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  • · Fachbeitrag · Geschäftsplanung

    Kanzleihandbuch: So optimieren Sie Prozesse

    von Rechtsfachwirt Michael Wohlgemuth, Forkert Webeler Höfer Rechtsanwälte, Koblenz

    | Ein Qualitätsmanagement (QM)-System hat auch für Anwaltskanzleien hohe Bedeutung. Tragende Säule des QM-Systems ISO 9001 ist eine optimierte Prozessplanung, die Abläufe und die Zusammenarbeit aller Kanzleimitarbeiter standardisiert (Germ, AK 14, 173 ). Wie Sie eine solche Optimierung erreichen, erklärt und veranschaulicht der folgende Beitrag. |

    1. Grundlage der Prozessoptimierung sind Geschäftsprozesse

    Eine Prozessoptimierung umfasst die Analyse und Verbesserung aller Geschäftsprozesse, die in und um ein Unternehmen stattfinden. Ein Geschäftsprozess besteht aus zahlreichen logisch verknüpften Einzeltätigkeiten (Aufgaben und Aktivitäten), die ausgeführt werden, um ein geschäftliches oder betriebliches Ziel zu erreichen. Der Prozess ist wiederholbar, mit Wertschöpfung verbunden und nutzt die Ressourcen einer oder mehrerer Organisationen. Er kann Teil eines anderen Geschäftsprozesses sein oder andere enthalten, beziehungsweise anstoßen. Er geht oft über Abteilungs-und Betriebsgrenzen hinweg und gehört zur Betriebsablauforganisation.

     

    Ein Prozess bildet den Fluss und die Transformation von Material, Informationen, Operationen und Entscheidungen ab. Eine Aufteilung in Teilprozesse, die sich wiederum in Schritte und Aktivitäten gliedern, ist möglich. Viele Definitionen von Geschäftsprozessen verlangen das Vorhandensein von genau einem Anfang und einem Ende sowie genau definierter Inputs und Outputs (Eingaben und Ergebnisse) des Prozesses und seiner Teilprozesse. Inputs und Outputs können Informationen, Gegenstände, Ereignisse und Zustände sein.

     

    MERKE | Das Prozesssystem strebt einen Wertschöpfungsprozess an, der bezüglich Ressourcenverzehr, Durchlaufzeiten und Qualität permanent optimiert werden sollte. Idealerweise stellt der erzielte Output für das jeweilige Unternehmen einen höheren Wert als der ursprünglich eingesetzte Input dar.

     

     

    Grundlegend für das Vorgehen im Rahmen einer Prozessoptimierung ist das Auflösen von starren Hierarchie-Vorstellungen innerhalb einer Kanzlei. Dies bedeutet, dass zunächst sowohl die Anwälte als auch die Angestellten in ihrer Denkweise von der sogenannten Aufbauorganisation zu einer Ablauforganisation wechseln müssen. Nur unter dieser Voraussetzung können Probleme innerhalb der bestehenden Prozesse analysiert und optimiert werden, was den Weg zu mehr Erfolg ebnen soll. Die gesamten Vorgänge werden also im Hinblick auf Prozesse betrachtet, beziehungsweise verbessert und nicht im Hinblick auf den organisatorischen Aufbau.

     

    Zusammenfassend lauten die Ziele der Prozessoptimierung im Überblick:

     

    • Generelle Prozessziele
    Kostenziele
    Zeitziele
    Qualitätsziele
    Flexibilitätsziele

    niedrige Prozesskosten

    geringe Durchlauf-zeiten

    Mandantenzufriedenheit

    hohe Anpassungsfähigkeit

    geringer Ressourcenverbrauch

    maximale Kapazitätsauslastung

    Null-Fehler-Standard

    Mandanten und Bedarfsveränderungen

    kurze Bearbeitungszeiten

    langfristig hoher Qualitätsstandard

    qualifizierte und motivierte Mitarbeiter

    flexible Prozessorganisation

     

     

    • Spezifische Prozessziele
    Mandantenziele
    Soziale Ziele
    Kompetenzziele

    Gewinnung neuer Mandanten

    Mitarbeiterzufriedenheit

    Verbesserung der Kompetenzen

    umfassende Betreuung der Mandanten

    ergonomisch gestaltete Prozesse und Arbeitsplätze

    umfassende Aus- und Weiterbildung

    sichere Arbeitsplätze

     

     

    2. Hiermit erreichen Sie das Ziel: Kanzleihandbuch

    Ein individuell erstelltes Kanzleihandbuch eignet sich als ideales Hilfsmittel, die Qualität in fachlicher wie organisatorischer Hinsicht zu verbessern und standardisierte Abläufe einzuführen. Die Kanzleiarbeit wird hierdurch nachhaltig produktiver: Die Arbeitsprozesse werden für alle Mitarbeiter transparent, und die Einarbeitung neuer Mitarbeiter wird einfacher. Ein Kanzleihandbuch kann selbstverständlich beliebig strukturiert werden. Der folgende Aufbau hat sich in der Praxis bewährt:

     

    Checkliste / Leitfaden Kanzleihandbuch

    • 1. Deckblatt
    • Kanzleilogo und Bezeichnung „Kanzleihandbuch“
    • 2. Einleitung
    • Geltungsbereich
    • Inkraftsetzung durch die Kanzleileitung
    • 3.Inhaltsverzeichnis
    • Gliederung
    • 4.Allgemeines
    • Verpflichtung und (strategische) Ziele der Kanzlei
    • Definitionen
    • 5.Allgemeine Verhaltensregeln
    • Verschwiegenheitsverpflichtung
    • Nutzung des Mobilfunktelefons am Arbeitsplatz/Internetnutzung
    • Persönliche Daten
    • Ordnung am Arbeitsplatz/Büropflege
    • Rauchen während der Arbeitszeit
    • Krankmeldung
    • 6.Organigramme/Geschäftsverteilung
    • Organigramm der Kanzlei
    • Geschäftsverteilungsplan mit Vertretungsregelung für Fachbereiche nd Ressorts (Partner, juristische und nicht juristische Mitarbeiter)
    • Freigabeberechtigung und Unterschriftsregelung
    • Arbeitszeit-und Urlaubsregelung
    • Mehrarbeit
    • 7.Stellenbeschreibungen
    • Stellenbeschreibungen für juristische Mitarbeiter, Büroleitung, Rechtsfachwirte, Rechtsanwaltsfachangestellte, Auszubildende, sonstige Angestellte (Aushilfen etc.), Empfang, Buchhaltung, Zwangsvollstreckung, Kostenwesen
    • Besetzungs- und Vertretungsregelung für Mitarbeiter
    • 8.EDV
    • Kurze Systembeschreibung
    • Digitales Diktieren
    • Spracherkennungsprogramme
    • Elektronische Akte (E-Akte)
    • EDV-Schulungen
    • 9.Anweisungen
    • Umgang mit Mandanten
    • Entgegennahme von Anrufen
    • Anlage, Führung, Ablage und Vernichtung von Handakten
    • Behandlung der von Mandanten übergebenen Unterlagen
    • Bearbeitung und Verteilung der Eingangspost
    • Erfassung, Dokumentation und Überwachung von Fristen, Terminen und Wiedervorlagen
    • Erstellung von Kostenrechnungen
    • Erstellung, Benutzung und Verwaltung von Textbausteinen und Formularen
    • Erfassung und Bearbeitung der Ausgangspost
    • Informationsübermittlung betreffend eingehender Zahlungen
    • Beschaffung und Verwaltung der Betriebsmittel
    • Ausstattung und Nutzung der Bibliothek
    • 10. Besonderheiten
    • Mandatsbestätigung
    • Kündigungen
    • Fristsetzungen
    • 11.Anlagen zum Kanzleihandbuch
    • Mitarbeiterliste (Name, Adresse, Telefonnummern, Geburtsdatum, Durchwahl, E-Mail-Adresse, Kürzel)
    • Sitzplan
    • Referatsliste für Aktenanlage
    • Fristenliste
    • Handbuch EDV-System
    • Textbausteine (einheitlich)
    • Muster Kostenrechnung und „Offene Posten“-Liste
    • Checkliste „Tagesablauf“ Auszubildende
    • Kurzanleitung Telefonanlage und Drucker
     

     

    Weiterführende Hinweise

    • AK 14, 173: Kanzleizertifizierung - Installation und Nutzen des QM-Systems ISO 9001
    • AK 14, 150: Fehler vermeiden -„Dos and Don‘ts“ für Junganwälte
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 210 | ID 43072997