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  • · Fachbeitrag · Ehevertrag

    So schützen Sie das Vermögen Ihrer Kanzlei

    von RA Wolfgang Krüger, LL.M., FA Familienrecht und Erbrecht, Köln

    | Wer als Rechtsanwalt allein oder mit anderen als Gesellschafter in einer Anwaltskanzlei tätig ist, sollte dies bei der Ausgestaltung seiner privaten Beziehungen nicht vergessen. Eine Scheidung kann das Kanzleivermögen erheblich schmälern. Zum Schutz ist daher vorab vor allem an güterrechtliche Regelungen zu denken. |

    1. Ausgangslage und familienrechtlicher Hintergrund

    Im Jahr 2012 betrug die Scheidungsquote in Deutschland 46,24 Prozent. Fast jede zweite Ehe wurde geschieden. Zwischen Eheschließung und Rechtskraft der Scheidung lag im Durchschnitt ein Zeitraum von 14 Jahren und sieben Monaten (http://www.iww.de/sl454). Frauen waren zur Zeit der Scheidung durchschnittlich 42,5 und Männer 45,5 Jahre alt (http://www.iww.de/sl455). Zumindest im statistischen Mittel stehen die Betroffenen dann in einer Hochphase ihrer beruflichen Entwicklung. Das sollte jeden Rechtsanwalt alarmieren, der nicht nur angestellt tätig ist. Unabhängig von der Rechtsform können vor allem die vom Gesetz als Grundsatz vorgegebenen Regeln zum Güterrecht für die Kanzlei des betroffenen Partners existenzgefährdend sein.

     

    Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie durch Ehevertrag nichts anderes vereinbaren, § 1363 Abs. 1 BGB. Nach §§ 1373 bis 1390 BGB ist der während der Ehezeit erzielte Zugewinn im Scheidungsfall auszugleichen. Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn muss dem anderen die Hälfte des Überschusses zahlen, § 1378 Abs. 1 BGB. Dies betrifft auch betriebliches Vermögen von Rechtsanwälten. Die Bewertung einer freiberuflichen Praxis erfolgt in aller Regel nach dem Umsatzverfahren (gebilligt von BGH NJW 99, 784, 787). Hiernach werden stichtaggenau die Verkehrswerte der Vermögenswerte (Substanzwert) und der „Goodwill“ der Kanzlei (Geschäftswert) zusammengerechnet. Letzterer wird aus dem Umsatz in einem bestimmten Zeitabschnitt, multipliziert mit einem individuell ermittelten Faktor, hergeleitet (OLG Düsseldorf FamRZ 04, 1106).

    2. Regelungsmöglichkeiten im Güterrecht

    Ausgehend von der Annahme, dass mit der Dauer der beruflichen Tätigkeit der Wert der Kanzlei beziehungsweise der Beteiligung steigt, gilt es, das betriebliche Vermögen zu schützen. In der Praxis haben sich vor allem zwei Gestaltungen durchgesetzt:

     

    a) Gütertrennung

    Ehevertraglich können die Eheleute sich für eine Gütertrennung nach § 1414 BGB entscheiden. Kennzeichnend hierfür ist, dass bei Beendigung der Ehe kein güterrechtlicher Ausgleich zwischen den Eheleuten stattfindet. Wertzuwächse des Vermögens bleiben ohne Belang.

     

    Allerdings wird in vielen Fällen zweifelhaft sein, ob solch eine umfassende Regelung sachgerecht ist. Geht z.B. einer der Eheleute nach der Geburt von Kindern länger nicht arbeiten, entfällt oft die Möglichkeit einer eigenen Vermögensbildung. Dies führt zu Abhängigkeiten. Auch sind erb- und steuerrechtliche Folgen zu beachten. Zunächst werden die Erb- und Pflichtteilsquoten nach § 1931 (in Verbindung mit § 2303) BGB verändert. Die Beteiligung nach § 1371 BGB entfällt. Des Weiteren geht der Freibetrag nach § 5 ErbStG verloren. In „guten Zeiten“ wird all dies indes oft nicht den Vorstellungen der Beteiligten entsprechen.

     

    b) Modifizierte Zugewinngemeinschaft

    Daher finden sich in Eheverträgen von Freiberuflern häufiger Modifizierungen des gesetzlichen Güterstands. Oft beschränkt auf die Fälle der Scheidung und der Aufhebung der Ehe wird die Kanzlei unter Beibehaltung des Zugewinnausgleichs im Übrigen bei der Berechnung einer Zugewinnausgleichsforderung ausgenommen. Je nach Einzelfall sind dabei unter anderem die Punkte der folgenden Checkliste zu beachten:

     

    Checkliste / Hieran müssen Sie denken

    • Die Definition des ausgleichsfreien Vermögens sollte weit sein (z.B.: „Einzelkanzlei und jede Beteiligung an einem Zusammenschluss von Rechtsanwälten und anderen Freiberuflern, die sich mit Rechtsanwälten assoziieren können, unabhängig von der Rechtsform“).

     

    • Aus Gründen der Klarheit sollten mit der Gesellschafterstellung einhergehende Rechte im Detail aufgeführt werden (z.B. „ …. aus Gesellschafterkonten, Gewinnansprüche, -vorträge, und -rücklagen oder Surrogate für ausgenommene Vermögenswerte“).

     

    • Korrespondierend ist die Zuordnung von Passiva zu klären, die ausgenommenes Vermögen betreffen. In den meisten Fällen ist es angemessen, die der Finanzierung dieses Vermögens und von Verwendungen hierauf dienenden Verbindlichkeiten gleichermaßen auszunehmen.

     

    • Erträge des ausgleichsfreien Vermögens werden in aller Regel auch ausgenommen, wenn sie im betrieblichen Vermögen bleiben oder hierfür reinvestiert werden.

     

    • Etwaigem Streit über die Zugehörigkeit von Vermögensgegenständen ist vorzubeugen. Für den Streitfall sollte einem Schiedsgutachter, den z.B. der Präsident der jeweils örtlichen IHK bestimmt, die Entscheidung über die Zuordnung zugewiesen werden.

     

    • Vorteilhaft ist es, wenn für den Fall des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs im Übrigen auf die Vollstreckung in vom Zugewinnausgleich ausgeschlossenes Vermögen verzichtet wird.

     

    • Arbeitet der andere Ehegatte in der Kanzlei mit, sollte schließlich klargestellt werden, dass dies nur arbeitsrechtlicher Natur ist und keine Ehegatteninnengesellschaft begründet.
     

    3. Verzicht auf künftigen nachehelichen Unterhalt möglich

    Daneben können Ansprüche auf Ehegatten- und Kindesunterhalt die Kanzlei betreffen. Allgemein gilt, dass bei der Klärung von Unterhaltsansprüchen Zahlen und Belege zur Situation der Kanzlei insgesamt - z.B. Konten und Gewinnverteilung - der letzten drei bis fünf Jahre offenzulegen sind.

     

    Wichtig | Verschwiegenheitspflichten sind zu beachten, wenn dies berechtigten Informationsinteressen des Unterhaltsgläubigers nicht zuwiderläuft.

     

    Weiter ist beim Ehegattenunterhalt zwischen Getrenntlebens- und nachehelichem Unterhalt zu differenzieren. Ersterer kann bis zur Scheidung, Letzterer in der Zeit danach geschuldet sein. Ein Verzicht auf Trennungsunterhalt für die Zukunft ist nichtig, § 1361 Abs. 4, § 1360a Abs. 3, § 1614 Abs. 1, § 134 BGB. Das gilt auch für die Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten, den Unterhalt nicht geltend zu machen (BGH NJW 14, 1101, 1106). Wesentliche Regelungen sind hier nur für Rückstände möglich. Anders kommt ein Verzicht auf nachehelichen Unterhalt unter Beachtung der Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Eheverträgen grundsätzlich in Betracht.

     

    Auf künftigen Kindesunterhalt kann ebenfalls nicht verzichtet werden, § 1614 Abs. 1 BGB. Wer hier aber Auskunft- und Belegansprüche fürchtet, kann sich bei sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen verpflichten, Unterhalt nach der höchsten Entgeltgruppe der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen. Immer sollte aber der Eintritt der Barunterhaltspflicht zugewartet werden.

    4. Versorgungsausgleich hat geringe Auswirkungen

    Anders hat die Durchführung des Versorgungsausgleichs meist keine unmittelbaren Folgen zulasten der Kanzlei. Nur bei Kanzleien mit Abreden zur betrieblichen Altersvorsorge stellt sich die Frage der Offenlegung der Absprachen und der Teilung zugunsten des Ehepartners. Hierauf beschränkt kann geprüft werden, ob ein teilweiser Ausschluss im Einzelfall zulässig ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Einen Ehevertrag können Verlobte (aufschiebend bedingt) und Ehegatten schließen. Vor, beziehungsweise während der Ehe muss der Vertrag notariell geschlossen werden. Nicht zuletzt mit Blick auf § 100 GNotKG empfiehlt es sich, bereits frühzeitig hierüber nachzudenken. Für Lebenspartner gilt das entsprechend, § 7 LPartG.

     

    Weiterführende Hinweise

    • AK 13, 116: Kanzleiübernahme - Preisgestaltung und Bewertung als Problemlöser
    • Familienrecht kompakt 12, 195: Nachehelicher Unterhalt - Vereinbarungen im Unterhaltsrecht
    • Familienrecht kompakt 12, 137: Wann eine Unwirksamkeit des Verzichts auf Trennungsunterhalt den gesamten Vertrag erfasst
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 120 | ID 42756644