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  • 27.04.2018 · IWW-Abrufnummer 200913

    Landessozialgericht Baden-Württemberg: Beschluss vom 14.03.2018 – L 5 R 1863/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landessozialgericht Baden-Württemberg

    Beschl. v. 14.03.2018

    Az.: L 5 R 1863/17

    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.03.2017 wird zurückgewiesen.

    Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

    Die im Jahr 1976 geborene Klägerin, die keine Berufsausbildung durchlaufen hat und zuletzt bis März 2003 als Küchenhilfe erwerbstätig gewesen ist, ist verheiratet und hat zwei am 21.03.2004 und 08.10.2006 geborene Kinder. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt. Im Oktober 2008 wurde bei ihr ein hepatosplenisches Non-Hodgkin-Lymphom diagnostiziert. Die chemo- und stammzellentherapeutische Behandlung führte zu einer andauenden Remission der Erkrankung. Vom 01.08.2009 - 31.07.2011 bezog die Klägerin von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und vom 15.09.2011 bis 02.09.2012 sowie vom 07.09. bis 18.09.2012 Arbeitslosengeld.

    Auf einen Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 09.10.2012 zog die Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte, u.a des Universitätsklinikums T., bei und veranlasste eine Begutachtung der Klägerin bei ihrer ärztlichen Untersuchungsstelle. Dr. H.-Z., Internistin und Sozialmedizinerin, führte in ihrem Gutachten vom 21.11.2012 aus, im Hinblick auf die Non-Hodgkin-Erkrankung lägen keine Hinweise auf eine Reaktivierung oder eine chronische Abstoßungsreaktion vor. Die Blutwerte seien normal, eine Medikation sei nicht mehr erforderlich. Die Klägerin klage lediglich über eine verstärkte Müdigkeit und eine Infektneigung. Auch die Ängstlichkeit der Klägerin in Bezug auf ein Tumorrezidiv habe nicht zu einer behandlungsbedürftigen Symptomatik geführt. Dr. H.-Z. gelangte hiernach zu der Einschätzung, dass der Klägerin leichte Tätigkeiten ohne besondere Infektionsgefahr und ohne besonderen Zeitdruck in mindestens 6-stündigem Umfang möglich seien.

    Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 27.11.2012 ab. Den hiergegen am 03.12.2012 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2013 zurück.

    Hiergegen erhob die Klägerin am 26.08.2013 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Ihr Gesundheitszustand habe sich, so die Klägerin, trotz der Remissionsphase nicht verbessert. Sie ermüde schnell und müsse sich dann hinlegen. Auch sei die Grunderkrankung unberechenbar und könne jederzeit wieder ausbrechen. Die Klägerin teilte sodann mit, dass bei ihr im Mai 2013 eine Cataract-Operation durchgeführt worden sei. Sie legte hierzu einen Befundbericht der Klinik "w.-e." vor, in dem der Visus mit 0,63 rechts und 1,0 links beziffert worden ist.

    Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte hierzu sozialmedizinische Stellungnahmen des Facharztes für Allgemeinmedizin G. vom 15.08.2014, vom 12.02.2015 und vom 30.03.2015 sowie des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 29.12.2015 vor.

    Das SG vernahm die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen. Prof. Dr. M., Oberarzt der Abteilung Innere Medizin II am Universitätsklinikum T. teilte unter dem 26.11.2013 mit, anlässlich der regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen der Klägerin habe sich ein weitgehend unauffälliger körperlicher Befund gezeigt, eine psychiatrische Mitbeurteilung der Leistungsfähigkeit erscheine jedoch sinnvoll. Der Facharzt für Allgemeinmedizin U. teilte unter dem 08.12.2013 mit, er stimme dem Gutachten von Dr. H.-Z. zu. Bei der Klägerin seien jedoch Nackenbeschwerden hinzugetreten. Die Klägerin sei in der Lage, einer sechsstündigen leichten Tätigkeit ohne psychische Beanspruchung nachzugehen. Die Dipl.-Psych. A. und die Assistenzärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K. gaben unter dem 19.12.2014 an, sie würden die Klägerin seit 07.11.2012 ohne die Gabe von Psychopharmaka, die sie ablehne, behandeln. Die Klägerin leide an einer Angst und depressiven Störung gemischt. Sie sei nur in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig.

    Das SG ernannte Dr. R., Chefarzt der Klinik für Innere Medizin an den Kreiskliniken E. zum gerichtlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens. In seinem Gutachten vom 27.06.2014 führte Dr. R. aus, die Klägerin leide seit der Erkrankung unter wiederkehrenden depressionsähnlichen Zuständen. Aus den Schilderungen über den Alltag der Klägerin ergebe sich, dass diese schnell ermüde und insg. eher schwach sei. Leichte Tätigkeiten seien der Klägerin in einem zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich möglich. Nach einer entsprechenden Einarbeitungszeit und psychiatrisch/psychologischer Mitbehandlung sei eine Tätigkeit über sechs Stunden wieder möglich.

    Das SG ernannte sodann Dr. H., Leitender Oberarzt der Tagesklinik B. zum gerichtlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens. In seinem Gutachten vom 27.05.2015 führte Dr. H. aus, die Klägerin leide auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer gemischten Angst und depressiven Störung. Diese ginge bei der Klägerin mit einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten vor dem Hintergrund einer histrionischen Persönlichkeitsstruktur einher. Durch diese psychische Erkrankung sei ihre Leistungsfähigkeit zwar auf leichte Tätigkeiten beschränkt, diese könnten jedoch in einem zeitlich uneingeschränkten Umfang verrichtet werden.

    Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ernannte das SG sodann Dipl.-Psych. A. zur gerichtlichen Sachverständigen und beauftragte sie mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens. In ihrem Gutachten vom 01.12.2015 führte die Gutachterin aus, die Klägerin leide an einer Angst und depressiven Störung gemischt und an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Die Erkrankungen führten zu Problemen, die Intensität der Gefühle zu modulieren und zu steuern. Sie könne ihren Alltag kaum bewältigen und sei auf die Hilfe anderer angewiesen. Sie habe sich zurückgezogen und könne sich nur schlecht konzentrieren. Bei der Klägerin bestehe, so die Gutachterin, im sozialmedizinischen Sinne keine Leistungsfähigkeit; eine Beschäftigung könne nur in einem Umfang von unter drei Stunden täglich verrichtet werden.

    Mit Urteil vom 29.03.2017 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, die Klägerin könne keine Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen, da sie nicht erwerbsgemindert sei. Die bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen auf dem psychiatrischen Fachgebiet führten nicht zu einer Reduzierung der quantitativen Leistungsfähigkeit. Dies folge, so das SG, aus dem Gutachten des Dr. H ... Dieser habe insb. trotz der 1,5 stündigen Untersuchung kein Nachlassen der Konzentration mitgeteilt. Im Übrigen sei die Klägerin zwar in ihrem Antrieb reduziert, dies führe jedoch nicht zu einer quantitativen Leistungsreduzierung. Der Leistungseinschätzung der Dipl.-Psych. A. vermochte sich das SG nicht anzuschließen. Deren Gutachten sei zwar, so das SG unter Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 11.06.2009 (- L 11 VH 35/08 -, in juris), entgegen der Einschätzung der Beklagten verwertbar, obschon die Gutachterin über keine Approbation als Ärztin verfüge, die Ausführungen der Gutachterin zeigten jedoch, dass diese ihre Einschätzung maßgeblich auf die therapeutische Beziehung zur Klägerin gestützt habe. Auch habe die Gutachterin ihre Einschätzung nicht nachvollziehbar hergeleitet. So stehe der von der Gutachterin beschriebene Tagesablauf nicht mit dem in Einklang, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung geschildert habe. Auch sei die Klägerin in der mündlichen Verhandlung in der Lage gewesen, den dortigen Ausführungen und Fragestellungen zu folgen. Schließlich sei, so das SG weiter, zu berücksichtigen, dass die Klägerin keine adäquate Therapie durchführe.

    Gegen das am 21.04.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.05.2017 Berufung eingelegt. Sie betont, dass sie seit dem Auftreten des Non-Hodgkin-Lymphoms an schweren psychischen Beschwerden leide, die einer Erwerbstätigkeit entgegen stünden. So habe die Sachverständige A. eine quantitative Leistungseinschränkung angenommen. Auch der Sachverständige Dr. H. habe von einer chronifizierten Erkrankung berichtet. Das Urteil des SG sei fehlerhaft, weil es diesen Ausführungen nicht gefolgt sei, insofern sei ein weiteres psychiatrisches Gutachten einzuholen.

    Die Klägerin beantragt,

    das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.03.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.07.2013 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung seit 01.10.2012 zu gewähren.

    hilfsweise,

    ein weiteres Sachverständigengutachten nach § 109 SGG bei Dr. Ö., S., einzuholen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen und die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Ergänzend hat die Beklagte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 02.08.2017 vorgelegt.

    Der Senat hat die Klägerin, auf den Antrag, bei Dr. Ö. ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, darauf hingewiesen, dass, da bereits im erstinstanzlichen Verfahren ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt worden ist, ein neuerliches Gutachten nach § 109 SGG nicht in Auftrag gegeben werden wird, woraufhin klägerseits geltend gemacht worden ist, das Gutachten sei erforderlich, da ein Gutachten vorliege, in dem von einer Erwerbsminderung der Klägerin ausgegangen werde, dem jedoch weder die Beklagte, noch das SG gefolgt seien.

    Mit gerichtlichem Schreiben vom 12.01.2018 ist die Klägerin unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 15.04.1991 - 5 RJ 32/90 - und vom 26.01.1970 - 7/2 RU 64/69 -) darauf hingewiesen worden, dass die wiederholte Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG nur dann in Betracht komme, wenn besondere Umstände dies rechtfertigten, wovon vorliegend nicht auszugehen sei. Die Klägerin wurde ferner darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg verspricht und der Senat erwägt, nach § 153 Abs. 4 SGG im Wege eines Beschlusses über die Berufung der Klägerin zu befinden. Der Klägerin ist Gelegenheit eingeräumt worden sich hierzu zu äußern. Die Klägerin hat daraufhin bekräftigt, dass ein Gutachten bei Dr. Ö. beantragt werde. Sie hat ferner eine ärztliche Bescheinigung des Dr. U. vom 01.02.2018 vorgelegt. Der Senat hat der Klägerin daraufhin unter dem 19.01. und dem 08.02.2018 mitgeteilt, dass es bei der in Aussicht gestellte Vorgehensweise verbleibe.

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für die Klägerin geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

    II.

    Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143 Abs 1 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie führt jedoch in der Sache für die Klägerin nicht zum Erfolg.

    Der Senat konnte die Berufung der Klägerin nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht. Insb. ergeben sich solche nicht aus dem klägerseits vorgelegten ärztlichen Attest des Dr. U. und dem Vortrag, dass ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen sei.

    Der Bescheid vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung.

    Nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersrente an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.04.2007 (BGBl. I, 554) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) oder Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), wenn sie voll- bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeinen Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3).

    Der Klägerin hat zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt, indes ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert.

    Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer - unabhängig von der Arbeitsmarktlage - unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Hieraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher (quantitativer) Hinsicht eine Rente wegen Erwerbsminderung zu begründen vermag, hingegen der Umstand, dass bestimmte inhaltliche Anforderungen an eine Erwerbstätigkeit aufgrund der gesundheitlichen Situation nicht mehr verrichtet werden können, einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung grundsätzlich nicht zu begründen vermag.

    Der Senat ist indes nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass das Leistungsvermögen der Klägerin auf unter sechs Stunden täglich abgesunken ist. Insb. soweit die Klägerin an Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet leidet, ist hierdurch zur Überzeugung des Senats eine quantitative Leistungsreduzierung nicht bedingt. Zur Überzeugung des Senats leidet die Klägerin unter Angst und einer depressiven Störung gemischt mit ausgeprägtem Vermeidungsverhalten. Ferner besteht bei der Klägerin eine Persönlichkeitsstörung, nach dem im erstinstanzlichen Verfahren gutachterlich gehörten Dr. H. eine histrionische Persönlichkeitsstörung, nach der Dipl.-Psych. A. eine kombinierte Persönlichkeitsstörung. Diese Gesundheitsstörungen bedingen jedoch keine rentenbegründende Leistungsreduzierung. Der Senat stützt sich insofern, wie das SG, auf die Ausführungen des Dr. H., der eine quantitative Leistungsreduzierung verneint hat. Dieser hat nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass durch die psychischen Erkrankungen die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar gemindert ist, sich jedoch durch die Erkrankung eine quantitative Einschränkung der Erwerbsfähigkeit nicht ergibt. Diese Einschätzung ist für den Senat, wie bereits zuvor dem SG, auch nachvollziehbar. So hat Dr. H. ausgeführt, dass die Klägerin anlässlich ihrer persönlichen Untersuchung bewusstseinsklar und allseits vollständig orientiert gewesen sei und sich über den Untersuchungszeitraum ein Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit der Klägerin nicht gezeigt hat. Auch bestanden keine Hinweise auf inhaltliche Denkstörungen oder Ich-Störungen. Dr. H. hat zwar auch ausgeführt, bei der Klägerin eine dysthyme Stimmungslage und einen reduzierten Antrieb befundet zu haben, jedoch hat er im Hinblick auf den Antrieb ausgeführt, dass dies auf den Schilderungen der Klägerin gründe. Dies ist für den Senat insb. deswegen nachvollziehbar, als der von Dr. H. erhobene Tagesablauf, in dem zwar die Hilfe und Unterstützung durch den Ehemann ebenso wie ein gesteigertes Maß an Teilnahmslosigkeit ersichtlich werden, keinen Hinweis darauf beinhaltet, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, ihren Tagesablauf strukturiert und organisiert zu gestalten.

    Der Senat vermag sich demgegenüber der Einschätzung der Dipl.-Psych. A. in deren Gutachten, die Klägerin könne eine Beschäftigung nur in einem Umfang von unter drei Stunden täglich verrichten, nicht anzuschließen. Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend dargestellt, dass das Gutachten der Dipl.-Psych. A., obschon diese nicht über eine Approbation als Ärztin (§3 Bundesärzteordnung) verfügt, verwertbar, indes die Leistungseinschätzung nicht nachvollziehbar ist. Das SG hat hierbei insb. in nicht zu beanstandender Weise zu Grunde gelegt, dass die Einschätzung der Dipl.-Psych. A. zuvorderst im therapeutischen Arzt-Patienten-Verhältnis begründet ist. So weist das SG zutreffend darauf hin, dass Dipl.-Psych. A. in ihrem Gutachten mehrfach auf die therapeutische Beziehung zu der Klägerin reklamiert hat und dort insb. davon berichtet hat, dass im Arzt-Patienten-Verhältnis der Aufbau einer stabilen, vertrauensvollen Beziehung im Vordergrund gestanden habe und unverändert bestehe. Hieraus ist, wie vom SG unternommen, der Schluss zu ziehen, dass Grundlage der getroffenen Leistungseinschätzung nicht eine objektive Betrachtung der Leistungsfähigkeit, sondern der Erhalt der vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung ist. Der Senat schließt sich daher der Beweiswürdigung des SG im angefochtenen Urteil an, macht sich diese zu eigen und sieht insofern von einer weiteren Begründung ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Zu ergänzen ist insofern lediglich, dass die Dipl.-Psych. A. selbst den vom SG und nunmehr auch vom Senat als maßgeblich erachteten Interessenkonflikt gesehen hat und bereits am 20.10.2015 gegenüber dem SG auf eine "gewisse Befangenheit" hingewiesen hat. Dass diese Problematik bzw. die "Befangenheit" der Dipl. Psych. A. von der anwaltlich vertretenen Klägerin nicht so gesehen worden ist (anwaltliches Schreiben vom 23.10.2015) führt nicht dazu, dass über den in der Leistungseinschätzung zu Tage tretenden Interessenkonflikt hinweggesehen werden kann.

    Der Senat vermag sich auch der Leistungseinschätzung von Dr. R. nicht anzuschließen. Dieser hat seine Einschätzung, der Klägerin seien leichte Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich möglich, maßgeblich mit einer raschen Ermüdbarkeit der Klägerin begründet, indes ausgeführt, dass nach einer entsprechenden Einarbeitungszeit und unter psychiatrisch/psychologischer Mitbehandlung eine Tätigkeit in einem zeitlichen Umfang von über 6 Stunden täglich wieder möglich sei. Hieraus wird deutlich, dass Dr. R. seine Einschätzung maßgeblich auf die psychische Leistungsfähigkeit der Klägerin gründet. Insofern folgt der Senat jedoch der abweichenden, fachspezifischen Einschätzung von Dr. H ...

    In Zusammenschau der Bewertung von psychischen Erkrankungen bei der Frage der rentenrechtlichen Relevanz ist schließlich zu berücksichtigen, dass psychische Erkrankungen, rentenrechtliche Beachtlichkeit vorausgesetzt, überdies nicht unbesehen zu einer Berentung führen. Sie sind vielmehr behandelbar und auch zu behandeln, bevor Erwerbsminderung nach dem SGB VI angenommen werden kann (vgl. Senatsurteil vom 27.04.2016, - L 5 R 459/15 - und Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 18.01.2017, - L 9 R 755/11 -, m.w.N., beide in juris). Selbst eine mittelgradige oder schwere depressive Episode bedingt in den meisten Fällen lediglich vorübergehende Arbeitsunfähigkeit und erfordert eine Krankenbehandlung, stellt jedoch in Anbetracht der üblicherweise vollständigen Remission keine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit dar.

    Eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit kommt erst dann in Betracht, wenn mehrere der folgenden Faktoren zusammen treffen: eine mittelschwer bis schwer ausgeprägte depressive Symptomatik, ein qualifizierter Verlauf mit unvollständigen Remissionen, erfolglos ambulante und stationäre, leitliniengerecht durchgeführte Behandlungsversuche, einschließlich medikamentöser Phasenprophylaxe, eine ungünstige Krankheitsbewältigung, mangelnde soziale Unterstützung, psychische Komorbidität, lange Arbeitsunfähigkeitszeiten und erfolglose Rehabilitationsbehandlungen. Eine Fallgestaltung dieser Art ist bei der Klägerin nicht festzustellen. So verzichtet die Dipl.-Psych. A. bei der Behandlung der Klägerin zur Sicherung der langfristigen Compliance auf eine medikamentöse Therapie.

    Auch das im Oktober 2008 bei der Klägerin diagnostizierte Non-Hodgkin-Lymphom bedingt keine rentenbegründende Leistungseinschränkung, da die durchgeführte chemo- und stammzellentherapeutische Behandlung zu einer andauenden Remission geführt hat.

    In Zusammenschau der vorliegenden medizinischen Unterlagen, Arztbriefe und -berichte sowie der Gutachten vermag der Senat daher eine rentenberechtigende (zeitliche) Leistungseinschränkung i.S.d. § 43 SGB VI nicht festzustellen. Mithin ist der Senat nicht davon überzeugt ist, dass der Klägerin eine leichte körperliche Tätigkeit nicht sechs Stunden täglich möglich ist. Angesichts dieses Leistungsvermögens musste sich der Senat nicht mit der Frage befassen, welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht zumutbar ist. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen (vgl. § 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Das Bundessozialgericht (BSG) hat, unter Geltung der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung der §§ 43, 44 SGB VI in ständiger Rechtsprechung bestätigt, dass bei Versicherten, die noch vollschichtig leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten können, davon auszugehen ist, dass es Arbeitsplätze in ausreichendem Umfang gibt und der Arbeitsmarkt für diese Versicherten auch offen ist. Einer Prüfung im Einzelfall bedürfe es daher nicht. Es genüge vielmehr generell die Feststellung, dass das Restleistungsvermögen des Versicherten körperliche Verrichtungen erlaube, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden (BSG, Urteil vom 11.03.1999 - B 13 RJ 71/97 R -, in juris). Aufgrund der durchgeführten medizinischen Ermittlungen ist der Senat davon überzeugt, dass der Klägerin Tätigkeiten wie Zureichen, Sortieren oder Verpacken noch zumutbar möglich sind.

    Zwar wirkt, wie oben dargelegt, grundsätzlich nur eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht rentenbegründend, jedoch kann unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer spezifischen Leistungsbehinderung das Erfordernis resultieren, den Versicherten eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen (vgl. BSG, Urteile vom 24.02.1999 - B 5 RJ 30/98 R - und vom 11.03.1999 - B 13 71/97 R -, jew. in juris). Grundlage der Benennungspflicht bildet in diesen Fällen der Umstand, dass von vornherein ernste Zweifel an einer Einsetzbarkeit in einem Betrieb aufkommen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ist in Betracht zu ziehen, wenn, neben einer qualitativen Leistungseinschränkung auf "leichte Tätigkeiten", die Leistungsfähigkeit zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist (Niesel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 43 SGB VI, Rn. 47). In diesem Sinne ist unter der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen eine Häufung von Leistungseinschränkungen zu verstehen, die insofern ungewöhnlich ist, als sie nicht regelmäßig bei einer Vielzahl von Personen bis zum Erreichen der Altersgrenze für die Regelaltersrente angetroffen wird.

    Zwar bestehen bei der Klägerin qualitative Leistungseinschränkungen, diese Einschränkungen sind jedoch zur Überzeugung des Senats bereits dahingehend eingestellt, als sie vom Erfordernis einer "leichten Tätigkeit" mit umfasst sind. Die bei der Klägerin vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen liegen überdies zur Überzeugung des Senats bei einer Vielzahl von Personen vor, so dass nicht von einer "Ungewöhnlichkeit" auszugehen ist. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt dann vor, wenn es sich um eine auf eine spezielle Körperfunktion oder Erkrankung bezogene erhebliche Behinderung handelt, die sich entsprechend stark auf das Leistungsvermögen auswirkt.

    Hierunter fallen nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere Einschränkungen der Wahrnehmungsfähigkeit und der Gliedmaßen. Jedoch sind Anhaltspunkte für eine derartig schwerwiegende Leistungseinschränkung für den Senat weder aus dem klägerischen Vortrag noch den medizinischen Ermittlungen ersichtlich. Mithin besteht vorliegend nicht das Erfordernis, der Klägerin eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen.

    Eine solche ergibt sich ferner nicht unter dem Aspekt eines etwaig verschlossenen Arbeitsmarktes. Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass es für eine Vollzeittätigkeit hinreichend Arbeitsplätze gibt. Mithin obliegt bei einer vollschichtigen Einsatzfähigkeit das Arbeitsplatzrisiko der Arbeitslosenversicherung bzw. dem Versicherten, nicht aber der Beklagten (vgl. insofern § 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI, der bestimmt, dass die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist).

    Ausnahmsweise kann jedoch der Arbeitsmarkt als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbleibende Erwerbsfähigkeit nur möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Der Arbeitsmarkt gilt in Ermangelung einer praktischen Einsatzfähigkeit nach der Rechtsprechung des BSG abschließend als verschlossen, wenn:

    1. Der Versicherte nicht unter den in den Betrieben üblichen Bedingungen arbeiten kann,
    2. der Versicherte entsprechende Arbeitsplätze aus gesundheitlichen Gründen nicht aufsuchen kann,
    3. der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann,
    4. die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden,
    5. die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Betriebsfremde nicht vergeben werden,
    6. die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Aufstiegspositionen nicht an Betriebsfremde vergeben werden oder
    7. entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen.

    Vorliegend ist jedoch keine dieser abschließenden Fallgestaltungen verwirklicht, weshalb der Arbeitsmarkt für die Klägerin nicht als verschlossen anzusehen ist.

    Die Klägerin hat mithin keinen Anspruch auf die Gewährung einer vollen oder einer teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung.

    Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI scheidet bereits deswegen aus, weil die Klägerin nicht vor dem 02.01.1961 geboren ist.

    Der Senat ist auch nicht verpflichtet, dem Antrag der Klägerin entsprechend bei Dr. Ö., S., ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Die Klägerin hat von ihrem Antragsrecht nach § 109 SGG bereits im erstinstanzlichen Verfahren Gebrauch, woraufhin das SG das Gutachten der Dipl.-Psych. A. eingeholt hat. Das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal in den beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 02.03.2011 - L 6 SB 4878/08 - und 06.02.2006 - L 1 U 2572/05 -, beide in juris; zu einem wiederholten Antrag auf demselben Fachgebiet: BSG, Beschluss vom 17.03.2010 - B 3 P 33/09 B - in juris). Es entspricht dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG, Urteil vom 15.04.1991 - 5 RJ 32/90 - in juris). § 109 SGG ist als Ausnahmevorschrift zu der Regelung des § 103 Satz 2 SGG, wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht, eng auszulegen (BSG, Beschluss vom 17.03.2010 - B 3 P 33/09 B - juris Rz. 12).

    Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich daher - auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, u.a. Urteil vom 26.01.1970 - 7/2 RU 64/69 -, in juris) - nur bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche besonderen Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Insb. rechtfertigt der Umstand, dass sich die Beklagte, das SG und der Senat der Einschätzung der Gutachterin nicht anzuschließen vermochten, die Annahme besonderer Umstände nicht. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Antrag, Dipl. - Psych. A. zu beauftragen, trotz des Umstandes, dass die Gutachterin darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin von ihr, der Gutachterin, behandelt werde, von der Klägerin ausdrücklich aufrechterhalten worden ist.

    Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

    Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.