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Entwicklungsstufe nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Tätigkeitsebene:

    - Entwicklungsstufe 2 nach einem Jahr in Entwicklungsstufe 1,

    - Entwicklungsstufe 3 nach zwei Jahren in Entwicklungsstufe 2,

    - Entwicklungsstufe 4 nach drei Jahren in Entwicklungsstufe 3,

    - Entwicklungsstufe 5 nach vier Jahren in Entwicklungsstufe 4 und

    - Entwicklungsstufe 6 nach fünf Jahren in Entwicklungsstufe 5

    2Zeiten einschlägiger Berufserfahrung im Sinne des Absatzes 3, die nicht bereits im Zusammenhang mit der Einstellung bei der Zuordnung zu einer Entwicklungsstufe berücksichtigt worden sind, werden auf die in Satz 1 festgelegte Laufzeit der ab dem Einstellungszeitpunkt maßgebenden Entwicklungsstufe angerechnet.

    3Das Aufsteigen in die Entwicklungsstufen 3 bis 6 erfolgt nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 leistungsabhängig.

    § 19

    Ergänzende Regelungen zu den Entwicklungsstufen

    (1) Die Beschäftigten erhalten vom Beginn des Monats an, in dem die nächst höhere Entwicklungsstufe erreicht wird, das Festgehalt dieser Entwicklungsstufe.

    (2) 1Bei Leistungen der/des Beschäftigten, die erheblich über dem Durchschnitt liegen, dann die erforderliche Zeit für das Erreichen der Entwicklungsstufen 3 bis 6 jeweils verkürzt werden. 2Bei Leistungen, die erheblich unter dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit für das Erreichen der Entwicklungsstufen 4 bis 6 jeweils verlängert werden. 3Bei einer Verlängerung nach Absatz 2 ist jeweils nach Ablauf eines Jahres zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verlängerung noch vorliegen.

    (...)

    (6) 1Den Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs- 6 stehen gleich:

    a) Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz,

    b) Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 24 von bis zu 39 Wochen,

    c) Zeiten eines bezahlten Urlaubs,

    d) Zeiten eines Sonderurlaubs, für die die BA vor dem Antritt schriftlich ein dienstliches Interesse anerkannt hat,

    e) Zeiten einer sonstigen Unterbrechung von weniger als einem Monat im Kalenderjahr

    f) Zeiten der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.

    2Zeiten der Unterbrechung bis zu einer Dauer von jeweils drei Jahren, die nicht von Satz 1 erfasst werden, und Zeiten einer Kinderbetreuung von bis zu jeweils acht Jahren sind unschädlich, werden aber nicht auf die Laufzeit in den Entwicklungsstufen angerechnet. 3Bei einer Unterbrechung von mehr als drei Jahren, bei Zeiten einer Kinderbetreuung von mehr als acht Jahren, erfolgt eine Zuordnung zu der Entwicklungsstufe, die der vor der Unterbrechung erreichten Entwicklungsstufe entspricht, jedoch mindestens zur Entwicklungsstufe 2; die Laufzeit in der Entwicklungsstufe beginnt mit dem Tag der Arbeitsaufnahme. 4Zeiten in denen Beschäftigte mit einer kürzeren als der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 beschäftigt waren, werden voll angerechnet. (...)"

    Das Arbeitsgericht hat mit dem am 17.09.2012 verkündeten Urteil, auf dessen Tatbestand zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (Bl. 119 bis 121 d. A.), festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger im Zeitraum vom 17.07.2009 bis 30.06.2011 nach Tätigkeitsebene V Entwicklungsstufe 3 des TV-BA sowie seit dem 01.10.2011 nach Tätigkeitsebene V Entwicklungsstufe 4 zu vergüten und die nachzuzahlenden Unterschiedsbeträge mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. des jeweiligen Folgemonats zu verzinsen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Auslegung des § 19 Abs. 6 Satz 2 TV-BA einerseits und des § 18 Abs. 2 andererseits ergebe, dass auf den vorliegenden Fall allein die erstgenannte Regelung anzuwenden sei, wonach die Unterbrechung von weniger als drei Jahre unschädlich sei, mit der Folge, dass die Entwicklungsstufe 3 erhalten bleibe und nach Ablauf der - unter Berücksichtigung der Tätigkeit vom 15.10.2005 bis 31.08.2006 verbleibenden -restlichen Stufenlaufzeit am 30.09.2011 dem Kläger Vergütung nach der Entwicklungsstufe 4 zustehe. Die gewonnene Berufserfahrung gehe auch bei einer rechtlichen Unterbrechung nicht verloren. § 19 Abs. 6 Satz 2 knüpfe - anders als Satz 1 - nicht an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses während der Unterbrechung an; die beiden Vorschriften hätten einen unterschiedlichen Regelungsgehalt, so dass eine Differenzierung bei der Art der Unterbrechung möglich sei. Der Dienstanweisung (gemeint offenbar Durchführungsanweisung [DA]) in Ziffer 1 Satz 1 zu § 18, wonach grundsätzlich für die Zuordnung zu den Entwicklungsstufen nur Zeiten im bestehenden Arbeitsverhältnis berücksichtigt werden, stehe die Auslegung nicht entgegen, da Ausnahmen von dem Grundsatz möglich seien, wie § 18 Abs. 2 zeige.

    Gegen dieses ihr am 18.10.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit dem am Montag, dem 19.11.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 14.12.2012 begründet.

    Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass vorliegend nur eine Einstellung mit der Entwicklungsstufe 2 nach § 18 Abs. 2 TV-BA zutreffend sei, da die Unterbrechungsregelungen in § 19 nur auf solche in einem bestehenden Arbeitsverhältnis anwendbar seien. Eine höhere Entwicklungsstufe ergäbe sich auch nicht aus § 18 Abs. 3 TV-BA. Der Begriff der einschlägigen Berufserfahrung sei eng auszulegen. Der Kläger habe seine frühere Tätigkeit nicht im Wesentlichen unverändert fortgeführt, sondern eine nach dem Tätigkeits- und Kompetenzprofil andere Tätigkeit aufgenommen.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27.09.2012 - 58 Ca 3005/12 abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt die angefochtene Entscheidung mit Rechtsausführungen und trägt unter Hinweis auf die Aufgabenbeschreibungen vor, dass die Tätigkeiten als Bearbeiter und als Fachassistent Eingangsbereich einschlägige Berufserfahrung vermittelt hätten.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG zulässige Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO.

    2. In der Sache hat die Berufung nur teilweise Erfolg. Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

    2.1 Die Feststellungsklage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 2 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist trotz des Vergangenheitsbezugs gegeben. Der konkrete Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt (st. Rspr. des BAG, vgl. nur Urteil vom 27.101.2011 - 6 AZR 382/09 - AP Nr. 1 zu § 16 TVöD) . Die gerichtliche Feststellung zur Stufenzuordnung ist auch geeignet, den Konflikt zwischen den Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu dieser Problematik zu vermeiden. Schließlich ist auch von der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erwarten, dass sie einem stattgebenden Feststellungsurteil nachkommt.

    2.2 Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger die Zuordnung zur Entwicklungsstufe 3 bereits mit dem Zeitpunkt der Einstellung am 17.07.2009 verlangt. Es fehlt an einer Anspruchsgrundlage.

    2.2.1 Die aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisung anwendbaren Regelungen des TV-BA sind nicht dahingehend auszulegen, dass die rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses während der Dauer der Berufsausbildung des Klägers als unschädliche Unterbrechung im Sinne des § 19 Abs. 6 Satz 2 TV-BA anzusehen wäre.

    2.2.1.1 Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., etwa BAG 11. 07.2012 - 10 AZR 236/11 - Rn. 12).

    2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Unterbrechungsregelungen in § 19 Abs. 6 TV-BA lediglich für ein bestehendes Arbeitsverhältnis gelten und bei einer rechtlichen Unterbrechung eines Arbeitsverhältnisses die Einordnung in eine Entwicklungsstufe ausschließlich aus § 18 Abs. 2 bis 5 TV-BA folgt.

    2.2.1.2.1 Bereits der Wortlaut des § 19 Abs. 6 spricht dafür, dass sich die Regelungen nur auf eine Unterbrechung der Tätigkeit in einem bestehenden Arbeitsverhältnis beziehen, weil nur auf tatsächliche Unterbrechungstatbestände, nicht aber auf rechtliche abgestellt wird. Sämtliche in Satz 1 aufgezählten Tatbestände setzen ein fortbestehendes Arbeitsverhältnis voraus. Dass Satz 2, der ausdrücklich an Satz 1 anknüpft, die Fallgestaltung einer unschädlichen Unterbrechung ohne Anrechnung der Unterbrechungszeit einen anderen, weitergehenden Begriff der Unterbrechung meint, wie der Kläger annimmt, ist nicht ersichtlich.

    2.2.1.2.2 Auch die Systematik der Regelungen in § 18 und § 19 macht deutlich, dass sich bei einem rechtlich unterbrochenen Arbeitsverhältnis nicht aus § 19 eine Beibehaltung der im früheren Arbeitsverhältnis maßgeblichen Entwicklungsstufe ergeben kann.

    Die in § 18 Abs. 6 enthaltene Grundregel, dass das Erreichen der nächsten Entwicklungsstufe eine ununterbrochene Tätigkeit innerhalb derselben Tätigkeitsebene - und damit, worauf Nr. 1 der Durchführungsanweisungen ausdrücklich hinweist, ein bestehendes Arbeitsverhältnis - voraussetzt, wird in § 19 nur insoweit modifiziert, dass die Auswirkungen von Unterbrechungen differenziert nach Grund und Dauer geregelt werden.

    Zeiten der Tätigkeit in einem früheren Arbeitsverhältnis bei der BA werden nur nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 des § 18 berücksichtigt. Diese Anrechnungsregelung wäre überflüssig, wenn ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis als Unterbrechung der Tätigkeit nach § 19 Abs. 6 Satz 2 eingeordnet würde.

    Anders als der TV-BA ist im TVöD (Bund) der Fall aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse in § 16 Abs. 3a ausdrücklich geregelt, und zwar dahingehend, dass die in einem unmittelbar vorausgehenden Arbeitsverhältnis erworbene Stufe ganz oder teilweise berücksichtigt werden kann. Auch aus dieser Regelung wird deutlich, dass die Unterbrechungsvorschriften in § 19 TV-BA, die denjenigen in § 17 TVöD entsprechen, nur für (fort-)bestehende Arbeitsverhältnisse gelten (so auch für § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) BAG 27.01.2011 - 6 AZR 382/09 - Rn 18, 19).

    2.2.1.2.3 Dieser Systematik entspricht auch Sinn und Zweck der Stufenlaufzeitenregelungen. Die Erfahrungsstufen honorieren die üblicherweise mit zunehmender Routine verbundene Leistungssteigerung. Dies bezieht sich auf die im bestehenden Arbeitsverhältnis übertragene Aufgaben und eben nicht auf allgemeine Berufs- oder Lebenserfahrung.

    2.2.1.2.4 Die tariflichen Regelungen lassen eine hiervon abweichende Auslegung für vorliegende Konstellation nicht zu. Die Parteien hätten die Möglichkeit gehabt, den - auch im Rahmen der Überleitungsregelungen des TVÜ-BA - erworbenen Besitzstand des Klägers dadurch zu sichern, dass das Arbeitsverhältnis während der Ausbildungszeit zum Ruhen gebracht wird. Das dem Ausbildungsverhältnis vorangegangene Arbeitsverhältnis ist jedoch wirksam beendet worden; der Kläger hat die Befristung nicht mit einer Befristungskontrollklage überprüfen lassen, so dass deren Wirksamkeit jedenfalls fingiert wird, § 17 Satz 1 und 2 TzBfG, § 7 KSchG.

    2.3 Nach den Regelungen zur Anrechnung von einschlägiger Berufserfahrung, auf die der Kläger seine Klage nunmehr ebenfalls stützt, stand dem Kläger zwar nicht bereits zur Einstellung ab 17.07.2009 Vergütung nach der Erfahrungsstufe 3 zu. Die Anrechung führt jedoch dazu, dass er diese Stufe bereits zum 01.02.2010, und nicht erst am 16.07.2011 erreicht hatte, so dass er auch bereits ab 01.02.2013 nach der Erfahrungsstufe 4 zu vergüten war.

    2.3.1 Der Anrechung steht nicht entgegen, dass in § 18 Abs. 2 Satz 2 eine spezielle Norm zur Übernahme von Auszubildenden getroffen wurde. Die dort vorgesehene Zuordnung zur Entwicklungsstufe 2 stellt keine abschließende Regelung dar. Es ist nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien mit dieser zugunsten von Auszubildenden geschaffenen Abweichung vom Grundsatz einer Einstellung mit der Erfahrungsstufe 1 die Anrechungsregelungen in den Absätzen 3 bis 5 zulasten derjenigen Arbeitnehmer ausgestalten wollten, denen hiernach Berufserfahrungszeiten anzurechnen wären.

    2.3.2 Die Entwicklungsstufe 2 ergab sich für den Kläger hiernach auch aus § 18 Abs. 3 TV-BA.

    Beim Kläger lag zum letzten Einstellungszeitpunkt eine einschlägige Berufserfahrung von mehr als einem Jahr, jedoch - unter Berücksichtigung aller vorhergehenden Arbeitsverhältnisse - weniger als drei Jahre vor, deren Anrechnung nach der tariflichen Regelung nicht im Ermessen der Beklagten stand.

    2.3.2.1 Nach der Protokollerklärung zu Absatz 3 ist der Begriff der einschlägigen Berufserfahrung zwar eng auszulegen. Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass es sich um eine identische Tätigkeit handeln muss.

    Nach der Durchführungsanweisung Nr. 10 zu § 18 ist unter der einschlägigen Berufserfahrung eine Erfahrung in der übertragenen Tätigkeit oder in einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit zu verstehen. Ausreichend ist nach Nr. 11 aber auch eine gleichartige Tätigkeit, wenn die für die frühere Tätigkeit erforderlichen fachlich-methodischen Anforderungen und Kompetenzanforderungen sowie die dort erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen typischerweise auch für die neue Tätigkeit erforderlich sind und diese prägen. Dabei ist die Bewertung nicht allein maßgebend. Die Tätigkeit muss gleichartig sein, um von einer bereits vorliegenden beruflichen Entwicklung ausgehen zu können.

    Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn sowohl Tätigkeitsebene als auch Funktionsbereich unverändert sind.

    2.3.2.2 Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

    2.3.2.2.1 Unzweifelhaft gilt dies in Bezug auf die Tätigkeit des Klägers als Fachassistent Eingangsbereich erfüllt, die ihm nach Einführung der neuen Organisationsstrukturen am 15.10.2005 übertragen worden ist. Nach Abschluss seiner Ausbildung ist dem Kläger keine höherwertige Tätigkeit zugewiesen worden. Die Tätigkeit als Telefon-Service-Berater ist ebenso wie die im vorangegangenen Arbeitsverhältnis ausgeübte in der Tätigkeitsebene V, also der Fachassistenten, aufgeführt. Auch die Tätigkeits- und Kompetenzprofile zeigen weitgehende Überschneidungen. In beiden Fällen sind Kunden der Arbeitsagentur zu betreuen und zu beraten, ihre Anliegen - z.B. Leistungsanträge, Arbeitslosmeldungen und Arbeitsvermittlung - zu klären und sie ggf. an zuständige Stellen weiterzuleiten. Sie sind also dem gleichen Fachbereich zuzuordnen. Die geforderte Vor- und Ausbildung/Berufserfahrung ist bei beiden Stellen identisch beschrieben mit Fachangestellter für Arbeitsförderung oder vergleichbare Qualifikation, Berufserfahrung oder vergleichbares Profil. Bei den fachlichen Anforderungen und Kenntnissen finden sich nur in der Gewichtung graduelle Unterschiede. Gleiches gilt für die formulierten Kompetenzanforderungen wie Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit, Kundenorientierung, Teamfähigkeit und Belastbarkeit.

    2.3.2.2.2 Einschlägige Berufserfahrung hat der Kläger jedoch auch bei den vorangegangenen Tätigkeiten in der Agentur für Arbeit Eberswalde erworben.

    Da der Kläger von der Vergütungsgruppe VII des MTA in die Tätigkeitsebene V übergeleitet wurde und Anhaltspunkte für eine gleichzeitig erfolgte Beförderung nicht gegeben sind, ist auch die vorangegangene Tätigkeit als Bearbeiter im Mitarbeiterteam für arbeitnehmerbezogene und allgemeine arbeitgeberbezogene Aufgaben für die Kundengruppe Arbeitsmarktpartner als gleichwertig. Nach dem im Transferkonzept beschriebenen Aufgabenkreis ging es auch dort um die Betreuung der Kunden, deren Anliegen zu klären und ggf. selbst zu bearbeiten und für die Termine zu vereinbaren waren; Anträge waren teils auf Plausibilität zu prüfen, teils unterschriftsreif zu bearbeiten. Der sich zumindest überschneidende Fachbereich hat dem Kläger somit Berufserfahrung vermittelt, die auch für die zuletzt übertragene Aufgabe nicht nur nützlich ist, sondern auch eine berufliche Entwicklung für diese Tätigkeit darstellt.

    2.3.2.3 Für die Ermittlung der Gesamtdauer der anzurechnenden Zeiten einschlägiger Berufserfahrung sind alle vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnisse zu addieren.

    2.3.2.3.1 Eine Beschränkung sieht § 18 Abs. 3 TV-BA weder in Bezug auf die Dauer der (rechtlichen) Unterbrechung zwischen den einzelnen Arbeitsverhältnissen noch hinsichtlich des Zeitraumes vor. Dies wird ausdrücklich auch in Nr. 9 der Durchführungsanweisung erwähnt. Es können daher alle Beschäftigungszeiten des Klägers ab 2001 berücksichtigt werden. Die Abstände zwischen den befristeten Verträgen sind im Verhältnis zur Dauer der jeweiligen Beschäftigung auch nicht so groß, dass ein Verlust von beruflicher Erfahrung angenommen werden müsste.

    2.3.2.3.2 Hiernach hatte der Kläger zum Zeitpunkt der letzten Einstellung Erfahrungszeiten im Umfang von 29 Monaten und 6 Tagen vorzuweisen, so dass er die Erfahrungsstufe 3 noch nicht erreicht hatte. Die Tatsache, dass im vorangegangenen Arbeitsverhältnis diese Erfahrungsstufe zugrunde gelegt worden war, beruhte allein auf den Überleitungsvorschriften, die zur Besitzstandswahrung die Stufenzuordnung auch vom Lebensalter abhängig machten. Dieser Besitzstand ist durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Neubegründung verloren gegangen.

    2.3.3 Die nicht bereits für die Festlegung der Entwicklungsstufe bei der Einstellung verbrauchten Erfahrungszeiten sind jedoch nach § 18 Abs. 6 Satz 2 TV-BA auf die Stufenlaufzeit anzurechnen.

    2.3.3.1 Für die Erfahrungsstufe 2 waren hiernach lediglich 12 Monate Berufserfahrung "verbraucht", so dass weitere 17 Monate und 6 Tage auf die Laufzeit anzurechnen waren. Die zweijährige Stufenlaufzeit endete damit am 11.02.2010, so dass der Kläger nach § 19 Abs. 1 TV-BA ab Beginn des Monats Februar das Festgehalt nach der Entwicklungsstufe 3 beanspruchen konnte. Aufgrund der Arbeitsaufnahme im Lauf des Monats war die anzurechnende Erfahrungszeit nicht zusätzlich zu runden.

    2.3.3.2 Da die Beklagte ab 01.07.2011 die Entwicklungsstufe 3 zugrunde gelegt hat, war dem Feststellungsantrag für den Zeitraum vom 01.02.2010 bis zum 30.06.2011 zu entsprechen, wobei dem Kläger auch Verzugszinsen zustehen, da eine unzutreffende Einschätzung der Beklagten nicht unverschuldet ist.

    2.3.3.3 Mit Erreichen der Entwicklungsstufe 3 begann die dreijährige Stufenlaufzeit zur Entwicklungsstufe 4, die damit am 01.02.2013 erreicht wurde. Zwar ist auch hier eine Leistungsabhängigkeit nach § 18 Abs. 6 Satz 3 TV-BA gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass die Leistungen des Klägers nicht den Anforderungen entsprachen, liegen nicht vor, so dass auch in Bezug auf die Entwicklungsstufe 4 eine entsprechende Verpflichtung festgestellt werden konnte.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

    VorschriftenMutterschutzgesetz, §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG, § 64 Abs. 2 b) ArbGG, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 Abs. 1, 3 ZPO, § 256 Abs. 2 ZPO