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  • · Nachricht · Strafprozess

    Entschädigung nach sogenannter „Übervollstreckung“

    Seit dem CanG (in Kraft seit dem 1.4.25) kann eine zuvor rechtskräftig verhängte Gesamtfreiheitsstrafe nach Art. 316p, 313 Abs. 4 EGStGB neu festgesetzt werden. Es kann dann zu einer sog. Übervollstreckung kommen, wenn die Strafhaft aus dem ersten Urteil bereits verbüßt ist. Um eine Entschädigung nach dem StrEG verlangen zu können, muss der Anwendungsbereich eröffnet sein (OLG Oldenburg 20.8.25, 1 Ws 269/25, Abruf-Nr. 250337 ).

     

    Das StrEG war hier nicht anwendbar. Hier wurde die Strafe herabgesetzt. Die Herabsetzung ist nach Ansicht des OLG aber keine Strafmilderung i. S. v. § 1 Abs. 1 StrEG. Der Entschädigungsanspruch sei nach seiner Rechtsnatur ein Aufopferungsanspruch, der ein Sonderopfer voraussetze. Ein solches werde aber nicht demjenigen abverlangt, der rechtskräftig nach seinerzeit geltender Rechtslage verurteilt worden sei und infolge einer späteren Gesetzesänderung eine Strafmilderung erfahre. Art. 313 EGStGB entspreche eher einer Art Amnestie. Auch eine analoge Anwendung käme nicht in Betracht.

     

    PRAXISTIPP — Der Betroffene ist nicht rechtlos gestellt. Für eine Entschädigung wegen eines ‒ möglicherweise ‒ rechtswidrigen Freiheitsentzugs kommt Art. 5 Abs. 5 EMRK in Betracht (vgl. BGH 29.4.93, III ZR 3/92, BGHZ 122, 268 ff.). Für einen solchen Anspruch ist wie für einen ‒ aber verschuldensabhängigen ‒ Anspruch aus Amtspflichtverletzung (Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB) der Zivilrechtsweg eröffnet (vgl. OLG München 5.7.95, 1 Ws 289/15, NStZ-RR 1996, 125).

     

    (von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg)

    Quelle: Ausgabe 01 / 2026 | Seite 3 | ID 50639866