Liebe Kolleginnen und Kollegen,
viele von uns können sich noch gut an die Schwierigkeiten bei der Einführung des beA erinnern. Vieles funktionierte nicht so, wie vorgesehen. Es gab immer wieder Probleme mit der Versendung der beA-Karten und der entsprechenden Zugangsdaten. Jetzt funktioniert es gut. Auch die Rechtsprechung hat hier in vielen Fällen geholfen, wenn manches nicht ging.
So ähnlich erging es Ende 2022/Anfang 2023 vielen Steuerberatern. Zwar sollte das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) zum 1.1.23 starten. Doch im Herbst 2022 informierte die Bundessteuerberaterkammer darüber, dass die Briefe mit dem Registrierungscode erst im Januar 2023 versandt werden könnten. Es gebe aber eine „fast lane“, mit der eine frühere Registrierung möglich sei. Dies sei aber freiwillig.
Eine Steuerberaterin, die die „fast lane“ nicht nutzte, reichte im Januar 2023 für einen Mandanten eine Klage beim FG Nürnberg ein. Sie verwies darauf, dass eine elektronische Einreichung aufgrund des fehlenden Registrierungscodes noch nicht möglich sei.
Doch das FG und der BFH waren unnachgiebig. Die Steuerberaterin wäre verpflichtet gewesen, die „fast lane“ zu nutzen. Daher sei die Klage unzulässig. Eine harte Entscheidung. Doch die Steuerberaterin wollte dies nicht auf sich sitzen lassen und legte Verfassungsbeschwerde ein. Und diese war erfolgreich (BVerfG 23.6.2025, 1 BvR 1718/24). Das BVerfG wird deutlich: Das FG habe das Recht auf Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes verletzt (Art. 19 Abs. 4 GG) und der BFH das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Die Steuerberaterin war nicht verpflichtet, die „fast lane“ zu nutzen, denn zumindest die Bundessteuerberaterkammer habe die „fast lane“ immer als freiwilliges Angebot bezeichnet. Zumindest hätte dem Mandanten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden müssen, denn die Versäumung der Frist war unverschuldet. Die Nutzungspflicht konnte erst mit der Zusendung des Registrierungsbriefs beginnen. Daher wurden die Entscheidungen aufgehoben und das Verfahren an das FG zurück verwiesen.
Ich kann die Entscheidung nur begrüßen. Was sich manche Richter dabei denken, wenn es um Nutzungsfragen neuer elektronischer Wege geht, ist kaum nachzuvollziehen. Denn den Prozessbevollmächtigten werden Pflichten auferlegt, die einfach überzogen sind. Zu verlangen, das freiwillige Angebot zu nutzen, ist frech. Besonders dann, wenn die Justiz selbst nicht in der Lage ist, gesetzliche Anforderungen zu erfüllen. So schaffen es wohl nicht alle Bundesländer, fristgerecht zum 1.1.2026 die elektronische Akte einzuführen. Jetzt soll eine gesetzliche Neuregelung den Ländern die Möglichkeit geben, die Einführung um ein Jahr zu verschieben. Und die Steuerberaterin sollte etwas nutzen, was es noch nicht gab. Hier wird mit zwei Maßstäben gemessen. Das geht nicht. Gut, dass die Verfassungsrichter eingeschritten sind.
Mit besten kollegialen Grüßen
Ihr Martin W. Huff